Fall Luise: Bleiben Fragen zu Motiv und Tat für immer offen?
„Warum?“ - Diese Frage treibt nach dem Tod der Zwölfjährigen viele Menschen um. Jetzt äußert sich der zuständige Staatsanwalt dazu.
Freudenberg. Im Fall der mutmaßlich von zwei Mädchen getöteten zwölfjährigen Luise aus Freudenberg wird es laut den Ermittlern möglicherweise keine offiziellen Antworten zum Tatgeschehen geben. „Wir können auch die rechtlichen Grenzen, die uns gesetzt sind, nicht überschreiten. Nur weil die Bevölkerung meint, ein Anrecht zu haben, alle Hintergründe zu kennen“, sagte Oberstaatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss von der Staatsanwaltschaft Siegen.
Hintergrund ist der Persönlichkeitsschutz der Minderjährigen. „Wir werden natürlich vollumfänglich aufklären“, betonte er. Sollten sich die beiden geständigen Mädchen als Täterinnen bestätigen, „dann werden wir keine Aussagen zu Tatabläufen oder Motivlagen machen“. In diesem speziellen Fall - Opfer und Tatverdächtige sind Kinder - müssen man akzeptieren, dass nicht jede Information für die Öffentlichkeit bestimmt sei. „Damit muss man letztlich irgendwo leben“, sagte er.
Keine Hinweise auf weitere Beteiligte außer den zwei Mädchen
Zwei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren hatten gestanden, Luise am 11. März erstochen zu haben. Gegen Strafunmündige könne man nicht ermitteln, „sodass eigentlich die Akte zu schließen wäre“, sagte von Grotthuss. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass andere Personen als die beiden Mädchen beteiligt waren. „Natürlich werden wir auch hinterfragen, ob die Geständnisse, die wir bekommen haben, belastbar sind und sich tragfähig zeigen“, sagte von Grotthuss.
Derweil haben die beiden Mädchen gemeinsam mit ihren Familien Freudenberg verlassen. Sie seien vom Jugendamt außerhalb des häuslichen Umfeldes untergebracht worden, sagte ein Sprecher des Kreises Siegen-Wittgenstein. Zuvor hatte die „Siegener Zeitung“ berichtet. Landrat Andreas Müller (SPD) sagte der Zeitung: „Wir haben ein entsprechendes Angebot zur gemeinsamen Unterbringung unterbreitet. Das Angebot wurde angenommen.“
Jeder meint, auch den Anspruch zu haben, alles wissen zu dürfen. Man muss aber sagen: Es gibt Grenzen, zum Beispiel den Persönlichkeitsschutz.
Zudem sind Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Falschmeldungen zum Fall in die Offensive gegangen. „Offenkundig gibt es besonders in den sozialen Medien Spekulationen, die sich nicht mit dem aktuellen Stand der Ermittlungen decken“, hieß es in einer Mitteilung. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wurden die Social-Media-Kanäle der beiden Tatverdächtigen geschlossen. In sozialen Netzwerken hatte es auf den Profilen teils anonymer Nutzer zahlreiche Spekulationen und auch Drohungen und Hass gegen die Tatverdächtigen gegeben. Laut Polizei wird geprüft, ob strafrechtlich Relevantes gepostet wird.
Aber sprießen die Gerüchte nicht gerade wegen des Informationsvakuums? „Jeder meint, auch den Anspruch zu haben, alles wissen zu dürfen. Man muss aber sagen: Es gibt Grenzen, zum Beispiel den Persönlichkeitsschutz“, sagte Oberstaatsanwalt von Grotthuss.