Bundesverfassungsgericht kippt Schlafverbot

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Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechenden Auflagen des Regierungspräsidiums Gießen aufgehoben. Die Aktivisten dürfen in ihren Camps gegen den Bau der A 49 übernachten.

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VOGELSBERGKREIS. Das wochenlange Tauziehen um die Frage von Übernachtungen auf den Protestcamps gegen den Weiterbau der A 49 hat ein Ende: Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechenden Auflagen des Regierungspräsidiums aufgehoben. Ab dem 24. September (also mit Ende des morgigen Tages) ist das Übernachten erlaubt, gibt die Projektwerkstatt Saasen in einer Pressemeldung bekannt.

"Die Entscheidung betrifft formal nur das wegen dem Schlafverbot noch nicht errichtete Camp in Schweinsberg, ist aber inhaltsgleich auf das noch im Instanzenweg befindliche Verfahren um das Protestcamp auf dem Sportplatz Dannenrod und auf weitere Camps, etwa auf Privatflächen, zu übertragen", erklären die Aktivisten.

"Die Versammlungsfeindlichkeit Gießener Behörden und Gerichte ist seit Wochen offensichtlich und schlicht nicht akzeptabel", heißt aus dem Versammlungsunterstützungsteam im Aktionsbündnis Keine A 49. Die dort Aktiven verweisen auf die Auseinandersetzung um Demoverbote in Gießen im April 2020, als ebenfalls erst das Bundesverfassungsgericht die Verbote der Versammlungsbehörden und der hessischen Gerichte korrigierte. "Das war damals eine juristische Klatsche - und das ist es diesmal wieder. Wir hoffen, dass diese Verstöße gegen Grundrechte jetzt endlich aufhören, damit Gießen nicht irgendwann zum Synonym für Verfassungsfeindlichkeit bei den Richter*innen in Karlsruhe im Gedächtnis wird".

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In den nächsten Stunden müssen laut dem Beschluss der Verfassungsrichter noch die genauen Modalitäten für die Schlaflager und begleitenden Einrichtungen zwischen Camporganisatoren und Versammlungsbehörde ausgehandelt werden. Dabei werde es vor allem um den Corona-Schutz gehen. "Auch wir wollen hier alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen umsetzen - aber das ist in der Nacht nicht komplizierter als am Tag. Daher waren die Verbote von Anfang an reine Willkür", heißt es aus dem Versammlungsunterstützungsteam. Vom weiteren Verhalten des RP werde dabei abhängen, ob neue Verfassungsklagen nötig sind. "Wenn es endlich zu fairer Kooperation mit der Versammlungsbehörde kommt, deren Ziel die Durchführbarkeit von Versammlungen bei gleichzeitiger Abwehr zum Beispiel von Ansteckungsgefahr ist, wären weitere Klagen überflüssig." Dass das Versammlungsunterstützungsteam aber auch anders kann und will, habe es mit den erfolgreichen Klagen in Karlsruhe gezeigt.

Ebenfalls aufgehoben worden sei das totale Demonstrationsverbot auf dem Sportplatz in Lehrbach, der allerdings ab dem ersten Oktober für andere Zwecke verplant ist, sodass der Campaufbau dort voraussichtlich nicht mehr lohnt. Verboten bleibe die angemeldete Demo im Wasserschutzgebiet (Zone 2), weil sich das Verfassungsgericht mangels eigener Kompetenz eine Entscheidung über mögliche Gefahren im Eilverfahren nicht zugetraut habe.

Von (red)