Online-Fitnessprogramme versprechen ihren Nutzern alles: eine Bikinifigur, ein Sixpack - einen Traumkörper in wenigen Wochen. Das hat Maximilian Dietrich aus Landenhausen immer gestört.
Von Annika Rausch
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LANDENHAUSEN/LEIPZIG - Online-Fitnessprogramme versprechen ihren Nutzern alles: eine Bikinifigur, ein Sixpack - einen Traumkörper in wenigen Wochen. Das hat Maximilian Dietrich aus Landenhausen schon immer gestört. "Das sind alles immer sehr markt- und werbeorientierte Versprechen. Die Trainingskonzepte sind wahnsinnig ineffektiv; sie sehen cool aus, wirken aber nur begrenzt", kritisiert der Physiotherapeut, Personal-Fitnesstrainer und Rettungssanitäter. Dies zu verändern und Kunden etwas ganz anderes anzubieten - "eine App, die sportliche Fähigkeiten fördert, die analysiert und die einen Fokus auf Leistung legt" -, ist die Idee, die hinter seiner App "Athlagon" steht. Seit August ist das Programm für Smartphonenutzer zu haben.
"Athlagon war als Begleiter zu einem Training gedacht, wie ein Fitnesstracker", erklärt Maximilian Dietrich, der mittlerweile in Leipzig lebt. Der 26-Jährige hat die Idee entwickelt. Und mittlerweile ist aus dem "Fitnesstracker" einiges mehr geworden - und vieles ist noch in Planung.
Aber zurück zur jetzigen App: Um Athlagon auszuprobieren, werden keine zusätzlichen Geräte oder Ähnliches benötigt. "Die Basis in der Trainingsplangestaltung ist immer die Ermittlung des sportlichen Ausgangszustands des Nutzers. Nur von diesem können Ziele definiert und der Weg dorthin bestimmt werden", erläutert Dietrich. "Bestehende Fitnessapps streifen dieses Thema nur alibimäßig. Dies führt fast immer zu fehlerhafter Trainingsplangestaltung und damit früher oder später zur Frustration des Nutzers."
ÜBER ATHLAGON
Der Name Athlagon setzt sich aus den zwei Bestandteilen "Athl" (von Athlet, altgr., deutsch: der Wettkämpfer) und "agon" (von Agone, altgr., jemand, der Fähigkeiten erweitert) zusammen. Aber wie kommt ein "Newcomer" überhaupt an das nötige Kapital für solch ein Unternehmen wie Athlagon zu gründen? "Da gab es drei Optionen", erklärt Maximilian Dietrich. Die erste sei "Venture-Capital" gewesen. Dabei beteiligen sich Investoren an dem Projekt. "Das hätte allerdings bedeutet, dass ich nicht mehr die Oberhand über das Projekt hätte", betont Dietrich. "Kick-Starter, eine Internetplattform, um Geld zu sammeln, hätte die Gefahr bedeutet, dass die Idee zu schnell hätte nachgeahmt werden können." Übrig blieben dann eigentlich nur die Banken, "die aber keine digitalen Geschäfte unterstützen", so Dietrich. Doch mit Hilfe der Lauterbacher Volksbank habe er über die KfW-Bank europäische Fördermittel erhalten.
Derzeit beschäftigt Maximilian Dietrich sechs freie Mitarbeiter je nach Projektlage. Bei ihm laufen die Fäden - Medizin, Sportwissenschaft und Computertechnik - zusammen. "Wir entwickeln die App etappenweise weiter. Es steckt auch unglaublich viel Konzeption dahinter. Dabei geht es um viele funktionelle Dinge: Wo platzieren wir die Buttons, damit die Nutzer sie finden? Was ist für die User komfortabel zu bedienen? Zudem müssen die Geschwindigkeit der App, die Gestaltung auf dem Display in ihrer Größe stets den Trends angepasst werden. Updates gibt es regelmäßig. Und natürlich gehört auch der tägliche Support für die Kunden dazu, falls einmal Probleme auftauchen sollten." (ar)
Maximilian Dietrich konzipierte die App zusammen mit einer Sportwissenschaftsstudentin. "Zusammen mit Fachkollegen sind wir alles dann immer wieder durchgegangen, haben das ganze Konstrukt bei mir im Wohnzimmer ausgetüftelt. Auch meine rund 100 Kunden, die ich als Fitnesstrainer betreut habe, haben darunter gelitten. Genauso wie viele meine Bekannten", scherzt Maximilian Dietrich. An ihren Erfahrungen sind die 30 Level, die es in jeder der vier Leistungskategorien gibt, angelehnt. Die vier Sparten, in denen sich der User testen kann, sind Kraftausdauer, Ausdauer, Maximalkraft und Schnellkraft. Mit jedem abgeschlossenen Test sammelt der Nutzer Punkte, die am Ende in einem Score zusammengefasst und visuell dargestellt werden. Um den Ehrgeiz noch etwas weiter anzustacheln, gibt es dazu noch wöchentliche Herausforderungen, die gemeistert werden können. In einem Ranking kann man sich dann in Geschlechts- und Altersgruppe einsortieren und um die ersten Plätze kämpfen.
Dietrichs App soll den sportlichen Fortschritt messen und in einer Analyse Stärken und Schwächen aufzeigen. Dabei beschreitet der Entwickler durchaus Wege, die nicht dem entsprechen, "was die Wirtschaft so pusht". Als ein Beispiel dafür nennt Dietrich den Verzicht auf Werbebanner, die bei vielen anderen Apps immer wieder auf dem Bildschirm erscheinen. "Wir haben uns strikt dagegen entschieden. Unser Produkt ist sehr wertig, und Werbeeinblendungen wirken nicht professionell." Außerdem ist Athlagon kein Abo-Modell, sondern schon für eine Einmalzahlung von 2,99; 3,99 oder 4,99 Euro zu erwerben. Auch Datenschutz werde bei Athlagon großgeschrieben: "Noch keine andere Fitnessapp befindet sich auf diesem Level. Unsere Server stehen in der EU, die Nutzerdaten sind komplett verschlüsselt. Lediglich das Alter, das Geschlecht und die Anzahl der absolvierten Tests werden erfasst, damit die Nutzer sich untereinander vergleichen können. Hinzu kommt die eMailadresse zur Verifizierung und Spambekämpfung." Übrigens: Das Konto wieder zu deaktivieren, sei genau so leicht, wie es zu installieren. "Das ist ganz einfach zu finden, nicht so wie bei anderen Seiten, wo lange danach gesucht werden muss. Und: Ein Mal gelöscht heißt, dass auch wirklich kein Profil mehr irgendwo existiert."
Dass er sich als passionierter Sportler einmal hinter einem Schreibtisch mit mehreren Bildschirmen wiederfinden werde, habe er noch vor zwei Jahren niemals angenommen, blickt Maximilian Dietrich mit einem Lachen zurück. Social Media, Pressearbeit aber auch die betriebswirtschaftliche Seite eines Unternehmens - in alles habe er sich mittlerweile "eingefuchst". Die App gibt es derzeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu kaufen. Der gleichzeitige Release in allen Ländern, mit Ausnahme der USA und Kanada, ist in Arbeit.
Natürlich gibt es Millionen von Apps. In diesem Markt aufzufallen, ist eine große Herausforderung. Das ist Maximilian Dietrich klar. "Wer einmal in den Downloadcharts auftaucht, für den geht es nach oben." Bis dahin trommele er fleißig bei Bloggern, Zeitungen und Zeitschriften. Chip.de und Computerbild haben Athlagon bereits vorgestellt. "Wenn wir bis Mitte 2018 auf 50 000 Nutzer zählen könnten, wäre das ein besonderer Meilenstein", wünscht sich Dietrich. Bis dahin gelte es "cool zu bleiben", wie der Jungunternehmer erklärt. Denn zurzeit verdient er an der App noch nichts. "Wir erreichen aber stetig mehr Menschen und werden uns irgendwann sicher dem Punkt annähern, an dem wir kontinuierlich wachsen." Auch für die Zukunft der App ist nämlich schon einiges geplant: gezielte Trainingshinweise, weiterer Ausbau mit Übungen und vieles mehr. Auch die Rechte, Sportbekleidung, Sportgeräte oder Nahrungsergänzungsmittel unter seinem Namen herzustellen, hat sich Dietrich bereits gesichert. Man kann ja nie wissen...