AWO meldet Interesse in Romrod an

Jörg Gaudl referierte über Historie, Gegenwart und Blick in die Zukunft des Projektes Luwia. Foto: Krämer
ROMROD - (gk). „Luwia ist unser Stuttgart 21. Aber auch hier müssen wir jetzt das Projekt gemeinsam zum Laufen bringen“, sagt der Romröder SPD-Vorsitzende Jörg Gaudl beim Bürgergespräch der Sozialdemokraten in Romrod vor vielen Mitgliedern und Bürgern. Das Projekt sorgt seit geraumer Zeit für Aufsehen, zuletzt als bekannt geworden war, dass der bisherige Betreiber Soziovita den Vertrag mit der Stadt gekündigt hat. Zum Laufen bringen könnte das Projekt „Leben und Wohnen im Alter“ (Luwia) womöglich die AWO (Arbeiterwohlfahrt).
Wie Gaudl berichtete, habe der Verband Interesse bekundet, das Seniorenzentrum zu betreiben. Wer darüber mehr wissen wolle, müsse jedoch bei Bürgermeisterin Dr. Birgit Richtberg (CDU) nachfragen. Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigte die Geschäftsstelle AWO Hessen-Süd ihr Interesse und erklärte dazu, dass Thorsten Haman, Geschäftsführer und Generalbevollmächtigter des Verbandes und seiner Gesellschaften, bereits in Romrod war, um sich das Projekt anzuschauen und sich bei der Bürgermeisterin zu informieren. Die AWO Hessen-Süd betreibt bereits 19 Altenwohn- und Pflegeheime von Lauterbach über Grünberg, Butzbach bis in den Odenwald.
Gaudl ließ die Entstehung von „Luwia“ Revue passieren. Zehn Millionen Euro Gesamtkosten war die Zahl, die in den Diskussionen um die Baukosten, Nebenkosten und Folgekosten genannt wurde. Knackpunkt sei die nötig gewordene Neuplanung von 47 auf 54 Altenwohnheimplätze gewesen. Mit einem neuen Architekten ging es weiter, erläuterte Gaudl. Der seitherige Architekt sei für seine Leistungen mit mehr als 100 000 Euro abgefunden worden. Damit habe die „Luwia-Story“ begonnen. Noch bei der Grundsteinlegung im Mai 2017 schien alles gut zu laufen. Doch kurz danach habe die Soziovita-Geschäftsführerin Katja Diehl versucht, die Reißleine zu ziehen und habe um eine angemessene Änderung des Mietvertrages gebeten. „Diese möglichen und wohl auch notwendigen Änderungen des Vertragsverhältnisses unter Anpassung der neuen Kapazitäten und der Gesamt-Kostensituation sind mehr als vernachlässigt worden“, meinte Gaudl. Er wies darauf hin, dass die Beratungen zwischen Betreiber und Stadt Romrod einerseits und dem Regierungspräsidium andererseits zur Festlegung der Pflegesätze unter Einbeziehung des „Rest-Investments“ dann auch zu keinem Ergebnis geführt hätten. Denn beide Vertragsparteien hätten jeweils, so Gaudl wörtlich, „betriebswirtschaftliche Bedenken in Verbindung mit der Laufzeit des Mietvertrages“ angemeldet. Eine Ausstiegsklausel aus dem Mietvertrag aus dem Jahr 2016 habe Soziavita offensichtlich genutzt, um den Vertrag zu kündigen. Mittlerweile hätten sich die Kosten von mehr als 4,6 Millionen Euro (2015) auf jetzt etwa 6,6 Millionen erhöht – und das alles ohne eine Änderung des bestehenden Mietvertrages.
Während der jüngsten Stadtverordnetenversammlung habe es eine umfangreiche schriftliche Vorlage mit wenig Neuem gegeben. Die Fertigstellung sei für April 2019 geplant – der Einzug dann wohl für Mai 2019. „Wir haben momentan weder einen Betreiber noch Bewohner. Auch wenn Bürgermeisterin Birgit Richtberg von fünf Betreiber-Interessenten sprach und die Namen aus verständlichen Gründen nicht nennen wollte“, sieht Gaudl den Zeitplan hinsichtlich des Bauzustandes kaum realisierbar. „Wir brauchen und wollen keine Bauruine, wir müssen jetzt alles dafür tun, dass dieses Projekt schnellstens seiner Bestimmung an einen soliden, solventen, zuverlässigen Betreiber über den langen Zeitraum übertragen werden kann. Dafür will und muss sich die SPD stark machen“, sagte Gaudl. Dazu gehöre aber auch, dass Richtberg, Magistrat und Stadtverordnete an der Sache orientiert, offen und transparent zusammenarbeiten. Und die Bürger müssten miteinbezogen werden.
Unter den Anwesenden saß auch Rudi Marek (SPD), Amtsvorgänger Richtbergs. „Ihr müsst alles dafür tun, dass der Bau jetzt fertiggestellt und genutzt werden kann“, appellierte er. Es gab auch Nachfragen, warum sich die Kommunalaufsicht des Vogelsbergkreises nicht rechtzeitig eingeschaltet habe. Auf Anfrage unserer Zeitung beim Vogelsbergkreis heißt es: „Bei Luwia handelt es sich um ein vom Land gefördertes Projekt. Bei solch geförderten Einrichtungen liegt die Zuständigkeit zur Festsetzung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen beim RP Gießen. Der Betreiber muss eine Kostenkalkulation vorlegen, der das Regierungspräsidium zustimmt – oder eben nicht. Bisher gibt es noch keinen Betreiber.“ Eine umfangreiche Prüfung der Kommunalaufsicht habe ergeben, dass das Projekt Luwia von der Stadt Romrod verwirklicht werden könne. Das Vorhaben habe deshalb keiner projektbezogenen Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde bedurft. Die Stadt habe auch in haushaltsrechtlicher Hinsicht in den Jahren 2014 bis 2017 keine Genehmigungen bei der Kommunalaufsicht einholen müssen. Auf die spätere Verwendung der genehmigten Kreditaufnahmen habe man keinen Einfluss.