Die Stadtverordnetenversammlung gibt somit auch grünes Licht für Berücksichtigung des interkommunalen Gewerbegebietes bei Reuters.
LAUTERBACH. (ws). Mit deutlicher Mehrheit und damit auch einem klaren Bekenntnis zu einem interkommunalen Industrie- und Gewerbegebiet bei Reuters stimmte das Lauterbacher Stadtparlament im Erich-Archut-Haus von Wallenrod der ausführlichen Stellungnahme aus dem Lauterbacher Rathaus zum Entwurf des neuen Regionalplanes Mittelhessen zu. Eingearbeitet wurden dabei zwei Antragspunkte der Grünen, womit der ursprüngliche Entwurf der Verwaltung mit dem Wunsch nach großzügigen Baugebieten an der Wascherde sowie oberhalb der Kreuzwiesen und unterhalb des Hainigs unter der Bezeichnung „Am Dörnerweg“ auf eine „Arrondierung“ vorhandener Bebauung reduziert wurde. Alle übrigen Forderungen der Grünen wurden abgelehnt, Änderungswünsche der Linken kamen nicht zur Abstimmung.
Der Änderungsantrag der Grünen mit fünf Einzelpunkten war von Stadtverordnetenvorsteher Gunther Sachs im Vergleich zum Änderungsantrag der Linken mit vier Unterpunkten als der weitergehende gewertet worden. Nachdem über die einzelnen Punkte der Grünen entschieden worden war, wurde der Linken-Antrag als erledigt erklärt, da für diesen keine Einzelabstimmung beantragt worden sei. Grüne wie Linke hatten jeweils den vollständigen Verzicht auf das Gewerbegebiet in Reuters gefordert, die Grünen allein in einem weiteren Unterpunkt auch die Streichung der Forderung nach einer Ortsumgehung für Reuters. Bei den Baugebietsplänen Wascherde und „Am Dörnerweg“ hatten die Grünen eine Reduzierung, die Linken vollständige Streichung beantragt, wobei die Linken auf „den schleppenden Grundstücksverkauf im Bereich Kleinfeldchen“ hinwiesen. Die Grünen hatten zudem vergeblich ein grundsätzliches Bekenntnis zum Klimaschutz gefordert. Die Forderung der Linken, auf die Umwidmung von Flächen am Kreisel „An der Gall“ zu verzichten, spielte mit der Erledigterklärung für den Gesamtantrag keine Rolle mehr.
CDU-Fraktionsvorsitzender Felix Wohlfahrt hatte die Debatte mit scharfen Angriffen auf die kleinste Fraktion eröffnet. Die Linke spiele sich als Retter der Landwirtschaft auf und versuche, Ökologie und Ökonomie gegeneinander auszuspielen. „Diese sind aber zwei Seiten einer Medaille“, erklärte Wohlfahrt und verwies auf einen Hinweis des FDP-Stadtverordneten André Tonigold in den Ausschussberatungen, wonach die Stadt in Reuters erst am Anfang eines Planungsprozesses stehe und dort Bedenken des Ortsbeirates noch in die Entscheidungen einfließen könnten.
Jörg Blankenburg sprach sich für die Bürgerliste im Grundsatz für Gewerbeansiedlung aus, „aber im Kontext der Verträglichkeit nicht über die Köpfe der Bürger hinweg“. Er befürchte „Parallelen“ wie bei der Errichtung des Holzwerkes. „Auch da hat es erst geheißen, ihr könnt noch mitwirken, und dann war alles entschieden.“ Hier hakte Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller (CDU) ein, er wolle keine Legendenbildung zulassen. Zwar seien beim Holzwerk „am Anfang“ die Verhandlungen vertraulich geführt worden („Das geht nicht anders.“), dann aber sei eine Mitsprache möglich gewesen.
„Wir können Änderungsanträgen nicht zustimmen“, erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Timo Karl die ausschließliche Unterstützung der Verwaltungsvorlage. Der Vogelsbergkreis sei im Hinblick auf die Entwicklungschancen zu kurz weggekommen. Die Sozialdemokraten sähen aber auch, dass sich die Region nicht nur auf der grünen Wiese entwickeln dürfe. „Zuerst ist das Binnenentwicklungspotenzial auszuschöpfen.“ Auch nehme die SPD die Bürger in Reuters sehr ernst..
Professor Markus Göltenboth erklärte für die FDP, dass man weder zum Naturpark herabgestuft werden, noch Industriegebiete entwickeln wolle, wo keiner mehr leben könne. Die Ausweisung in Reuters sei eine Option, dass es zu einer vernünftigen Entscheidung kommen könne. Damit sei nicht gesagt, dass der Grund und Boden „holterdiepolter verkauft“ werde, auch die Bauern müssten vorher gefragt werden. Auch der Bürgermeister sah noch keine Entscheidung vorweggenommen. „Die Regionalplanung ist eine Angebotsplanung.“ Erst wenn das Industrie- und Gewerbegebiet im Regionalplan vorgesehen sei, werde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Da könne dann das Ergebnis sein, dass „erschließungstechnisch erhebliche Bedenken“ das Vorhaben zunichtemachten.
Katharina Jacob (Linke) vermisste „interessante und kreative Ideen“. Der Schutz von Natur und Umwelt stehe bei ihr an erster Stelle.
Die Grünen hatten sich inhaltlich mit der kompletten Ausarbeitung aus dem Rathaus auseinandergesetzt und der Verwaltung, aber auch dem Regierungspräsidium, ein Lob für die Vorarbeiten ausgesprochen. Sowohl im Vogelsbergkreis wie auf dem Gebiet der Kreisstadt Lauterbach werde in der Planung zuviel Flächenversiegelung möglich gemacht, sagte Fraktionsvorsitzender Daniel Schmidt. Das Gewerbegebiet Reuters mit seinen 26 Hektar entspreche einer Größe von 26 Fußballfeldern an einem nicht geeigneten Standort, wobei „interkommunal“ wohl das alleinige Auswahlkriterium gewesen sei. Die Erschließung über die B 254 ziehe Schwerlastverkehr weiter an, was die Lebensqualität weiter einschränken werde. Eine Umgehung für Reuters sei unrealistisch und stelle auf dem Papier nur eine Beruhigungspille für die Reuterser Bürger dar. Sinnvoller sei da eine Nachverdichtung und Nutzung vorhandener Potenziale etwa auf dem Gelände im Bereich des Nordbahnhofs.
Die Grünen fanden Zustimmung zur Reduzierung der Gebiete für den Wohnungsbau mit Ausnahme der SPD sowie der FDP nur „Am Dörnerweg“ und der Bürgerliste nur an der „Wascherde“. Da aber die Herausnahme des Gewerbegebietes in Reuters keine Mehrheit fand, stimmten die Grünen mit der Linken gegen die Gesamtvorlage, die somit fünf Gegenstimmen erhielt.