Windanlagen ja oder nein? Hünstetten hat am Sonntag die Wahl

Windrad bei Hünstetten-Beuerbach, im Hintergrund der Feldberg: Die heimischen Umweltschützer wollen einige Argumente der Windkraftgegner widerlegen, die unter anderem die Bedrohung für den Rotmilan, den Schwarzstorch oder die Fledermaus durch die Anlagen anführen.
© Boris Roessler/dpa

Am Sonntag, 12. März, haben die Hünstetter die Wahl, ob auf dem Gebiet ihrer Kommune künftig Windkraftanlagen gebaut werden können. Worauf es ankommt.

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Hünstetten. Die Hünstetter Wahlberechtigten sind am Zug: Soll es auf den vom Regierungspräsidium Darmstadt festgelegten Windvorrangflächen der Gemeinde Hünstetten künftig möglich sein, modernste Windkraftanlagen zu bauen? Ein Bürgerentscheid soll die Entscheidung darüber treffen – nicht die gewählten Gemeindevertreter. Das beschloss die Gemeindevertretung im vergangenen Sommer, um alle Hünstetter an dem wichtigen Zukunftsthema zu beteiligen. An diesem Sonntag ist es so weit. Rund 8500 Wahlberechtigte sind an die Wahlurne gerufen, um diese Frage zu beantworten und damit eine Entscheidung herbeizuführen: „Sind Sie dafür, dass auf den gemeindeeigenen Flächen innerhalb der drei ausgewiesenen Vorranggebiete Windkraftanlagen errichtet werden?“

„Sind Sie dafür, dass auf den gemeindeeigenen Flächen innerhalb der drei ausgewiesenen Vorranggebiete Windkraftanlagen errichtet werden?“

Fd
Frage des Bürgerentscheides zum Bau von Windkraftanlagen in Hünstetten

Maximal sechs Windräder soll es auf den Flächen der Gemeinde geben – das wurde bereits festgelegt. Die Flächen zwischen Wallbach und Görsroth, an die auch eines der Idsteiner Vorranggebiete grenzt, und die Fläche zwischen Strinz-Trinitatis und Niederlibbach kommen dafür infrage, so Bürgermeister Jan Kraus (Hünstetter Liste), der das dritte Gebiet, zwischen Wallbach und Wallrabenstein, wegen seiner Größe und seiner Lage in einem intakten Waldgebiet nicht für geeignet hält. Er stützt sich dabei auf die Argumentation des Gemeindeförsters Simon Rätz, der dringend dafür plädiert, Windräder vor allem dort zu bauen, wo ohnehin Kahlflächen wegen Trockenheit und Borkenkäferbefall entstanden seien.

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Das ist neu: Alle Fraktionen sind für Windkraft

Rund 250 Meter hoch sollen die Anlagen werden. Diese Höhe ermögliche Effektivität im Untertaunus, sagen die Experten. Was das mit Landschaft und Umwelt macht, darüber informierte die Gemeinde mit Bürger-Informationsveranstaltungen und Waldbegängen. Auf der Homepage der Gemeinde sind Computer-Visualisierungen abrufbar, die zeigen, wie sich das Landschaftsbild aus verschiedenen Ortsteilperspektiven verändert, wenn die Anlagen gebaut sind.

Nach Jahren des Disputs und Jahren des Stillstandes: Gibt es jetzt einen Konsens zu Windkraft in der Gemeinde? Die Statements von vier Gemeindevertretern bei der letzten Bürgerinformation weisen in diese Richtung. Dass sich sowohl Harald Engelhard (SPD) und Rainer Gießing (Grüne) als Befürworter positionierten, war zu erwarten. Aber auch die CDU-Fraktionsvorsitzende Bettina Schewe-Rau argumentiert für Windkraft: „Die Notwendigkeit ist gegeben, nichts zu tun, ist die schlechteste Option”, setzt sie sich für maximal sechs Anlagen ein. Die Hünstetter Liste positioniert sich ebenfalls mehrheitlich bei den Befürwortern, berichtet Gemeindevertreter Reinhold Schimmels, dem die Entscheidungsfindung per Bürgerentscheid wichtig ist. Der FDP-Vertreter im Gemeindeparlament, Tilo Radau, ist der einzige, der sich nicht vollumfänglich für Windkraft ausspricht. Gleichwohl unterstützt er die Kriterien, die der Bauausschuss festgelegt hat und die interkommunale Zusammenarbeit mit Idstein. Neben der Initiative „Nachhaltiges Hünstetten” im Pro-Lager tritt in den letzten Wochen auch eine „Anti-Gruppe” in Erscheinung: „Rettet den Naturpark Taunus”. Plakate, Flyer, Internetposts üben harsche Kritik und weisen auf fehlende Rentabilität und Beeinträchtigungen der Natur.

Übersichtskarte der Windvorrangflächen in der Gemeinde Hünstetten
Übersichtskarte der Windvorrangflächen in der Gemeinde Hünstetten
© Gemeinde Hünstetten
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Das Quorum ist die Hürde

Wie stehen die Chancen für die Entscheidung? Die Abstimmungsform des „Bürgerentscheids” ist nicht ganz einfach. Denn dieser fordert nicht nur eine Mehrheit von Ja- oder Nein-Stimmen. Vielmehr gilt es, ein Quorum zu erreichen: Mindestens 25 Prozent aller Hünstetter Wahlberechtigten müssen ihre Stimme für eine der beiden Antworten abgeben. Wird dies nicht erreicht, ist der Bürgerentscheid gescheitert. Das bedeutet, dass die Wahlbeteiligung möglichst groß sein muss, damit es überhaupt zu einer gültigen Entscheidung kommt.

Ist das nicht der Fall, fällt die Entscheidung über den Bau von Windkraftanlagen zurück an die Gemeindevertretung. Gibt es am Ende des Wahltages eine entsprechende 25-prozentige Mehrheit gegen Windkraft, ist diese Entscheidung mindestens drei Jahre lang bindend. Fällt das Votum positiv aus, bedeutet es, dass die Gemeinde Hünstetten das bereits gemeinsam mit der Stadt Idstein in die Wege geleitete „Interessenbekundungsverfahren” für den Bau von Windrädern weiter betreiben kann. Dieses gemeinsame Verfahren macht Sinn, weil die Vorranggebiete der Kommunen aneinandergrenzen, was für einen Investor vorteilhaft ist. Den Hünstettern muss indes auch klar sein, dass die Windräder auf Idsteiner Vorranggebiet auf jeden Fall kommen werden – auch wenn sich Hünstetten gegen Windkraft entscheidet. Denn die Idsteiner Lokalpolitiker haben bereits per Stadtverordnetenbeschluss entschieden, dass Windräder auf Idsteiner Gemarkung gebaut werden.