Das kam für alle benachbarten Kommunen überraschend: Bei der zweiten Offenlegung tauchte im Teilplan "Erneuerbare Energien" des Regionalplans Südhessen plötzlich eine neue Windvorrangfläche auf: Sie trägt die Bezeichnung "VRF 2-839". Sie liegt noch auf Gederner Gemarkung, grenzt aber scharf an Volkartshain an.
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Ziehen an einem Strang (von links): Jürgen Sill (Ortsvorsteher Volkartshain), Guido Kempel (Bürgermeister Gedern), Sebastian Stang (Bürgermeister Grebenhain) und Marco Straßberger (Ortsvorsteher Herchenhain). Foto: Schäfer
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GREBENHAIN - Das kam für alle benachbarten Kommunen überraschend: Bei der zweiten Offenlegung tauchte im Teilplan "Erneuerbare Energien" des Regionalplans Südhessen plötzlich eine neue Windvorrangfläche auf: Sie trägt die Bezeichnung "VRF 2-839". Sie liegt noch auf Gederner Gemarkung, grenzt aber scharf an Volkartshain an. Und auch die Birsteiner Ortsteile Völzberg und Lichenroth sind nicht weit entfernt. 65 Hektar soll diese Fläche umfassen, die im Privatwald des Fürsten zu Stolberg-Roßla aus Ortenberg liegt. Dagegen machen nun die umliegenden Ortschaften und Kommunen mobil. Am Freitag luden die Bürgermeister Sebastian Stang (Grebenhain) und Guido Kempel (Gedern) sowie die Ortsvorsteher Jürgen Sill (Volkartshain) und Marco Straßberger (Herchenhain) zu einer Pressekonferenz auf die Herchenhainer Höhe ein, in der sie ihre ablehnenden Stellungnahmen begründeten. Eine Bürgerinitiative in Gründung gibt es auch schon, die nach Angaben von Cornelia Gieron aus Volkartshain bereits 300 Unterschriften gesammelt hat. Letztere ist auch eine der drei Ornithologen, die in ihren Gutachten auf Rotmilane, Schwarzstörche, Wasseramseln und andere unter strengem Schutz stehende Vogelarten hinweisen, die nach ihren Feststellungen in diesem Bereich leben.
Die Herchenhainer Höhe wurde nicht umsonst als Ort für die Pressekonferenz gewählt, blickt man doch von hier aus über die schönen Bergmähwiesen nicht nur auf Taunus, südlichen Vogelsberg, Spessart und Rhön, sondern auch über das gelbe Sportlerheim Hartmannshain/Herchenhain auf jenes große Stolberger Waldgebiet, in dem bislang keine Windkraftanlagen stehen. Die Stadtwerke Bad Vilbel und das Ortenberger Fürstenhaus planten hier den Bau von Windkraftanlagen, informierten die beiden Bürgermeister. Bis zu zehn Stück wären möglich, was nach ihren Angaben auch die Kommunen Schotten, Hirzenhain, Ortenberg und Birstein nicht hinnehmen wollen. Bislang würde die Fläche in der Tabuzone des Funkfeuers Gedern/Ober-Seemen liegen und dies somit den Bau der WKA verhinden - aber darauf wollen sich die Kommunen nicht verlassen, wie die Rathauschefs ausführten. Schließlich könne die Deutsche Flugsicherung irgendwann ihre Navigation umstellen, und dann wäre dem Bau der WKA Tür und Tor geöffnet. Deswegen setzen sie nun auf andere Argumente. Und sollten tatsächlich Schwarzstorch, Rotmilan und Co. nachgewiesen werden können, dann wäre das ein K.o.-Kriterium, wie auch schon andere Windkraftprojektierer erfahren mussten.
Es gebe bereits mehrere Bruthinweise, sagte Sebastian Stang. Und die Vogelbeobachtungen gingen weiter. Und außerdem: "Der ländliche Raum ist nicht nur ein Entleerungsraum für den Ballungsraum - hier leben auch Menschen." Es könne nicht angehen, dass jetzt die Stadtwerke Bad Vilbel und Viernheim in dieser Vogelsbergregion gegen den Willen der hier lebenden Menschen WKA errichten wollen. Sein Amtskollege aus Gedern bekräftigte: "Gedern hat kein Interesse, dass dort ein Windpark entsteht." Der neue Teilplan "Erneuerbare Energien" sehe noch drei weitere Vorrangflächen für Gedern vor, die genauso abgelehnt würden. Das entspreche auch einem klaren Beschluss des Gederner Stadtparlaments aus dem Jahr 2014. Die beiden Bürgermeister forderten die Bevölkerung auf, sich in die Unterschriftenlisten einzutragen, die unter anderem in den Verwaltungen auslägen. Und es sei auch geplant, so Stang, die beiden genannten Stadtwerke anzuschreiben und seine Empörung auszudrücken. "Es ist eine Frechheit, so etwas in der zweiten Offenlage nachzuschieben."
Jürgen Sill rechnete vor, dass es gegenwärtig im Vogelsberg 240 WKA gebe. 40 weitere seien genehmigt und mehr als 30 in Planung. Dann sei man bei mehr als 300. "Wenn das Funkfeuer wegfällt, sind wir in den A... gekniffen", warnte der Ortsvorsteher. Jetzt müssten Natur- und Vogelschutz in die Waagschale geworfen werden. Und er hoffte, dass jetzt nicht "plötzlich ein Horstbaum fällt". Einer der bei der Pressekonferenz anwesenden Bürger schlug schließlich noch vor: "Man sollte mit den Unterschriftenlisten beim Fürsten und im Landtag vorstellig werden - speziell bei den Grünen und den Schwarzen."
Die Gemeinde Grebenhain macht in ihrer Stellungnahme im Übrigen auch auf einen redaktionellen Irrtum aufmerksam: Dass sich das Gebiet nicht wie im Steckbrief beschrieben im Naturrraum Vorder- und Kuppenrhön, sondern im Hohen Vogelsberg befinde und komplett im Natur- und Geopark Vulkanregion Vogelsberg liege.