Von Johannes KuckGASTRONOMIE Vom Grillteller zur Dartscheibe: Klaus Groth ist seit 30 Jahren Gastwirt in Lauterbach und wagt 2006 den Umstieg von der Speise- zur Sportgaststätte
LAUTERBACH - Seit 30 Jahren ist Klaus Groth als Gastwirt bekannt - und als leidenschaftlicher Dartspieler. Auch dank dieser Sportart schaffte der Gastronom den erfolgreichen Umstieg von der Speise- zur Sportgaststätte, von "Groth's Grill-Treff" zu "Groth's Dart-Treff". Ein Wirt mit Leib und Seele ist er dabei immer geblieben. "Was ich in 30 Jahren erlebt habe, das erleben andere nicht in drei Leben", meint der "ahle Ludderbächer" über sich selbst. Und in der Tat: Im Gespräch mit dem Lauterbacher Anzeiger kann er viele Anekdoten erzählen. Über seine Arbeit als Wirt, eine boomende Sportart und vieles, was er zwischen Küche, Tresen und Gaststube über das Leben gelernt hat.
Gastwirt und Psychologe sind zwei sehr ähnliche Berufe, heißt es oft. Und Klaus Groth sieht das genauso: "Ich bin ein sehr kommunikativer Mensch. Als Wirt kannst Du Dich nicht hinstellen und Dienst nach Vorschrift machen. Ein Wirt ist manchmal wie ein Seelsorger. Der eine hat Geldprobleme, der andere hat andere Sorgen. Ich muss mich mehr mit anderer Leute Problemen befassen als mit meinen eigenen. Du musst einfach sehr sozial sein", so beschreibt er seine Rolle als Wirt und sein offenes Ohr für die Gäste. Für ihn kommt aber auch hinzu: "Als Wirt darf man kein Duckmäuser sein. Du lernst alle Höhen und alle Abgründe von Menschen in einer Gaststätte kennen. Von zehn Leuten, die hier reinkommen, kann ich Dir acht einschätzen." Einige Begegnungen und Geschichten waren aber selbst für den Menschenkenner überraschend: "Wir hatten mal eine Kundin, die hat Telefonsex gemacht und dabei Kartoffeln geschält", erinnert er sich an einen kuriosen Gast. Aber genauso an die Familie aus Nordrhein-Westfalen, die bei der Fahrt in den Urlaub oder zurück immer einen weiten Umweg über Lauterbach machte, nur um bei Groth's Grill-Treff einzukehren. Zwischen 1987 und 2006 war die heutige Dartkneipe nämlich noch eine Speise-Gaststätte.
Für den gelernten Kaufmann Groth war der Beruf des Gastwirts seit je her eine Berufung: "Ich habe schon immer in der Gastronomie gearbeitet. Meine Eltern waren 35 Jahre lang selbstständig und ich hatte dieses Gen einfach in mir. 1987 ergab sich dann die Gelegenheit." Im Landsknechtsweg eröffnete er seinen Grill-Treff - und machte sich fortan mit Würstchen, Schnitzeln, Brathähnchen oder Gyros einen Namen. Bis heute ist Klaus Groth stolz auf seine Arbeit von damals: "Wenn Du bei mir einen Hamburger gegessen hast, dann warst Du satt, Junge! Net wie bei McDoof, wo Du drei brauchst. Ich treffe immer noch Leute, die sagen: Mensch Groth, bei Euch war das Essen immer klasse." Beim Prämienmarkt gingen nicht ohne Grund manchmal 1000 Essen pro Tag über den Tresen. "Damals hat es noch Spaß gemacht und man wurde nicht erdrückt von 1000 Vorschriften", erinnert sich Klaus Groth an die eine Seite der Medaille von knapp 20 Jahren im Grill-Treff. Die andere war die große Arbeitsbelastung von früh bis spät: "Meine erste Ehe ist daran kaputt gegangen. Ein kleines Kind und eine Kneipe, das war einfach zu viel. Unser Sohn ist auf Ketchup-Eimern und Pommes-Kartons groß geworden", erzählt Groth und hält fest: "Und trotzdem ist etwas aus ihm geworden."
Der Umstieg vom Grillteller zur Dartscheibe hatte neben der Arbeitsbelastung aber auch noch andere Gründe: die wachsende Konkurrenz durch Burger-Ketten und Döner-Läden. "Wir hätten vielleicht noch zwei Jahre gemacht, dann wäre das Geschäft tot gewesen. ,Mäcces' hat immer gesagt, sie gehen nicht in kleinere Städte. Plötzlich waren sie da", erinnert sich Klaus Groth heute. Im Rückblick zählt für ihn: "Das mit dem Dart wurde zum richtigen Zeitpunkt zur Erfolgsgeschichte. Sonst wäre es schlecht ausgegangen. Danach war es so gar leichter, weil wir nur noch abends aufmachen." Im Jahr 2006 verwandelte Klaus Groth seinen Grill-Treff in einen Dart-Treff. Und was er als passionierter Dartspieler erlebt hat, hat viel mit der generellen Entwicklung dieser Sportart zu tun. Gerade jetzt, "zwischen den Jahren", ist Dart ein richtiger Blockbuster. Bei der laufenden Weltmeisterschaft in London pilgern jeden Abend tausende Zuschauer in den Alexandra-Palace, um Dart-Spiele wie im Fußball-Stadion zu verfolgen. Beim Finale am Neujahrsabend schalten Millionen Zuschauer die Fernseher ein. Und die Stars der Szene kennt man längst nicht mehr nur in der Kneipe: Der 16-malige Weltmeister Phil "The Power" Taylor, sein langjähriger Rivale Raymond van Barneveld oder der neue Superstar Michael van Gerwen sind heute bekannte Sportler.
Die Konzentration, das Augenmaß und die Nervenstärke dieser Giganten wirken auch auf viele Zuschauer faszinierend, die noch nie selbst einen Pfeil in der Hand hatten. "Wer hätte das gedacht, dass Dartsport mal so präsent wird?", wundert sich auch Klaus Groth über den heutigen Boom der früheren Randsportart - und zugleich freut er sich darüber. "Als ich damals meinen Betrieb umgestellt habe, da haben sie mich ausgelacht", erinnert er sich noch genau.
Doch Pessimisten und Spötter wurden Lügen gestraft. Groths Idee trug schnell Früchte: "Ende der Achtziger war Dart noch richtig exotisch. Ich hatte die erste Dartscheibe in ganz Lauterbach. Und die Leute haben sich nach Feierabend fast drum gekloppt, wer als erster spielen durfte". Dieses Problem gibt es heute nicht mehr: In "Groth's Dart Treff" kann mittlerweile an sechs Dartscheiben gleichzeitig gespielt werden - und die Kneipe ist der feste Heimspielort für sieben verschiedene Mannschaften. Bei aller Faszination für diesen Sport zählt für Klaus Groth beim Dart vor allem die menschliche Komponente: "Bei uns ist alles wie eine große Familie. In erster Linie steht der Spaß im Vordergrund und nicht der Ehrgeiz", erzählt er am 30. Geburtstag seiner Kneipe, in der er gemeinsam mit seinen Gästen und Dart-Freunden schon viel erlebt hat.
Monika und Klaus Bernhardt aus Lauterbach erinnern sich noch gut an die Anfänge von Groth's Dart-Treff. Monika Bernhardt erzählt: "Irgendwann stand hier der erste Dart-Automat, da haben wir angefangen zu spielen. Erst waren das nur Freundschaftsspiele. Dann hieß es: Könnten wir uns nicht mal in einer Liga anmelden?" Und Klaus Bernhardt berichtet weiter: "Vor 12 Jahren haben wir dann die ersten Freundschaftsturniere gespielt und eine Mannschaft in der Liga angemeldet." Den Umstieg vom Grill-Treff zum Dart-Treff habe aber nicht jeder Gast gleich kapiert: "Manche Leute kamen rein und haben gefragt: Wo sind denn die Tische hin? Da haben sie blöd gekuckt. 2006 ging es mit dem Dart richtig los."
Klaus Bernhardt wusste am neuen Dart-Treff aber längst nicht nur das Sportliche zu schätzen: "Hier entwickeln sich viele Freundschaften. Hier drin, das ist eine große Familie." Und Monika Bernhardt ergänzt augenzwinkernd: "Hier sind aber auch schon viele feste Partnerschaften entstanden. Ich kenne mindestens drei Pärchen." Zum Beispiel das von Laura Schimmer. "Ich habe meinen Freund hier gefunden", meint die Lauterbacherin, die gemeinsam mit ihrem Freund Michael Strittmatter regelmäßig zum Dartspielen vorbeikommt. Sie erzählt: "Ich habe hier die Erfahrung gemacht: Ich bin angekommen und gleich aufgenommen worden. Ich habe gemerkt, das macht mir Spaß, das ist meins. Und heute ist es wie so eine Sucht geworden. Ohne Dart würde mir etwas im Leben fehlen." Wichtig ist ihr aber auch festzuhalten: "Hier wird Fairplay einfach groß geschrieben. Selbst an einem schlechten Tag wird man von den anderen eher noch aufgebaut."
Michael Dickel sieht das genauso - und gibt ein weiteres Beispiel für die enge Verbundenheit der Dart-Freunde im Landsknechtsweg: "Bei einem Umzug wirst Du nicht gefragt: "Brauchst Du Hilfe?" sondern nur: "Wann willst Du umziehen?". Gero Oehme und Manuela Oehme-Albrecht wohnen direkt über Groths Dart-Treff - und der war einer der Gründe dafür, warum die gebürtigen Thüringer zu Lauterbachern geworden sind: "Wir sind auch deswegen hiergeblieben, weil es halt wie eine Familie ist", erzählt Gero Oehme. Ihm gefällt besonders: "Dart ist hier ein generationsübergreifender Sport. Wir haben hier 70-Jährige und junge Leute, aber die Chemie stimmt einfach. Das ist eine Einheit." Zu der gehören auch Hannelore Huscher und ihr Sohn Gunter, die seit über 20 Jahren Stammgäste von Klaus Groth sind. "Mein Mann hat hier immer Musik gemacht mit der Ziehharmonika. Aber er hat auch gerne zugekuckt, wie die geworfen haben", erinnert sich Hannelore Huscher noch gut an die Zeit, als die erste Dartscheibe in den Grill-Treff einzog. Seither hat sich viel getan. Sieben Mannschaften sind aus diesen Anfängen entstanden.
Witzige und einfallsreiche Namen haben viele der Teams: Die "Lauterstrolche" und die "Rollatorgang" sind bereits Geschichte, "Die unsichtbaren 4" oder die "All Besuffkies" sind hingegen noch gut im Rennen. Die "All Besuffkies" sind das älteste und sportlich erfolgreichste Team des Treffs, zu dem die Gründungsmitglieder Klaus Groth, Klaus Bernhardt, Michael Dickel und Thomas Eigel sowie sechs weitere Teamkameraden gehören. In wechselnder Besetzung geht die Mannschaft sowohl in der A-Liga des Deutschen Sport-Automaten-Bundes als auch in der heimischen Fulda-Liga sehr erfolgreich an den Start.
Zuletzt war man Meister in der B-Liga und schaffte nach den "Jack Daniels Darters" den Aufstieg in die höchste Spielklasse, in der heimische Teams vertreten sind. Der komplette Spielbetrieb wird natürlich von Klaus Groth gemanagt, den viele - halb im Wortspiel, aber ganz im Ernst - ihren "Dart-Vater" nennen.
Stellvertretend für viele andere charakterisiert ihn Gero Oehme: "Der Klaus ist der Gesellschafter schlechthin. Er hält seine große Familie zusammen. Das ist der Grandfather of Dart. Der hat das halt im Blut." Neben der Organisation des Spielbetriebs lasse sich Groth für seine "Familie" immer wieder etwas einfallen - von der gemeinsamen Reise in die Tschechei bis zur Kutschfahrt im Vogelsberg. Und der Spaß kommt bei all dem nie zu kurz. Klaus Bernhardt weiß zum Beispiel schon das Neueste über die Zukunft von Groth's Dart-Treff - und der Dart-Legende Phil Taylor: "Phil Taylor will aufhören, haste ja mitgekriegt?! Der will lieber bei uns mitspielen. Wir machen dann die Liga Ü60 auf." Seinen Spaß hätte "The Power" im Landsknechtsweg ganz sicher.
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