Erst kam Corona und dann die Flut

Familie Vrbanatz steht in den Trümmern des eigenen Hauses. Foto: Lukas Görlach

Kaum hatte Josef Vrbanatz Frau den Kampf gegen Corona gewonnen, kam die Flut und zerstörte ihr Haus in Ahrbrück. Die Leser-Spenden machen der Familie Hoffnung.

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AHRBRÜCK. Josef Vrbanatz steht in den Trümmern seiner Existenz. Das Hochwasser hat Keller und Erdgeschoss seines Hauses in der Ahrstraße völlig verwüstet. Der 71-Jährige, der als Sechsjähriger aus Kroatien an die Ahr kam, hat sein Leben lang viel Arbeit und Geld in das Häuschen investiert. Nun hat er keine Kraft mehr. Erzählt er vom Schicksal seiner Frau Erika, kommen ihm Tränen in die Augen. Wegen deren Erkrankung an Multipler Sklerose ist das Häuschen vor einem halben Jahr erst behindertengerecht umgebaut worden. Dann infizierte sich die 66-Jährige mit dem Coronavirus, musste beatmet werden, kämpfte mit dem Tod. Doch sie gewann diesen Kampf. Und dann kam die Flut.

Feuerwehr warnte rechtzeitig

Vor der konnte sich das Paar an jenem 14. Juli gerade noch in Sicherheit bringen. Von der Feuerwehr rechtzeitig gewarnt, fanden sie in Hönningen beim Schwager Unterschlupf. Heute lebt Vrbanatz mit seiner Frau im Wochenendhaus eines Bekannten. Wann sie in ihr eigenes Haus zurückkönnen, ist noch völlig offen. In dem leergeräumten Erdgeschoss sind in diesen Tagen freiwillige Helfer und Feuerwehrleute aus dem Saarland im Einsatz. Mit dem Bohrhammer wird der Putz von den nassen Wänden geholt. Momentan gleicht alles einem Rohbau. „Das macht einen demütig“, kommentiert seine Tochter Michaela Bous dankbar die Hilfe der wildfremden Menschen. „Das gibt uns Hoffnung, dass wir es schaffen können“, sagt die Grundschullehrerin. Mit ihrem Mann Christoph und den beiden Kindern wohnt die 43-Jährige zwei Häuser weiter.

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Totalschaden in Haus und Garten

Auch hier ein Bild der Verwüstung. 1,60 Meter hoch stand das Wasser im Erdgeschoss. Keller und die Werkstatt des gelernten KfZ-Schlossers, der heute als Krankenpfleger arbeitet, wurden völlig überflutet. „Es ist alles kaputt“, zieht Christoph Bous eine ernüchternde Bilanz. Totalschaden nicht nur im Haus, sondern auch draußen. Das 1000 Quadratmeter große Grundstück war einst das „Paradies“ (O-Ton Bous) der Familie. Jetzt steht hier nichts mehr. Das Hauptaugenmerk gilt jedoch erst einmal dem Haus der Schwiegereltern. Als Soforthilfe für Dinge, die seine Elementarversicherung nicht trägt, erhält Josef Vrbanatz 500 Euro aus den Spenden der Leserinnen und Leser dieser Zeitung, sollte sein Haus abgerissen werden müssen, 5000 Euro. Die Familie Bous hat noch keinen Antrag gestellt.

So werden die Spenden der VRM-Leser verteilt

1,59 Millionen Euro haben die Leser der VRM bisher schon für die Flutopfer in Ahrbrück und Hönningen gespendet. Und die Hilfsbereitschaft versiegt offenbar nicht.

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Die Hilfen: Sie sollen so schnell wie möglich ankommen - ohne eine Euro Abzug. Die ersten Überweisungen sind bereits getätigt. Die Gemeinderäte von Ahrbrück und Hönningen haben dafür in Abstimmung mit dem Bürgerverein Ahrbrück Kriterien entwickelt, nach denen die Hilfen möglichst gerecht und transparent vergeben werden.

Das Grundprinzip: Wer stärker geschädigt ist, bekommt mehr. Wer sozial bedürftig ist, bekommt mehr. Wer nicht versichert ist – sich häufig such nicht versichern konnte – bekommt mehr. Allen Opfern der Überflutung in den beiden Gemeinden wurden sehr einfach gehaltene Anträge persönlich zugestellt.

Die Staffelung: Wenn Gebäude und Hausrat versichert waren, werden Flutopfern 500 Euro Ersthilfe gewährt. Wenn der Hausrat nicht versichert war – je nach Haushaltsgröße und sozialer Bedürftigkeit – 500 Euro bis 3500 Euro. Wenn Gebäude nicht versichert waren, weitere 500 bis 3500 Euro. Wenn das Haus abgerissen wurde oder abgerissen werden muss: 5000 bis 10 000 Euro.

Wie geht‘s weiter? Bei der Gemeinde Ahrbrück sind bisher 178 Anträge eingegangen, bei der Gemeinde Hönningen 60 Anträge. Angesichts des großen Erfolgs der Leser-Spendenaktion beraten der Bürgerverein und die beiden Gemeinden darüber, ob sie nicht einen weiteren Nachbarort in die Spendenaktion einbeziehen, der von der Flutkatastrophe ebenso massiv getroffen wurde.

Von Thomas Ehlke