Talsperre am Nidda-Stausee: Mehr als nur Hochwasserschutz

Vor 50 Jahren wurde die Nidda-Talsperre in Betrieb genommen. In mehr als zweijähriger Bauzeit waren der 500 Meter lange Damm aufgeschüttet und die weiteren Betriebseinrichtungen erstellt worden. Die Talsperre dient in erster Linie dem Hochwasserschutz. Foto: Weil
Schotten (sw). Der Nidda-Stausee hat sich im Laufe seines 50-jährigen Bestehens zu einem Freizeit-Eldorado für die ganze Region und darüber hinaus entwickelt. Der Stausee ist ein beliebter Anziehungspunkt für Tages- und Wochendausflügler, aber auch für Touristen mit langem Anfahrtsweg. Das wurde besonders im zurückliegenden Sommer mit den durch Corona eingeschränkten Reisemöglichkeiten deutlich. Von Beginn an vor einem halben Jahrhundert hat der Wasser- und Fischerei-Sportclub (WFC) Schotten das angestaute Gewässer für den Segelsport entdeckt. Für Interessierte bietet der Verein Segelkurse an. Im Laufe der Zeit wurden neue sportliche Trends geboren, die auch auf dem Stausee betrieben werden. Etwa Windsurfen oder Stand-up-Paddeln. Ausleihmöglichkeiten bestehen für Tretboote. Seit vielen Jahren hat eine Windsurfschule viel Zuspruch. Natürlich ist das Refugium auch als Bademöglichkeit beliebt. Ein Badesteg und mehrere Sonnenwiesen laden dazu ein. Der knapp fünf Kilometer lange Rundweg ist ein ideales Terrain für Laufsportler mit gehobenen Leistungsansprüchen aber auch für Jogger, Wanderer oder Spaziergänger. Radfahren, Inlineskaten oder Rollski-Laufen ergänzen die sportlichen Möglichkeiten. Ein besonderer sportlicher Höhepunkt war die Ausrichtung der deutschen Halbmarathon-Meisterschaften durch den TGV Schotten im März 2002. Rund 1400 Langstreckler aus allen Teilen Deutschlands fanden damals den Weg nach Schotten.
Schon sehr frühzeitig hatte die Stadt Schotten auf der nördlichen Seite einen Campingplatz mit großem Parkplatz eingerichtet. Die Anlage wurde mehrmals erweitert. Heute bietet sie Raum für 190 Dauercamper sowie für 60 Benutzer mit Wohnmobilen und Caravans. Eine große Rasenfläche steht Tagesgästen zur Verfügung, die in Zelten übernachten.
Das Stauseegelände ist auch bei Anglern sehr beliebt. Ein großer Spielplatz, den der Naturpark Vulkanregion Vogelsberg eingerichtet hat, bietet besonders für die jüngeren Besucher ein abwechslungsreiches Feld. Bürgermeisterin Susanne Schaab bezeichnet denn auch das Areal, das zunächst nur zur Regenrückhaltung und Hochwasserprophylaxe gedacht gewesen sei, als "Highlight für Freizeit und Lebensqualität der Schottener und aller Menschen in der Region. "Wir können segeln, schwimmen, angeln, surfen, und auf dem Seerundweg können Spaziergänger genauso unsere intakte Natur genießen wie Inliner und Rollstuhlfahrer. Das ist schon lange ein Grund zu feiern", sagt die Rathauschefin.
Auch der Wasserverband hat besondere Angebote für Gäste und Besucher zu bieten. Wer sich für die Funktionsweise der Stauanlage und das Dammbauwerk als solches interessiert, kann unter fachlicher Führung von Talsperrenmeister Armin Hudetz den unterirdischen Stollen besichtigen, der durch den Damm führt. Gelegenheit besteht dabei auch, das kleine Krafthaus am Fuß der Talsperre kennenzulernen. Hier wird bereits seit 1970 durch nachhaltige Wasserkraft mit zunächst einer, dann zwei Turbinen Strom produziert für den Eigenbedarf des Wasserverbandes und auch für das öffentliche Netz. "Damit kann auch die Mindestabgabe von 100 Litern Wassern pro Sekunde, die wir in die Nidda ableiten müssen, wirtschaftlich und ökologisch genutzt werden", sagt Hudetz. Der durchschnittliche Jahresertrag beträgt 320 000 Kilowattstunden. Damit können rund 90 Haushalte mit Strom versorgt und circa 90 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid eingespart werden.
Schon seit vielen Jahren räumt der Wasserverband dem Naturschutz und ökologischen Zielen breiten Raum ein. An den Ufern rund um den See bieten Gestrüpp, Büsche und Baumwurzeln bei entsprechendem Wasserstand vielfältige Laichmöglichkeiten. "Das sind Bedingungen, wie Fische sie lieben, um ihre Eier abzulegen", sagt Hudetz. In den beiden Armen des Sees am Nidda-Zufluss in Richtung Schotten und im Läunsbachtal sind Schutzzonen für Vögel und Fische eingerichtet. Der zur Stadt zugewandte Bereich umfasst rund 14 Hektar und bietet auch einen Rückzugsort für Schwäne und Amphibien. Als vor zwei Jahren wegen der Sanierung des Dammes der Wasserspiegel stark abgesenkt war, installierte der Wasserverband umfangreiche Laichhilfen in den beiden Schutzzonen. Auf der Schottener Seite wurde sogar eine kleine Insel aufgeschüttet, auf der Hudetz und seine Mitarbeiter ein Geflecht von Ästen anlegten. Es dient Vögeln auch als Rast- und Brutplatz. Als Laichhilfen kommen zudem noch Laichbürsten aus grünem Kunststoffmaterial zum Einsatz, die speziell für die Fortpflanzung des Zanders gedacht sind.
Die Vogelwelt in dem inzwischen wieder überfluteten Areal lässt sich sehr gut von einer Aussichtsplattform beobachten, die der Wasserverband direkt am Rundweg errichtet hat. Mehrere Sitzbänke laden hier zum längeren Verweilen ein.