Ex-Polizist wegen Strafvereitelung im Amt verurteilt
Gießen (dpa/lhe) - . Ein ehemaliger Polizist ist vom Gießener Amtsgericht wegen Strafvereitelung im Amt zu zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Es handle sich um minderschwere Fälle, sagte die Vorsitzende Richterin am Donnerstag in der Urteilsbegründung. Der Beamte habe die Taten nicht aus Bösartigkeit, sondern wegen einer krankheitsbedingten Überforderung begangen.
Als Bewährungsauflage muss der Mann 2000 Euro an einen Tierschutzverein zahlen. Die Staatsanwältin hatte eine Bewährungsstrafe von 16 Monaten gefordert, der Rechtsanwalt auf Zahlung einer Geldstrafe plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der 45-jährige Ex-Polizist hatte während seiner Tätigkeit bei der Polizei in Gießen 18 Ermittlungsverfahren in den Jahren 2020 und 2021 nicht bearbeitet. Damit dies nicht auffiel, notierte er rückwirkend in den Akten zum Beispiel den scheinbaren Versand von Ladungen und Anhörungsbögen sowie angebliche Telefonate. Die Bögen seien nicht zurückgeschickt und die geladenen Täter sowie Zeugen nicht zum Termin erschienen, schrieb er zudem. Auch berichtete er fälschlicherweise von Opfern, die kein Interesse an einer Strafverfolgung mehr hätten.
Der an einer Nervenkrankheit sowie einem Erschöpfungssyndrom leidende Mann hatte zuvor bei der Polizei in Frankfurt gearbeitet und war im Jahr 2019 nach Gießen gewechselt. Dort bearbeitete der damalige Hauptkommissar im Schnitt mehr Verfahren als seine Kollegen, wie seine damalige Chefin vor Gericht berichtete. Er habe sich oft freiwillig gemeldet und durchblicken lassen, weiter Karriere machen zu wollen. Ihr Angebot, die Zahl der Verfahren zu reduzieren, habe er abgelehnt.
„Er hatte Probleme damit, Nein zu sagen“, sagte die Psychotherapeutin, die ihn behandelt hatte. Der Mann habe die Manipulationen der Akten als einzige Möglichkeit gesehen, mit dem Druck umzugehen.
Die Taten des Familienvaters waren 2021 aufgefallen, nachdem er innerhalb von Gießen versetzt worden war. Er ließ sich sofort krankschreiben und kündigte rund ein Jahr später seine Stelle.