Ein fast mystisch anmutender Ort: Impression des Parks im Bereich des Friedhofs der Familie Riedesel. Foto: Eigner
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
EISENBACH - Vogelsbergbesucher, die auf dem Radweg oder auf der B 275 am Schloss Eisenbach vorbeifahren und den dort aufragenden alten Baumbestand wohl eher beiläufig wahrnehmen, werden in den wenigsten Fällen ahnen, dass sie gerade ein wichtiges Zeugnis der Gartenbaukunst links liegen gelassen haben. Und doch hat hier einer der bedeutendsten Gartengestalter seiner Zeit bis heute sichtbare Spuren hinterlassen, Carl Eduard Adolph Petzold (1815-1891). Er absolvierte seine Lehrzeit bei keinem Geringeren als beim berühmten Fürsten Hermann von Pückler-Muskau in Muskau, wo er anschließend auch Hofgärtner in dessen Park - heute UNESCO-Weltkulturerbe - wurde.
"Die Parkanlage am Schloss Eisenbach ist gartengeschichtlich eine der wichtigsten im westlichen Mitteldeutschland und war auch das Vorbild für weitere", erklärte Heribert Reif anlässlich einer Exkursion durch den Park. Der Dendrologe (Baumkundler), Ratsmitglied bei der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG) und langjähriger Leiter des Rombergparks in Dortmund, hat zwischen 1963 und 1966 seine Lehre als Baumschulgärtner in Lauterbach gemacht und in dieser Zeit den Eisenbacher Schlosspark kennen und würdigen gelernt. Zwischen 1972 und 1975 kartierte er den Baumbestand und legte für den gesamten Park ein Bauminventar an. Am vergangenen Sonntag kehrte Reif im Rahmen einer Exkursion der DDG zu einer baumkundlichen Führung an seine erste Wirkungsstätte zurück. "Dieser Park ist mein Lieblingspark", sagt der ausgewiesene Baumkenner, der heute im Ruhrgebiet zuhause ist.
Zur Einführung gab Reif einen Überblick über die Situation vor der Anlage des Landschaftsparks. Ursprünglich hätten Hutebäume rund um das Schloss Eisenbach gestanden. "Die damalige Landschaft müssen Sie sich so ähnlich vorstellen, wie man es heute noch vor der Stadt Lauterbach sehen kann", so Reif. Auffallend sei zudem, dass rund um das Schloss seit alters her viele Linden wüchsen. Für Reif ein Indiz dafür, dass die Riedesel als hessischer Uradel auch mit dem altfränkischen Königsgeschlecht der Merowinger verbunden sind, in deren Regierungszeit die aus südlicheren Gefilden stammende Sommerlinde Eingang gefunden habe.
Weiterhin stellte Reif die Biographie von Petzold vor. Der Mitte des 19. Jahrhunderts angelegte Lauterbacher Schlosspark sei zu den relativ frühen Schöpfungen Petzolds zu rechnen und wohl auch beeinflusst von seiner Muskauer Zeit. Beeinflusst von der englischen Landschaftsgärtnerei, habe Petzold immer auch vorhandene Strukturen mit einbezogen und gerne mit eingeführten Gehölzen gearbeitet - das sei auch im Eisenbacher Park wiederzufinden. Vermutlich habe sich Petzold an bestehende Baumgruppen aus Linden angelehnt. Im Schlosspark seien zudem die ältesten Fichten in der Gegend anzutreffen, eine ursprünglich im Vogelsberg nicht heimische Baumart.
Zu den im Eisenbacher Park stehenden Nadelbäumen gehören gehäuft Arten, die aus Nordamerika stammen, wie die Sitka-Fichte oder die Weymouth-Kiefer, wie Reif im weiteren Verlauf der Führung aufzeigte. Hier zog er eine weitere Verbindung zur Geschichte der Riedesel, denn ein Mitglied der Familie, Friedrich Adolf Riedesel, war General auf britischer Seite im nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Seine Tochter Friederike (später verheiratete von Reden) verbrachte ihre Jugend in Amerika und lebte später auf Schloss Buchwald in Schlesien - und auch den dortigen Landschaftspark hat Petzold geschaffen. Die nordamerikanischen Bäume am Schloss Eisenbach seien möglicherweise als Reminiszenz an die Lebensjahre des berühmten Verwandten der Lauterbacher Riedesel in der Neuen Welt zu verstehen.
Doch auch andere Raritäten finden sich in der Umgebung des Stammsitzes der Riedesel, so ein Wacholder-Baum und Japan-Tannen. "Die jüngeren Generationen machen sich heute keine Gedanken mehr darüber, dass dies ein ästhetischer Ort ist. Heute kennen Schulkinder nicht einmal mehr die einfachsten Baumarten. In unserer Gesellschaft gibt es immer weniger Bezug zur Natur", machte der Baumexperte im Verlauf der Führung auch kritische Anmerkungen. Der Landschaftspark sei durchaus auch unter praktischen Gesichtspunkten angelegt worden, die auf den ersten Blick nicht auffallen würden. "Aus Lust und Tollerei sind die Bäume nicht gepflanzt worden, da stand immer ein Nutzen dahinter", erklärte Reif. So fänden sich hochwachsende Pappeln im Umfeld des Gutshofes, wo sie als natürlicher Blitzableiter dienen sollten. Alleen sollten Schatten spenden für das Nutzvieh. Lindenbäume wurden durch Petzold unter anderem an Stellen angepflanzt, wo sie der Befestigung von Hängen nützlich waren.
Heribert Reif bezog auch die Besitzerfamilie von Schloss Eisenbach in seine Ausführungen mit ein. Denn nachdem Petzold seine Arbeiten vor Ort abgeschlossen habe, seien es die Riedesel und ihre Förster gewesen, die den Landschaftspark wie bei einem Tapetenwechsel immer wieder erneuert und aufgefrischt hätten. Der Forst sei für die Riedesel stets eines ihrer wichtigsten Betätigungsfelder gewesen. "Ich habe großen Respekt vor den Generationen, die hier tätig waren. Was hier an forstlichem und gärtnerischem Wissen drinsteckt, ist unglaublich", meinte der frühere Lauterbacher. Es sei das Ziel der Exkursion gewesen, an die Leistungen von Petzold und seines Auftraggebers Georg Riedesel zu Eisenbach zu erinnern - die selbst in der näheren Region so gut wie gar nicht bekannt seien.