Feurige Gitarrenklänge des Gitarrenvirtuosen Christian Reichert (Bildmitte) und meisterhaft-saitene Händchen des Frankfurter Römerberg Quartetts versetzten das Publikum in Lauterbach in ein südländisches Urlaubsfeeling.
(Foto: Buchhammer)
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LAUTERBACH - (lb). „Viva Espana“ bei den Lauterbacher Pfingstmusiktagen: feurige Gitarrenklänge des Gitarrenvirtuosen Christian Reichert und meisterhaft-saitene Händchen des Frankfurter Römerberg Quartetts versetzten an Pfingsten eine große kammermusikalische Konzertgemeinschaft im Rokokosaal des Hohhaus-Museums mit melodiöser Schattierungskunst in das südländische Urlaubsfeeling Spaniens.
Stilsicherheit, gute Intonation, hohe Konzentration, technische Brillanz, gefühlvolle Detailarbeit und letztlich die gemeinsame Spielfreude in der Klanggestaltung machten die Soiree zu einem beeindruckenden Hörerlebnis. Vom ersten Ton an berührten die fünf Musiker das Publikum im voll besetzten Saal und bescherten ihm einen kammermusikalischen Dialog mit grazil-geschärfter Finesse.
Für das Auge des Betrachters leicht anzusehen, stellte schon der Auftakt mit Georg Philipp Telemanns burlesker „Don Quichotte-Suite“ hohe Ansprüche an die Streicher Michael Hahn (Violine), Andrea Seeger (Violine), Hildegard Singer (Viola) und Ruth Sarrazin (Violoncello). Umgarnt mit näheren Erläuterungen der Geschichte – moderiert von Christian Reichert – erzählte das Quartett in acht Sätzen die Geschichte von Don Quichotte. Angefangen bei dessen Erwachen, über den berühmten Kampf mit den Windmühlen des Ritters von der traurigen Gestalt, bis hin zu Sancho Pansas Eselsritt aus „Miguel de Cervantes“ Schon in der possierlich-heroischen Ouvertüre traf dabei das Ensemble den absurden roten Faden von Telemanns Jugendwerk mit 18 Jahren. Demnach füllten die Streicher den großen Phrasierungsbogen mit einem ganzen Klangteppich an Tonstimmungen. Hier das Erwachen mit pastoraler Note, da ein Kontrast zwischen schnell-überschlagenden Zwischentönen (im Kampf gegen die Windmühlen) und anmutig dahinschmelzenden Melodien. Und am Ende sogar wirre, abstruse Tonfolgen als Bildnis für den Eselsgalopp.
Temperament und ausgeprägtes Gespür für weite Spannungsbögen bewiesen die erfahrenen Kammermusiker genauso gut im direkten Zusammenspiel mit ihrem weitgereisten Musikerfreund und Ausnahmegitarristen mit der „Klampfe“. Bestes Beispiel dazu – das Quintett für Gitarre und Streichquartett op. 143 von Mario Castelnuovo-Tedesco, ein eher symphonisch angelegtes Werk, bei dem die Gitarre relativ dicht in den Gesamtklang eingebunden war und dementsprechend eine klangliche Ausgeglichenheit zwischen Zupfinstrument und Streichern herrschte.
Mit der gefühlvoll verschmelzenden Ausstrahlungskraft seines Körpers entlockte Christian Reichert zudem in Soli-parts seiner Gitarre eine schier unermessliche Fülle an klangvollen Melodien, Tonvariationen und begleitende Rhythmusakkorde. Voller Hingabe brachte der prominente Künstler in geschickter Fingerfertig- und Leichtigkeit seine Kompositionen von Falla und Dyens zu Gehör. Ganz besondere Aufmerksamkeit mit großem Humor schenkte der Sologitarrist auch den maurisch-arabisch-orientalischen Klängen von Francisco Tárrega, dem Komponisten des bekannten Nokia-Handy-Klingeltons.
Zum großen Finale servierte die Harmoniegemeinschaft Römerberg/Reichert das „Fandango-Quintett” von Luigi Boccherini, ein ausgiebig variierter spanischer Tanz mit einer Originalmelodie aus Andalusien, die auch in Glucks Ballett „Don Juan“, in Mozarts „Hochzeit des Figaro“ sowie in Beethovens Skizzenbüchern zu erkennen ist. Zur Überraschung des Auditoriums griff schlussendlich zu gegebener Zeit eine Streicherin noch zu Kastagnetten und untermalte mit dem rhythmischen Geklapper die „Coleur locale“ des einst skandalös angehauchten Werbetanzes.
Mit „Bravo“-Rufen bedankten sich etliche Konzertgänger im Beifallssturm auch mit freudigem Ausruf ihrer Begeisterung, so dass alle Musiker noch einmal Position bezogen, ihre Instrumente aufnahmen und in mehreren Sätzen ihr musikalisch-geschärftes Interpretationsverständnis auf hohem Niveau vollendeten.