Auf den Spuren des jungen Carl Zuckmayers in Mainz
Literaturfreunde wandeln mit Michael Ebling-Metzenroth und drei weiteren Ensemblemitgliedern der Carl-Zuckmayer-Gesellschaft auf den Spuren des Dichters. Ein Blick über den Rhein.
Von Gerd Plachetka
Die Carl-Zuckmayer-Gesellschaft rezitiert beim Rundgang Texte des Dichters.
(Foto: hbz/Jörg Henkel; Archivfoto: Klaus Benz)
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MAINZ - Als Vierjähriger zieht der 1896 in Nackenheim geborenen Carl Zuckmayer mit den Eltern nach Mainz. Hier verbringt er eine rundum glückliche Kindheit und Jugend. Er besucht das humanistische Gymnasium, lernt die Menschen in der Stadt und Rheinhessen kennen und verspürt seine Neigung und Neugier für die Literatur. Zuckmayer unternimmt erste schriftstellerische Versuche.
Die erste Lebensphase des heranwachsenden Schriftstellers und seine großen schöpferischen Folgejahre – wo er durchaus ein Wechselbad der Gefühle durchlebte – zeichneten Michael Ebling-Metzenroth und drei weitere Ensemblemitglieder der Carl-Zuckmayer-Gesellschaft nach. Beim Rundgang durch Mainz an zwölf ausgewählten Stationen ließen sie den Dichter zu Wort kommen. So beschreibt Zuckmayer das dichtgehäufte Leben in der Stadt, das er bei seinen verhassten sonntäglichen Spaziergängen im guten Anzug mit den Eltern aufgenommen hat. Da geht’s vorbei am hübschen Favoritenschlösschen gottseliger Kurfürsten weiter über den unheimlich anheimelnden Holzturm über den Halleplatz, wo ihm das Rasseln und Schmettern der Karussellwerke auf dem „Dippemarkt“ ins Ohr schallt. Genau beäugt er die tätowierten Arme und goldenen Ohrringe der Rheinschiffer und beschreibt das berüchtigte Kappelhofgässchen, wo in schmalen groß nummerierten Fachwerkhäusern das Laster hauste und die roten Laternen blühten.
Der weite Schillerplatz vorm Gouvernement war schwarz von Menschen als wenn der Rosenmontagszug erwartet würde beobachtet er die kriegerische Mobilmachung durch Kaiser Wilhelm II. All seine Gleichgesinnten hatten die Arme ineinander gehakt und bildeten eine Kette. Zum Abschluss spielte die Militärkapelle das Lied vom Guten Kameraden, und sie sangen ohne noch die spätere Bedeutung dieser Strophe zu ahnen: „Es hat ihn weggerissen– er liegt zu meinen Füßen – als wär’s ein Stück von mir.“
ZUCKMAYER-ZITAT
„Geburtsheimat ist keine Gefühlsfiktion, kein Gedankenschema. Sie ist ein Gesetz. Sie bedeutet Bestimmung und Vorbestimmung, sie prägt Wachstum und Sprache, Blick und Gehör, sie beseelt die Sinne und öffnet sie dem Wehen des Geistes wie einem keimträchtigen Wind“, so beschreibt Carl Zuckmayer seine Heimat Rheinhessen.
Vorbei am großelterlichen Wohnhaus in der Windmühlenstraße 13 geht es mit herrlichem Blick über Mainz zum Plateau an der Zitadelle. Dort erfahren die Zuhörer wie Zuckmayer seine heimatliche Landschaft vom Gonsenheimer Wald bis in den Taunus erkundete. Äußerst prägnant werden dabei immer wieder seine besonderen Vorlieben zum Rheinhessenwein abgehandelt. Zuckmayer ist zweifellos ein großer Zecher und sieht in dieser „Gesundheitsquelle“ das edelste aller Genussmittel. Herrlich in Mundart die gespielte Szene aus dem sentimentalen Lustspiel „Der fröhliche Weinberg“ um den Nackenheimer Winzer Gunderloch und sein Klärchen vor der Kulisse der Mainzer Reben unterhalb der Zitadelle.
Ebling-Metzenroth lässt Carl Zuckmayers Blick erneut über den Rhein schweifen. „An einem Strom geboren zu werden, im Bannkreis eines großen Flusses aufzuwachsen ist ein besonderes Geschenk. Zum Abenteuer wurde der Rhein, wenn man zu einem der langsam aufwärts stampfenden Schleppkähne hinüberschwamm und versuchte, sich an ihrem tief im Wasser liegenden Ladebord hochzuziehen, um eine Strecke mitzufahren.“
Zuckmayers Lebenswerk spannt einen weiten Bogen. Da stehen sein patriotischer Enthusiasmus zu Beginn, die Erfahrungen aus Krieg und Zerstörung sowie eine pazifistische Neuausrichtung in der Folgezeit. Sie werden zu seinen literarischen Inhalten. Das meiste davon im heimatlichen Milieu – so manches Mal auch verunglimpfend – was ihm nicht immer zu Ruhm und Ehre gereichte.