Am 2. Juni werden der Bundespräsident und der Mainzer Obdachlosenarzt Gerhard Trabert in der Mainzer Obdachlosen-Ambulanz aufeinandertreffen. Nun sind Details bekannt.
Von Julia Krentosch und Michael Bermeitinger
Bereits bei ihrem ersten Treffen im Schloss Bellevue sprachen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l.) und Gerhard Trabert, Mainzer Obdachlosenarzt und Professor für Sozialmedizin und Sozialpsychiatrie über weitere konkrete Projekte.
(Foto: Bundesregierung/Liesa Johannssen-Koppitz)
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MAINZ - Er hat es versprochen: Als Gerhard Trabert Anfang März zu Besuch bei Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue ist, verspricht der Bundespräsident, dass es nicht bei einem Gespräch bleiben wird. Auch einen Besuch der Mainzer Obdachlosen-Ambulanz auf der Zitadelle stellt er dem Vorsitzenden des Vereins „Armut und Gesundheit in Deutschland“ damals in Aussicht. Dieses Treffen in der Landeshauptstadt ist jetzt terminiert. Der Bundespräsident wird am Donnerstagmittag, 2. Juni, zu Besuch in Mainz sein. Am Dienstag gab das Bundespräsidialamt in Berlin Details des Besuchs bekannt. Unklar ist nur, ob es in der knappen Zeit auch für nicht beteiligte Mainzer eine Chance auf einen kurzen Kontakt gibt.
Kein Kratzen an der Oberfläche
Dass dieses erste Treffen in Berlin kein Strohfeuer bleiben würde, hatte Trabert damals schon im Gefühl. Kein Kratzen an der Oberfläche sei es gewesen, erzählt Trabert uns damals im Interview, man habe konkrete Ideen und Projekte besprochen. Über eine Stunde lang hatte er sich mit dem Bundespräsidenten über Obdachlosigkeit, Armut und Krankheit ausgetauscht. Dass sich der Bundespräsident schon lange mit der Lage der Ärmsten und Verwundbarsten im Land auseinandersetze, das habe man gespürt. Ein Treffen, das Steinmeier seinem in der Bundesversammlung unterlegenen Mitbewerber – Trabert wurde damals von den Linken unterstützt – direkt nach seiner Wiederwahl in Aussicht gestellt hatte. „Warum schauen wir nicht, ob wir diesem drängenden Thema gemeinsam mehr Aufmerksamkeit verschaffen können?“, hatte er ihn gefragt. Und Wort gehalten.
Sehr zu Traberts Freude. „Gerade in einer solchen Phase ist es wichtig, auch noch einmal auf die Situation sozial Benachteiligter hinzuweisen“, spricht Trabert die steigenden Lebensmittel- oder Energiekosten an. „Die Maßnahmen der Ampelkoalition reichen da einfach nicht aus.“ Die beschlossene Entlastung von 200 Euro für jeden Hartz IV-Empfänger mache monatlich ja gerade ein Plus von 16,70 Euro aus, „das ist ja nicht mal die Inflationsrate.“ Traberts Hoffnung: „Wenn der Bundespräsident diese Themen zu seinen macht und in den Fokus rückt, dann entsteht ja auch Druck auf die Entscheidungsträger und vielleicht ändert sich dann auch etwas in Berlin.“ Zumal es nicht zu unterschätze sei, „wenn sich die Menschen plötzlich nicht mehr mitgenommen oder wahrgenommen fühlen von der Demokratie“, so Trabert. „Entweder machen sie dann nämlich nicht mehr von ihrem Wahlrecht Gebrauch oder sind empfänglich für Rassismus und Populismus.“
Etwa eine Stunde lang wird Trabert am 2. Juni ab 12.15 Uhr Zeit haben, all diese Dinge mit dem Bundespräsidenten zu besprechen. Bei „Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.“ im Gebäude F auf der Zitadelle wird Steinmeier mit Gerhard Trabert und einem wohnungslosen Patienten sprechen und das Arztmobil des Vereins besichtigen. Im Anschluss gibt es Informationen über Hilfsangebote von „Armut und Gesundheit“ und weitere Gespräche mit Mitarbeitern und Betroffenen über die „Ambulanz ohne Grenzen“ und die „Clearingstelle Krankenversicherung Rheinland-Pfalz“.
Dass Steinmeier direkt mit Betroffenen ins Gespräch kommt, ist Trabert besonders wichtig. Denn nur so entstehe die nötige Aufmerksamkeit für „die Lücken und Schwachstellen im System.“ Dass der Besuch des Bundespräsidenten genau das bewirken kann: Trabert ist zuversichtlich. Immerhin sei der Besuch in Mainz neben dem Treffen im Schloss Bellevue jetzt schon das zweite Versprechen, dass der Bundespräsident auch einhalte.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 21.05.2022 um 14:49 Uhr publiziert.