Corona-Expertenrat ruft zu Vorbereitung auf den Winter auf

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Ein Mund-Nasenschutz liegt am frühen Morgen auf dem nassen Pflaster der Fußgängerzone.  Foto: dpa

Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung befürchtet erhebliche Belastungen durch Covid-19 im Herbst und Winter. Der Rat hat mehrere Szenarien erarbeitet.

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BERLIN. Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung ruft Bund und Länder auf, sich auf erhebliche Belastungen des Gesundheitssystems und der kritischen Infrastruktur durch Covid-19 im Herbst und Winter vorzubereiten. In einer am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Stellungnahme heißt es, dass durch einen nachlassenden Schutz gegen eine Corona-Infektion sowie durch Impflücken bei Älteren "weiterhin eine relevante Immunitätslücke" bestehe. Zu zusätzlichen Infektionen könnten demnach Influenzaviren und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) führen. Der Vorsitzende des Rates, Heyo Kroemer, sagte, es gehe ausdrücklich nicht darum, dramatische Bilder zu erzeugen, sondern darum, nüchtern über Maßnahmen zur Vorbereitung nachzudenken.

Die Fachleute haben drei Szenarien erarbeitet, wie Herbst und Winter verlaufen könnten. In dem Fall, dass die Corona-Lage so bleibt, wie sie ist, würde die Intensivmedizin durch Corona-Infektionen zwar nur moderat belastet. Doch könnte die Zahl der Arbeitsausfälle wieder zu Masken- und Abstandspflichten in Innenräumen sowie regionalen Kontaktbeschränkungen führen. Im ungünstigsten Szenario würde eine neue Virusvariante dominant, die sich leichter überträgt und zu schwereren Erkrankungen führt. Dies würde zu einer starken Belastung der Intensiv- und Normalstationen führen. Erst gegen Frühjahr 2023 könnten dann Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsgebot wieder zurückgefahren werden. Im günstigsten Szenario wären wiederum massive Schutzmaßnahmen nicht nötig, was aber zu mehr Infektionen hauptsächlich bei jüngeren Kindern führen könnte.

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Die Expertinnen und Experten fordern von der Politik eine bundesweit möglichst einheitliche und schnelle Kommunikation der bestehenden Corona-Regeln. Die Impfkampagne müsse wieder intensiviert werden. Bei der Einschätzung der Situation müsse man weg von der Sieben-Tage-Inzidenz hin zu einem Echtzeitlagebild, bei dem die Krankheitsschwere berücksichtigt und auch gemessen werde, wie viele Intensivbetten es gebe und wie viele Pflegekräfte am Bett stünden. Hier sei Deutschland "im Blindflug", sagte Intensivmediziner Christian Karagiannidis. Es sei zudem elementar, dass nicht 16 Bundesländer unterschiedliche Meinungen hätten, sondern dass mit einer Stimme gesprochen werde.

Bundesgesundheitsministerium setzt auf Vorbereitungen

In der Debatte um den weiteren Corona-Kurs hält das Bundesgesundheitsministerium weiter neue gesetzliche Vorbereitungen für einen erwarteten Anstieg der Infektionen im Herbst für nötig. Es werde eine Gesetzgebung gebraucht werden, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Das Vorhaben werde jetzt angestoßen. Es diene der Vorbereitung auf das Auslaufen des Infektionsschutzgesetzes am 23. September.

Die FDP pocht seit Wochen darauf, erst eine geplante wissenschaftliche Bewertung bisheriger Beschränkungen abzuwarten, "bevor wir uns auf einzelne Maßnahmen vorschnell festlegen", wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bereits Ende Mai gesagt hatte. Ähnlich äußerten sich Buschmann am Mittwoch und FDP-Chef Christian Lindner am Dienstagabend jeweils in der ARD.

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Der Sprecher von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte auf die Frage, was nun als wissenschaftliche Basis für das weitere Vorgehen gelten solle: "Für die weiteren Vorbereitungen für den Herbst brauchen wir natürlich beides." Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums unterstrich lediglich, dass die Evaluierung im Infektionsschutzgesetz festgeschrieben sei. Sie solle "Teil der evidenzbasierten Politik sein".

Der Sprecher Lauterbachs sagte weiter, die frühere Aussage Lauterbachs, nach der die Gesetzesvorbereitungen vor der Sommerpause anzugehen seien, widerspreche nicht den Aussagen Buschmanns. Das Gesetzesvorhaben werde eine Weile in Anspruch nehmen, sagte er zur Begründung.

Von epd und dpa