Das vergangene Wochenende bot für kunst- und kulturinteressierte Lauterbacher eine außergewöhnlich originelle Veranstaltung.
Von Karen Liller
Suisse Marocaine (linkes Bild, links) brachte zahlreiche Zeichnungen, Skizzen und Objekte mit nach Lauterbach. Ursel Arndts 3D-Stickereien sind filigran und beeindruckend. Fotos: Liller
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LAUTERBACH - Das vergangene Wochenende bot für kunst- und kulturinteressierte Lauterbacher eine außergewöhnlich originelle Veranstaltung. In der Alten Spinnerei präsentierten 15 regionale und überregionale Künstler ihre Werke in einer gemeinsamen Ausstellung. Hunderte Besucher kamen am Samstag und Sonntag in das historische Industriegebäude, ließen sich auf die Vielfalt der modernen, abstrakten, beeindruckenden, berührenden oder exzentrischen Exponate ein und setzten sich aktiv mit der Kunst und den anwesenden Kreativen auseinander.
"Filament", also Fadenwerk, nannten die Künstlerkollegen David Weiss und Andreas Schmelzer ihr Veranstaltungskonzept. "Beim Filament bilden einzelne Stränge zusammen einen festen, starken Faden - so wie bei unserer Ausstellung", erläuterte David Weiss den Namen der Kunstschau in einer kurzen Begrüßung an die Gäste. Und die zeigten sich begeistert von der gelungenen Kombination der unterschiedlichsten Malereien, Objekte, Zeichnungen, Drucke und Installationen. Frei nach dem Motto "Denke nicht, sondern schau!" bewegten sich Besucher, Künstler und Kinder frei durch die Alte Spinnerei und ließen die Kunstprojekte auf sich wirken. Dank Live-Musik von Lukas Ballweg, gut angenommenem Catering und einer familiären Atmosphäre stellte sich bei der Ausstellungseröffnung am Samstagabend schnell Partystimmung ein.
Die Ausstellung bot unzählige ästhetische Höhepunkte. Dazu zählten David Hardys vor Ort gezeichneten "hässlichsten Porträts der Welt" und die Fülle seiner dargebotenen Zeichnungen und Skizzen. Auch die textile Kunst von Ursel Arndt verdiente nähere Betrachtung. Die Berlinerin stellte filigranste Filet-Stickereien aus, einige zarte 3D-Objekte aus Organza und Tuchintarsien aus Lodenstoffen, die wie gemalt wirkten. Auch vor den Kunstwerken des in Fulda geborenen Jens Rausch verweilten die Besucher gerne. Sein Hauptthema ist die Natur. In die Lauterbacher Ausstellung brachte er Waldbilder mit, die er unter anderem mithilfe von Ölfarbe, Asche, Ruß, Harz, Feuer und rostendem Eisenoxid auf Leinwand entstehen ließ. Durch die verwendeten Materialien und Prozesse wirkt sein Werk unbeschreiblich lebendig, es atmet förmlich und verändert seine Farbigkeit mit der Zeit.
Jens Berzio aus Gießen, der bereits bei Landenhausener Kunstspaziergängen ausgestellt hat, steht für moderne Kunst und abstrakte Malerei. Seine großen, auffälligen Acrylmalereien brachten Farbe in die Ausstellung. Auch Andreas Schmelzer, der in Lauterbach nicht nur wegen seiner Stahlskulpturen bekannt ist, stellte einige seiner Werke aus. Darunter Radierungen, Acrylgemälde und Siebdrucke in Rahmen aus altem Bauholz.
Zahlreiche Installationen und Kunstobjekte forderten die Besucher heraus und sorgten dafür, dass sich ihr Wahrnehmungshorizont erweitert. Allen voran die Exponate von Hardy Brähler, deren Hauptmotiv die Vergänglichkeit ist. Für seine Kunst verwendet Brähler gern alte Materialien wie ein Butterfass mit Kurbel, einen ausrangierten Volvo-Scheibenwischer und andere Flohmarkt- oder Sperrmüllfunde. Was er daraus macht? Skurrile, zum Teil kinetische Skulpturen (zum Beispiel "Rattentod"), die aus einem Tim Burton-Film stammen könnten und den Gästen durchaus Schauer über den Rücken jagten. Im Kontrast dazu standen die harmonisch warmen Holz- und Lichtskulpturen von Michael Lippert. "Die sehen so verwunschen aus. Wie aus einem Märchenwald", stellte eine Besucherin fest.
Die Räumlichkeiten der Alten Spinnerei hielten sich für das "Filament" bescheiden zurück und brachten die Kunstwerke gut zur Geltung. Nur bei einigen Exponaten suchten Besucher vergeblich nach einem Galeriekärtchen mit näheren Informationen zu Künstler und Werk. Aber vielleicht gibt es ja eine Wiederholung des gelungenen Konzepts. "Für mich ist es ein großer Erfolg, dass so viele Leute hier sind", freute sich der ausstellende Künstler Jens Rausch. "Keiner muss Eintritt zahlen, keiner muss was kaufen - die Ausstellung ist wie ein Weihnachtsgeschenk!"