Die Gesellschaft hatte einst diesen Auftrag bekommen. Doch was bedeutet das überhaupt? Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Begriffs und wie die Umsetzung des Auftrags...
WIESBADEN. Wer im politischen Wiesbaden Eswe Verkehr hört, der hört oft auch von einer zweiten Vokabel: Ein umfassender Mobilitätsdienstleister soll die städtische Gesellschaft sein. Was dies genau bedeutet, wissen außerhalb der Verkehrspolitik nur die wenigsten. Wir werfen einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des Begriffs und darauf, wie es um die Umsetzung des Auftrags an Eswe Verkehr bestellt ist (siehe Infokasten).
Opposition übt Kritik
Erstmals taucht der Begriff „umfassender Mobilitätsdienstleister“ in Wiesbaden 2016 auf. CDU und SPD hatten Eswe Verkehr damals mit der Aufgabe betraut. 2020 wurde der Auftrag, dann unter der Beteiligung der Grünen, in einem Antrag konkretisiert. „Die Eswe Verkehrsgesellschaft soll sich unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Verkehrsträger sowie neuer Verkehrstechnologien und Verkehrsangebote zum führenden Mobilitätsdienstleister der Landeshauptstadt Wiesbaden entwickeln.“ Ob das gelungen ist, wird bis heute kontrovers diskutiert.
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Besonders die heutige Opposition hat da ihre Zweifel, dass die städtische Gesellschaft ihrer Rolle als Mobilitätsdienstleister derzeit gerecht werde. CDU, die einst noch an dem Auftrag beteiligt war, und FDP hatten in der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung in einem Antrag gefordert, Eswe Verkehr vom „Mobilitätsdienstleister“ zur „Mobilitätsplattform“ umzuwandeln. Erklärung: Auf so einer Plattform sollen verschiedenen Mobilitätsangebote der städtischen Gesellschaften und privater Anbieter gesammelt angeboten werden. Die Opposition will diese Plattform dann von einem externen Projektmanager verwalten lassen. „Der Konzern sollte sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren – und das ist der Busverkehr. Aktuell ist dies in Wiesbaden nicht gewährleistet“, sagte Alexander Winkelmann (FDP), der auch aufgrund gescheiterter Projekte wie „Mein Rad“ und Digi-S das Projekt umfassender Mobilitätsdienstleister als erfolglos ansieht.
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Wer die Verkehrsgesellschaft selbst nach ihrer eigenen Definition fragt, erhält folgende Antwort: „Im Rahmen unserer Aufgaben als Wiesbadens umfassender Mobilitätsdienstleister sind wir gemeinsam mit den städtischen Behörden zuständig für die Etablierung vernetzter Mobilitätsangebote, die multimodal organisiert sind. Das bedeutet, dass Bürgern neben dem ÖPNV, je nach individuellem Bedarf, unterschiedliche Mobilitätsangebote zur Verfügung stehen.“
61 Millionen Fahrgäste jährlich
Wie man den Auftrag erfüllen soll, darüber haben Eswe Verkehr und die Opposition Vorstellungen, die eigentlich gar nicht so weit auseinanderliegen. „Laut entsprechendem Beschluss (von 2016, Anm. d. Red.) zählen zu den Aufgaben des Mobilitätsdienstleisters beispielsweise „die Bereitstellung öffentlich nutzbarer Mietfahrradsysteme, moderner Carsharing-Angebote“ und so weiter. Eswe Verkehr ist also bereits der Mobilitätsdienstleister der Stadt und hat in dieser Funktion bereits verschiedene Projekte realisiert“, so Eswe-Verkehr-Pressesprecher Micha Spannaus, der betont, dass die Bezeichnung „umfassender Mobilitätsdienstleister“ nicht bedeute, dass man alle Mobilitätsangebote selbst betreibt. Das entspreche in keiner Weise der gelebten Praxis.
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Für Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) ist das sowieso kein Problem: „Wir haben 61 Millionen Fahrgäste jährlich und peilen bald 80 Millionen an. Wir sind mit Digi-P und Carsharing auf einem sehr guten Weg und haben von den 111 Maßnahmen des Luftreinhalteplans bereits eine Vielzahl umgesetzt und das trotz der Salzbachtalbrücke.“