Drama in der Provinz

aus Tatort & Polizeiruf 110

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Schenk (Dietmar Bär, l.) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) ermitteln in der Provinz.

Lützerath lässt grüßen: Ballauf und Schenk ermitteln in einer durch den Braunkohleabbau zerrissenen Ortschaft – mehr Drama als Krimi.

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Köln. Das Ehepaar Schnitzler hat mit dem Leben abgeschlossen. Die tödliche Medikamentendosis in Sekt aufgelöst, will es gemeinsam nach einem letzten Tanz Suizid begehen. Doch der Plan scheitert. Während Inge Schnitzler stirbt, kann ihr Mann Peter (Peter Franke) von Dr. Christian Franzen (Leopold von Verschuer) reanimiert werden. Dieser erntet von Yannik (Leonard Kunz), dem Enkel der Schnitzlers, jedoch keinen Dank für die Rettungstat, sondern eine wüste Beschimpfung. Vier Wochen später wird Franzen in seinem alten Haus in Alt-Bützenich, in das angeblich eingebrochen wurde, umgebracht. Ein Schuss in den Oberschenkel, ein Schuss in den Kopf.

Die Kölner Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) reisen aus Köln in die Provinz, um den Mord aufzuklären, und finden sich in einer seltsamen Zwischenwelt wieder: Bützenich ist durch den Braunkohletagebau und damit einhergehende Umsiedlungen ein gespaltener Ort. Was mittlerweile klar ist: Die Umsiedlungen nach Neu-Bützenich wären gar nicht nötig gewesen, da das alte Dorf nun doch nicht abgebaggert werden musste. So bleibt die Ortschaft gespalten – räumlich ebenso wie gesellschaftlich. Und eine wesentliche Rolle darin spielte Landarzt Franzen, der viele Immobilien im alten Dorf von denjenigen aufgekauft hatte, die nicht an den Konzern verkaufen wollten. Ballauf und Schenk stellen schnell fest, dass es viele Menschen gab, die einen Groll gegen Franzen hegten – was die Tätersuche nicht gerade erleichtert.

Lützerath lässt grüßen: Wieder einmal greift der Kölner „Tatort“ ein gesellschaftlich aktuelles Thema auf und lässt in „Abbruchkante“ vor allem Bilder sprechen. Viele Drohnenaufnahmen verschaffen einen beeindruckenden Blick auf gegensätzliche Welten. Gedreht wurde in teils verlassenen Dörfern im rheinischen Braunkohlerevier. Der fiktive Ort Bützenich lässt sich als Symbiose aus Lützerath und einer Anspielung auf den Kölner Abgeordneten Rolf Mützenich verstehen.

Während im neuen Dorf künstlich und steril wirkende Bauten entstanden sind, hält im alten heruntergekommenen Dorf etwa Pensionswirtin Karin Bongartz (Barbara Nüsse) beharrlich an ihrem alten Gasthof fest – und bietet Ballauf und Schenk eine Bleibe über Nacht. Denn: Schenks persönliche Klimasünde, ein Oldtimer aus der Asservatenkammer, hat kein Licht, so dass die beiden Kommissare in Bützenich festsitzen.

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Der neue Kölner „Tatort“ unter Regie von Torsten C. Fischer schafft es, das Thema Tagebau und Umsiedlung – und insbesondere das, was es mit den dort lebenden Menschen macht – erlebbar zu machen. Auch ist es durchaus interessant und abwechslungsreich, Ballauf und Schenk einmal außerhalb ihres üblichen Territoriums ermitteln zu lassen. Dennoch lebt die Spannung eher von der Thematik an sich als vom eigentlichen Fall. Daher: mehr Gesellschaftsdrama als Krimi, aber dafür ein gut gemachtes.

Das Erste zeigt den „Tatort: Abbruchkante” am Sonntag, 26. März, um 20.15 Uhr.