
Mit einem Klick wird die globale Erwärmung greifbar – um den Klimawandel sichtbar zu machen, nutzen Forscher heute mehr als Datentabellen. Wir stellen euch einige Highlights vor.
Region. Die Uhr tickt: Schon heute sind die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels zum Beispiel durch den Anstieg von Extremwetterlagen rund um den Globus sichtbar. Aber nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort gleichzeitig oder in gleichem Maße. Auch deshalb wirkt der Themenkomplex „Klimawandel“ für viele Personen in unserer Gesellschaft bis heute abstrakt. Ein Problem, mit dem sich Wissenschaft und Politik seit geraumer Zeit beschäftigen. Dabei finden sich im Internet und in den sozialen Medien schon heute zahlreiche Möglichkeiten, den Klimawandel für jeden „erlebbar“ zu machen.
Auf unterschiedlichen Plattformen nutzen Forscher oder auch Daten-Journalisten wissenschaftliche Erhebungen, die die Auswirkungen des Klimawandels auf simple Weise visuell darstellen. „Mache die Dinge so einfach wie möglich, aber auch nicht einfacher“, dieses Zitat soll Albert Einstein seinen Wissenschaftskollegen auf den Weg gegeben haben. Auch wenn sich die Echtheit nicht prüfen lässt, wollen wir euch heute passende Netzfunde kurz vorstellen.
Die „Klimastreifen”
Ein Streifen pro Jahr: Ed Hawkins „Klimastreifen“ wurden von dem Professor für Klimawissenschaft entwickelt, um die globale Erwärmung möglichst einfach und greifbar auch für Laien darzustellen. Und das mit vollem Erfolg. Dank des einfachen Schemas und der deutlichen Farbwirkung (ist der Streifen blau, war das Jahr kühler als der Durchschnitt, ist er rot, war es wärmer) ist die Grafik inzwischen weltbekannt. Die erste Version wurde im Jahr 2018 entwickelt, seitdem haben es die Klimastreifen in Logos geschafft, auf Bandshirts oder als Installationen an ganze Gebäudefassaden. Durch ihre Einfachheit ist die Grafik auch leicht abwandelbar, es gibt unzählige Varianten für verschiedene Zeiträume und Regionen – die auch leicht selbst zu erstellen sind.
Die CO2-Uhr
Das Ziel, die globale Erwärmung auf ein Maß von zwei Grad Celsius zu begrenzen, ist in Gefahr. Das hat der Weltklimarat (IPCC) in seinem letzten Synthesebericht festgestellt. Ein Eindämmen auf 1,5 Grad Celsius wird dagegen schon gar nicht mehr erwartet. Der Grund: Der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen werde nicht in entscheidendem Maße verringert werden können, so die Experten. Um wenigstens noch das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, dürften dem Weltklimarat zufolge ab 2020 nur noch insgesamt 400 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen.
Mit diesen aktuellen Erkenntnissen des IPCC hat das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change 2018 ihre CO2-Uhr entwickelt. Sie zeigt die Zeit, bis das das der Menschheit verbleibende Budget an CO2 für das 1,5-Grad- oder das 2-Grad-Ziel verbraucht wird. Und die Uhr tickt: Aktuell zeigt der Countdown etwas mehr als 24 Jahre an, bis das 2-Grad-Szenario erreicht werde. Doch auch wenn die CO2-Uhr mit wissenschaftlichen Messungen eine präzise Vorhersage suggeriert, sie ist eher als Symbol an die Politik, vergleichbar mit der „Schuldenuhr“, zu verstehen, die die Gefahr des Klimawandels in einen zeitlich greifbaren Horizont übersetzt.
Dürremonitor der Helmholtz-Klimainitiative
Das Helmholtz-Institut überwacht mithilfe eines Modells und den Daten von 2500 Wetterstationen die Zustände der Böden in Deutschland. Tag für Tag, und das seit Jahren. Heraus kommt eine eindrucksvolle Visualisierung, die insbesondere die Trockenheit der letzten Jahre aufzeigt. Aber auch eine Tagesansicht gibt es – die Oberböden, also die Erde bis in 25 cm Tiefe, sind aktuell wegen der letzten Regenfälle gut bewässert. In der Tiefe sieht es aber wieder schlechter aus.
Bildergalerie
Earth Nullschool.net
Im ersten Moment wirkt es wie Kunst, doch es handelt sich bei Earth.Nullschool.net um ein meteorologisches Riesenprojekt des Programmierers Cameron Beccario. Mithilfe zahlloser Daten des US-amerikanischen Wetterdienstes NOAA erstellte er vor fast zehn Jahren einen interaktiven Globus, der den Nutzern alle wichtigen meteorologischen Daten tagesgenau auf den Bildschirm bringt. Nach spätestens drei Stunden laufen neue Daten in das System ein. Neben Wind- und Meeresströmung, Wolken und Temperaturen kann auch zielgenau die Konzentration von Kohlenwasserstoffen in der Atmosphäre dargestellt werden. Ein einfacher Mausklick reicht, um in die gewünschte Region einzutauchen.
Mit „World on fire“ verbreitete die Plattform im vergangenen Jahr auf Facebook sogar eine mehrteilige Video-Serie, die die Schadstoffbelastung und die Veränderung der Meerestemperatur in Zeitrafferaufnahmen veranschaulicht. Die Daten fassten mehrere Monate zusammen. Gerade bei aktuellen Extremwettersituationen lohnt sich ein Blick auf diese Seite.
Earth Overshoot Day
Der Rückgang an Biodiversität, ein Überschuss an Treibhausgasen und ein wachsender globaler Wettbewerb an Nahrungsmitteln und Energie: Die Überbeanspruchung der Erde lässt sich jährlich an der Terminierung des sogenannten Earth Overshoot Day festmachen. Erstellt wurde der wenig feierliche Tag vom „Global Footprint Network“ und zeigt, zu welchem Zeitpunkt die jährlichen Reserven des Planeten Erde aufgebraucht sind. Seit langer Zeit rückt dieser Tag im Kalender immer weiter nach vorne. Im letzten Jahr fiel der weltweite Overshoot auf den 28. Juli. Danach lebte die weltweite Bevölkerung aus den Reserven der Zukunft – umgerechnet 1,75 Erden. Ab hier kostet jeder Tropfen Wasser oder jeder gefällte Baum den Planeten mehr, als er sich leisten kann.
Neben dem globalen Rechenbeispiel erfasst die Nichtregierungsorganisation auch ein länderspezifischen „Overshoot Day“. Für Deutschland wird dieser 2023 am 4. Mai stattfinden. Das ist der Zeitpunkt, an dem die natürlichen Ressourcen eines Jahres aufgebraucht wären, wenn die gesamte Weltbevölkerung leben würde wie wir.