Der Anfang lag in verräucherten Gaststuben des Vogelsberges.
Von ws
Eine Talkrunde blickte zurück und nach vorn (von links): Moderator Volker Nies, Jennifer Gießler, Dr. Hans Heuser, Laura Refflinghaus, Werner Stoepler und Siegbert Ortmann. Foto: Stoepler
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LAUTERBACH - Der Anfang lag in verräucherten Gaststuben des Vogelsberges. Ludwig Erhard war Bundeskanzler, Georg-August Zinn Ministerpräsident in Hessen, als in Lauterbach die Junge Union gegründet wurde. Immerhin fünf Gründungsmitglieder und zahlreiche Gratulanten waren anwesend, als die Junge Union des Vogelsbergkreises ihr 50-jähriges Bestehen feierte, eigentlich das 52. Jubiläum, denn die Gründungsversammlung datiert vom 25. Februar 1965, wie Gründungsvorsitzender Siegbert Ortmann in seiner humorvollen Festrede nachwies.
Ortmann erinnert sich
Bei Rollenspielen in der Schule musste Ortmann immer den Part der CDU übernehmen, das sei wohl haften geblieben, bekannte der frühere Landtagsabgeordnete und Kreispolitiker, der heute den Landesverband im Bund der Vertriebenen führt. Die Idee zur Gründung wurde dem jungen Juristen später beim Referendariat in Fulda nahegebracht und vom damaligen Landrat des Kreises Lauterbach, Karl-August Vieregge, unterstützt. Dessen Tochter Dagmar zählte ebenso zu den Gründungsmitgliedern des Ortsverbandes wie Ortmanns Freundin und heutige Frau Ute Denk. Die Einladung zur Gründung verschickte damals im Auftrag des Bezirksvorstandes Helmar Schmitz von Hülst, der jetzt aus der Hessentagsstadt Rüsselsheim zur Jubiläumsfeier gekommen war. Die Kassenführung übernahm Fritz Brehm. Dem Vorstand gehörte auch Ansko Riedesel Freiherr zu Eisenbach an.
Nur vier Wochen nach der Gründung des Ortsverbandes wurde der Kreisverband gegründet, weil nur so Delegierte zu Bezirk und Landesverband geschickt werden konnten, berichtete Ortmann weiter, der zahlreiche Dokumente aus den ersten fünf Jahren des Bestehens mitgebracht hatte. Die ersten Wahlkämpfe verliefen mit wechselndem Erfolg, eindrucksvoll waren die Bilder, wie das Plakat als ausdrucksstarkes Werbemittel vor den Wahllokalen eingesetzt wurde - in einem Umfang, den Lauterbach vorher noch nicht gesehen hatte. Autokorsos und Lautsprecherwerbung mit Pkw gehörten damals ebenso zur Wahlwerbung wie Hausbesuche oder das Verteilen von Prospekten. Das Vorsitzendenamt blieb in den Anfangsjahren nie lange in einer Hand, jeder sollte mal die Steuerung des Schiffes übernehmen. Nach nur fünf Jahren gab es bereits 52 Mitglieder, davon 45 unter 25 Jahren. Regelmäßig gab es Stammtische zu aktuellen Themen, die im Eigenverlag produzierte Zeitschrift lag in der Hohhaus-Bibliothek aus.
Auch in den Nachfolgejahren habe sich die Junge Union stets als Motor der CDU verstanden und sei diesem Anspruch auch gerecht geworden, lobte in seinem Grußwort CDU-Kreisvorsitzender Dr. Jens Mischak. Nach wie vor sei die JU die größte und aktivste politische Jugendorganisation im Kreis. Der CDU-Kreisvorsitzende begann seine Karriere ebenfalls in der Jungen Union. Nicht so dagegen der heutige Landtagsabgeordnete Kurt Wiegel, der vor seinem CDU-Beitritt in der Landjugend engagiert war. Das habe dem Landwirt dann in der Union bisweilen dem Vorwurf eingebracht, ihm fehle der Stallgeruch, schmunzelte Wiegel. Rote Ohren habe er dagegen im Wahlkampf bekommen, als er früh morgens beim Prospektverteilen von einer Schülerin nach Kondomen gefragt worden sei. Diese hatte damals die Junge Union in ihrer Kampagne verteilt.
"Die Junge Union hat immer eine klare Kursrichtung gehabt", resümierte Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller. Sie sei das Salz in der Suppe in der politischen Diskussion. Als Beispiel nannte er Lothar Pietsch, der in der Jungen Union groß geworden sei, lange dem Stadtparlament angehört habe, auch als Fraktionsvorsitzender und Stadtverordnetenvorsteher und heute als Erster Stadtrat im Magistrat Wirtschaftsdezernent sei.
Einen Querschnitt aus über 50 Jahren politischen Engagements arbeitete Moderator Volker Nies in einer Talkrunde heraus. Die aktuelle Kreisvorsitzende und Gastgeberin Jennifer Gießler, ihre Stellvertreterin Laura Refflinghaus, Siegbert Ortmann, Dr. Hans Heuser und Werner Stoepler berichteten über ihre Arbeit und Motivation. Ortmann war nach dem Anschieben der Erfolgsidee "in der Diaspora sozialdemokratischer Mehrheiten" in der JU schon früh in die Rolle des "elder statesman" gewechselt mit Führungsaufgaben in der CDU. Werner Stoepler, letzter Vorsitzender des Kreisverbandes Lauterbach und erster JU-Kreisvorsitzender im Vogelsbergkreis, berichtete von Wahlkämpfen mit Saugpost und Wachsmatrizen und der erfolgreichen Verjüngung des CDU-Stadtverbandes Lauterbach.
Nicht immer verlief die Zusammenarbeit mit der CDU aber reibungslos, erinnerte Dr. Heuser. Gleich zweimal setzte sich die Junge Union mit konkurrierenden Listen für den Kreistag gegen die vom Wahlvorbereitungsausschuss ausgearbeiteten Vorschläge durch, sodass neben den älteren Kandidaten auch die Jugend an aussichtsreicher Stelle platziert war.
Jüngere Generation
Inzwischen ist die Verantwortung in der CDU-Nachwuchsorganisation auf eine jüngere Generation übergegangen, repräsentiert von Jennifer Gießler und Laura Refflinghaus. Sie arbeiten an der Gestaltung einer lebenswerten Zukunft auch im ländlichen Raum und waren dankbar für den Blick auf die Ursprünge. Jens Fleck vom Landesvorstand der Jungen Union versprach, dass die Junge Union stets dafür sorge, "dass sich die CDU automatisch" erneuere.
Eine Ausstellung rundete die Reise in die Lokalgeschichte ab. Ein kleines blaues Sparschwein wartete auf Futter. Zudem durften Namensvorschläge für das Schweinderl gemacht werden. Vorschläge lauteten Siegbert, Jennifer, Emil, aber auch Julius, Julia und Jupiter. Auf die Entscheidung darf man nun gespannt sein.