Zwist um Flüchtlingsunterkunft in Homberg

In Hombergs Innenstadt soll eine Flüchtlingsunterkunft entstehen. Das ruft jetzt das Rathaus auf den Plan. Die Bürgermeisterin sieht viele Fragen noch ungeklärt.  Archivfoto: Benjamin Gössl
© Benjamin Gössl

Die Debatte um Flüchtlingsunterkünfte im Vogelsbergkreis geht weiter. Nachdem es Diskussionen um den Standort in Ulrichstein gegeben hatte, herrscht nun Unzufriedenheit in Homberg.

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HOMBERG/VOGELSBERGKREIS. Die Debatte um Flüchtlingsunterkünfte im Kreis geht in die nächste Runde. Nachdem es in den vergangenen Wochen zahlreiche Diskussionen um den Standort in Ulrichstein gegeben hatte, herrscht nun Unzufriedenheit über die Kommunikation bei der Stadt Homberg. Bürgermeisterin Simke Ried (CDU) hat am Freitag die Einbeziehung der Stadt beim Landrat Manfred Görig (SPD) eingefordert. Dieser wiederum erklärt auf Anfrage, dass die Rathauschefin informiert worden sei.

Laut Ried sei sie und die Stadtverwaltung am vergangenen Montagnachmittag durch einen privaten Eigentümer in Kenntnis gesetzt worden, dass er dem Landkreis Wohnraum zur Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung stellen wolle. Die betreffenden Liegenschaften befinden sich in der Homberger Innenstadt. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem privaten Eigentümer und dem Landkreis stehe nahe vor dem Abschluss. Die Aufnahmekapazität liege bei mindestens 65 Personen. "Durch den Landrat erfolgte weder eine Information im Vorfeld noch eine Einbeziehung der Stadt in die Entscheidungsfindung", sagt Ried. Dagegen habe sie den Magistrat der Stadt direkt am Dienstagmorgen informiert und das Thema während der Stadtverordnetenversammlung am Mittwochabend angesprochen (unsere Zeitung berichtete). Zuvor habe sie am Mittwochvormittag in Lauterbach persönlich Rücksprache mit Görig gehalten. Hier habe sie Klärungsbedarf bezüglich des Vorgangs angemeldet. Görig habe während des Gesprächs sogar von einer Unterbringung von bis zu 115 Personen gesprochen. "Durch die Nichteinbindung der Stadt hatte zuvor keine Möglichkeit zur Erörterung bestanden, zum Beispiel zu Alternativen oder zu einer adäquaten Betreuung. Auch sind die Auswirkungen einer Umnutzung der betroffenen Gebäude mit Blick auf das laufende Innenstadtentwicklungsprogramm ungeklärt", so Ried.

Aus Sicht der Stadt sei das Kommunikationsverhalten des Landrates nicht zielführend. Nur durch eine enge Abstimmung mit der Stadt und einer Betrachtung der Möglichkeiten vor Ort könne es gelingen, allen Seiten wirklich gerecht werden - Kreis, Kommune, den geflüchteten Menschen und den Homberger Bürgern. Görig habe ihr zugesichert, die adressierten Klärungsbedarfe an die zuständige Stelle weiterzugeben. Die Stadt Homberg strebe einen verbindlichen Austausch mit dem Landrat an und wolle die Öffentlichkeit über alle Entwicklungen zeitnah auf dem Laufenden halten.

Nachdem das Thema nun seit Mittwochabend in der Öffentlichkeit ist und Ried ihre Position am Freitagvormittag nochmals in einer Stellungnahme verdeutlichte, schilderte Görig die Situation umgehend aus seiner Sicht. Er habe die Bürgermeisterin informiert und sich am Mittwoch persönlich mit ihr ausgetauscht. Er habe ihr mitgeteilt, dass der Standort in Homberg benötigt werde, um dort geflüchtete Menschen unterbringen zu können.

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"In diesem Zusammenhang möchte ich an den Beschluss des Kreistags in diesem Monat erinnern: Wir werden Informationsveranstaltungen in den Kommunen, in denen Gemeinschaftsunterkünfte eingerichtet werden, durchführen - allerdings erst nach Vertragsunterzeichnung", sagt er. Wenn Vorab-Überlegungen oder Planungen im Vorfeld publik gemacht würden, sei zu befürchten, dass der Vermieter auf Druck der Bevölkerung wieder von seinem Vorhaben ablasse, eine Immobilie zur Verfügung zu stellen, und der Vertrag nicht zustande komme.

"Es ist dringend geboten, weitere Immobilien anzumieten und Unterkünfte einzurichten, um die Geflüchteten, die uns Woche für Woche zugewiesen werden, unterzubringen. Ich hatte schon im Herbst vergangenen Jahres eine Begrenzung bei der Aufnahme von Flüchtlingen gefordert, weil wir am Ende unserer Möglichkeiten sind", fasst er zusammen.

Die Lage habe sich mittlerweile noch verschärft "Wir haben kaum noch Unterbringungs-Kapazitäten", sagt er und fügt an: "Wenn wir die Immobilien, die wir ins Auge gefasst haben, nicht anmieten können, dann muss ich am Ende nach Landesaufnahmegesetz die Gemeinden in die Pflicht nehmen. Dann müssen sich die Kommunen um die Unterbringung der Flüchtlinge - wie auch schon bei den geflüchteten Menschen aus der Ukraine - selbst kümmern. In anderen Kreisen wie der Wetterau wird das bereits praktiziert."

Rückblick

Nachdem die Stadt Ulrichstein jüngst ihr Einvernehmen für eine Baugenehmigung zur Aufstockung einer Flüchtlingsunterkunft von 59 auf 177 Menschen verweigert hatte, war im Kreistag eine heftige Debatte entbrannt. Dazu hatten gleich drei unterschiedliche Anträge auf der Tagesordnung gestanden. Anstoß der Anträge einerseits der FDP und andererseits der Koalition aus CDU und SPD war der Vorstoß der AfD, der Vogelsbergkreis möge eine Infoveranstaltung in Ulrichstein zur geplanten Erweiterung der Unterkunft für Geflüchtete abhalten. Dass mehr Kommunikation gewünscht ist, zeigte sich fraktionsübergreifend. Über das Wie, vor allem aber das Wann, entbrannte eine hitzige Debatte. Beschlossen wurde letztendlich ein Antrag der CDU/SPD-Koalition. Der Vogelsbergkreis wird damit beauftragt, zukünftig Informationsveranstaltungen vor der Inbetriebnahme, aber nach der vertraglichen Fixierung durchzuführen, wenn Gemeinschaftsunterkünfte neu eröffnet werden, heißt es unter anderem darin.

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In diesen Informationsveranstaltungen soll die Bevölkerung umfassend informiert werden. Bei Erhöhungen der Belegungskapazität in der Einrichtung werde mit dem zuständigen Bürgermeister besprochen, ob eine Informationsveranstaltung notwendig sei. Auch solle der Vogelsbergkreis darauf achten, dass es bei neuen Gemeinschaftsunterkünften im Verhältnis zur Einwohnerzahl sowohl von der Größe als auch von der örtlichen Infrastruktur passt.