Der Versorgungsbedarf wird auf Sicht wachsen, die Zahl der Ärzte dagegen eher sinken. Was Landesärztekammern jetzt fordern.
MAINZ / FRANKFURT. Wenn die zahlenmäßig starke Generation der Babyboomer in den kommenden Jahren altersbedingt aus dem Beruf ausscheidet, wird sich das auch auf die ärztliche Versorgung auswirken. „Künftig wird es nicht mehr in jedem Dorf einen Arzt oder eine Ärztin geben können“, sagt Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz.
Die Arztstatistik der Landesärztekammer zeigt, dass jeder zweite berufstätige Arzt in Rheinland-Pfalz 50 Jahre und älter ist, jeder vierte ist sogar 60 Jahre und älter. Der Ärztekammer-Präsident fordert mindestens zehn bis 15 Prozent mehr Studienplätze, um den künftigen ärztlichen Versorgungsbedarf überhaupt noch mit gutem Niveau decken zu können. Die Entwicklung zeichne sich bereits seit vielen Jahren ab, doch die Warnungen der Ärzte seien in der Politik immer verhallt.
Zwar ist die Zahl der Ärzte in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent gestiegen, doch würden sich mehr Ärzte und Ärztemangel nicht ausschließen. Der Bedarf an Ärzten ist sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich gestiegen. Zugleich ist aber das Arbeitszeitvolumen pro Arzt gesunken, da viele Mediziner heute in Teilzeit arbeiten, beziehungsweise ihre Arbeitszeit verkürzt haben.
„Das ist persönlich sehr verständlich, denn es gibt schließlich ein Leben neben dem Beruf. Doch versorgungspolitisch ist das fatal und es zeigt auch, dass die Arbeitsbedingungen dringend verbessert werden müssen“, sagt der Kammer-Präsident. Schätzungen zufolge werden inzwischen 1,8 Ärzte benötigt, um einen ausscheidenden zu ersetzen.
Der Blick in die Mitgliederstatistik der hessischen Landesärztekammer zeigt, dass 66 Prozent der hessischen Ärzte der Altersgruppe der über 50-Jährigen angehören. „Wir warnen schon seit Jahren vor einem Mangel an ärztlichem Nachwuchs. Um auch künftig die ärztliche Versorgung der Bevölkerung sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich sicherstellen zu können, müssen dringend mehr Studienplätze im Bereich Humanmedizin geschaffen werden, auch mit Hinblick auf die demografische Entwicklung einer zunehmend älteren Bevölkerung. Wir fordern die hessische Landespolitik bereits seit Jahren auf, die Zahl der Studienplätze zu erhöhen. Die heutigen Kapazitäten sind definitiv nicht ausreichend“, sagt Ärztekammer-Präsident Dr. Edgar Pinkowski. Selbstverständlich müssten auch die beruflichen Rahmenbedingungen stimmen. Arbeitsverdichtung in der ärztlichen Praxis und im Krankenhaus führe jedoch bei vielen Kollegen zu Frustration. „Ärztinnen und Ärzte müssen sowohl in Klinik als auch in Praxis von überbordenden bürokratischen Tätigkeiten entlastet werden. Teilzeitmodelle werden immer häufiger in Anspruch genommen, um sich vor Überlastung zu schützen. Der vermehrte Wunsch nach Teilzeit untermauert den Bedarf zusätzlicher Studienplätze.“