(lb). „…Und wenn sie nicht gestorben sind, dann erzählen sie auch heute“, lag am Samstag ein besonderer Zauber in der Stadt. Im Rahmen des 9. Kräuter- und Märchentages...
ALSFELD. (lb). „…Und wenn sie nicht gestorben sind, dann erzählen sie auch heute“, lag am Samstag ein besonderer Zauber in der Stadt. Im Rahmen des 9. Kräuter- und Märchentages in Alsfeld luden Märchenhaus und TCA unter der Schirmherrschaft der TV-Moderatorin und Märchenerzählerin Michaele Scherenberg Kinder und Erwachsene zu einer „Nacht der Märchen“ mit Flüsterspaziergang ein.
Gut zwei Jahre brodelte die Idee des spontan formierten Alsfelder Märchenteams, die Attraktion des etablierten Kräuter- und Märchenmarktes mit der Anwesenheit von Scherenberg und einem Märchenprogramm für alle Generationen zu bereichern. Jetzt wurde es wahr. Sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen waren rundum begeistert. „Märchen schreibt die Zeit“, stimmten Alsfelds Märchenerzählerin Silvia Völker, Michaele Scherenberg aus Bad Homburg und Erzählkünstlerin Walburga Kliem aus Schmitten im Taunus überein.
Zum Auftakt waren zunächst die kleinen Gäste an der Reihe. Sie erlebten mit den lebendig erzählten Geschichten eine stimmungsvolle Stunde im Märchenhaus. „Die Kinder gründeten das erste Märchenorchester und genossen die Atmosphäre in vollen Zügen“, freute sich das Trio über das mitmachende Publikum.
Aber auch die Erwachsenen ließen sich nach allen Regeln der Kunst auf die abendlichen Märchenstunden ein. Sie hörten Geschichten mit Tiefgang aus aller Welt – jagten dabei dem Glück der Protagonisten genauso hinterher wie der Sehnsucht nach Liebe, Wärme und Anerkennung. Nach gut drei Stunden sinnlicher Märchenreise in der gemütlichen Erzählstube rundeten die Sprecherinnen ihr Programm mit einem ruhig-getragenen Flüsterrundgang durch die Stadt ab.
„Was für eine tolle Atmosphäre“, erlagen spätestens an dieser Stelle die Damen und Herren dem Zauber der Nacht. Bepackt mit kleinen brennenden Laternen, zog der Tross auf leisen Sohlen vom Märchenhaus zu einer weiteren Erzählung zum Rathaus, danach zum Beinhaus und neuen Triller. Von dort vorbei an Alsfelds Nachtleben in der Untergasse zum Grabbrunnen und wieder zurück.
Ein Nebeneffekt auf dieser Tour: Sofort schien sich der Geist der Märchen auf die Nachtschwärmer in den gastronomischen Betrieben zu übertragen. Voller Begeisterung sangen sie das Kinderlied „Ich geh mit meiner Laterne“ und ließen ihren freudigen Chorgesang vom lauen Abendwind durch die alten Gassen tragen.
Nach einem letzten Märchen am Grabbrunnen beendete die Märchengruppe das Programm mit einem gemeinsamen Nachtlied im Kanon.
„Jede Persönlichkeit der Damen, ihre Rhetorik und die Auswahl ihrer Märchen – kurzum dieser zauberhafte Abend geht ins Fleisch über“, versuchte Teilnehmer Herbert Krug seine Empfindungen und Gedanken in Worte zu packen. „Man kann sich fallen und einlassen. Ich komme sehr ins Nachdenken“, schilderten Ulli Becker-Dippel und ihr Ehemann ihre Eindrücke.
Extra zur Märchennacht angereist war Sieglinde Schröder aus Bad Lippspringe. Selbst als Märchenerzählerin aktiv, wollte sie unbedingt die Erzählkunst von Scherenberg und ihren Kolleginnen in Alsfeld live erleben. Sichtlich begeistert von drei anderen Frauen und ihren Helfern im Hintergrund formulierte Schröder ihre Gedanken: „Dieser Abend war ein großes, unvergessliches Geschenk.“