Vogelsberggarten: "Arche" bald wieder seetüchtig?

Der Vogelsberggarten blüht für die Region. Archiv/Möllermann
© Archiv/Möllermann

Der Vogelsberggarten in Ulrichstein ist eine "Pflanzen-Arche" für die Region, stand aber vor der Pleite. Nun soll eine dauerhafte Finanzierungslösung gefunden werden.

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ULRICHSTEIN. Der Vogelsberggarten in Ulrichstein ist ein Projekt, dessen Bedeutung weit über den Standort in Hessens höchstgelegenem Städtchen hinausreicht. Er blüht quasi für den gesamten Kreis. Der öffentliche Garten, für dessen Gedeihen ein Förderverein sorgt, beherbergt zahlreiche Vogelsberger Pflanzenarten - darunter auch viele bedrohte. Eine vom Geschäftsführer des Fördervereins, Richard Golle, befürchtete Zahlungsunfähigkeit des Gartens (unsere Redaktion berichtete) ist aber nun vorerst abgewendet. Wie Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak (CDU) erklärte, hätten der Naturpark und die Stadt nach einem Treffen ihre Zustimmung dazu signalisiert, jeweils 2500 Euro für das laufende Jahr an den Förderverein zu überweisen.

Bei einem Rundgang werden die Magie und die Anziehungskraft des blühendenden Gartens schnell spürbar. Im Frühling und Sommer duftet, schwirrt und sirrt und blüht es überall um den Besucher herum. Auch wenn geschätzt über 1500 Besucher pro Jahr durch die lebendige Vielfalt des Gartens schlendern, wirkt der weitläufige Garten mit seinen 6,4 Hektar Fläche doch nie überfüllt. Ähnlich eines botanischen Gartens, ist der Vogelsberggarten in verschiedene Themengebiete unterteilt. Unter vielen anderen Beeten laden ein üppiger Bauerngarten, Heilkräuter- und Hochstaudenbeete, immer mit informativen Schildern versehen, zum Informieren und "Seele-baumeln-lassen" ein. Aber der Garten dient nicht nur als Touristenattraktion, sondern auch als wichtiger "Gen-Pool" und als Vogelsberger "Pflanzen-Arche".

Bei einem Rundgang anlässlich einer Spendenübergabe vor einigen Tagen hatte Golle beklagt, dass die ehemaligen Gründer des Vogelsberggartens - die Mitglieder des Zweckverbands Naturpark Vulkanregion Vogelsberg und die Stadt Ulrichstein - aus unterschiedlichen Gründen auf finanzielle Zuwendungen verzichteten. Golle mahnte eine langfristige und dauerhafte Finanzierung des Gartens an. "Von den Mitgliedsbeiträgen, privaten Spenden und nur mithilfe unserer ehrenamtlichen Paten und ab und zu des Bauhofs der Stadt Ulrichstein, kann so ein arbeitsintensives Projekt auf Dauer nicht gestemmt werden", betonte er damals und erinnerte weiter daran, dass wir "grundsätzlich nach der geltenden FFH-Richtline und laut EU-Gesetz verpflichtet sind, den Genpool unserer regionalen Verantwortungsarten zu schützen und zu bewahren."

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Neue Mittel für den Garten

Auf Anfrage bestätigte der Geschäftsführer des Naturparks Vulkanregion Vogelsberg, Rolf Frischmuth, zwar die Einstellung der finanziellen Leistungen, darunter anteilig auch Kreismittel, betonte aber, dass durch "großzügige Spenden, beispielsweise durch Windkraftbetreiber, Privatpersonen oder weiteren sowie Fördermittel aus dem Biodiversitätsprogramm des Regierungspräsidiums Gießen, diese Leistungen in den vergangenen Jahren nicht mehr nötig waren". Da aber nun neben den Spenden auch die Förderung der Biodiversität rückläufig sei und gleichzeitig die Ausgaben im Vogelsberggarten aufgrund von höheren Pflegeanforderungen durch Ausweitung der Aufgaben, Lohnsteigerungen und mehr Pflegeaufwand wegen Trockenheit in den letzten Jahren gestiegen seien, habe dies 2023 für eine Finanzierungslücke gesorgt.

Auch Ulrichsteins Bürgermeister Edwin Schneider betonte, dass ihm und der Stadt die Zukunft des Gartens am Herzen liege. Auch wenn die Stadt in den letzten Jahren auf direkte finanzielle Zuwendungen verzichtet hatte, unterstützt sie den Vogelsberggarten auf vielfältige Weise, wie Schneider erklärte. So gehört das Gelände des Vogelsberggartens der Stadt Ulrichstein und werde pachtfrei zur Verfügung gestellt, wie der Bürgermeister versichert. Eine Hangwiese, die sogenannte "Goldhaferwiese" mit seltenen Pflanzenarten, wurde von der Stadt von privat im Rahmen einer Erbpacht angepachtet. Den Pachtzins zahlt die Stadt Ulrichstein. Auch der Bauhof ist im Vogelsberggarten über das Jahr hinweg mit vielen Stunden tätig und unterstützt den Geschäftsführer und die Paten bei der Arbeit. Er ist etwa bei Mäharbeiten und Hecken- und Baumschnittarbeiten aktiv. Eine Berechnung der Arbeits- und Maschinenstunden erfolge nicht, so Schneider weiter. Kraft Amtes ist der Bürgermeister außerdem als Beisitzer im Vorstand aktiv tätig. "Ab dem Jahr 2014 habe ich, nach dem Ausscheiden des bisherigen Vereinsvorsitzenden, den ehemaligen OVAG-Vorstand Hans-Ulrich Lipphardt, den Vereinsvorsitz ehrenamtlich übernommen und investiere viel Zeit in die Vereinsführung", betont Edwin Schneider. "Der Stadt Ulrichstein ist sehr viel am Erhalt des Vogelsberggartens gelegen, da dieser ein Aushängeschild nicht nur für Ulrichstein, sondern für die gesamte Region ist", unterstreicht der Ulrichsteiner Rathauschef die Bedeutung des Areals. Dieser Auffassung ist auch der Kreis, wie der Erste Beigeordnete Dr. Jens Mischak nach einem gemeinsamen Treffen mit Golle sowie unter anderem dem Kreistagsvorsitzenden Hans Heuser und dem Herbsteiner Landtagsabgeordneten Michael Ruhl am Montag erklärte. "Wir müssen ganz prinzipiell die Finanzierung des Vogelsberggartens sicherstellen", betonte Mischak. Für das laufende Jahr konnte er Golle eine gute Nachricht überbringen: Sowohl der Naturpark Vulkanregion Vogelsberg, als auch die Stadt hätten jeweils 2500 Euro an Mitteln für den Förderverein zugesagt. Hinsichtlich des Beitrags der Stadt Ulrichstein müssen aber noch der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung zustimmen. Damit dürfte eine unmittelbare Zahlungsunfähigkeit abgewendet sein. Ferner gelte es nun zu schauen, welche "übergeordneten Töpfe" des Landes "angezapft" werden könnten. Die Teilnehmer des Treffens hätten verschiedene "To do´s" übernommen, um die Frage einer dauerhaften Finanzierung zu klären, so Mischak. Bislang habe der Vogelsberggarten überwiegend projektbezogene Mittel erhalten. Aber diese könnten leider keine dauerhafte Finanzierung ermöglichen.

Richard Golle zeigte sich nach dem Gespräch "zuversichtlich" hinsichtlich der Zukunft des Vogelsberggartens. "Ich habe nach dem Treffen den Eindruck gewonnen, dass die Wichtigkeit des Gartens deutlich erkannt wurde", so der Fördervereinsgeschäftsführer. Auch er hoffe natürlich, dass die Finanzierung künftig auf dauerhafte Füße gestellt werde. Sollten so die benötigten Personalkosten gedeckt werden, wäre es auch möglich, um im Rahmen des "Arche-Projektes", finanziert durch Fördermittel, gezielt bedrohte Pflanzen, die auf der roten Liste stehen, nach zu züchten und auf geeigneten Flächen unter effektiver Überwachung anzupflanzen.

Golle will nun die Bedürfnisse des Vogelsberggartens auf einer außerordentlichen Verbandsversammlung des Naturparks Ende Juni, vorstellen. Alle beteiligten Akteure betonten jedenfalls die Wichtigkeit des Vogelsberggartens für den Erhalt der Vogelsberger Biodiversität. Dass eine dauerhafte Lösung gefunden werden kann, dürfte angesichts dessen also recht wahrscheinlich sein.