Ahr-Flutgebiet: Neue Landrätin wird vereidigt

Cornelia Weigand hat sich bei der Landratswahl des Kreises Ahrweiler durchgesetzt.  Foto: dpa

Cornelia Weigand wird am Freitag als erste Landrätin des Kreises Ahrweiler vereidigt. Sie folgt auf den früheren Landrat Pföhler.

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DEUTSCHLAND. Nach der Hochwasser-Katastrophe in Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen laufen die Aufräum-, Reparatur- und Wiederaufbauarbeiten im Katastrophengebiet. Viele haben Familienmitglieder und Freunde verloren und stehen vor dem Nichts.

Die Tageszeitungen der VRM haben eine Spendenaktion für die Flutopfer in Ahrbrück und Hönningen gestartet. Alles Wichtige dazu erfahren sie hier.

Wir halten Sie hier auf dem Laufenden:

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18. Februar: Neue Landrätin wird vereidigt

Die erste Frau an der Spitze des flutgeschädigten Kreises Ahrweiler wird an diesem Freitag (14.30 Uhr) in Remagen in ihr neues Amt als Landrätin eingeführt. Die bisherige parteilose Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand (50), stellt sich damit besonderen Herausforderungen in einem Landkreis mit Tausenden immer noch beschädigten Häusern, teils zerstörten Brücken und Straßen sowie vielen traumatisierten Anwohnern. Bei Weigands Amtseinführung während einer öffentlichen Kreistagssitzung wird auch der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) erwartet.

Die auf der Insel Sylt geborene Kommunalpolitikerin hatte die vorgezogene Landratswahl am 23. Januar überraschend schon im ersten Wahlgang gewonnen. Mit Unterstützung der Grünen setzte sich die studierte Biologin mit 50,2 Prozent der Stimmen in dem eher konservativen Kreis Ahrweiler gegen drei männliche Kandidaten durch.

Der frühere Landrat Jürgen Pföhler (CDU) soll bei der Sturzflut mit 134 Todesopfern am 14. und 15. Juli 2021 im Ahrtal womöglich zu spät vor der Gefahr gewarnt haben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen den 63-jährigen Juristen, der auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist.

14. Februar: Gärten im Ahr-Flutgebiet sollen grüner werden

Farbenfreude im Ahrtal nach der Hochwasserkatastrophe: Zum Frühling startet hier eine große Begrünungsaktion. Zwar sei das für viele Flutopfer in dem Tal mit immer noch tausenden beschädigten Häusern nicht die Priorität Nummer eins, sagt der Initiator des Helfershuttles, Marc Ulrich, der Deutschen Presse-Agentur. "Mental ist es aber ein wichtiges Zeichen, um rauszukommen aus der dreckigen, grauen Suppe", ergänzt er mit Blick auf das vielerorts immer noch verwüstete winterliche Flusstal.

Freiwillige Helfer sollen kostenlos Vorgärten und Gärten von Flutopfern zum Blühen bringen. Los geht es Anfang März. Ulrich kann sich nach eigenen Worten vorstellen, dass sich dann viele Helfer an den Wochenenden dafür melden. Auch jetzt im Februar fänden sich für dringend nötige Arbeiten an beschädigten Häusern immer noch 60 bis 70 Freiwillige pro Werktag und samstags sogar gut 200 Männer und Frauen.

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Dabei ist ihr Shuttledienst noch in der Winterpause - die Helfer fahren derzeit mit eigenen Autos ins Ahrtal, wo inzwischen zahlreiche flutgeschädigte Straßen wieder instandgesetzt worden sind. Ob vom 1. März an wie im Vorjahr wieder ein Bus für sie von Grafschaft hinunter ins Flusstal fährt, wird laut Ulrich noch je nach Bedarf entschieden.

Ein Gartenbaubetrieb berate die Helfer bei Pflanzaktionen. Das Grün und die Blumensamen würden gespendet, erklärt der Unternehmer. Der Bedarf sei groß. Alleine in der ersten Woche nach Beginn der Ankündigung der Begrünungsaktion mit dem wortspielerischen Motto "We Ahr back" seien etwa 140 Anfragen von Flutopfern eingegangen.

Hinzu kommen weitere kleinere Initiativen. Ragna Neumann-Franz etwa will angesichts vieler verschwundener Pflanzen, Bäume und Vögel mit ihrer Initiative "Lass es leben - mit uns blüht und lebt das Ahrtal wieder" erreichen, dass die Farben zurückkehren. So gibt sie nach eigenen Worten an Interessenten Pfähle der flutbedingt abgesagten Landesgartenschau 2023 in Bad Neuenahr-Ahrweiler weiter, damit diese "nach eigenem Wunsch bemalt und anschließend bestückt werden – zum Beispiel mit Futterhäuschen, Insektenhotels und Blumen". Sie verteile auch bepflanzte Blumenkästen, um ökologisch hochwertige Möglichkeiten zu zeigen, sagt die promovierte Biologin. Sie wolle Bürger, Vereine, Schulen und Kitas für Artenschutz und Nachhaltigkeit sensibilisieren.

2. Dezember: Flutkatastrophe löst Spendenrekord aus

Die dramatischen Bilder der Flutkatastrophe vom Sommer haben viele Menschen in Deutschland bewegt und einen neuen Spendenrekord ausgelöst. Von Januar bis September gaben die Menschen insgesamt rund 3,8 Milliarden Euro an gemeinnützige Organisationen und Kirchen - 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Das zeigt die Erhebung "Bilanz des Helfens" im Auftrag des Deutschen Spendenrats, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

"Es spricht alles dafür, dass dieser starke Anstieg auf die Flutkatastrophe zurückzuführen ist", sagte Max Mälzer, Geschäftsführer des Deutschen Spendenrats. Demnach wurden insbesondere im Juli, dem Monat der Katastrophe, rund 693 Millionen Euro gespendet - ein Plus von 73 Prozent im Vergleich zum Juli 2020.

Die Summe ist laut Spendenrat das mit Abstand beste Ergebnis seit Beginn der Erhebung im Jahr 2005. Für das gesamte Jahr 2021 rechnet der Spendenrat bei einer "realistisch optimistischen Prognose" mit einer Summe von mehr als 5,8 Milliarden Euro. Das entspräche einer Steigerung von 8 Prozent im Vergleich zu 2020.

Extremer Starkregen hatte am 14. Juli vor allem in Westdeutschland eine Hochwasserkatastrophe mit über 180 Toten ausgelöst. Besonders betroffen waren die Flüsse Ahr und Erft in den Kreisen Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) und Euskirchen (Nordrhein-Westfalen). Hunderte Häuser, Brücken und Straßen wurden fortgerissen oder verwüstet.

22. November: Container für flutgeschädigtes Gymnasium werden aufgebaut

Rund vier Monate nach der Flutkatastrophe werden in der Gemeinde Grafschaft oberhalb von Bad Neuenahr-Ahrweiler Hunderte Container aufgestellt. Rund 820 Schülerinnen und Schüler des flutbeschädigten Are-Gymnasiums Bad Neuenahr-Ahrweiler sollen künftig darin unterrichtet werden, wie die Kreisverwaltung Ahrweiler mitteilte. Insgesamt handelt es sich um 297 Container für Klassenräume und die Verwaltung sowie Aushilfsgebäude für eine Mensa, die Naturwissenschaften und eine Sporthalle. Wann der Unterricht dort beginnen soll, war zunächst unklar. "Aufgrund der umfangreichen Tiefbaumaßnahmen ist aus heutiger Sicht mit einem Umzug nicht vor dem Jahreswechsel zu rechnen", erklärte der Kreis.

Auch andernorts in der Region werden Container als Ausweichquartiere für Schulen genutzt. Insgesamt wurden bei der Flut im Ahrtal im Juli mit 134 Todesopfern 17 Schulen massiv beschädigt. Davon sind rund 8000 junge Menschen betroffen.

20. November: Lieferprobleme bei Heizungen für Ahr-Flutgebiet

In der Katastrophenregion an der Ahr gibt es laut einer Handwerksinnung frierende Flutopfer - umso gravierender seien die teils sehr langen Lieferfristen für neue Heizungen. "Natürlich haben wir Kunden, die frieren - die haben keine funktionierende Heizung", sagt der Obermeister der Innung Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) im Kreis Ahrweiler, Frank Wershofen, der Deutschen Presse-Agentur. "Bei den Lieferfristen kommt es auf das Gerät an. Bei mehrmonatigen Fristen sind es Zuliefererprobleme: Die großen Hersteller von Heizungen bekommen zu wenig Halbleiter. Das ist der internationale Chipmangel", erklärt der Chef eines flutgeschädigten SHK-Betriebs in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Die Energieagentur Rheinland-Pfalz verweist darauf, "fast flächendeckend" im Ahrtal mit Fragebögen unterwegs gewesen zu sein, um den Bedarf an Heizungen zu erfassen. Es seien auch "mobile Einzel- oder Wärmenetz-Übergangslösungen angeboten worden. Heizungsfirmen in Deutschland lieferten zudem "prioritär in die Flutgebiete".

Bei dem Hochwasser am 14. und 15. Juli nach extremem Starkregen im Ahrtal sind 134 Menschen getötet und Tausende Häuser beschädigt oder zerstört worden. Auch anderswo in Deutschland hat es Überschwemmungen gegeben.

Flutopfer und Polizist landet Erfolg mit Buch über Ahrtal-Hochwasser

"Papa, wir haben das Meer am Haus": Andy Neumann erlebt mit seiner Familie die Flutkatastrophe im Ahrtal. Darüber schreibt der Polizist, Musiker und Krimiautor ein Buch. Was sagt er dazu?

Andy Neumann, Flutopfer, Terrorbekämpfer und Hobbymusiker, hat mit seinem Buch "Es war doch nur Regen!?" über die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal einen Überraschungserfolg gelandet. "Wir gehen schon in die sechste Auflage", teilt der Gmeiner-Verlag mit. Neumann, Polizist beim Bundeskriminalamt (BKA) in Meckenheim bei Bonn, und sein Verlag wollen die genaue Gesamtauflage des als Printbuch vergriffenen "Protokolls einer Katastrophe" - so der Untertitel - nicht nennen. Der Beamte sagt aber: "Es ist eine ordentliche fünfstellige Zahl." Er sei überrascht: "Wer rechnet damit, dass er einen Bestseller schreibt?" Der Erlös fließe in mehrere soziale Projekte im Ahrtal.

Auf rund 150 Seiten beschreibt Neumann die Unglücksnacht auf den 15. Juli im Ahrtal, als dort eine extreme Sturzflut 134 Menschen getötet hat, und den folgenden Ausnahmezustand bis zum 15. August. Eigene Betroffenheit, unverblümte Alltagssprache und Humor mögen zum Bucherfolg beigetragen haben.

Neumann lebt mit Frau und zwei kleinen Kindern in einem Haus in Bad Neuenahr-Ahrweiler, wo ihn nachts die Flut überrascht. Er hat nach eigenen Worten Todesangst - vor allem "um meine Familie". Am Folgetag hört Neumann seiner Erinnerung nach von seinen Kindern den Satz: "Papa, wir haben das Meer am Haus."

Der 46-jährige Beamte im Anti-Terror-Bereich beschreibt sich zunächst als ""part of the game" (Teil des Spiels), einen, der die Hebel selbst ein gutes Stück in Bewegung setzt". Der bei ersten Meldungen über Hochwasser am 14. Juli cool bleibt im eigenen Haus - 200 bis 300 Meter entfernt von der Ahr. Doch dann steigt das Wasser in der Nacht immer weiter, bis fünf Treppenstufen unter dem ersten Obergeschoss.

"Die Geräusche, der Gestank, die Bilder, alles zutiefst unwirklich, scheußlich, tief ins Mark hinein, sich festbeißend. Fenster krachen ein, irgendwas hämmert von draußen gegen die Südwand (Autos. Es waren, wie sich später herausstellt, insgesamt fünf), ein Mann schreit um Hilfe und wird das bis in den Morgen hinein tun", schreibt Neumann. Die Familie rettet sich in den oberen Teil des Hauses.

Es folgt eine Schilderung des Kampfes mit Schlamm und Zerstörungen, Versicherungen und Behörden. Die Familie kommt im Ferienhaus eines Winzers unter, die eigenen vier Wände müssen entkernt und getrocknet werden. Neumann will trotz allem im Ahrtal bleiben und freut sich über die große Solidarität schier unzähliger Helfer. Als BKA-Kollegen einen sinnvollen Einsatzort für Hilfe suchen, "habe ich nicht gezögert, die Speerspitzen der Verbrechensbekämpfung in die tiefsten Jauchegruben der Nachbarschaft zu lotsen", schreibt der Beamte, der zuvor schon einen Thriller über einen Serienmörder veröffentlicht hat. Sein neues Buch über die Ahrflut stelle er gelegentlich bei Lesungen vor - mit eigenem Gitarrenspiel und Gesang, berichtet er.

Abfallentsorgung nach Flutkatastrophe: Land zahlt 9,95 Millionen Euro

Für die Entsorgung des bei der Flut entstandenen Abfalls stellt das Land der Verbandsgemeinde Altenahr 9,95 Millionen Euro zur Verfügung. Bei den Aufräumarbeiten im Landkreis Ahrweiler hätten auch gefährliche Stoffe wie Schlamm und Öl aufwendig entfernt werden müssen, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD) in Mainz am Mittwoch. Bei der Flut waren teils ganze Häuser, Bäume und Autos sowie Hausrat weggerissen worden. Der Unrat beschädigte oder zerstörte zahlreiche Straßen, Plätze, Parks und Brücken. Die Verbandsgemeinde hatte entsprechende Hilfsanträge über die nun genehmigte Höhe gestellt. Der erste Antrag über knapp die Hälfte des Betrags wurde im Oktober bewilligt - nun folgte die zweite Bewilligung.

Fast 400 Sportvereine durch Hochwasserkatastrophe geschädigt

Insgesamt 95 Sportvereine in Rheinland-Pfalz und rund 300 Vereine in Nordrhein-Westfalen sind von den Folgen der Flutkatastrophe im Juli 2021 betroffen. Die Schadenssumme beläuft sich für beide Bundesländer zusammen auf rund 118 Millionen Euro, wie Anfragen beim nordrhein-westfälischen Landessportbund und dem Sportbund Rheinland ergaben.

Einige dieser Vereine mit kleineren Schäden an der Sportanlage oder der Sportausrüstung haben den Trainingsbetrieb bereits wieder aufnehmen können, sagte der Sprecher des LSB Nordrhein-Westfalen, Frank-Michael Rall. Generell laufe der Wiederaufbau der Sportinfrastruktur vier Monate nach der Hochwasserkatastrophe allerdings "noch nicht gut", sagte Dominik Sonndag vom LSB Rheinland-Pfalz. "Es sind weiterhin Plätze nicht bespielbar, weil sie zweckentfremdet sind."

Viele Trainingsstätten seien etwa durch Aufräumarbeiten in den Dörfern blockiert. "Es darf nicht sein, dass Sportplätze weiterhin als Ersatzstätte für Deponien herhalten müssen", forderte Sonndag. Finanzielle Hilfe bekommen die Vereine etwa durch den Nationalen Wiederaufbaufonds. Dadurch sollen Kommunen und Vereinen 30 Milliarden Euro zugutekommen, wie es am vergangenen Freitag auf der Sportministerkonferenz in Koblenz hieß.

Zugverkehr rollt nach Flutkatastrophe im Ahrtal wieder an

Knapp vier Monate nach der Flutkatastrophe rollen wieder Züge auf einem ersten Abschnitt der Ahrtalbahn. Von Remagen aus fuhr am Montag ein Zug zum Bahnhof Ahrweiler in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz). Der Fahrplan sieht zwei Züge pro Stunde und Richtung auf der zunächst eingleisigen Strecke vor, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Die Hochwasserkatastrophe mit 134 Toten hatte Mitte Juli nicht nur Häuser und Straßen zerstört, sondern auch Bahnhöfe und Schienen.

Für den Wiederaufbau der ersten Teilstrecke wurden nach Angaben der Deutschen Bahn etwa 4200 Tonnen Kies und 7800 Tonnen Schotter benötigt. Zuvor sei tonnenweise Schutt entfernt worden. Außerdem hätten fünf Kilometer Kabel, ein Kilometer Schienen, 1500 Schwellen sowie zwei Bahnübergänge erneuert werden müssen.

Mit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember soll ein weiterer Abschnitt der Ahrtalbahn zwischen dem Bahnhof Ahrweiler und Waldporzheim in Betrieb genommen werden. Wann die komplette, rund 30 Kilometer lange Strecke flussaufwärts bis Ahrbrück wieder hergestellt ist, lässt sich wegen der immensen Zerstörungen derzeit noch nicht abschätzen. Nach Angaben der Deutschen Bahn fuhren vor 110 Jahren erstmals Züge durchs Ahrtal.

Zur Wiedereröffnung des ersten Teilabschnitts waren unter anderem der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und der für Infrastruktur zuständige Bahnvorstand Ronald Pofalla gekommen. Die Wiederaufnahme des Zugverkehrs bringe für die Menschen in der Region ein Stück Normalität zurück, sagte Pofalla.

Bislang erst 120 Anträge von Betrieben auf Entschädigung nach Flut

Bislang haben nach Angaben der Landesregierung 68 rheinland-pfälzische Gewerbebetriebe Anträge auf Entschädigung aus der Fluthilfe eingereicht. Aus der Landwirtschaft gebe es darüber hinaus bisher 44 Anträge wegen Flächenschäden und 6 weitere wegen Sachschäden beispielsweise an Gebäuden oder Maschinen, teilte das Wirtschaftsministerium der Deutschen Presse-Agentur mit. Grundsätzlich haben die Betriebe bis zum 30. Juni 2023 Zeit, Anträge auf Entschädigung zu stellen. "Insofern besteht kein Zeitdruck und die Zahl der Anträge wird sicherlich noch zunehmen", erklärte eine Ministeriumssprecherin.

Zuständig für Gewerbebetriebe ist die landeseigene Investitions- und Strukturbank (ISB). Die Anträge aus der Landwirtschaft werden an die jeweilige Kreisverwaltung beziehungsweise an das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Mosel gestellt.

Es gibt nach Einschätzung des Ministeriums vor allem zwei Gründe für die derzeit noch geringe Zahl an Anträgen von der gewerblichen Wirtschaft. So seien doch mehr Unternehmen versichert gewesen als ursprünglich angenommen. Diesen Eindruck gebe es auch bei den jeweiligen Kammern. Zudem benötigten die Betriebe zur Antragsstellung ein Gutachten, das den Schaden und die Schadenshöhe feststelle. Viele Betriebe seien derzeit noch damit beschäftigt, die von der EU zwingend vorgeschriebene Gutachten erstellen zu lassen.

Das Ministerium geht davon aus, dass die Antragszahlen steigen. So seien im Bereich der gewerblichen Wirtschaft bislang bei den Kammern rund 1100 Beratungen und knapp 360 Bestätigungen gezählt worden. Diese Zahlen haben sich den Angaben zufolge binnen einem Monat verdoppelt. Beratung und Bestätigung sind Voraussetzung für Betriebe, um einen Antrag an die ISB stellen zu können.

Die Sprecherin wies darauf hin, dass die von der Flutkatastrophe Mitte Juli besonders hart getroffenen Winzer an der Ahr in den zurückliegenden Wochen mit der Weinlese beschäftigt gewesen seien. An diesem Donnerstag (4. November) wird das DLR in Grafschaft (Landkreis Ahrweiler) Landwirte und Winzer über die Antragstellung informieren. "Wir gehen davon aus, dass sich danach die Zahl der Anträge deutlich erhöhen wird", sagte die Sprecherin.

Anhaltspunkte oder Rückmeldungen, dass das Antragsverfahren für Betriebe oder Landwirte zu bürokratisch sei, gibt es nach Angaben des Wirtschaftsministeriums nicht. "Der Antrag ist bewusst sehr schlank gehalten", betonte die Sprecherin. "Uns haben bislang keine Beschwerden in diese Richtung erreicht."

Ahr-Landrat Jürgen Pföhler ist seit Montag 1. November im Ruhestand

Der Landrat im von der tödlichen Flutkatastrophe schwer getroffenen Kreis Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), ist seit dem heutigen Montag, 1. November, offiziell im Ruhestand. Das teilte die Kreisverwaltung mit. Wohl in der zweiten Januarhälfte 2022 werde ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt. Die Amtsgeschäfte in der Kreisverwaltung führt derzeit der Erste Beigeordnete Horst Gies (CDU).

Der 63 Jahre alte Landrat Pföhler hatte sich nach der Sturzflut am 14. und 15. Juli mit 134 Todesopfern im Ahrtal nach extremem Starkregen erst krankschreiben lassen und dann einen Antrag auf dauerhafte Dienstunfähigkeit gestellt. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen ihn und ein weiteres Mitglied seines Krisenstabes. Dabei geht es um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen.

Pföhler hatte appelliert, die Ereignisse während der Flut besonnen zu beurteilen. Laut Staatsanwaltschaft gab er während einer Razzia in der Kreisverwaltung Ahrweiler an, er sehe bei sich keine strafrechtliche Verantwortung. Nach seinen Worten war auch sein eigenes Haus von der Sturzflut betroffen.

Zur Aufklärung der Katastrophe hat sich auch ein Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags konstituiert. Überdies will eine neue Enquete-Kommission des Landesparlaments Handlungsempfehlungen nach der Flut erarbeiten.

Unterricht in einigen Ahrtal-Schulen bald wieder möglich

Manche der zerstörten Schulen im Ahrtal sollen im Dezember wieder an ihren Standorten öffnen - einige zunächst in Containern. Das kündigte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstag in Mainz nach einer Kabinettssitzung an. Der Aufbau der Schulen gehe zügig voran und es gebe dabei viel Bewegung, genaue Zahlen ließen sich daher noch nicht nennen, sagte die Sprecherin des Bildungsministeriums, Sabine Schmidt.

An einer Lösung für die beiden stark zerstörten Förderschulen werde intensiv weiter gearbeitet, versprach Dreyer. Sie könnten nicht in Container umziehen. Die betroffenen Schüler müssten derzeit aber eine sehr lange Anfahrt nach Neuwied in Kauf nehmen.

Von der Beschädigung von Schulgebäuden sind insgesamt rund 8000 junge Menschen betroffen. 17 Schulen waren massiv beschädigt. Neben den beiden Förderschulen waren eine Berufsbildende Schule sowie ein Gymnasium in Bad Neuenahr-Ahrweiler besonders stark betroffen, ebenso wie Grundschulen in Dernau und in Ahrbrück sowie eine Realschule plus in Altenahr.

18. Oktober: Mehr als 300 Eigentumsdelikte nach Flutkatastrophe angezeigt

Rund 310 Eigentumsdelikte sind in den ersten drei Monaten nach der Flutkatastrophe im Kreis Ahrweiler bei der Polizei angezeigt worden. Darunter seien aber auch etwa 90 als gestohlen gemeldete Autos, von denen die meisten später auf einem Sammelplatz gefunden worden seien, sagte die Sprecherin des Innenministeriums, Sonja Bräuer, in Mainz.

In rund zehn Fällen wurden den Angaben nach Werkzeuge oder Arbeitsgeräte wie beispielsweise Stromaggregate oder Anbauteile für Arbeitsmaschinen gestohlen. Insgesamt seien 81 Tatverdächtige ermittelt und mehr als 70 Straftaten aufgeklärt worden. Bei den noch nicht gelösten Fällen müsse auch geprüft werden, ob Gegenstände tatsächlich gestohlen oder mit dem abtransportiertem Abraum entsorgt worden seien. Vor allem zum Schutz des privaten Eigentums sei die Polizei rund um die Uhr mit mehr Kräften im Ahrtal im Einsatz.

15. Oktober: Seit der Flutkatastrophe vermisste Frau tot in Rotterdam geborgen

Eine seit der Flutkatastrophe vor rund drei Monaten in Bad Neuenahr vermisste Frau ist tot im niederländischen Rotterdam gefunden worden. Damit ist die Zahl der Toten der Flutkatastrophe aus dem Ahrtal auf 134 gestiegen, wie die Polizei in Mayen und Koblenz am Freitag mitteilten. Die Leiche der Frau sei offenbar über die Ahr in den Rhein gelangt und von dort bis nach Rotterdam getrieben worden. Die über 60 Jahre alte Frau sei am 30. September in den Niederlanden mit einem DNA-Abgleich identifiziert worden. Vermisst werden weiterhin zwei Menschen. Die "Bild"-Zeitung hatte zuerst berichtet.

15. Oktober, Spenden der VRM-Leser haben Flutopfer erreicht

2,6 Millionen Euro sind an fünf Gemeinden verteilt worden. Wie die Menschen an der Ahr von der Welle der Hilfsbereitschaft profitieren. Mehr dazu finden Sie hier.

14. Oktober: Im Ahrtal werden noch rund 1800 Essen pro Tag verteilt

Regionale Caterer und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) versorgen ein Vierteljahr nach der Flutkatastrophe im Ahrtal noch rund 1800 Menschen täglich mit einer warmen Mahlzeit. Die Zubereitung des Essens hätten zwei Unternehmen aus Mendig und Niederzissen übernommen, berichtete DRK-Sprecherin Elisabeth Geurts. Voraussichtlich bis Ende Oktober werde es die Verpflegungsausgabe noch geben.

Die Caterer brächten das gekochte Essen zum Parkplatz einer Schule in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Von dort werde es von mehr als 30 DRK-Helfern an zehn Standorte gebracht und verteilt. Das DRK hatte bis etwa Mitte September in einer zentralen Küche in Grafschaft täglich etliche Tausend Mittagessen gekocht und diese an rund 40 Standorten ausgegeben. In Spitzenzeiten waren es 10.000 bis 13.000 warme Portionen pro Tag. Für ebensoviele Menschen wurden zudem kalte Lebensmittel für Frühstück und Abendbrot pro Tag ausgegeben. Rund 110 ehrenamtliche DRK-Helfer aus ganz Deutschland waren mit der Essensversorgung beschäftigt. Dazu kamen etwa 60 Helfer im Fahrdienst und 10 Verwaltungskräfte.

14. Oktober: Sirenen nach Flutkatastrophe wieder gefragt

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal mit 133 Toten sind die Warnsysteme auf dem Prüfstand. Einen landesweiten Überblick über die Sirenen gibt es nicht. Zuständig sind Kommunen und Kreise. Einige haben bereits konkrete Pläne.

Eine Minute Dauerton, zweimal unterbrochen: An jedem dritten Samstag im Quartal schrillen die Sirenen in Bingen beim Probealarm. "Das ist der Feueralarm, den verwenden wir auch noch bei größeren Einsätzen", sagt Feuerwehrleiter Marco Umlauf vor der Übung an diesem Samstag. Daneben gibt es aber auch einen Alarm zur Warnung der Bevölkerung bei besonderen Gefahrenlagen. Dann ist eine Minute lang ein Heulton zu hören. "Wenn der eine Alarm funktioniert, dann funktioniert auch der andere", ist Umlauf überzeugt.

Die Kreise, kreisfreien Städte und Gemeinden entscheiden in Rheinland-Pfalz eigenverantwortlich, wie, womit und in welchem Umfang sie ihre Bürger warnen. Das sieht das Brand- und Katastrophenschutzgesetz des Landes so vor. Eine Übersicht etwa über alle Sirenen im Land gibt es nicht. "Insbesondere fehlt uns der Gesamtüberblick, auf welchem Stand die Sirenen sind", sagt der Direktor des Städtetags, Rheinland-Pfalz, Michael Mätzig. "Wir gehen davon aus, dass viele veraltet sind und erneuert werden müssen."

Der von der Flutkatastrophe Mitte Juli schwer getroffene Kreis Ahrweiler will laut Kreistagsbeschluss eine Firma zur Planung und dem Aufbau eines elektronischen Sirenenwarnnetzes beauftragen. Gesamtvolumen: rund zwei Millionen Euro. Zunächst geht es um die Gemeinden direkt an der Ahr. Die Warnmöglichkeit solle mit Blick auf den Winter und mögliches Hochwasser so schnell wie möglich geschaffen werden, berichtet Kreissprecherin Cora Blechen.

Rund 80 neue elektronische Sirenenanlagen würden gebraucht, davon 22 als Ersatz für bei der Flut zerstörte Motorsirenen, die ausschließlich mit Strom funktionierten - ohne Notstromversorgung oder Batterie - und nur zur Alarmierung der Feuerwehr genutzt worden seien.

In der Stadt Trier gibt es noch gar keine Sirenen, aber einen Warn- und Evakuierungsplan, der etwa beim Hochwasser in Ehrang angewandt wurde, wie Stadtsprecher Ernst Mettlach berichtet. Mit Planungen für den Aufbau eines Sirenen-Alarms sei vor dem Hochwasser Mitte Juli begonnen worden. Abgeschlossen ist das Projekt noch nicht.

Koblenz braucht mindestens 46 Hochleistungssirenen. 16 davon stehen schon, noch im Oktober sollen alle funktionieren, wie eine Stadtsprecherin berichtet. Die meisten seien in den regelmäßig vom Hochwasser betroffenen Stadtteilen an Rhein und Mosel aufgestellt worden. Die übrigen 30 Sirenen werden nächtes Jahr errichtet, Anfang 2023 soll das Sirenennetz dann vollständig in Betrieb gehen.

"Nach dem Fall der Mauer wurde der Zivilschutz heruntergefahren, der Bund hatte in der Folge den Kommunen die Zuständigkeit für die Sirenen übertragen", stellt die Sprecherin der Stadt Kaiserslautern, Nadin Robarge, fest. Dies habe vielerorts zum Abbau von Sirenen geführt.

In Kaiserslautern etwa sind von einst 95 noch 11 im Einsatz, meist in den Ortsteilen. "Um eine flächendeckende Alarmierung des Stadtgebietes zu erreichen, bedarf es einer Planung und größeren Investition." Dafür seien inzwischen mehr als die ursprünglich 95 Sirenen notwendig, denn die Stadt sei an ihren Rändern inzwischen gewachsen. Das gilt auch für viele andere Städte und Gemeinden.

Die Sirenen müssten zudem auch in dreifach verglasten und gedämmten Gebäuden gehört zu werden, gibt Robarge zu Bedenken. Im Juni seien in der Innenstadt Kaiserslauterns bereits intelligente Straßenlaternen mit digital gesteuerten Lautsprechern mit Sirenensignal und konkreten Durchsagen vom Bundesamts für Bevölkerungsschutzes und Katastrophenhilfe getestet worden. Die Auswertung laufe noch.

In der Landeshauptstadt Mainz sind derzeit 54 Sirenen im Einsatz, alle älteren Typs, wie Sprecher Ralf Peterhanwahr sagt. Geplant sei die Anschaffung von 33 neuen Sirenen, "die jeden Winkel im Stadtgebiet erreichen" und bei denen sich auch Sprachnachrichten programmieren ließen. Ein Typ wurde bereits getestet, der zweite ist im Frühjahr 2022 dran. Dann soll die Entscheidung fallen und der Auftrag erteilt werden.

Im Kreis Mainz-Bingen etwa läuft noch eine Bestandsaufnahme, wie der Sprecher der Kreisverwaltung, Bardo Faust, sagt. Der Gemeinderat der Verbandsgemeinde Rhein-Selz aus dem Kreis aber hat beispielsweise Anfang September bereits beschlossen, ein gestuftes Beschallungskonzept zu erarbeiten und damit ein Unternehmen beauftragt, wie die erste Beigeordnete Gabriele Wagner berichtet.

Ludwigshafen kann auf 34 Sirenen bauen, davon 6 Hochleistungssirenen und 28 aus der Nachkriegszeit, wie Sprecherin Sandra Hartmann sagt. "Diese 28 Sirenen werden bis Ende 2022 gegen moderne Hochleistungssirenen ausgetauscht." Einen Probealarm gibt es in der Regel einmal im Jahr.

Eine hochmoderne Sirene, die nicht nur mit Tönen, sondern auch mit Textnachrichten warnen kann, kostet nach Darstellung der kommunalen Spitzenverbände ungefähr 22.500 Euro. Innenminister Roger Lewentz hat angekündigt, die Ausstattung des Sirenen-Förderprogramms des Bundes auf rund acht Millionen Euro zu verdoppeln. "Mit einem Warnmittel-Mix können die Bürgerinnen und Bürger auf einer Vielzahl von Kanälen erreicht werden. Die Sirene ist dabei ein zentrales Warnmittel, das in der Fläche meist am eindeutigsten als Warnung erkannt wird", stellt der SPD-Politiker fest.

Nach Auffassung von Karl-Heinz Frieden (CDU), Vorstand des Gemeinde- und Städtebundes, ist das der richtige Ansatz, aber nur ein Anfang. "Wir gehen davon aus, dass die neue Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern den zivilen Bevölkerung- und Katastrophenschutz neu aufstellen wird, um auf zukünftige Gefahren besser vorbereitet zu sein", sagt Frieden. Der Bund habe zudem ja bereits den Auftrag für das sogenannte Cell-Broadcasting erteilt. "Das bedeutet, dass im Unglücks- oder Katastrophenfall auf allen Handys eine entsprechende Warninformation, aber auch eine Verhaltensanordnung übermittelt werden kann."

Zu den nach dem Kalten Krieg abgebauten Sirenen habe auch die notwendige Aufklärung über die Bedeutung der jeweiligen Signaltöne gehört, betont Frieden. "Jetzt wird es darum gehen, ein flächendeckendes Alarmierungssystem auch wieder aufzubauen und die notwendige Information der Menschen zu organisieren, wie man sich in welcher Notsituation verhält." In Bingen können das die Menschen etwa bei der Feuerwehr erfahren und alle Details auf deren Seite im Internet detailliert nachlesen.

14. Oktober: Feuerwehrpräsident: Flutkatastrophe beschäftigt Einsatzkräfte lange

Die Einsatzkräfte bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen werden nach Einschätzung des Deutschen Feuerwehrverbandes noch eine längere Zeit benötigen, bis sie die Ereignisse verarbeitet haben. "Diese Katastrophe mit ihren Auswirkungen wird uns in vielen Bereichen noch jahrelang, wenn nicht jahrzehntelang begleiten", sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Banse der "Heilbronner Stimme" (Donnerstagausgabe). "Für mich persönlich sitzen die vor Ort gewonnenen Eindrücke sehr tief."

Auf der einen Seite gebe es viele persönliche und tragische Schicksale, auch in den Reihen der Feuerwehr, erklärte Banse. Auf der anderen Seite müssten aber auch die Lehren - etwa im Bereich der Warnung der Bevölkerung - aus den Vorkommnissen gezogen werden, damit derartige Ereignisse nicht erneut solche Folgen haben.

Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes rechnet damit, dass noch im Laufe des Monats die Ergebnisse einer Evaluierung des Einsatzes vorliegen werden. Gemeinsam mit der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes sei eine Expertenkommission zur Evaluierung gegründet worden. "Als ersten Schritt gab es eine Umfrage, an der sich alle Einsatzkräfte mit ihren persönlichen Erfahrungen beteiligen konnten." Daran hätten fast 2500 Personen teilgenommen. Diese Antworten würden nun zur Auswertung aufbereitet. Erste Ergebnisse sollen noch im Oktober 2021 vorgelegt werden.

Weiterhin gebe es Feuerwehrleute, die eine psychologische Betreuung erhalten, sagte Banse dem Blatt: "Eine derartige Einsatzlage beschäftigt die Kräfte auch noch Monate, teils Jahre danach." Oft komme es auch erst eine ganze Zeit später dazu, dass die Belastungen verarbeitet werden können. "Daher ist die psychosoziale Notfallversorgung für die Einsatzkräfte auch weiterhin wichtig, wird angeboten und angefragt."

13. Oktober: Erste Hochwasser-Hilfen aus Fonds in Rheinland-Pfalz ausgezahlt

Drei Monate nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz sind die ersten Gelder aus dem Bund-Länder-Hilfsfonds ausgezahlt worden: Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) sagte am Mittwoch im Radioprogramm SWR Aktuell: "Es wurden über 8300 Anträge gestellt, 2000 schon fertig bewilligt und am Montag sind die ersten Gelder ausgezahlt worden." Hilfen für zerstörten Hausrat könnten dabei deutlich schneller genehmigt werden als für ein ganzes Gebäude oder Grundstück. Spiegel sagte: "Hier arbeiten alle mit Hochdruck, um genau das so schnell wie möglich alles hinzukriegen."

Mit Blick auf den Winter stehe derzeit der Wiederaufbau des Heizungsnetzes im Vordergrund, sagte die Ministerin. So würden zerstörte Erdgasleitungen repariert und mobile Erdgastanks aufgebaut. Ziel sei, "dass kein einziger Haushalt kalt über Herbst und Winter kommen muss". Beim weiteren Wiederaufbau müsse die Nachhaltigkeit in den Vordergrund gerückt werden. "Langfristig geht es darum, dass wir kommunale Nahwärmenetze stärken in Kombination mit Pelletheizungen und Photovoltaik", sagte Spiegel.

Bund und Länder haben einen Hilfsfonds mit insgesamt 30 Milliarden Euro für Flutopfer in Deutschland vereinbart. Gut die Hälfte davon ist für Rheinland-Pfalz gedacht. Dort sind 65 000 Bürger betroffen, darunter mehr als 40.000 im Ahrtal. Seit dem 27. September können geschädigte Anwohner, Firmen, Gemeinden und Vereine Geld beantragen.

12. Oktober: Flutkatastrophe vor drei Monaten - Wegzug und Wiederaufbau im Ahrtal

Ein Vierteljahr ist seit der Jahrhundertflut mit 133 Toten im Ahrtal vergangen. Nach dem Aufräumen beginnt der Wiederaufbau. Nicht alle Überlebenden wollen mitmachen. Eine Bürgermeisterin empfiehlt einen Blick in die Alpen. Eine Zwischenbilanz.

Kunterbunt bemalt und beschriftet ist das frei stehende Haus mit den scheibenlosen Fensterhöhlen in Dernau im flutgeschädigten Ahrtal. Die Nachbarhäuser sind schon abgerissen. "Das Ahrtal gibt nicht auf" steht an der Fassade. Und wortspielerisch: "We ahr together Solidahrität." Im ersten Stock gibt es eine Terrasse - bis zur oberen Geländerstange ist die Sturzflut am 14. und 15. Juli gestiegen. Darunter ist ein Polizeihubschrauber mit zwei Menschen an einem Seil gemalt. Daneben steht: "4 Personen von dieser Terrasse aus gerettet." Drei Monate ist das Hochwasser nach extremem Starkregen mit 133 Todesopfern und Tausenden beschädigten oder zerstörten Häusern her - was hat sich seitdem getan?

"Wir sind an einem Wendepunkt", sagt der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Adenau, Guido Nisius (CDU). "Es ist sehr viel aufgeräumt worden. Die Schuttberge sind praktisch verschwunden. Jetzt geht es an den Wiederaufbau." Das Land Rheinland-Pfalz habe kürzlich "den Katastrophenfall aufgehoben". Damit übernimmt im Ahrtal wieder die Kreisverwaltung Ahrweiler die sogenannte Gefahrenabwehr.

Nach dem Abriss vieler Häuser im größten zusammenhängenden Rotweingebiet Deutschlands klaffen in seinen Dörfern zahlreiche Baulücken. Mehr als 70.000 freiwillige Helfer sind nach Angaben eines für sie eingerichteten Shuttledienstes im Ahrtal schon aus dem In- und Ausland angereist, um den Flutopfern beim Entkernen ihrer durchnässten vier Wände zu helfen: Schlamm raus, Putz von den Wänden ab, Bodenbeläge raus - und dann wochenlanges Laufen der Bautrockner.

Längst gleichen viele Häuser Rohbauten. Ihre Bewohner sind zu Verwandten und Freunden, in andere Wohnungen, Notunterkünfte und Wohnwagen ausgewichen. Tagsüber kommen viele zurück. Michael Gerke, Helfer aus dem niedersächsischen Buchholz in der Nordheide, sagt in Altenburg: "Im Moment wohnen hier nur wenige. Nachts ist das fast ein Geisterdorf."

Inzwischen sollen laut dem rheinland-pfälzischen Finanzministerium die ersten Zahlungen aus dem Wiederaufbaufonds von Bund und Ländern auf private Konten fließen. Die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand (parteilos) hofft, in ein, zwei Jahren könnten viele zerstörten Häuser wiedererrichtet sein. Der Handwerker- und Baumaterialmangel macht dies indessen nicht leichter. Und wer ein mulmiges Gefühl hat, wieder recht nahe am Fluss zu bauen, findet in dem engen Tal meist nicht viele freie höher gelegene Grundstücke.

Weigand sagt, noch länger könne sich der Wiederaufbau von Teilen der Infrastruktur hinziehen, beispielsweise der Ahrtalbahn. Zwar soll deren Teilstrecke zwischen Remagen und Walporzheim möglichst bis Jahresende wieder eingleisig in Betrieb genommen werden. Beim weitaus mehr zerstörten Rest der insgesamt rund 30 Kilometer langen Strecke flussaufwärts zwischen Walporzheim und Ahrbrück traut sich die Deutsche Bahn noch nicht, eine zeitliche Prognose zu geben.

Die materiellen Probleme sind das eine, die psychischen Folgen das andere. Die Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagt: "Die Flutkatastrophe hat Rheinland-Pfalz ins Mark getroffen. Die Zerstörungen und das Leid der betroffenen Menschen vor allem im Ahrtal sind unvorstellbar groß und haben eine Dimension, die es in der Geschichte der Bundesrepublik so noch nie gab." Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft seien beispiellos. Das Land setze auch bei der psychotherapeutischen Betreuung der Menschen einen Schwerpunkt: Noch in diesem Jahr soll zum Beispiel in Bad Neuenahr-Ahrweiler ein Traumatherapiezentrum seine Arbeit aufnehmen.

Viele Menschen verlassen gleichwohl das Ahrtal. Der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen (CDU), hat vor Wochen geschätzt, dass bis Jahresende 10.000 seiner 30.000 Einwohner wegziehen könnten. In der Kurstadt haben auch viele zugezogene Senioren zur Miete gewohnt. Weiter flussaufwärts sagt Bürgermeisterin Weigand, in den Weindörfern an der Ahr dagegen lebten viele Familien tief verwurzelt schon seit Generationen in den eigenen Wänden. Das könnte auf weniger Wegzug hindeuten. "Viele haben sehr Traumatisches erlebt und gesagt, sie kommen nicht wieder zurück. Aber erstaunlich viele wollen doch zurückkehren", sagt die Kommunalpolitikerin.

Melanie Brücken, Gründerin eines Helfertreffs in Sinzig, sagt, das sei auch eine Generationenfrage: 80 Jahre alte Flutopfer wollten kaum wieder ein zerstörtes Haus aufbauen, jüngere Familien dagegen schon. "Ganz langsam fangen die ersten mit Wiederaufbau an. Sie zeigen stolz Fotos von neu eingebauten Fenstern oder neu angelegten Blumenbeeten. Langsam machen sie es sich wieder schöner", erzählt Brücken.

"Viele sagen, sie wollen klimafreundlicher und hochwassersicherer wiederaufbauen", ergänzt sie. Auch Ministerpräsidentin Dreyer bemerkt zum Wiederaufbau: "Wir müssen aus dieser Katastrophe aber auch Lehren ziehen, um für künftige Naturereignisse besser gewappnet zu sein." Experten zufolge häuft sich Extremwetter im Zuge des Klimawandels.

Laut einer neuen Risiko-Karte des Landes dürfen nur 34 zerstörte Häuser im Ahrtal wegen Hochwassergefahr nicht mehr aufgebaut werden. Bei vielen anderen in Überschwemmungszonen sind Sondergenehmigungen nötig. Es geht um hochwasserangepasstes Bauen - etwa ohne Öltanks und Stromsicherungskästen im Keller oder Erdgeschoss.

Bürgermeisterin Weigand warnt davor, dabei einfach die Erfahrungen von Neubauten am Rhein zu übernehmen: "Da steigt das Hochwasser nicht so schnell wie bei uns in der Flutnacht. Bei uns sind auch viele Autos und Baumstämme irgendwo gegengedonnert - wir haben enorme Anpralllasten bei hoher Fließgeschwindigkeit." Weigand empfiehlt, im engen Ahrtal zwischen Schieferfelsen auf Erfahrungen beim Bauen in den Alpen zurückzugreifen: "Bei uns ist ein Hochwasser eher gebirgsbachmäßig."

10. Oktober: Bundespräsident Steinmeier besucht das Ahrtal

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist am Sonntag ins Ahrtal gereist, um sich erstmals persönlich einen Eindruck von den Schäden der Flutkatastrophe und dem Wiederaufbau zu machen. In Ahrweiler, einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler, ließ er sich an einer zerstörten Brücke über die Ahr die Schäden an beiden Ufern zeigen. Dort ist inzwischen eine Behelfsbrücke eingerichtet.

Begleitet wurde Steinmeier von der stellvertretenden rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin und Klimaschutzministerin Anne Spiegel (Grüne) sowie von Innenminister Roger Lewentz (SPD). Im Anschluss an einen Weg durch die historischen Straßen von Ahrweiler wurde der Bundespräsident in der Winzergemeinde Mayschoß und in Grafschaft erwartet, wo er sich mit Helfern treffen wollte.

Am 1. September hatte Steinmeier am Staatsakt für die Opfer der Hochwasserkatastrophe teilgenommen. Damals sagte er am Nürburgring, es gehe nicht allein um Soforthilfe für den Wiederaufbau. "Sie brauchen unsere Hilfe und unsere Aufmerksamkeit nicht nur jetzt, in der akuten Not, sondern für lange Zeit."

7. Oktober: Wissenschaftler sollen Wiederaufbau in Flutgebieten begleiten

In den Hochwasser-Katastrophengebieten von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen soll der Wiederaufbau wissenschaftlich begleitet werden. "Unser Ziel muss sein, dass die Regionen in Zukunft widerstandsfähiger gegenüber Extremwetter und weiteren Folgen des Klimawandels sind. Dafür setzen wir auch auf Forschung und Innovation", sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Mittwoch.

Für ein entsprechendes Begleitgremium aus Wissenschaftlern sowie Forschungsprojekte stellt das Ministerium fünf Millionen Euro bereit. Mitmachen sollen Experten unter anderem aus der Klimaforschung und der Stadtplanung. "Das Gremium wird sehr eng mit den beiden Bundesländern zusammenarbeiten und den betroffenen Kommunen, den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen in den Hochwassergebieten beratend zur Seite stehen", sagte Karliczek.

3. Oktober: Ambitionierter Wiederaufbau der Infrastruktur

Die Infrastruktur wurde durch die Flut in den betroffenen Gebieten zum Teil völlig zerstört. Welche Mammutaufgabe das neue Projektbüro zum Wiederaufbau im Ahrtal bewältigen muss. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

2. Oktober: Großes Interesse an Fluthilfe-Portal des Handwerks

Die neue Internetseite des Handwerks zur Steuerung der Hilfe für das flutgeschädigte Ahrtal findet großes Interesse. Rund vier Wochen nach ihrem Start seien dort etwa 1270 Angebote von Handwerkern aus ganz Deutschland verzeichnet, sagte der Sprecher der Handwerkskammer Koblenz, Jörg Diester, der Deutschen Presse-Agentur. "Es gibt nach wie vor eine unglaubliche Hilfsbereitschaft", betonte er.

Im Mittelpunkt stünden derzeit noch die dringlichsten Aufgaben, die mit dem Trocknen von Gebäuden zu tun hätten und für die Fenster- und Türenbauer gebraucht würden, berichtete er. Angelaufen sei auch die Arbeit von Handwerkerinnen und Handwerkern aus den Bereichen Sanitär, Heizung und Klimatechnik.

Seit einem Relaunch der Seite am Mittwoch können sich auch Sachverständige dort melden. Außerdem gibt es nun eine Funktion, mit der Anbietende den Zeitraum eintragen können, wann sie zur Verfügung stehen. Der Internet-Auftritt werde ständig weiterentwickelt, sagte Diester.

Ziel der Online-Plattform www.handwerk-baut-auf.de ist es, Hilfsangebote passgenau und übersichtlich an Betroffene der Flutkatastrophe zu vermitteln. Bei einer Sturzflut nach extremem Starkregen im Ahrtal in der Nacht zum 15. Juli waren 133 Menschen getötet und viele Häuser, Straßen und Brücken zerstört worden.

1. Oktober: Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe verlangt Akteneinsicht

Zur Aufklärung der Flutkatastrophe von Mitte Juli mit 134 Toten fordert der neu gegründete Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags von Ministerien, Behörden und anderen staatlichen Stellen die Herausgabe relevanter Unterlagen. In einem ersten Schritt sollen dem Gremium bis zum 15. November alle "physischen und elektronischen Akten" sowie die digitale Kommunikation bis zur Flutnacht am 14. Juli vorgelegt werden, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD) am Freitag nach der nicht-öffentlichen Konstituierung des Gremiums.

Wie es danach weitergehe, werde vom Umfang des Materials abhängen, das gesichtet werden müsse, sagte er weiter. Über die Berufung von Zeugen sei bei der ersten Sitzung noch nicht gesprochen worden. Die Aufforderung zur Herausgabe der Unterlagen richte sich an alle Stellen, "soweit eine Rechtsaufsicht des Landes" besteht, erklärte Haller. Bei Akten unter Bundesaufsicht werde der Bund gegebenenfalls um Amtshilfe gebeten werden müssen. Es gehe um Unterlagen in Ordnern, um elektronische Akten und beispielsweise um Handy-Kommunikation - "alles, was den Untersuchungsgegenstand erhellen kann".

Der zunächst ins Auge gefasste Untersuchungszeitraum "bis zur Flutnacht" werde nicht immer "trennscharf mit Uhrzeiten abzugrenzen sein", räumte Haller ein. Der "Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe", wie er sich selbst den Namen gab, wolle so zügig und so gründlich wie möglich arbeiten. Deshalb habe er sich für diese Priorisierung entschieden. Der Ausschuss geht auf einen Antrag der CDU-Opposition zurück. Er soll die Abläufe vor, während und nach der Sturzflut klären - vor allem aber auch die politische Verantwortung. Das Gremium hat das Recht auf Vernehmung von Zeugen und Akteneinsicht und gilt als das schärfste Instrument des Parlaments.

Behörden und Politiker stehen wegen fehlender und verspäteter Warnungen der Bevölkerung in der Kritik. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen den Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU). Dabei geht es um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung. Zuletzt gab es vor mehr als zehn Jahren einen U-Ausschuss des Landtags. Damals ging es um die Finanzen der CDU. Der Nürburgring war 2009 Gegenstand eines Untersuchungsausschusses.

30. September: Ahr-Risikokarte: Fast alle zerstörten Häuser dürfen aufgebaut werden

Nach der tödlichen Flut im Ahrtal dürfen laut der rheinland-pfälzischen Landesregierung nur relativ wenige zerstörte Häuser wegen Hochwassergefahr nicht mehr aufgebaut werden. Mit Blick auf eine neue Risikokarte sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bei einer sogenannten Zukunftskonferenz am Donnerstagabend in Grafschaft hoch über der Ahr, die "allermeisten Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen" könnten an Ort und Stelle sanieren. "Es gibt nur verhältnismäßig wenige zerstörte Häuser, die im besonderen Gefahrenbereich des Überschwemmungsgebietes liegen und an altem Ort nicht wiederaufgebaut werden können", ergänzte Dreyer. Deren genaue Zahl kann laut Landesregierung noch nicht genannt werden.

Nach Worten von Dreyer wurde mit diesen besonders betroffenen Hauseigentümern bereits vor der Veröffentlichung der Risikokarte das Gespräch gesucht, um einen neuen Bauplatz oder andere individuelle Lösungen zu finden. Von diesem Montag an gebe es in den Orten Einwohnerversammlungen zum Wiederaufbau von beschädigten oder zerstörten Gebäuden. Bürger könnten sich zusätzlich bei 16 sogenannten Infopoints im Ahrtal etwa von Architekten zur Trocknung von flutgeschädigten Häusern oder zum hochwasserangepassten Bauen individuell beraten lassen.

25. September: Nach Flutkatastrophe haben Versicherer bereits 1,5 Milliarden Euro gezahlt

Nach der Flutkatastrophe im Juli hat die Versicherungsbranche nach eigenen Angaben inzwischen 1,5 Milliarden Euro an die Betroffenen ausgezahlt. Gut eine Milliarde sei davon an Privathaushalte gegangen und knapp eine halbe Milliarde an Gewerbetreibende, teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit. Der Verband geht von einer Gesamtsumme der versicherten Schäden von rund 7 Milliarden Euro aus, mehr als ein Fünftel davon ist also schon bezahlt.

Ein Unwetter hatte Mitte Juli vor allem in Rheinland-Pfalz und NRW schlimme Spuren hinterlassen, zahlreiche Menschen starben. Von dem bisher ausgezahlten Geld gingen den Angaben zufolge etwa 0,9 Milliarden Euro nach NRW und 0,5 Milliarden Euro nach Rheinland-Pfalz. Der Rest wurde hauptsächlich an Versicherte in Sachsen und Bayern überwiesen. Zuvor hatte das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) berichtet.

23. September: Rheinland-pfälzischer Landtag will Weichen für Wiederaufbau stellen

Der rheinland-pfälzische Landtag will am zweiten Tag seiner September-Sitzung die beiden Gesetze für den schnellen Wiederaufbau im Ahrtal im verkürzten Verfahren verabschieden. Mit dem sogenannten Landeswiederaufbauerleichterungsgesetz der drei Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP sollen die rechtlichen Voraussetzungen für mehr Tempo beim Wiederaufbau geschaffen werden. Das zweite Gesetz sieht die Einrichtung eines Sondervermögens für die Aufbauhilfe vor.

Bund und Länder hatten bereits Hilfen in Höhe von 30 Milliarden Euro vor allem für die besonders schwer von der Flutkatastrophe getroffenen Länder Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen beschlossen. Nach einer Schätzung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) belaufen sich die

Schäden im Norden von Rheinland-Pfalz auf insgesamt rund 15 Milliarden Euro. In der Aktuellen Stunde (9 Uhr) zu Beginn des zweiten Sitzungstags im rundum neu sanierten Deutschhaus am Rhein wird auf Antrag der Freien Wähler über ein Ende der Corona-Auflagen debattiert. Die SPD macht die Tötung eines Tankstellen-Mitarbeiters in Idar-Oberstein zum Thema. Möglicher Auslöser für die Tat war die Wut eines 49-Jährigen über die Maskenpflicht. Die FDP hat das Thema Fachkräfte als wichtige Stützen einer leistungsfähigen Wirtschaft auf die Tagesordnung setzen lassen.

22. September: Sperrmüll aus dem Ahrtal lagert in Wiesbaden

Nach der Hochwasserkatastrophe hat das Ahrtal um Hilfe bei der Beseitigung der Abfallmassen gebeten. Nun liegt ein Teil des Sperrmülls im Zwischenlager der Wiesbadener Deponie. Mehr dazu hier.

Montag, 20. September: Warnsysteme reichen nicht - Gehörlose kritisieren Katastrophenschutz

Gehörlose in Deutschland fühlen sich nicht ausreichend vor Katastrophen gewarnt - insbesondere nach dem Hochwasser im Sommer. Eine App und ein besonderer SMS-Service könnten die Lage verbessern.

Die Schafe von Christopher Brandenstein aus Solingen (Nordrhein-Westfalen) weiden normalerweise an der Wupper. Am 14. Juli wäre die Wiese für die Tiere beinahe zur tödlichen Falle geworden: Starke Regenfälle ließen den Fluss rasant über die Ufer treten. In Notsituationen wie bei der schweren Flutkatastrophe im Sommer hat es der 41-Jährige noch schwerer als viele andere Menschen, denn er ist gehörlos. Er kann sich nicht nur schwerer verständigen. Er hört auch Sirenen und Lautsprecher nicht.

Beinahe in letzter Minute holte Brandenstein die Schafe mit Hilfe von Nachbarn von der Weide, doch viele Nachbarhäuser seien überflutet worden, so Brandenstein. "Wenn es rechtzeitig Warnungen gegeben hätte, dann hätte es anders ausgesehen. Wir hätten uns dann gut vorbereiten können. Stattdessen gab es Panik, Angst und Chaos. Die Politik hat versagt", sagt Brandenstein. Die Apps Katwarn und Nina hätten lediglich vor Starkregen gewarnt, nicht aber vor Hochwasser. Brandenstein selbst habe sich auf sein Bauchgefühl verlassen und bei seinen Nachbarn Alarm geschlagen.

"Die Warnsysteme reichen bei weitem nicht aus, selbst für die allgemeine Bevölkerung nicht", sagt auch Daniel Büter, politischer Referent beim Deutschen Gehörlosen-Bund (DGB). Kurz nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat der DGB ein Papier veröffentlicht, in dem er der Bundesregierung einen mangelhaften Katastrophenschutz vorwirft. Sie verletze Artikel 11 der UN-Behindertenrechtskonvention. Laut der Konvention muss Deutschland den Schutz und die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen bei Naturkatastrophen gewährleisten.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) arbeite stetig daran, die Warnung der Bevölkerung so barrierefrei wie möglich zu gestalten, sagt eine Sprecherin. Die Vielfalt der Warnmittel sei entscheidend. Neben Sirenen, Lautsprecheransagen oder Radiodurchsagen seien im Fernsehen Spruchbänder und Texteinblendungen zu lesen, um auch gehörlose Menschen auf die auftretenden Gefahren aufmerksam zu machen.

Montag, 13. September

Haus der Geschichte sammelt Objekte zur Hochwasserkatastrophe

Die verheerenden Überschwemmungen vor zwei Monaten haben viele Menschenleben gekostet und ganze Landstriche in NRW und Rheinland-Pfalz verwüstet. Das Haus der Geschichte will die Erinnerung an die Katastrophe für zukünftige Generationen sichern.

Die Hochwasserkatastrophe vom Juli ist ein Thema für das Haus der Geschichte. "Wir sammeln Gegenstände, die sinnbildlich für das Ereignis und seine Auswirkungen stehen", sagte der Sammlungsdirektor Dietmar Preißler der Deutschen Presse-Agentur. Die Katastrophe sei in ihrer Dimension ein zeitgeschichtliches Ereignis, so dass es wichtig sei, Erinnerungsstücke als "Teil des kulturellen Gedächtnisses" für die Zukunft zu sichern.

Bislang habe das Museum zum Beispiel verschmutzte Weinflaschen aus dem Ahrtal erhalten, aber auch ein verschlammtes Gerät aus einer Zahnarztpraxis. Ein Geistlicher aus der Region habe liturgische Bücher und andere Dinge aus seiner überschwemmten Kirche zur Verfügung gestellt. Insgesamt sei die Sammlung zu der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen aber noch ganz am Anfang. "Wir sind sehr zurückhaltend mit Anfragen an Betroffene, die Menschen sind ja teilweise traumatisiert und haben jetzt erstmal etwas anders zu tun, als sich um mögliche Museumsstücke Gedanken zu machen", sagte Preißler.

Er sei aber zuversichtlich, dass das Museum im Laufe der nächsten Monate zahlreiche aussagekräftige Gegenstände aus den Hochwassergebieten erhalten werde. Die Mitarbeiter könnten dabei auch auf die Erfahrungen aus dem Elbe-Hochwasser in Ostdeutschland 2002 zurückgreifen. Von diesem Ereignis zeugt im Haus der Geschichte zum Beispiel ein beschädigter Konzertflügel aus der Semperoper in Dresden.

Vor zwei Monaten hatten Unwetter mit ungewöhnlich starken Regenfällen in Rheinland-Pfalz und NRW eine Katastrophe ausgelöst. Ganze Landstriche wurden von den Wassermassen verwüstet. Bislang wurden rund 190 Tote gezählt, mehrere Menschen gelten noch immer als vermisst.

Samstag, 11. September

30 Millionen Euro Fluthilfe für Kultur

Mit bis zu 30 Millionen Euro Aufbauhilfe unterstützen Bund und Länder die von der Flutkatastrophe betroffenen Kultureinrichtungen. "Mit der ersten Tranche von 30 Millionen Euro werden wir dabei helfen, die vielen hochwassergeschädigten Kulturschätze zu sichern und für die Zukunft zu bewahren", erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Samstag. Das Geld solle noch in diesem Jahr bereitgestellt werden. Die Flutkatastrophe im Juli hatte teils große Schäden in Museen, Archiven, Galerien, Verlagen, Kirchen und dem Opernhaus in Wuppertal angerichtet.

Der Bundesrat hatte am Freitag in einer Sondersitzung dem Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens "Aufbauhilfe 2021" bis zu 30 Milliarden Euro für die vom Hochwasser betroffenen Gebiete in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Bayern zugestimmt. Teil dessen sind auch die Kulturhilfen. Anträge auf Hilfsleitungen werden von den einzelnen Ländern bearbeitet.

Mit dem Geld sollen den Angaben zufolge vor allem Schäden an Kultureinrichtungen und Denkmälern von öffentlichen oder gemeinnützigen Trägern und an Archivinhalten privater Vereine, Stiftungen und gemeinnütziger Einrichtungen beseitigt werden. Laut Grütters sollen dafür auch zehn spezielle Notfallcontainer mit Ausrüstung und Materialien für den Kulturgutschutz angeschafft werden, die später bundesweit für die Katastrophenbewältigung genutzt werden können. Zudem helfe das Bundesarchiv den betroffenen Regionen bereits seit Juli dabei, beschädigte Archivalien zu säubern und per Gefriertrocknung vor Folgeschäden wie Schimmelbefall zu schützen.

Bereits im Juli hatte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ein Nothilfeprogramm für die von der Flutkatastrophe beschädigten Denkmäler organisiert. Auch Landschaftsverbände unterstützen die Aufbauarbeiten.

Fristende - Fast 24,5 Millionen Euro Soforthilfe für Ahr-Flutopfer

Insgesamt fast 24,5 Millionen Euro Soforthilfe haben Flutopfer im Kreis Ahrweiler bis zum Fristende am Freitag (10.9.) bekommen. Seit Juli wurden mehr als 12 300 Anträge bewilligt, wie das Statistische Landesamt in Bad Ems am Freitag mitteilte. Die Zuwendung betrug maximal 3500 Euro - 1500 Euro je Antragsteller und 500 Euro je weiteres Mitglied des Haushalts. Das Landesamt bearbeitete die Anträge nach eigenen Angaben meist binnen zwei Tagen.

Aber auch im Großraum Trier und in der Eifel waren bei der Flutkatastrophe am 14. und 15. Juli nach extremem Starkregen Häuser beschädigt worden. "Insgesamt wurden in Rheinland-Pfalz über 33,3 Millionen Euro an Soforthilfe für Flutgeschädigte bewilligt", teilte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Freitag nach einem Besuch im Statistischen Landesamt mit. "Damit konnten viele individuelle Notlagen überbrückt werden."

Am Freitag stimmte zudem auch der Bundesrat einem langfristigen Hilfsfonds von bis zu rund 30 Milliarden Euro für Flutopfer - vor allem im Westen Deutschlands - zu. Etwa die Hälfte davon ist für Rheinland-Pfalz gedacht. Lewentz erklärte dazu: "Wir unterstützen Privatpersonen mit Förderquoten von bis zu 80 Prozent, beispielsweise beim Wiederaufbau eines zerstörten Hauses." Der Fraktionschef der Freien Wähler im Mainzer Landtag, Joachim Streit, schlug derweil nach eigenen Angaben Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in einem Brief die Ausrufung eines besonderen Freiwilligen Sozialen Jahres für junge oder auch ältere Menschen im Bundesfreiwilligendienst als Fluthelfer an der Ahr vor.

Bei dem Hochwasser im Juli waren alleine im Ahrtal 133 Menschen ums Leben gekommen. Hinzu kam ein Todesopfer im Bereich des Polizeipräsidiums Trier. Dreyer erinnerte am Freitag daran, dass im Bundesland 40 Schulen, 55 Kitas und 5 Kliniken instandgesetzt werden müssten. "Bis zu 3000 Unternehmen sind von der Flutkatastrophe unmittelbar betroffen. Allein im Ahrtal sind 42 000 Menschen zu Schaden gekommen", ergänzte die Regierungschefin.

Freitag, 10. September

Bundesrat entscheidet über Hilfsfonds nach Flutkatastrophe

Der Bundesrat stimmt an diesem Freitag in einer Sondersitzung über den milliardenschweren Hilfsfonds für die Opfer der Hochwasserkatastrophe im Juli in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen ab. Der Bundestag hatte das entsprechende Gesetz dazu am Dienstag auf den Weg gebracht. Für den Wiederaufbau sollen in den nächsten Jahren rund 30 Milliarden Euro ausgezahlt werden, gut die Hälfte davon soll nach Rheinland-Pfalz fließen.

Unwetter mit ungewöhnlich starken Regenfällen hatten am 14. und 15. Juli eine Hochwasserkatastrophe ausgelöst. Ganze Landstriche wurden von den Wassermassen regelrecht weggerissen oder verwüstet. Alleine im Ahrtal kamen mindestens 133 Menschen ums Leben. Der materielle Schaden wird auf rund 18 Milliarden Euro geschätzt.

Mittwoch, 8. September

Landrat Pföhler beantragt dauerhafte Dienstunfähigkeit

Die Forderungen nach einem Rücktritt des Landrats aus dem Kreis Ahrweiler wurden zuletzt immer lauter. Nun will Pföhler den Platz für einen Neuanfang freimachen. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

Montag, 6. September

Lewentz: Bis 80 Prozent Förderung für Wiederaufbau im Ahrtal

Der rheinland-pfälzische Innenminister spricht über seine Rolle in der Katastrophennacht und nennt die Förderquoten und Zeitpläne für den Wiederaufbau nach der Flut. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

Sonntag, 5. September

Spende: DLRG verteilt 250 Bautrockner für Hochwasser-Betroffene an der Ahr

250 Bautrockner sollen Menschen, die von der Ahr-Flutkatastrophe betroffen sind, bei der Beseitigung der Hochwasserschäden helfen. Der rheinland-pfälzische Landesverband der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) übergab am Samstag die Geräte, die der Bundesverband mithilfe von Spenden besorgt hatte. "Wo Wasser war, muss getrocknet werden, also besorgen wir Bautrockner", erläuterte DLRG-Präsident Achim Haag die Idee hinter der Aktion.

Die 250 Bautrockner wurden von den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern der DLRG Rheinland-Pfalz betriebsfertig aufgebaut und dann zu Sammelstellen in die einzelnen von der Flut betroffenen Gemeinden an der Ahr gebracht. Dort werden sie dann von den Gemeinden an die Bürger ausgegeben, die aktuell ein solches Gerät brauchen. Foto: Andreas Lerg
Die 250 Bautrockner wurden von den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern der DLRG Rheinland-Pfalz betriebsfertig aufgebaut und dann zu Sammelstellen in die einzelnen von der Flut betroffenen Gemeinden an der Ahr gebracht. Dort werden sie dann von den Gemeinden an die Bürger ausgegeben, die aktuell ein solches Gerät brauchen. (© Andreas Lerg)

Die Geräte sollen dabei helfen, dass Gebäude schneller trocknen können. Doch "Bautrockner kriegen Sie hier in der Region im Umkreis von 100 Kilometer keine mehr". Daher sei man froh, dass man zusammen mit einer Firma habe fündig werden können.

Der Landesverband kümmerte sich Haag zufolge am Samstag um die Verteilung der Geräte an zentrale Stellen. Dafür wurden die Geräte zunächst von den DLRG-Helfern aus ganz Rheinland-Pfalz betriebsfertig aufgebaut, sodass sie sofort eingesetzt werden können. Bereits zuvor sei mit den Verwaltungen geklärt worden, in welche Orte der Verbandsgemeinden Altenahr und Adenau die Gebäudetrockner kommen sollen. Eine ähnliche Aktion der DLRG sei auch für nordrhein-westfälische Hochwassergebiete geplant.

Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal in der Nacht zum 15. Juli starben 133 Menschen. Zahlreiche Gebäude wurden unter Wasser gesetzt und schwer beschädigt.

Donnerstag, 2. September

Freie Wähler regen Sonderbriefmarke für Opfer der Flutkatastrophe an

Die Fraktion der Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag hat die Auflage einer Sonderbriefmarke zum Gedenken an die Opfer der Flutkatastrophe von Mitte Juli angeregt. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Landtag, Joachim Streit, teilte am Donnerstag mit, eine derartige Marke habe es auch nach der Hochwasserkatastrophe von 2013 gegeben. In einem Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) schlug er nach Angaben der Fraktion vor, mit den Erlösen der Sonderbriefmarke eine Stiftung zu gründen, die sich für Prävention und Schutzmaßnahmen bei Starkregen und Hochwasser engagieren soll.

Hochwasser zerstört Geldscheine in Millionenhöhe

Unmengen von Geldscheinen wurden durch das Hochwasser durchweicht und beschädigt. Die schlammigen Bündel stinken und müssen schnell behandelt werden: Sonst verklumpen sie. Um den Austausch des Bargeldes kümmert sich die Mainzer Bundesbank-Filiale.

Dafür müssen die Experten der Bundesbank die beschädigten Geldscheine aber genauestens prüfen - und das ist jede Menge Arbeit. Üblicherweise überprüft die für beschädigtes Geld zuständige Mainzer Bundesbankfiliale jährlich rund 40 Millionen Euro. Allein im Juli und August sind sie mittlerweile nur aus den Flutgebieten bereits auf über 51 Millionen Euro gekommen. Das bislang eingetroffene Geld stammt aus den Bundesbankfilialen Köln (25 Millionen), Dortmund (12 Millionen), Koblenz (10 Millionen) und Saarbrücken (4 Millionen).

Mittwoch, 1. September

Flut hat Schadstoffe verdünnt und fortgespült

Das verheerende Hochwasser hat in der Ahr offenbar keine gravierenden langfristigen chemischen Verunreinigungen hinterlassen. Darauf deuten erste Ergebnisse des Sondermessprogramms der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord) und des Landesamtes für Umwelt (LfU) hin. Gleiches gilt für die Moselzuflüsse Sauer, Prüm, Nims und Kyll. Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) zeigte sich zwar erleichtert, eine Entwarnung könne aber noch nicht gegeben werden. „Hierzu brauchen wir weitere Probenentnahmen, die folgen werden“, sagte die Ministerin am Mittwoch in Mainz.

Die hohen Wassermengen und Fließgeschwindigkeiten haben offenbar Abschwemmungen aus Weinbergen, geplatzten Öl- und Benzintanks oder zerstörten Abwasseranlagen schnell verdünnt und mit der Hochwasserwelle fortgespült. Zudem zeigten sich, so Spiegel, in den relativ geringen Belastungen aus den Abwässern auch die Erfolge der Sofortmaßnahmen vor Ort, wo unter anderem kurzfristig mobile Kläranlagen installiert oder mobile Toilettenkabinen aufgestellt wurden.

Im Gebiet von Bad Neuenahr ergaben die Messungen, dass die Jahreshöchstkonzentrationen für einige Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) nach der Oberflächengewässerverordnung überschritten wurden. Mit weiteren Probenentnahmen soll das Problem beobachtet werden. Die Ergebnisse des Sondermessprogramms sind im Internet abrufbar.

Puppe aus Flutgebiet zurück bei Mädchen aus dem Ahrtal

Die Puppe wurde nach der Flutkatastrophe in einem Gebüsch gefunden. Jetzt ist sie wieder bei dem Mädchen – zusammen mit einer Aufmerksamkeit der Polizei. Klicken Sie hier für weitere Informationen.

23 Millionen Euro Soforthilfe für Ahr-Flutopfer - Frist endet bald

Noch bis zum 10. September können flutgeschädigte Anwohner und Anwohnerinnen im Kreis Ahrweiler Soforthilfe beantragen. Bisher wurden fast 11.700 Anträge bewilligt und 23,2 Millionen Euro ausgezahlt, wie das Statistische Landesamt in Bad Ems am Mittwoch mitteilte. Insgesamt gingen seit dem 22. Juli rund 16.000 Anträge ein, von denen etwa 3600 mehrfach gestellt waren. Abgelehnt wurden laut dem Landesamt rund 500 Anträge, etwa weil sie von Unternehmen kamen oder die Antragsteller nicht im Kreis Ahrweiler gemeldet waren.

Das Land Rheinland-Pfalz hatte die Soforthilfe für akute Notlagen und den Kauf der nötigsten Dinge aufgelegt. Sie "dient nicht als Aufbauhilfe oder um die entstandenen Schäden abzudecken", erklärte das Statistische Landesamt. Unabhängig hiervon sind längerfristige Hilfen geplant.

Voraussetzung für die Soforthilfe ist laut Landesamt eine Schadenshöhe von mehr als 5000 Euro abzüglich dem Geld von Versicherungen und ohne Berücksichtigung von Spenden. Die Zuwendung beträgt maximal 3500 Euro je Haushalt - 1500 Euro je Antragsteller und 500 Euro je weiteres Mitglied des Haushalts. Flutgeschädigte im Kreis Ahrweiler können sie beim Statistischen Landesamt beantragen.

Bürger und Unternehmen bekommen 80 Prozent der Flutschäden erstattet

Von der Flutkatastrophe betroffene Privatleute und Unternehmen bekommen vom Staat bis zu 80 Prozent der durch die Wassermassen entstandenen Schäden erstattet. Wie das Kabinett am Mittwoch entschied, kann in begründeten Härtefällen auch der gesamte Schaden ausgeglichen werden. Zahlungen von Versicherungen und Soforthilfen werden so angerechnet, dass maximal 100 Prozent des Schadens abgedeckt sind.

"Wir stehen zusammen in der Not, das macht unser Land stark und lebenswert", betonte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD). 30 Milliarden Euro stünden bereit, um die Zerstörung zu beseitigen und Gebäude wie Infrastruktur neu aufzubauen.

Unwetter mit ungewöhnlich starken Regenfällen hatten Mitte Juli in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eine Hochwasserkatastrophe ausgelöst. Ganze Landstriche wurden von den Wassermassen verwüstet. 183 Menschen starben.

Die Milliardenhilfen werden von Bund und Ländern gemeinsam gezahlt. Sie sollen zum Wiederaufbau von Wohnhäusern und Unternehmen, aber auch von Infrastruktur wie Straßen, Brücken und Schienen genutzt werden. Die Länder sollen ihren Anteil in Höhe von 14 Milliarden Euro über 30 Jahre beim Bund abstottern.

Verteilt wird das Geld basierend auf den Schadenserhebungen - Rheinland-Pfalz erhält damit laut Finanzministerium rund 55 Prozent der Mittel, NRW rund 44 Prozent, der Rest verteilt sich auf Bayern und Sachsen. Die Verordnung kann erst in Kraft treten, wenn der Bundesrat ihr zustimmt. Die Abstimmung ist für den 10. September geplant.

Dienstag, 31. August

CDU will Untersuchungsausschuss mit anderen Fraktionen besprechen

Die CDU-Fraktion will den geplanten Antrag für einen Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz zur Flutkatastrophe vorher mit anderen Fraktionen besprechen. Der Antrag zur Einsetzung werde den Ampel-Fraktionen und der Fraktion der Freien Wähler vorgelegt, sagte CDU-Fraktionschef Christian Baldauf. Seine Fraktion werde "dazu einladen, den Antrag gemeinsam einzubringen – dies entspricht der parlamentarischen Tradition des rheinland-pfälzischen Landtags".

"Wir werden im Einsetzungsbeschluss den Auftrag des Untersuchungsausschusses sehr genau und spezifisch definieren, den Gegenstand der Untersuchung klar bezeichnen und den Umfang zeitlich genau bestimmen", sagte Baldauf im Gespräch mit landespolitischen Berichterstattern rheinland-pfälzischer Medien. Dabei gehe es um die Frage, was unmittelbar vor der Katastrophe geschehen und wie die Katastrophe abgelaufen sei. "Dabei wollen wir herausarbeiten, welche Verantwortlichkeiten und möglicherweise Versäumnisse es gab."

Anders als eine Enquete-Kommission kann der Untersuchungsausschuss Zeugen vorladen und Akteneinsicht beantragen. Der Antrag dafür soll nach Angaben Baldaufs in der nächsten regulären Landtagssitzung am 22. und 23. September vorgelegt werden.

In dieser Plenarsitzung will auch die AfD-Fraktion einen Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stellen. "Wir müssen die Abläufe vor und während der Flut mit Hilfe von Experten schonungslos auf den Prüfstand stellen", erklärte der Fraktionsvorsitzende Michael Frisch.

Bereits an diesem Dienstag (ab 14 Uhr) will der Landtag über einen gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern für die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz abstimmen. Die CDU-Fraktion hat dazu einen eigenen Änderungsvorschlag vorgelegt. "Der CDU-Landtagsfraktion ist es wichtig, den Klimaschutz-Fokus der Enquete um den Aspekt des Katastrophenschutzes zu ergänzen", sagte Baldauf.

Die Sondersitzung des Landtags am Dienstag beginnt mit einer Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer zur Flutkatastrophe vom 14. Juli. Im Anschluss daran führen die sechs Fraktionen eine Aussprache über die Ausführungen der Regierungschefin.

Sonntag, 29. August

Bagger räumen Behelfsbrücken im Ahrtal frei

Angeschwemmtes Treibgut hat am Wochenende zu Verstopfungen bei zwei provisorischen Brücken im Ahrtal geführt. Am Sonntag waren Helfer bei zwei Brückenübergängen bei Hönningen und Bad Neuenahr-Ahrweiler im Einsatz, wie ein Sprecher der für den Katastrophenschutz zuständigen Landesbehörde Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sagte. Um das angestaute Wasser abzuleiten, sei ein Beipass gebaut worden.

Bei der zerstörerischen Sturzflut Mitte Juli waren mehr als 60 Brücken an der Ahr zerstört worden. Seit dem hat das Technische Hilfswerk (THW) immer mehr Behelfsbrücken für Fahrzeuge und Fußgänger aufgebaut.

Diesmal ist alles anders - Schulstart im Katastrophengebiet Ahrtal

Doppelte Krise: Im Ahrtal haben Kinder erst unter Corona und dann unter der Flut gelitten. Nun schrecken manche mit Alpträumen aus dem Schlaf - oder spielen die Sturzflut selbst nach. Wie ist der erste Schultag nach einer Katastrophe mit 133 Todesopfern?

"Ich habe ein mulmiges Gefühl", sagt Berivan, eine junge Erzieherin an der Grundschule Bad Neuenahr, vor dem ersten Schultag nach den rheinland-pfälzischen Sommerferien an diesem Montag (30.8.). Viele Kinder könnten nach der Sturzflut mit 133 Todesopfern in der Nacht zum 15. Juli im Ahrtal traumatisiert sein. "Ich habe Nichten, die jetzt bei jedem Regen total Angst haben", berichtet Berivan, die ihren Nachnamen nicht nennen will. "Aber sie spielen das auch. Sie setzen sich in Kisten und retten sich aus dem Hochwasser."

Klassenräume und Turnhallen, Mensa und Aula: Überall ist in ihrer Grundschule Bad Neuenahr das braune Hochwasser eingedrungen. In der Berufsbildenden Schule (BBS) in Bad Neuenahr-Ahrweiler hat es sogar vier bis fünf Meter hoch gestanden, bis hinauf in Teile des ersten Stocks, wie der stellvertretende Schulleiter Klaus Müller sagt. "Das Wasser ist nicht nur gestiegen, sondern als Teil eines Flusses durch das Gebäude geströmt", erklärt er. Teils zersplitterte Scheiben im Erdgeschoss, Schlamm und Trümmer auf dem Boden, von der Decke hängende Leitungen: Hier wie auch im ebenfalls zerstörten Peter-Joerres-Gymnasium in der Kurstadt fahren nun Radlader durch die Räume und entfernen Schutt.

Timmy Adolf von einer Sicherheitsfirma bewacht mit Kollegen die BBS: "Wir müssen hier immer wieder Katastrophentouristen zurückweisen. Aber es kommen auch manche, die ins Schulsekretariat oder zu ihrem Spind wollen. Das geht nicht, hier reinzugehen ist zu gefährlich."

Laut dem rheinland-pfälzischen Bildungsministerium sind 17 Schulen im Ahrtal stark beschädigt worden, acht davon so sehr, das vorerst kein Betrieb mehr möglich ist. Nun werden Schüler auf 19 andere Schulen aufgeteilt. Manche Mädchen und Jungen müssen auch in Containern unterrichtet werden. Betroffene Grundschüler können nun dem Ministerium zufolge Schulwege von bis zu rund 15 Kilometern Länge haben. Manche Förderschüler müssen sogar bis zu 50 oder 60 Kilometer zu ihrer Ersatzschule fahren.

Wegen der vielen zerstörten Brücken und Straßen im Ahrtal könnten Touren für Schulbusse und Elterntaxis ungewohnt lange dauern. Auch die Gleise der Ahrtalbahn sind teils kaputt. Ihre Ersatzbusse sind ebenfalls zeitlich mit den "Zügen auf der Schiene nicht konkurrenzfähig", teilt der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord mit. Der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen (CDU) sagt: "Viele Kinder kommen anders in die Schulen zurück." Es gebe Mädchen und Jungen, "die nachts ihren Papa wachrütteln und schreien: "Das Wasser kommt wieder."" Die Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin Carmen Schmitt spricht von einer Doppelkrise: "Die Kinder sind schon durch Corona belastet - und jetzt noch durch die Flut." Viele Schüler hätten ihre vier Wände verloren und seien mit ihrer Familie beispielsweise bei den Großeltern beengt untergekommen, mit den Eltern im Homeoffice. Zudem seien Spiel- und Sportplätze zerstört worden. "Die größte Hilfe wäre, in der Schule mit dem Leistungsaspekt etwas runterzugehen", betont Schmitt.

Auch von anderer Seite heißt es, beim Schulstart an der Ahr sollte die Bewältigung der Katastrophe im Vordergrund stehen. Gute Noten seien hier gerade nicht das wichtigste Thema, hat Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) kürzlich gesagt. "Es darf jetzt keinen Leistungs- und keinen Notendruck geben." Sie wollte am Montag die Grundschule Bad Neuenahr besuchen - und auch die unversehrte Realschule plus in Adenau in der Eifel, die Schüler aus dem Ahrtal aufnimmt. Das Bildungsministerium betont: "Die psychische Doppelbelastung durch Corona und die Flutkatastrophe nehmen wir sehr ernst." Rund 20 Schulpsychologen aus Rheinland-Pfalz und etwa 15 Kollegen aus den benachbarten Bundesländern seien beim Schulstart für flutbetroffene Klassenverbände im Einsatz. Diese könnten weitestgehend zusammenbleiben. Zur Entlastung besonders betroffener Schulleitungen und Kollegien gebe es 21 zusätzliche Planstellen.

Der stellvertretende BBS-Schulleiter Müller sagt: "Fast jeder hier im Ahrtal kennt Familien auch mit Todesopfern." Er selbst habe am Vortag der Flut mit Kollegen nach vielen Corona-Monaten fröhlich das erste Grillfest seit eineinhalb Jahren gefeiert - und einen Tag später seien eine Kollegin und ein pensionierter Kollege tot gewesen. "Ich habe mein Kollegium darüber informiert. Das ist die schwerste E-Mail meines Lebens gewesen", erinnert sich Müller. Dem Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler schwant mit Blick auf das Hochwasser: "Das wird uns bis zum letzten Atemzug begleiten."

Samstag, 28. August

Steinmeier: Flutopfern schnell helfen und Konsequenzen ziehen

Sechs Wochen nach der Flutkatastrophe mit mehr als 180 Toten hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden zu schneller Hilfe für die Betroffenen aufgerufen. "Tun Sie alles Menschenmögliche, damit denen schnell geholfen wird, die diese Hilfe jetzt so dringend brauchen", sagte Steinmeier am Samstag im Anschluss an einen Gedenkgottesdienst im Aachener Dom. Die Hoffnung der Menschen in den Katastrophengebieten auf Unterstützung dürfe nicht enttäuscht werden, sie bräuchten auch längerfristig Hilfe und Aufmerksamkeit. Bund und Länder haben Hilfen von bis zu 30 Milliarden Euro zugesagt.

Steinmeier sprach den Hinterbliebenen sein tiefes Beileid aus und erinnerte an das Ausmaß der Zerstörungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch in den Nachbarländern: "Wir denken heute an die Menschen, denen die Fluten alles genommen haben: ihre Häuser, ihr Hab und Gut, ihre Erinnerungen, ihre Lebensträume", sagte der Bundespräsident vor Betroffenen und Helfern sowie Spitzenvertretern von Politik und Kirchen aus dem In- und Ausland.

Das Staatsoberhaupt dankte für die "überwältigende Hilfsbereitschaft" von Feuerwehr, Polizei, Rotem Kreuz, Bundeswehr und Verwaltungen sowie vielen Freiwilligen und Ehrenamtlichen, die angesichts der erschütternden Bilder aus ganz Deutschland angereist seien. Auch die großzügigen Spenden zeigten: "In der Stunde der Not sind wir ein starkes, solidarisches Land. Wir helfen einander. Wir stehen zusammen."

Es sei eine schmerzhafte Einsicht, "dass wir uns vielleicht zu sehr in Sicherheit gewiegt haben", sagte Steinmeier und mahnte auch mit Blick auf die Corona-Pandemie, die Antwort auf die jüngsten Erfahrungen könne nicht "einfach zurück zur Tagesordnung" lauten: "Wir müssen Lehren ziehen aus dieser doppelten Katastrophenerfahrung und uns besser vorbereiten für künftige Krisen." Dazu gehöre, den Klimawandel mit aller Entschlossenheit zu bekämpfen. Seine Folgen hätten Europa erreicht, das zeige sich in diesem Sommer an verheerenden Regenfällen und an Feuersbrünsten rund um das Mittelmeer.

"Auch wir in Deutschland müssen uns darauf einstellen, dass wir in Zukunft häufiger und heftiger von extremen Wetterlagen getroffen werden", warnte Steinmeier. "Und wir müssen viel umfassender Vorsorge treffen, um uns besser zu schützen." Mitmenschlichkeit und Solidarität ließen aber zuversichtlich in die Zukunft schauen, betonte der Bundespräsident und sagte an die Adresse der Betroffenen: "Sie sind nicht allein! Wir hören Sie! Wir vergessen Sie nicht!"

Experten: Keine Seuchengefahr mehr im Flutgebiet

Befürchtungen von Seuchen im flutgeschädigten Ahrtal mit 133 Todesopfern haben sich nach Aussagen von Experten nicht bestätigt. Leichen von Menschen und Tieren, Fäkalien, Heizöl, Pflanzenschutzmittel und vieles mehr waren in der Katastrophennacht auf den 15. Juli von dem Hochwasser nach einem extremen Starkregen durch das Flusstal geschwemmt worden.

Die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ich habe Seuchen befürchtet. Es hat auch Hinweise zum Beispiel auf Durchfallerkrankungen gegeben, aber zum Glück nicht auf echte Seuchen." Auch der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Günther Mattheis, betonte: "Mir sind keine Seuchen bekannt."

Teichert, die bis 2012 das Gesundheitsamt im flutbetroffenen Kreis Ahrweiler geleitet hatte, ergänzte, gut sei gewesen, dass auch etwa in mobilen Arztpraxen rasch viele Anwohner gegen Tetanus geimpft worden seien. Bei kleineren Verletzungen bei der Entkernung flutgeschädigter Häuser zum Beispiel können Bakterien in die Wunden eindringen und Tetanus, also Wundstarrkrampf, verursachen.

Steinmeier und Merkel bei Gedenken für Flutopfer in Aachen

Eineinhalb Monate nach der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands wird am Samstag (10.00 Uhr) im Aachener Dom der Opfer gedacht. Zuerst findet ein ökumenischer Gedenkgottesdienst statt, dann spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Eingeladen worden sind unter anderem Geschädigte der Flutkatastrophe, Hinterbliebene, Helferinnen und Helfer, Notfallseelsorger und Vertreter der betroffenen Nachbarländer. Aus der Politik werden unter anderem die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, Malu Dreyer (SPD) und Armin Laschet (CDU), teilnehmen. Erwartet werden außerdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU).

Freitag, 27. August

Bis zu 13.000 Portionen: Das DRK verpflegt das Ahrtal - aber Helfer werden knapp

Das Rote Kreuz hat am Rand des Katastrophengebiets an der Ahr in Rheinland-Pfalz einen einzigartigen Verpflegungsstützpunkt. Denn Strom und Wasser gibt es noch immer nicht überall. Aber die Helfer und Helferinnen werden langsam knapp.

Mitten in der Nacht beginnen die Helfer und Helferinnen mit den Vorbereitungen für das Mittagessen im Katastrophengebiet an der Ahr. Es gibt Chili. Zwischen 10.000 und 13.000 Portionen werden in 15 Zelt-Küchen auf einem riesigen Parkplatz in der Gemeinde Grafschaft in Rheinland-Pfalz vorbereitet und gekocht. "Vier Sattelzüge mit Lebensmitteln kommen am Tag an", sagt Einsatzleiter Uwe Mauch vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). "Das ist das erste Mal, das in Deutschland so ein Verpflegungszentrum aufgebaut wird", berichtet der international erfahrende DRK-Fachmann aus Mannheim.

Rund 110 ehrenamtliche DRK-Helfer und -Helferinnen aus ganz Deutschland sind auf dem Parkplatz des Süßigkeitenherstellers Haribo seit dem 1. August mit der Essensversorgung für die Menschen in der Region beschäftigt. Dazu kommen etwa 60 Helfer im Fahrdienst und zehn Verwaltungskräfte. "Es wird von Woche zu Woche schwerer, genug Personal zu bekommen", sagt Mauch.

Viele Ehrenamtliche wollten zwar länger bleiben und gingen mit Tränen in den Augen, würden aber wegen der Belastungen nach einer Woche erstmal ausgetauscht. "Wir fangen um 2.00 Uhr an und kochen bis etwa 8.00 Uhr", sagt Mauch. Nach dem Kochen und Verladen wird geputzt. "Von 14.00, 15.00 Uhr bis morgens um 2.00 Uhr haben die Helfer Zeit, um zu regenerieren." Sie übernachten in einer Jugendherberge oder einer Reha-Klinik.

Die Kosten für das Verpflegezentrum beziffert Mauch auf rund 250.000 Euro pro Tag. Das Gros davon komme aus Spenden und sei für die Lebensmittel. Viele Arbeitgeber berechneten aber auch den Verdienstausfall ihrer Beschäftigten. "Dass die Helfer ein oder zwei Wochen freigestellt werden, ist die Ausnahme."

Pro Durchgang werden in einer Küche etwa 370 Liter Mittagessen gekocht. "Und drei bis vier Durchgänge gibt es pro Küche", sagt Mauch. Eine Standard-Portion entspreche etwa 350 Millilitern. Für hart körperlich arbeitende Helfer sei das aber zu wenig. "Brückenbauer zum Beispiel brauchen mehr, bis zu 6000 Kalorien am Tag." Für sie gebe es dann an den Ausgabestellen schon mal einen dreiviertel Liter statt der 350 Milliliter - und Powerriegel.

Das fertig gekochte Essen wird in sogenannte Thermophore gefüllt, verladen und mit 25 Fahrzeugen - Sprintern und Kleinbussen - an die 42 Ausgabepunkte im Katastrophengebiet im Ahrtal gebracht. Zur "Warmverpflegung" kommen Mineralwasser, Brötchen, Obst und verschiedene Lebensmittel als Angebot für Frühstück und Abendessen - ebenfalls jeweils für etwa 13.000 Menschen. "Die Leute sollen sich davon nehmen, was sie möchten, sonst fliegt zu viel weg", sagt Mauch. Trinkwasser bringe eine andere Abteilung des DRK in großen Mengen.

Die zu bewältigenden Strecken sind weit. Sie erstrecken sich im Osten auf 20 und im Westen auf 65 Kilometer Luftlinie, wie Mauch sagt. "65 Kilometer Luftlinie sind aber 143 Kilometer entfernt." Putengeschnetzeltes mit Nudeln und Salat stand am Vortag auf dem Speiseplan für das Mittagessen. Am nächsten Tag soll es - dank einer größeren Spende von Nürnberger Bratwürsten - Currywurstpfanne geben - und für die Vegetarier Kartoffelgulasch. "Wir arbeiten nach internationalen Vorgaben", erklärt Mauch. Daher gebe es auch immer eine vegetarische Variante.

"Verpflegezentrum Zehntausend" heißt der DRK-Stützpunkt. Für so viele Essen sei es ursprünglich ausgelegt worden. "Jetzt geht der Bedarf leicht zurück", sagt Mauch. Viele hätten inzwischen zumindest wieder Notstrom, die Wasserversorgung solle bis Mitte Oktober wieder funktionieren. "Am Oberlauf an der Ahr wird das aber noch eine Weile dauern." Das DRK prüfe, wer es in Zukunft ablösen könne. "Viele Caterer wollen Geld verdienen, wissen aber nicht, was es bedeutet", berichtet Mauch. Vielleicht könne aber Personal aus der Gastronomie angestellt werden, das in der Flut arbeitslos geworden sei.

Donnerstag, 26. August

Ahrtal: Bewohner im Winter teils ohne Heizung

Die Flutkatastrophe im Ahrtal mit 133 Todesopfern hat auch das Erdgasnetz in weiten Teilen zerstört. Tausende Haushalte werden bis zum Winter keine normale Versorgung ihrer Heizungen haben. Sie müssten etwa mit Flüssiggas improvisieren, teilte der Versorger Energieversorgung Mittelrhein (evm) am Mittwoch in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit. "Man kann sich vorübergehend einen Tank mit Flüssiggas im Garten oder einen mit kleiner Größe auch in der Wohnung aufstellen", sagte evm-Sprecher Marcelo Peerenboom. Dann lasse sich die Heizversorgung "relativ simpel umstellen".

Im evm-Versorgungsgebiet in der Ahrregion zwischen Sinzig, Grafschaft sowie Walporzheim, einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler, könnten voraussichtlich 43 Prozent der Kunden bis zum Winter nicht wieder ans Erdgasnetz angeschlossen werden. An der Wiederinbetriebnahme der übrigen Netzanschlüsse werde mit Rekordtempo gearbeitet. Ein Teil von ihnen sei schon wieder an die Erdgasversorgung angeschlossen worden. evm-Vorstandschef Josef Rönz teilte mit: "Es handelt sich hier um das größte Schadensereignis in der Geschichte unseres Unternehmens nach dem Zweiten Weltkrieg." Nach Angaben des Energieversorgers sind 133 Kilometer Erdgasleitungen, 8500 Gaszähler, 3400 Hausdruckregler, 7220 der rund 8000 Netzanschlüsse sowie 31 Gasdruckregel- und Messanlagen beschädigt oder zerstört worden. Auch sämtliche Querungen der Ahr im Erdgasnetz seien von der Sturzflut nach extremen Starkregen am 14. und 15. Juli weggerissen worden. Die evm investiere in die Wiederherstellung des Netzes mindestens 20 bis 30 Millionen Euro.

Donnerstag, 19. August

Debatte über Versicherungspflicht Fahrt auf

Nach der Katastrophenflut des Juli kommt Bewegung in die jahrelange Debatte über eine Pflichtversicherung gegen zerstörerische Naturgewalten. Die Versicherer sprechen über ein Modell, demzufolge für sehr hohe und schwere Schäden eine Elementar-Pflichtversicherung denkbar wäre. "Wir diskutieren im Gesamtverband der Versicherungswirtschaft sehr aktiv, wie Lösungsmöglichkeiten aussehen können", sagte HUK-Coburg-Vorstandsmitglied Jörg Rheinländer der Deutschen Presse-Agentur. "Vielleicht kriegt man die Politik dahin, dass man ganz extreme Ereignisse verpflichtend absichert, also mit sehr hohen Selbstbehalten. Zwischen diesen sehr hohen Schäden und den niedrigen könnte man eine privatwirtschaftliche Lösung finden."

Anlass ist die Tatsache, dass viele Menschen und Firmen in den Katastrophengebieten für Häuser und ihr Hab und Gut keine Elementarpolicen gegen Überschwemmungen und Hochwasser abgeschlossen hatten. Die Bundesregierung plant bis zu 30 Milliarden Euro Wiederaufbauhilfe. Der Branchenverband GDV geht davon aus, dass sich der versicherte Gesamtschaden am oberen Rand seiner Schätzung von 4,5 Milliarden bis 5,5 Milliarden Euro bewegen wird.

Viele Versicherer standen einer Pflichtversicherung bislang skeptisch bis ablehnend gegenüber - unter anderem wegen der Befürchtung, dass Hausbesitzer dann den eigenverantwortlichen Schutz ihrer Gebäude vernachlässigen könnten.

Dienstag, 17. August

Mobilfunknetz im Ahrtal steht wieder

Gut einen Monat nach der Flut im Ahrtal funktioniert das Mobilfunknetz wieder wie vor der Katastrophe. Das teilte der Krisenstab am Dienstag in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit. Zudem verbessere sich die Wege-Infrastruktur "langsam, aber stetig". In Dernau sei eine neue Behelfsbrücke durch das Technische Hilfswerk (THW) errichtet und dem Verkehr übergeben worden.

Von insgesamt 112 Brücken im Schadensgebiet seien derzeit 35 nutzbar, 17 eingeschränkt benutzbar, 53 zerstört und 4 teilzerstört, teilte der Krisenstab weiter mit. Extremer Starkregen hatte am 14. und 15. Juli an der Ahr im Norden von Rheinland-Pfalz eine Flutwelle ausgelöst und verheerende Zerstörungen verursacht.

Bei der Katastrophe war auch der Mobilkfunk in weiten Teilen ausgefallen, viele Menschen waren über Tage nicht erreichbar gewesen. Bei der Flut im Ahrtal waren 133 Menschen ums Leben gekommen, 766 wurden verletzt. Es werden noch vier Menschen vermisst. Am Dienstag waren laut Mitteilung rund 2000 Kräfte von Feuerwehr, Hilfsorganisationen, THW, Polizei und Bundeswehr im Schadensgebiet im Einsatz gewesen, am Montag waren es rund 2200.

Landrat Pföhler gibt sein Amt auf

Der durch die Flutkatastrophe im Ahrtal in die Kritik geratene Landrat Jürgen Pföhler wird sein Amt auf Dauer aufgeben. Dies gab die CDU-Fraktion im Kreistag bekannt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Landrat und einen Mitarbeiter des Krisenstabs, weil der Verdacht besteht, dass sie zu spät den Katastrophenfall ausgerufen hätten. Mehr dazu lesen Sie hier.

Mit Hochwasser 350 Kilogramm Munition freigeschwemmt

Mit dem verheerenden Hochwasser Mitte Juli in verschiedenen Teilen von Rheinland-Pfalz sind insgesamt rund 350 Kilogramm Munition aus dem Zweiten Weltkrieg freigespült worden. Vor allem Patronen, Granaten, Pyrotechnik sowie ein Bombe, allerdings ohne Explosivstoffe, seien gefunden worden, teilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier der Deutschen Presse-Agentur mit. Im besonders stark von der Flut betroffenen Ahrtal habe es im vergangenen Monat 22 Funde gegeben.

Im Eifelkreis Bitburg-Prüm gab es demnach elf Funde sowie jeweils einen Fund im Vulkaneifelkreis und im Kreis Trier-Saarburg. Der Kampfmittelräumdienst Rheinland-Pfalz habe die Munition vernichtet, sagte eine Sprecherin der ADD.

Bundestagswahl im Flutgebiet: Auch Zelte können Wahlraum sein

In den Flutkatastrophen-Regionen in Nordrhein-Westfalen dürfen für die Bundestagswahl auch Zelte, Container oder Busse als Wahlraum genutzt werden. Dies ist für den Fall erlaubt, dass ein vorgesehener Wahlraum nicht mehr nutzbar ist, wie aus einem Erlass des Landeswahlleiters an die Bezirksregierungen Köln und Arnsberg hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Da in den Hochwasser-Gebieten viele Menschen ihr Haus und damit ihre Postadresse verloren haben, gibt es auch mit Blick auf die Wahlbenachrichtigungen eine spezielle Lösung: Der Landeswahlleiter empfiehlt, deren Inhalt bei Bedarf zum Beispiel auch mit Plakaten bekannt zu machen. Die Wahlbenachrichtigung enthält Angaben zu Wahltag, Wahlraum und zur Beantragung von Briefwahlunterlagen.

Montag, 16. August

Kappen-Versteigerung für Flutopfer

Fluthelfer Markus Wipperfürth versteigerte eine alte Baseball-Kappe, der Gewinn soll an den Kreis Ahrweiler gespendet werden. Die Höhe der Gebote werfen aber Fragen auf. Mehr dazu hier

Sonntag, 15. August

Erste Hilfe für die Ahr-Winzer

Wie vier Organisationen aus der Weinwirtschaft ihre Kräfte bündeln, um den Ahrwinzern nach der Flutkatastrophe zu helfen, lesen Sie hier.

Samstag, 14. August

Krisenstab: Orte im Ahrtal zumindest notdürftig wieder erreichbar

Einen Monat nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal sind alle Orte über das Straßennetz zumindest notdürftig wieder erreichbar. Die Situation werde durch Räumarbeiten, provisorische Hilfswege und Behelfsbrücken stetig verbessert, teilte der Krisenstab in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) am Samstag mit. Im Bereich Dernau sei eine weitere Behelfsbrücke vom Technischen Hilfswerk (THW) eröffnet worden.

Am Samstag seien erneut mehr als 3000 Kräfte von Feuerwehr, Hilfsorganisationen, THW, Polizei und Bundeswehr im Schadensgebiet im Einsatz gewesen. Die Wiederherstellung der Infrastruktur mit Strom, Gas, Wasser und Abwasser sowie die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Duschen und Toiletten stünden weiter im Vordergrund.

Private Helferinnen und Helfer seien weiter willkommen, teilte der Krisenstab mit. "Das Ahrtal braucht weiterhin jede helfende Hand." Die Helfer-Shuttle-Unternehmen pendelten auch am Wochenende ins Krisengebiet und sorgten für die An- und Abreise.

Bei der Flut im Ahrtal waren 133 Menschen ums Leben gekommen, 766 wurden verletzt. Es werden noch drei Menschen vermisst. Am 14. und 15. Juli hatte extremer Starkregen eine Flutwelle ausgelöst und weite Teile des Tals unter Wasser gesetzt und zerstört.

Freitag, 13. August

Projektbüro für den Wiederaufbau

Damit Straßen und Brücken im Ahrtal so schnell wie möglich wieder instandgesetzt werden können, richtet der Landesbetrieb Mobilität vor Ort eine Projektbüro ein. Mehr dazu: hier.

Donnerstag, 12. August

133 Menschen starben in der Flut an der Ahr - 3400 Helfer sind im Einsatz

Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal vor vier Wochen sind nach neuen Erkenntnissen der Polizei 133 Menschen ums Leben gekommen. Von den 141 geborgenen Toten seien 8 keine Flutopfer gewesen, sagte Polizeirat Florian Stadtfeld am Donnerstag in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Diese acht Toten seien vor der Flut bereits aufgebahrt oder schon beerdigt gewesen, erläuterte eine Sprecherin der Polizei in Koblenz. Zwei weitere Menschen hätten sich nach der Katastrophe das Leben genommen, sagte Stadtfeld.

136 der geborgenen 141 Toten seien zweifelsfrei identifiziert, sagte Stadtfeld. Darunter seien fünf der acht, die schon vor der Flut gestorben waren. Vier Menschen werden noch vermisst. Möglicherweise seien diese unter den noch nicht Identifizierten. 766 Menschen wurden bei der Flutkatastrophe verletzt.

Am 14. und 15. Juli hatte extremer Starkregen an der Ahr eine Flutwelle ausgelöst und weite Teile des Tals unter Wasser gesetzt und zerstört. Rund 42.000 Menschen sind von den Folgen betroffen. Rund 3400 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei, Technischem Hilfswerk, Hilfsorganisationen und Bundeswehr seien noch immer im Einsatz. Die Bundeswehr werde noch solange bleiben, bis ihre Aufgaben an zivile Kräfte übergeben werden könnten, sagte der Kommandeur des Landeskommandos Rheinland-Pfalz, Stefan Weber. Ein erster Schritt sei die Treibstoffversorgung, die jetzt von Privaten übernommen werde.

"Wir sind dabei, Millionen von Litern an Öl-Wasser-Gemisch aus den Häusern zu pumpen", sagte der Leiter des Krisenstabs, Thomas Linnertz. Dies werde voraussichtlich auch noch nächste Woche weitergehen. Hinweise auf Seuchengefahr oder Erkrankungen gibt es nach Auskunft des Krisenstabs nicht. Gesundheitsrisiken für Menschen könnten aber auch nicht ausgeschlossen werden, betonte Linnertz. Daher sollten im Umgang mit dem Staub Masken und Handschuhe getragen werden, der Schlamm nicht in Kontakt mit der Haut kommen und kein Ahrwasser benutzt werden.

Besonders schlimm getroffen habe es die Verbandsgemeinde Altenahr, in der 80 bis 90 Prozent der Häuser zerstört seien oder es sich nicht mehr lohne, sie aufzubauen. In Sinzig funktionierten dagegen die Trinkwasserversorgung und der Strom bereits wieder. In Bad Neuenahr-Ahrweiler sei das Wasser in den Leitungen, aber noch nicht genügend Leitungsdruck da. "Das Stromnetz ist noch sehr fragil", mahnte Linnertz. Der Notstrom reiche nicht für schwere Heizgeräte zum Trocknen. Dies könne dazu führen, dass ganze Straßen wieder dunkel blieben und gar keinen Strom mehr hätten. Das größte Problem sei das Gas, es könne mancherorts bis zum Jahresende dauern, bis dieses wieder da sei. Noch keinen Überblick gebe es darüber, wer noch keine Perspektive oder Unterkunft für die nächsten Monate habe und eine Notunterkunft brauche, sagte Linnertz. "Es wird aber niemand im Winter ohne Versorgung oder Dach über dem Kopf bleiben." Er sei auch mit Blick auf den mit 30 Milliarden Euro ausgestatteten Hilfsfonds zuversichtlich, dass die Situation im Tal bald wieder in eine andere Richtung gelenkt werden könne und die Menschen rasch Kraft schöpfen und Perspektiven entwickeln könnten.

Städtetag will langfristig Aufgaben aus dem Ahrtal übernehmen

Der rheinland-pfälzische Städtetag will langfristig Aufgaben von seinen beiden von der Flutkatastrophe im Ahrtal stark betroffenen Mitgliedern Sinzig und Bad Neuenahr-Ahrweiler übernehmen. "Wir stellen uns darauf ein, über Jahre hinweg Unterstützung aufzubauen", sagte der Chef des kommunalen Spitzenverbands, der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.

"In Sinzig ist mehr als die Hälfte der Beschäftigten selbst von der Flutkatastrophe betroffen", sagte Ebling. Der Unterstützungsbedarf der Verwaltungen gehe quer durch alle Themen bis zur Öffentlichkeitsarbeit. "Das ist eine Frage der Solidarität in der kommunalen Familie."

Mittwoch, 11. August

Hochwasser: DLRG Präsident „Katastrophenschutz aufstocken“

Welche Lehren für Deutschlands obersten Wasserretter, DLRG-Präsident Achim Haag, aus der Hochwasserkatastrophe zu ziehen sind. Er selbst lebt in der betroffenen Region an der Ahr.

Ahr-Bürgermeister rücken von Landrat Jürgen Pföhler ab

Neuer Vorwurf gegen Jürgen Pföhler: Der Landrat soll von Verbands-Bürgermeistern explizit aufgefordert worden sein, den Katastrophenalarm auszulösen – und habe doch erst Stunden später reagiert.

Regierung: Geld aus Wiederaufbaufonds nach Flut soll schnell kommen

Die Hilfen aus dem geplanten milliardenschweren Wiederaufbaufonds nach der Hochwasserkatastrophe sollen zügig bei den Betroffenen ankommen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch in Berlin, das Geld werde sehr schnell zur Verfügung stehen. Es handle sich um eine nationale gemeinschaftliche Aufgabe. Der Wiederaufbau werde sehr lange dauern. Der Fonds habe eine Höhe in noch nie da gewesener Weise und solle nun sehr schnell beschlossen werden.

Bund und Länder hatten am Dienstag einen Wiederaufbaufonds in Höhe von 30 Milliarden Euro beschlossen. Der Fonds soll als Sondervermögen des Bundes eingerichtet werden. Geplant ist ein Bundesgesetz. Dieses soll am kommenden Mittwoch vom Kabinett auf den Weg gebracht werden. Der Bundestag soll das Gesetz voraussichtlich in einer Sondersitzung am 25. August zum ersten Mal beraten. Der Bundesrat muss den Fonds billigen.

Dienstag, 10. August

Länderchefs beraten über Impfungen und Fluthilfen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berät heute (Dienstag) mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer über das weitere Vorgehen bei den Covid-19-Impfungen. Grund ist das nachlassende Impftempo: Aktuell sind rund 55 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, für eine sogenannte Herdenimmunität müssten es aber mehr als 80 Prozent sein. Mindestens eine Impfdosis haben gut 62 Prozent der Menschen in Deutschland erhalten. Ferner befasst sich die Bund-Länder-Runde mit dem Thema Fluthilfen für die vom Hochwasser im Juli betroffenen Regionen in Westdeutschland.

Montag, 9. August

THW plant Brückenbau im Ahrtal

Mehr als 60 Brücken sind bei der tödlichen Sturzflut im Ahrtal zerstört worden - mit zehn Behelfsbrücken will das Technische Hilfswerk (THW) gravierende Verkehrslücken schließen. Die Anwohner seien dankbar, sagte THW-Sprecher Michael Walsdorf: "Da kommen auch welche mit Kaffee zu uns."

Nach einer schon in Betrieb genommenen ersten zweispurigen THW-Brücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler sei am vergangenen Sonntag eine zweite einspurige Flussquerung in Dernau fertigstellt worden, die im Laufe dieser Woche für den Verkehr inklusive Lastwagen freigegeben werden soll. "Sie ist von etwa 40 bis 50 Kräften mit Muskelkraft in zwei Tagen gebaut worden", erklärte Walsdorf. Mit Betonfundamenten sowie vorgefertigten Rahmen und Trägern aus Metall: "Das ist wie bei einem Stabil-Baukasten für Kinder, bloß in groß."

Im August will das THW laut dem Sprecher nach Möglichkeit fünf weitere Brücken im Ahrtal schlagen, anschließend sollen noch drei folgen. Eine große Steigerung dieser Zahl sei vorerst wohl nicht möglich: "Das Problem ist, dass es in Deutschland keine Behelfsbrückenbauer mehr gibt." Die einstige Friedrich Krupp AG habe sie früher noch produziert, sagte Walsdorf. Zu den Kosten der aktuellen THW-Behelfsbrücken machte er keine Angaben.

Extremer Starkregen hatte am 14. und 15. Juli an der Ahr eine mächtige Flutwelle ausgelöst und weite Teile des engen Tals zerstört. Rund 42.000 Menschen sind von den Folgen betroffen. Mindestens 141 starben im Ahrtal, einige indes laut Polizei wohl schon vor der Flut, etwa in Krankenhäusern.

Bund und Länder wollen Warnung per SMS einführen

Nach der Flutkatastrophe streben Bund und Länder nach einem ersten Beschlussentwurf für die Beratungen am Dienstag an, die dezentrale Warnung der Bevölkerung im Katastrophenfall zu verbessern. Dazu gehöre insbesondere das Sirenenförderprogramm des Bundes, mit dem den Ländern bis 2023 insgesamt bis zu 88 Millionen Euro für die Ertüchtigung und Errichtung von Sirenen zur Verfügung gestellt werden, heißt es in dem Entwurf vom Montag, 12.05 Uhr, welcher der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Die Ministerpräsidenten der Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten am Dienstag. Weiter heißt es in dem Entwurf: "Zusätzlich soll das Cell-Broadcasting-System eingeführt werden, mit dem künftig auch die Warnung der Bevölkerung mit Textnachrichten auf Mobiltelefonen ermöglicht wird."

Beim Cell Broadcasting wird ähnlich wie bei einer SMS eine Nachricht an Handy-Nutzer verschickt - und zwar an alle Empfänger, die sich zu dem Zeitpunkt in der betreffenden Funkzelle aufhalten. Diese Technologie wird in vielen anderen Staaten bereits genutzt. Zu dem Projekt erklärte Innenminister Horst Seehofer (CSU): "Die Warnung der Bevölkerung muss klappen, auf allen Kanälen. Wenn man nachts geweckt wird, muss man sofort wissen, was passiert ist und wie man sich verhalten soll. Cell Broadcasting wird Sirenen, Apps und den Rundfunk ergänzen."

In dem Entwurf, über den auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete, heißt es weiter, parallel sollten "zeitnah" die Mobilfunkmasten in Deutschland technisch angepasst werden. Weiter heißt es: "Die Bundeskanzlerin und Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder bitten die Justizministerkonferenz vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse zu prüfen, ob die bisherige Bewertung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden aktualisiert werden sollte."

Mehrere Leichen in einem Sarg im Flutgebiet

In mindestens einem Fall sind laut Polizei mehrere Leichen im rheinland-pfälzischen Flutkatastrophen-Gebiet im Ahrtal in einem einzigen Sarg in einem Container gelagert worden. Zudem seien dort in Bad Neuenahr-Ahrweiler mehrere offene Holzsärge, die jeweils verdreckte Leichensäcke enthalten hätten, übereinander gestapelt worden.

Die Polizei habe ihre Zusammenarbeit mit dem betreffenden Bestattungsunternehmen vorerst ausgesetzt und prüfe etwaige Verstöße gegen das Bestattungsgesetz, teilte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Koblenz am Montag mit.

Laschet: NRW-Unwetterschäden überschreiten 13 Milliarden Euro

Die Schäden durch das Unwetter Mitte Juli belaufen sich allein in Nordrhein-Westfalen nach ersten Schätzungen auf mehr als 13 Milliarden Euro. Das gab Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Montag in einer Sondersitzung des Düsseldorfer Landtags bekannt.

Die Schäden in Rheinland-Pfalz seien mindestens ebenso hoch, so dass der geplante nationale Wiederaufbaufonds 20 bis 30 Milliarden Euro umfassen müsse, sagte Laschet. Vor der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin an diesem Dienstag hätten alle Länder ihre Bereitschaft signalisiert, diese Summe aufzubringen. "Deshalb sind wir dankbar für diese bundesweite Solidarität", sagte Laschet.

Entwurf: Bund und Länder wollen Warnungen per SMS einführen

Nach der Flutkatastrophe streben Bund und Länder nach einem ersten Beschlussentwurf für die Beratungen am Dienstag an, die dezentrale Warnung der Bevölkerung im Katastrophenfall zu verbessern. Dazu gehöre insbesondere das Sirenenförderprogramm des Bundes, mit dem den Ländern bis 2023 insgesamt bis zu 88 Millionen Euro für die Ertüchtigung und Errichtung von Sirenen zur Verfügung gestellt werden, heißt es in dem Entwurf vom Montag, 12.05 Uhr, welcher der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Die Ministerpräsidenten der Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten am Dienstag. Weiter heißt es in dem Entwurf: "Zusätzlich soll das Cell-Broadcasting-System eingeführt werden, mit dem künftig auch die Warnung der Bevölkerung mit Textnachrichten auf Mobiltelefonen ermöglicht wird." Beim Cell Broadcasting wird ähnlich wie bei einer SMS eine Nachricht an Handy-Nutzer verschickt - und zwar an alle Empfänger, die sich zu dem Zeitpunkt in der betreffenden Funkzelle aufhalten. Diese Technologie wird in vielen anderen Staaten bereits genutzt.

In dem Entwurf, über den auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete, heißt es weiter, parallel sollten "zeitnah" die Mobilfunkmasten in Deutschland technisch angepasst werden. Weiter heißt es: "Die Bundeskanzlerin und Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder bitten die Justizministerkonferenz vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse zu prüfen, ob die bisherige Bewertung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden aktualisiert werden sollte."

Rettungsdienst im Kreis Ahrweiler gewährleistet

Die notfallmedizinische Versorgung für die Menschen in dem von der Flutkatastrophe betroffenen Kreis Ahrweiler ist laut dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) weiter gewährleistet. Viele Bürger machten sich Sorgen, wenn Erstversorgungsstellen sich auflösten, teilte der DRK-Kreisverband Ahrweiler am Montag mit. Obwohl drei Dienststellen vom Hochwasser betroffen sind, halten die Einsatzkräfte die Bedenken der Einwohner für unbegründet. Seit dem dritten Tag nach der Hochwasserkatastrophe habe der Kreisverband bis auf weiteres ein Sonderkontingent an Rettungsmitteln im Dienst, das die Versorgung sicherstelle.

Die Notrufnummer 112 sei weiterhin kreisweit verfügbar, so das DRK. Wenn es in einem Bereich den Angaben zufolge keinen ausreichenden Handyempfang gibt, buchen sich Mobiltelefone bei einem Notruf automatisch in jedes andere Mobilfunknetz ein. Ein Notruf sei daher möglich. Wenn die Mobilfunknetze komplett ausfallen, helfen demnach vor Ort Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, THW oder von jeder weiteren Hilfsorganisation weiter.

Hessen plant Steuererleichterungen für Helfer der Flutkatastrophe

Den Helfern der Flutkatastrophe in Deutschland hat Hessen steuerliche Erleichterungen in Aussicht gestellt. Berücksichtigt werden sollen nach Angaben des Finanzministeriums unter anderem Spenden und ehrenamtliche Unterstützungen von Privatpersonen wie auch Zuwendungen von Unternehmen. "Wir müssen alles dafür tun, die Solidarität zu erhalten und zu stärken und dafür zu sorgen, dass die Hilfen die Betroffenen schnell und unbürokratisch erreichen können", sagte Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) am Montag in Wiesbaden. Mitte Juli hatten starke Regenfälle vor allem in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen Todesopfer gefordert und katastrophale Schäden verursacht.

Samstag, 7. August

Tierretter im Flut-Einsatz: „Viele werden vermisst“

Gefunden werden sie ölverschmiert, verletzt: Durch die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz werden zig Tiere vermisst. Was die Retter im Krisengebiet erleben, lesen Sie hier.

Kreis Ahrweiler nennt Flut-Schadenssumme

Rund dreieinhalb Wochen nach der Flutkatastrophe hat der besonders betroffene Kreis Ahrweiler eine geschätzten Summe der Schäden genannt. Demnach hat das Hochwasser Mitte Juli allein dort an kommunalen Einrichtungen einen Schaden von geschätzt mehr als 3,7 Milliarden Euro angerichtet, wie die Kreisverwaltung am Samstag in Bad Neuenahr-Ahrweiler mitteilte. Am Dienstag wird sich die Ministerpräsidentenkonferenz unter anderem mit der Wiederaufbauhilfe für die betroffenen Regionen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen beschäftigen.

Die geschätzten und vorläufigen milliardenschweren Kosten der Kommunen im Ahrkreis betreffen nach Kreisangaben unter anderem Teile der Infrastruktur, Schulen, Kindertagesstätten und Sportanlagen. Der Aufbaustab des Landes Rheinland-Pfalz hatte demnach im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz betroffene Städte und Kreise um eine Meldung der Schadenshöhe gebeten.

Mehr dazu lesen Sie hier: Erst kam Corona und dann die Flut

Die Mainzer Staatskanzlei teilte auf Anfrage mit, insgesamt sei die Schadensschätzung noch nicht abgeschlossen. "Absehbar ist, dass das Ausmaß der Zerstörungen noch gewaltiger ist als nach der Oder-Flut", teilte Regierungssprecherin Andrea Bähner mit. Es könne davon ausgegangen werden, dass es nötig sein werde, einen zweistelligen Milliardenbetrag für einen Wiederaufbaufonds zur Verfügung zu stellen. "Aber bevor man eine exakte Summe nennen kann, muss eine genaue Schadensschätzung vorliegen. Daran wird gerade gearbeitet."

Freitag, 6. August

Ermittlungsverfahren: Landrat hatte Einsatzleitung abgegeben

Nach der Flut im Ahrtal ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung. Klar ist nun: Der Landrat war nicht Einsatzleiter. Mehr dazu lesen Sie hier.

Ministerin Karliczek hält Ende der innerdeutschen Flüge für möglich

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) schließt ein Ende des innerdeutschen Flugverkehrs nicht aus, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Es bestehe die Verpflichtung, sich dem Klimawandel noch entschiedener entgegenzustellen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur vor Veröffentlichung des neuen Berichts des Weltklimarats (IPCC) am Montag (9.8.). Sie erwarte, dass der Bericht die letzten Zweifel daran ausräume, dass der Mensch Hauptverursacher des Klimawandels seit Beginn der Industrialisierung ist. Lesen Sie hier weiter.

Donnerstag, 5. August

Autobahn 61 nach Flutschäden wieder voll befahrbar

Der Streckenabschnitt auf der A 61 zwischen dem Autobahnkreuz Meckenheim und dem Autobahndreieck Bad Neuenahr-Ahrweiler ist wieder ohne Einschränkungen befahrbar. Das teilte die Autobahn GmbH am Donnerstag mit. Die beiden Fahrstreifen mussten wegen Schäden bei der Flutkatastrophe vom 14. Juli verengt werden. Nun ist die Strecke wieder zweispurig befahrbar.

Lediglich der Standstreifen bleibt weiterhin gesperrt. Durch die Flut hatte sich eine Stützmauer am Böschungsfuß der Fahrbahn gelöst, deren Reparaturarbeiten erst in den kommenden Wochen abgeschlossen werden können.

Mittwoch, 4. August

Klöckner: de Maizière soll Wiederaufbau-Beauftragter werden

Die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner hat sich für einen Sonderbeauftragten des Landes für den Wiederaufbau im Ahrtal ausgesprochen. Dem SWR sagte Klöckner, sie schlage dafür Thomas de Maizière vor. Der CDU-Politiker war zwischen 2005 und 2018 Chef des Bundeskanzleramts, Bundesinnenminister und Bundesverteidigungsminister. Die besonders von der Flutkatastrophe betroffene Verbandsgemeinde Altenahr hatte in einem Offenen Brief an die Bundesregierung und die rheinland-pfälzische Landesregierung die Einsetzung eines Sonderbeauftragten der Bundesregierung „mit sehr weitreichenden Kompetenzen für den Wiederaufbau des Ahrtals“ gefordert.

Zahl der Toten im Ahrtal steigt weiter

Die Zahl der Menschen, die bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal ums Leben kamen, ist auf 141 gestiegen. 115 Tote seien identifiziert, sagte Florian Stadtfeld vom Polizeipräsidium Koblenz am Mittwoch in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Weiterhin vermisst würden 17 Menschen. Am Dienstag hatte die Zahl der Toten noch 139 betragen.

Extremer Starkregen hatte am 14. und 15. Juli an der Ahr im Norden von Rheinland-Pfalz eine Flutwelle ausgelöst und weite Teile des Tals unter Wasser gesetzt. Rund 42 000 Menschen sind von den Folgen des Hochwassers betroffen.

Klöckner an Dreyer: Rechnungen von Baufirmen umgehend begleichen

Die CDU-Landesvorsitzende und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat sich in einem offenen Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dafür stark gemacht, helfenden Unternehmen im Katastrophengebiet schnell und unbürokratisch unter die Arme zu greifen. „Wir können uns glücklich schätzen über die Hilfe, die im Ahrtal geleistet wird. Helfen Sie den Helfern“, schrieb Klöckner und nannte als Beispiel einen Bauunternehmer, der die Bundesstraße B267 bei Walporzheim im Auftrag des Landesbetriebs Mobilität (LBM) schnell wieder instand gesetzt hatte. „Das bedeutet eine gewaltige finanzielle Belastung und ein entsprechendes Risiko.“ Deshalb müssten anfallende Rechnungen ebenso schnell beglichen werden. „Das ist allerdings bis zum heutigen Tag nicht passiert.“

„Flutwein“ aus Hochwasserregionen soll Schäden lindern

Winzer und Gastronomen wollen mit „Unikaten aus dem Schlamm“, also mit verschütteten Weinflaschen, finanzielle Mittel für den Wiederaufbau generieren. Doch das ist nicht die einzige Aktion - der Zusammenhalt ist groß, wie Sie hier lesen können.

Staatsanwaltschaft: 25 Hinweise zur Flutkatastrophe eingegangen

Im Raum stehen möglicherweise verspätete Warnungen und Evakuierungen bei der Flutkatastrophe an der Ahr: Bei der Staatsanwaltschaft Koblenz sind bisher 25 Hinweise eingegangen. Diese seien "zum überwiegenden Teil sehr wertvoll", teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Momentan prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie nach der Katastrophe vom 14. Juli ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung einleitet. Ermittelt werde erst, wenn das Ergebnis der Prüfung den Anfangsverdacht bejahe.

Nach der Flut: Land prüft Belastung der Flüsse

Nach der Hochwasserkatastrophe vor drei Wochen untersucht das Land Rheinland-Pfalz die Wasserqualität der betroffenen Flüsse Ahr, Kyll, Sauer und Prüm. Mit einem Sondermessprogramm wolle man Klarheit erhalten, in welchem Zustand die Flüsse sich befinden, teilte die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord am Mittwoch in Koblenz mit. Mit der Überschwemmung von Gewerbebetrieben und Kläranlagen sei "eine erhebliche Belastung der Umwelt und der Gewässer entstanden".

Anhand von Proben solle vor allem die Belastung der Gewässer mit Chemikalien von Industrie- und Gewerbeflächen sowie mit Bakterien von Abwassereinrichtungen überprüft werden. "Denn wir können nur Gegenmaßnahmen ergreifen, wenn wir wissen, welche Stoffe tatsächlich in unsere Gewässer gelangt sind", sagte Klimaschutz- und Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne).

Sämtliche Kläranlagen im Ahrtal fallen laut der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord derzeit noch aus, sodass die Abwässer ungeklärt in die Ahr fließen. Es werde alles getan, um die Kläranlagen - falls möglich - wieder in Betrieb zu nehmen. Daneben sei auch der Einsatz mobiler Kläranlagen geplant.

Dienstag, 3. August

Ahrtal: Verzweifelter Hilferuf an Merkel und Dreyer

Die Bürgermeister aus dem Katastrophengebiet fordern: Den Zusagen von Bund und Land müssen so schnell wie möglich Taten folgen. Ihre Forderungen haben sie präzise aufgelistet. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

Traumatisierte Kinder in den Flut-Regionen brauchen Sicherheit

In den Hochwasser-Katastrophengebieten haben Kinder sie nun statt unbeschwerter Sommerferien Traumatisches erlebt. Das könnte Folgen haben. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

Montag, 2. August

THW-Helfer bei Einsatz im Hochwassergebiet verletzt

Zwei Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) haben sich beim Einsatz im Hochwassergebiet in Rheinland-Pfalz verletzt. Bei beiden Männern bestehe keine Lebensgefahr, teilte das THW am Montag mit. Beide seien nach dem Unfall in Altenahr am Sonntag zur Behandlung in das Uniklinikum nach Bonn gebracht worden. Ihr Zustand sei stabil. Die Ursache der Verletzungen war zunächst unklar.

Helfer im Hochwasser-Gebiet: „Wir wollen nicht aufgeben“

Guido Galle ist Lokalpolitiker in Ahrbrück - und unermüdlich bei der Beseitigung der Flutschäden. Er sagt: „Wir haben das Chaos für uns mittlerweile als Realität definiert.“ Mehr dazu hier.

Zahl der Toten im Ahrtal auf 138 gestiegen

Die Zahl der Menschen, die in der Flutkatastrophe im Ahrtal ihr Leben verloren haben, ist am Montag auf 138 gestiegen. Weiterhin vermisst werden 26 Bewohner, wie Florian Stadtfeld vom Polizeipräsidium Koblenz mitteilte.

Bis zum Wochenende waren 135 Menschen tot geborgen worden. Identifiziert seien bislang 106 Menschen, sagte Stadtfeld. Keine Angaben macht die Polizei bislang zur Frage, wie viele Menschen in den einzelnen Orten ums Leben kamen.

Kollegen helfen Kollegen: Mainzer Wirte kochen für die Ahr

Zahlreiche Mainzer Gastronomen und Hoteliers laden zu einem Benefiz-Event für die Flutopfer mit Sechs-Gänge-Menü in den Schloss-Innenhof. Tickets sind ab sofort erhältlich. Mehr dazu hier.

Juristische Konsequenzen nach Hochwasser-Katastrophe?

Die Staatsanwaltschaft will entscheiden, ob sie nach der Katastrophe im Ahrtal wegen fahrlässiger Tötung ermitteln wird. Es geht vor allem um die Frage, ob zu spät alarmiert wurde. Mehr dazu hier.

Das Ahr-Hochwasser 1910 und die Warnung der Chronisten

Schon früher trat der Fluss über die Ufer, gab es Gaffer und Fake News. Allerdings warnten Heimathistoriker schon 2010, die nun dichtere Bebauung des Tals könne fatale Folgen haben. Mehr dazu hier.

Wie sich Hessen vor Hochwasser schützt

In mehr als 300 Überschwemmungsgebieten in Hessen darf nicht mehr gebaut werden - warum es aber trotzdem gemacht wird. Mehr dazu hier.

Sonntag, 1. August

Scholz offen für Pflicht zur Elementarschadenversicherung

Nach der Flutkatastrophe hat sich Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) grundsätzlich offen für eine verpflichtende Elementarschadenversicherung gezeigt. "Die Frage ist, ob man diese Verpflichtung allen Bürgern auferlegen möchte. Das würde die Preise fürs Wohnen wieder teurer machen", sagte der Finanzminister den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag) "Diese Debatte müssen zunächst einmal die Länder führen. Wenn es eine Einigung gibt, wird der Bund dem sicher nicht entgegenstehen." Zudem regte Scholz die Einrichtung eines Katastrophenfonds an.

"Grundsätzlich muss sich unser Land auf solche Situationen für die Zukunft vorbereiten", sagte er. "Der Klimawandel ist menschengemacht, und wir dürfen die, die davon am heftigsten betroffenen sind, jetzt nicht mit dem Folgen allein lassen. Sonst spaltet das unsere Gesellschaft. Ich schlage einen Vorsorgefonds vor, den Bund und alle Länder gemeinsam organisieren."

Nicht mal die Hälfte gegen Elementarschäden abgesichert

Bei der Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz waren vor zwei Wochen mindestens 179 Menschen gestorben. Nach dem schweren Hochwasser entbrannte eine Debatte darüber, wie solche Schäden besser abgesichert werden könnten. Laut dem Versicherungsverband GDV sind derzeit nur rund 46 Prozent der Gebäude in der Bundesrepublik über eine Elementarschadenversicherung versichert, die bei Naturereignissen wie Starkregen, Hochwasser oder Erdrutschen einspringen würde.

Woelki: Flutkatastrophe ist Mahnung zu mehr Schöpfungsverantwortung

Die Hochwasser-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit mehr als 170 Toten ist nach Ansicht des sehr umstrittenen Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki "eine Mahnung, eine Lehre" zu mehr Klima- und Umweltschutz. Es sei Zeit, den Umgang der Menschen mit der Schöpfung noch stärker zu überdenken, sagte Kardinal Woelki am Sonntag in seinem wöchentlichen "Wort des Bischofs" im Kölner Bistumssender domradio.de.

Der Kardinal rief Christinnen und Christen dazu auf, den Opfern der Katastrophe seelischen Beistand zu leisten. Es sei "für Außenstehende schwer zu begreifen, was es bedeutet, wenn alle vertrauten Dinge von den Fluten mitgerissen sind, wenn die Familienbilder weg sind und die Fotoalben oder die Mitbringsel von Reisen, wenn vom bisherigen Leben ausschließlich die Erinnerungen bleiben", erklärte Woelki. Er selbst werde weiterhin in die betroffenen Gebiete zu den Menschen fahren und freue sich über jeden, "der jetzt neben der konkreten Unterstützung auch seelsorgerlich mithilft".

Zugleich lobte der Erzbischof die große Hilfsbereitschaft und Solidarität. "Wenn ich zurückschaue auf meine Erfahrungen der letzten Tage in den durch die Wassermassen verwüsteten Dörfern und Städten, dann empfinde ich trotz all dem Fürchterlichen ein ganz großes Gefühl von Dankbarkeit und ich bin sehr, sehr nachdenklich geworden", sagte er. Er habe "großartige Menschlichkeit" füreinander erlebt.

Samstag, 31. Juli

Kreis Euskirchen: Vom Hochwasser beschädigte Brücke wird gesprengt

Zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel in Nordrhein-Westfalen soll am Sonntag eine vom Hochwasser schwer beschädigte Brücke gesprengt werden. Im Umkreis von rund einem Kilometer müssten alle Menschen ihre Gebäude für die Detonation um voraussichtlich 11 Uhr verlassen, teilten der Kreis Euskirchen und die Stadt Bad Münstereifel mit. Der Bereich dürfe ab 9 Uhr nicht mehr betreten werden. Betroffene rief der Kreis Euskirchen dazu auf, in der Zeit Sammelstellen auf einem Parkplatz-Gelände aufzusuchen. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.

Behelfsbrücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler fertig

Das Technische Hilfswerk hat die neue Behelfsbrücke im stark von der Flut getroffenen Bad Neuenahr-Ahrweiler fertiggestellt. "Wir geben der Region mit dieser ersten THW-Brücke über die Ahr einen wichtigen Verkehrs- und Versorgungsweg zurück", sagte THW-Vizepräsidentin Sabine Lackner am Samstag bei der Übergabe des Bauwerks an die Stadt. Sie sprach von einer "unglaublichen Leistung" der rund 80 Einsatzkräfte, die diese wichtige innerstädtische Verbindung in nur sieben Tagen errichtet hätten. Der Autoverkehr kann die Brücke voraussichtlich ab Montag nutzen, da erst noch die Auffahrten fertiggestellt werden müssen.

Zur eigentlichen Brückenbauzeit von sieben Tagen kamen laut THW Vorbereitungsarbeiten wie die Beseitigung von Schutt und Trümmern hinzu. Diese hätten ungefähr genauso lange gedauert wie der Bau der Brücke selbst. Lackner zufolge ist es "die längste und damit größte Brücke, die das THW bisher errichtet hat". Mit knapp 52 Metern Länge und einer Nutzlast von 30 Tonnen pro Fahrbahn könnten selbst Lastwagen die Ahr an dieser Stelle wieder überqueren.

Polizei präzisiert Angaben: 134 Tote im Ahrtal und 1 Opfer in Trier

Die Polizei hat am Samstag Einzelheiten zur Zahl der Toten bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz präzisiert. Bei den 135 Toten, von denen am Freitag die Rede gewesen sei, handele es sich um 134 Opfer aus dem Ahrtal und einen Menschen aus Trier, erklärte Polizeirat Florian Stadtfeld bei der täglichen Pressekonferenz des Krisenstabs. Aktuell seien rund 5.100 hauptamtliche Helfer in dem Katastrophengebiet eingesetzt. Der Schwerpunkt der Arbeit liege weiter auf der Versorgung der Bevölkerung, dem Reinigen der Straßen und dem Beseitigen von Schäden.

Kreis Ahrweiler wohl präzise vor Flut gewarnt

Das Landesamt für Umwelt in Rheinland-Pfalz hat präzise Warnungen nach Ahrweiler gesendet. Das berichtet die FAZ am Freitagabend und beruft sich auf einen Sprecher des Landesamts. Für die Nacht auf den 15. Juli wurden demnach fast sieben Meter Pegelstand prognostiziert. Trotzdem wurde erst um 23 Uhr der Katastrophenfall ausgerufen und evakuiert. In der Nacht auf den 15. Juli hatten Wassermassen das Ahrtal verwüstet. 135 Menschen starben, 766 wurden verletzt, 59 werden noch immer vermisst. Die Fluten trafen die meisten Menschen unvorbereitet. Mehr dazu später an dieser Stelle.

Freitag, 30. Juli

DRK Hessen schickt weitere 65 Helfer nach Ahrweiler

Die hessischen DRK-Kreisverbände schicken weitere 65 Helfer in die von der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz betroffene Region Bad Neuenahr-Ahrweiler. Sie sollen dort von Montag an bei der Errichtung und dem Betrieb eines Verpflegungszentrums für bis zu 10 000 Menschen helfen. Wie das Rote Kreuz in Hessen in Wiesbaden mitteilte, wollten die Technik-, Logistik- und Verpflegungsgruppen sowie Sanitätskräfte am Freitag zu ihrem Einsatzort starten.

Seit 15. Juli sind insgesamt 802 hessische DRK-Helfer in den Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz im Einsatz. Sie verteilten allein im Bereich Bad Neuenahr-Ahrweiler täglich bis zu 86 000 Liter Trinkwasser. Damit stellt das DRK aus Hessen nach eigenen Angaben dort das größte Rotkreuz-Kräftekontingent neben denen aus den betroffenen Bundesländern. In Nordrhein-Westfalen ist der hessische DRK-Einsatz mittlerweile beendet.

Flutkatastrophe stellt Bundestagswahl an der Ahr infrage

Kann an der Ahr im September eine dem Wahlrecht entsprechende Bundestagswahl stattfinden? Marcel Hürter, Landeswahlleiter in Rheinland-Pfalz, hat Bedenken. Mehr dazu HIER

Diakonie: Hochwasseropfer erhalten bereits Bargeld als Soforthilfe

Die Diakonie zahlt bereits Soforthilfen in bar an die Hochwasseropfer in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen aus. "Wir befinden uns in einer Phase der absoluten Not, in der schnell geholfen werden muss", sagte Helga Siemens-Weibring, Beauftragte für Sozialpolitik der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deshalb könnten die Anträge auch ohne großen Aufwand "niedrigschwellig" gestellt werden.

"Die Bedürftigkeitsprüfung geschieht unbürokratisch vor Ort und ist momentan noch nicht umfassend", sagte Siemens-Weibring. Beispielsweise hätten manche Flutopfer ihre gesamten Unterlagen verloren, benötigten aber dennoch Soforthilfen. Um rasch Bargeld zu erhalten, könnten sich die Menschen bei einer diakonischen Einrichtung oder der Gemeinde vor Ort melden. "Nachdem das Diakonische Werk das Geld überwiesen hat, können die Einrichtungen das Spendengeld so schnell wie möglich an die Betroffenen auszahlen", sagte sie.

"Bislang haben wir Soforthilfen in einem sechsstelligen Bereich ausgezahlt", erläuterte Siemens-Weibring. Pro Einrichtung seien 30.000 Euro zur Weitergabe an Bedürftige möglich, Haushalte könnten bis zu 1.500 Euro in bar erhalten. Vereinfachte Anträge seien zunächst bis Ende Oktober möglich. "Sobald es nicht mehr um akute Nothilfe geht, sondern um den Wiederaufbau, werden wir jedoch aufwendiger prüfen müssen", betonte die Diakonie-Mitarbeiterin: "Das sind wir den Spendern schuldig."

Aktuell sei bei der Weitergabe der Spenden die teils schlechte Erreichbarkeit der Menschen ein großes Problem. "Deshalb sind wir sehr auf die Einrichtungen und Gemeinden vor Ort angewiesen, die im direkten Kontakt zu den Betroffenen stehen", sagte Siemens-Weibring. Auch gebe es noch viele weitere logistische Probleme: "Insgesamt haben die Sachspenden die Orte dennoch relativ gut erreicht, auch weil es eine überwältigende Anzahl an freiwilligen Helfern gibt."

Vor den Trümmern der Existenz

Als das Hochwasser über Ahrbrück hereinbrach, entkam Ehepaar Bauer nur knapp dem Tod. Das eigene Haus stürzte zusammen. Jetzt berichten sie von ihrem Schicksal in der Flutnacht. Mehr dazu HIER

Stadt arbeitet an neuem Hochwasserschutzkonzept für Alzey

Der Dauerstau schützt die Kernstadt. Bei den Stadtteilen rücken beim Thema Starkregen nun neben Weinheim auch Dautenheim und Schafhausen in den Fokus – aus gutem Grund. Mehr dazu HIER

Über 3000 Helfer aus Bad Kreuznach an der Ahr im Einsatz

Feuerwehr, THW, DLRG und Sanitätsdienste aus dem Kreis leisten schon in den ersten elf Tagen nach der Flut mehr als 10 000 Arbeitsstunden im Katastrophengebiet. Mehr dazu HIER

Donnerstag, 29. Juli

FDP-Mann zum Hochwasser: „Eine nationale Katastrophe“

Eingefallene Häuser, zerstörte Straßen, Trümmer und Schutt: Was für den Wiederaufbau in den betroffenen Regionen notwendig ist, erklärt Philipp Fernis, Fraktionsvorsitzender der FDP im rheinland-pfälzischen Landtag, im großen Interview.

Polizei: "Querdenker" haben Schule in Katastrophengebiet verlassen

Eine Gruppe von "Querdenkern", die in den vergangenen Tagen eine Schule in der von der Unwetterkatastrophe hart getroffenen Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler genutzt hatte, hat das Gebäude nach Angaben der Polizei vom Donnerstag verlassen. Zuvor seien sie von der Stadtverwaltung zur Räumung aufgefordert worden, hieß es weiter. Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung hatte das sogenannte Familienzentrum vor einer Woche schließen lassen. Es war von dem Verein "Initiative Eltern stehen auf" betrieben worden.

Polizei und Verfassungsschutz hätten das Wirken der "Querdenker" seit Beginn der Flutkatastrophe genau beobachtet, erklärte der Koblenzer Polizeivizepräsident Jürgen Süs. "Unter dem Deckmantel der Hilfsbereitschaft wurde hier verschwörerisches Gedankengut verbreitet und die Maßnahmen der Hilfs- und Rettungsdienste und der Polizei diskreditiert." Dies habe Ängste und Sorgen in der Bevölkerung erhöht. "Auch nach dem Abzug der Querdenker aus der Schule werden wir ihre Aktivitäten weiterhin aufmerksam beobachten", sagte Süs.

Nach Flut Gefährdung der Bevölkerung durch Umweltverschmutzung

Nach den verheerenden Überschwemmungen an der Ahr sieht der Krisenstab eine Gefährdung der Bevölkerung durch die Umweltverschmutzung. Es gehe dabei um die Verunreinigung von Wasser und Schlämmen durch Kraftstoffe, Fäkalien und Chemikalien: "Die Menschen müssen sich weiterhin sehr vorsichtig verhalten im Umgang mit Schlämmen und anderen Dingen", sagte der Leiter des Krisenstabes, Thomas Linnertz, am Donnerstag in Bad Neuenahr-Ahrweiler. "Es sind natürlich auch Stoffe aus irgendwelchen Lagern ausgelaufen." Als Beispiel nannte er Pflanzenschutzmittel.

Er forderte die Menschen deshalb auf, Handschuhe und Schutzkleidung zu tragen und sich die Hände zu waschen. Es werde auch Boden untersucht. "Damit wird man sich vermutlich noch längere Zeit auseinandersetzen müssen", sagte er. Um ausgetretenes Öl aufzunehmen, sollen in verunreinigten Gebieten Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks (THW) ausrücken. In der Gesamtlage sei nun eine "gewisse Stabilität erreicht", sagte Linnertz. "Im Mittelpunkt steht weiterhin das Aufräumen."

"Noch recht prekär" sei die Lage jedoch in der Verbandsgemeinde Altenahr und in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. In der Verbandgemeinde Altenahr erfolge die Versorgung der Bevölkerung weiter über Wassertanks und Stromgeneratoren.

Falschmeldungen im Hochwassergebiet: 600 Kinderleichen

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Im Rahmen der Hochwasserkatastrophe werden immer wieder Falschmeldungen verbreitet. Polizeirat Florian Stadtfeld warnt und ruf die Bevölkerung zum Handeln auf.Mehr dazu finden Sie hier.

Mainzer Entsorgungsbetrieb hilft bei Aufräumarbeiten in Hochwassergebiet

Mainz. Seit vergangener Woche unterstützt auch der Entsorgungsbetrieb der Stadt Mainz die Aufräumarbeiten im vom Hochwasser massiv getroffenen Landkreis Ahrweiler. Wie die Verwaltung in einer Pressemitteilung berichtet, seien in dieser Woche zwei Mitarbeiter mit einem geländegängigen LKW mit Kranaufbau und einem Großcontainer-Fahrzeug mit 40 Kubikmeter Container vor Ort im Einsatz. Einige Mitarbeiter seien auch im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeiten vor Ort. Viele Wohnungen seien überflutet und der gesamte Hausstand damit unbrauchbar, heißt es weiter. „Entsprechend stapelt sich der Abfall in den Straßen. Die Mitarbeiter der Müllabfuhr im Landkreis Ahrweiler sind verständlicherweise völlig überlastet. Der Einsatz von Standard-Müll- oder Sperrmüllfahrzeugen ist derzeit gar nicht möglich.“

Hauptaugenmerk liegt laut Stadtverwaltung auf der Seuchenprävention. „So werden hauptsächlich verderbliche Dinge und Tierkadaver mit dem Kranaufbau in Big-Bags verladen und nach Bonn zur Abfallverbrennung gebracht. Das Team des Entsorgungsbetriebs wird von der Disposition des Abfallwirtschaftsbetriebs Ahrweiler eingesetzt.“ Die Mitarbeiter des Entsorgungsbetriebs berichten, dass die Bilder, die in der Presse zu sehen sind, bei Weitem nicht das Ausmaß an Zerstörung und Elend widerspiegeln, das vor Ort herrsche.

Mitarbeiter des Entsorgungsbetrieb Mainz sind im Katastrophengebiet im Einsatz.  Foto: Stadt Mainz
Mitarbeiter des Entsorgungsbetrieb Mainz sind im Katastrophengebiet im Einsatz. (© Stadt Mainz)

Schmitt: Soforthilfe für Unternehmen in Rheinland-Pfalz startet

Die von der Flutkatastrophe betroffenen Unternehmen können von heute an 5.000 Euro Soforthilfe erhalten. Die Anträge werden von den Kreisverwaltungen entgegengenommen, für den Kreis Ahrweiler wird der Kreis Mayen-Koblenz die Aufgabe übernehmen. Dies hat Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt mitgeteilt.

„Mit der Soforthilfe stellt die Landesregierung den Betroffenen schnell und unbürokratisch Liquidität zur Verfügung. Wir möchten unsere Unternehmerinnen und Unternehmer mit der Soforthilfe in dieser außergewöhnlichen Notlage rasch unterstützen und die ersten finanziellen Belastungen abmildern“, sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt.

Die Anträge nehmen die Kreisverwaltungen bzw. die Stadtverwaltung Trier entgegen, für den Kreis Ahrweiler wird der Kreis Mayen-Koblenz die Aufgabe übernehmen. Antragsberechtigt sind Unternehmen der Gewerblichen Wirtschaft, Angehörige Freier Berufe und selbstständig Tätige die im unmittelbaren Hochwasserschadensgebiet liegen und von den Unwettern direkt betroffen sind, auch Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft. Schmitt dankte den Kreisverwaltungen und der Stadtverwaltung Trier, die analog zu den Soforthilfen für Private auch die Antragsabwicklung der Soforthilfen für Unternehmen übernehmen. Die Amtshilfe des Kreises Mayen-Koblenz für den schwer getroffenen Kreis Ahrweiler sei ein besonderes Zeichen der Solidarität.

Antragsformulare und FAQs sind auf den Internetseiten der Kreisverwaltungen und der Stadtverwaltung Trier zu finden. Sie sind vor Ort auch in Papierform erhältlich.

Neue THW-Brücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler fast fertig

Die neue Behelfsbrücke des Technischen Hilfswerks (THW) im stark von der Flut getroffenen Bad Neuenahr-Ahrweiler ist in den Endzügen: Im Laufe des Tages sollte die über die Ahr gebaute Stahlkonstruktion die andere Uferseite erreichen, sagte ein Sprecher vom THW am Donnerstag. Voraussichtlich am Samstag werde die 52 Meter lange Brücke eröffnet. Nach Asphaltarbeiten an beiden Seiten für die Zufahrten könne die Brücke dann wohl ab Anfang nächster Woche befahrbar sein.

Die zweispurige Brücke wird nach Angaben des THW auch für den Schwerverkehr geeignet sein. Sie ist seit vergangenem Wochenende im Bau und nach Angaben des Sprechers die größte Brücke, die das THW bislang in Deutschland gebaut hat. Wenn sie fertig ist, werde sie ein Gewicht von 150 Tonnen haben. Die geplante Standzeit betrage vier Jahre.

Bei der Hochwasserkatastrophe am 14./15. Juli waren im Ahrtal mehr als 60 Brücken zerstört worden. In Bad Neuenahr-Ahrweiler sei nur eine Brücke intakt geblieben, sagte der Sprecher. Die neue THW-Brücke wurde in Bad Neuenahr-Ahrweiler dort gebaut, wo vorher die Landgrafenbrücke gestanden hatte. Nach Angaben des Sprechers sind derzeit fünf weitere Brücken des THW im Ahrtal geplant: Drei Fußgängerbrücken mit einer Länge von je 40 Metern und zwei weitere Fahrbrücken à je 50 Meter.

Ärzteverband: Situation in Flutgebiet "nach wie vor erschreckend"

Zwei Wochen nach den verheerenden Fluten in Rheinland-Pfalz haben Amtsärzte erhebliche Mängel in der medizinischen Grundversorgung in den Hochwassergebieten kritisiert. Die Situation sei "nach wie vor erschreckend" und in den betroffenen Regionen herrsche Seuchengefahr, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Gesundheit der Bevölkerung in den Katastrophengebieten sei "massiv bedroht, weil die Infrastruktur nicht funktioniert". Unter anderem seien in einigen Orten Krankenhäuser und Praxen zerstört worden. Teichert, die bis 2012 das Gesundheitsamt im flutbetroffenen Landkreis Ahrweiler leitete, erklärte, dass viele Menschen ohne dringend benötigte Medikamente auskommen müssten. Das sei besonders für Menschen mit Krankheiten wie Diabetes oder Herzleiden ein großes Problem, hieß es in dem Zeitungsbericht.

Nun sei es wichtig, mobile Arzteinheiten zu organisieren und in die Orte zu bringen Das Hochwasser vom 14. Juli hatte das Ahrtal besonders schlimm getroffen. Zuletzt wurden 134 Tote gezählt. Als vermisst galten 73 Menschen. Die Zahl der Verletzten nach dem Starkregen und den dadurch ausgelösten Sturzfluten war zuletzt mit 766 angegeben worden.

Mittwoch, 28. Juli

Krisenstab berichtet von Fortschritten im Katastrophengebiet

Der Einsatz Tausender Helfer im Katastrophengebiet in Rheinland-Pfalz hat nach Angaben des Krisenstabs in mehreren Gemeinden zu spürbaren Fortschritten geführt. "Es gibt Gemeinden, die stufenweise und schrittweise übergehen in ein normales Leben", sagte Einsatzleiter Heinz Wolschendorf am Mittwoch in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Andere Gemeinden seien noch nicht so weit.

An Orten mit wieder gefestigten örtlichen Strukturen nehme die Bedeutung der akuten Gefahrenabwehr langsam ab. Dort werde die Bereitstellung von Einsatzkräften angepasst, was aber nicht unbedingt eine Verringerung bedeute, sagte der Einsatzleiter. Zurzeit seien insgesamt 5200 Einsatzkräfte vor Ort.

Ein Schwerpunkt des Einsatzes liege bei der Beseitigung von Trümmern und Müll, sagte Wolschendorf. Inzwischen seien viele der am Wochenende freigeräumten Flächen wieder gefüllt. Eine weitere Sorge seien Tierkadaver, nach denen auch mit Spürhunden gesucht werde. Bei aufkommendem Wind seien bis Freitag keine größeren Regenfälle zu erwarten. "Das Wetter ist noch auf unserer Seite, das ist positiv."

Zahl der Toten nach Flut in Rheinland-Pfalz auf 134 gestiegen

Die Zahl der Todesopfer nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz ist am Mittwoch auf 134 gestiegen. In den vergangenen 24 Stunden seien zwei weitere Menschen tot geborgen worden, sagte Florian Stadtfeld vom Polizeipräsidium Koblenz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Bisher seien 76 Tote identifiziert worden. Nach wie vor vermisst werden noch 73 Menschen. Die Zahl der Verletzten nach dem Starkregen vom 14. Juli und den dadurch ausgelösten Sturzfluten gab Stadtfeld mit 766 an.

Bundeswehr mit 2000 Einsatzkräften in Hochwassergebieten

Nach der Unwetterkatastrophe hilft die Bundeswehr aktuell mit rund 2000 Einsatzkräften in den betroffenen Gebieten von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Diese Zahl nannte der scheidende Chef des Landeskommandos NRW, Brigadegeneral Torsten Gersdorf, am Mittwoch in Düsseldorf. Als ein Schwerpunkt der Einsätze wurde das besonders betroffene Ahrtal in Rhein-Pfalz genannt.

In den Unwetter-Regionen von NRW sind den Angaben zufolge mehr als 500 Einsatzkräfte mit rund 100 Fahrzeugen vom schweren Gerät bis zum Pkw im Einsatz. Seit dem 14. Juli habe es in NRW 73 Hilfsanträge der Kommunen im Zuge der Katastrophe gegeben. Davon liefen 27 Einsätze, knapp 40 seien abgeschlossen. Schwerpunkte der Einsätze in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln seien die Städteregion Aachen, der Rhein-Erft-Kreis, der Rhein-Sieg-Kreis und der Kreis Euskirchen.

Aufräumarbeiten im Ahrtal laufen auf Hochtouren

Auch fast zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe türmen sich im Ahrtal bis zu zehn Meter hohe Berge von mit Schlamm überzogenen Trümmern: Wohnwagen, Bäume, Autos und Traktoren, dazwischen Puppen, ein Schlüsselbund und ein zerbrochenes Bild. Am Dienstagnachmittag kam es in Schuld an der Ahr zeitweise zu heftigem Regen. In der Flutkatastrophe vom 14. Juli kamen bislang 133 Menschen ums Leben. Weiterhin vermisst werden 73 Bewohner (Stand 27.7., 17 Uhr). Im evakuierten Altenahr-Altenburg liefen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Über ein Fahrzeug der Bundeswehr verbreitete die Kreisverwaltung Durchsagen mit Hinweisen zu Brauchwasser für die Aufräumarbeiten sowie zu Tetanus- und Hepatitis-Impfungen.

An fünf Standorten wird an Ersatzbrücken gebaut. "Die ersten vier Brücken, die in Arbeit sind, sind in Insul, Liers, Rech und in der Nähe von Fuchshofen", sagte der Leiter des Krisenstabs, Thomas Linnertz, am Dienstag in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Sie würden federführend von der Bundeswehr errichtet. Zudem sei das Technische Hilfswerk dabei, in Bad Neuenahr-Ahrweiler eine weitere Querung herzustellen. Mehr als 60 Brücken wurden von der Sturzflut am 14. Juli zerstört.

Bislang wurden nach Angaben der Technischen Einsatzleitung im Kreis Ahrweiler mehrere Zehntausend Tonnen Müll abtransportiert. Nachdem zwei Tage gezielt Müll und Unrat rausgefahren wurde, zeige sich ein "erstes Vorankommen", sagte ein Polizeisprecher in Koblenz. Dennoch würden immer wieder Bereiche entdeckt, wo noch viel zu tun sei. "Das wird noch eine ganze Zeit lang dauern", sagte der Sprecher. Immer wieder würden beispielsweise Autos gefunden.

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord erteilte in der vergangenen Woche kurzfristig eine Ausnahmegenehmigung zur Ablagerung von unbehandeltem Haus- und Sperrmüll aus dem Kreis Ahrweiler für die Deponie "Eiterköpfe" in Ochtendung (Kreis Mayen-Koblenz).

Dienstag, 27. Juli

Zahl der Todesopfer nach Unwetter in Belgien steigt auf 41

Die Zahl der bestätigten Todesopfer nach den verheerenden Unwettern in Belgien ist auf 41 gestiegen. Das teilte der wallonische Ministerpräsident Elio Di Rupo am Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Premierminister Alexander De Croo mit, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Zwei Menschen werden den Angaben zufolge in der Wallonie noch vermisst. Vor allem der Osten des Landes war vor knapp zwei Wochen schwer getroffen worden. Vor rund einer Woche wurde aufgrund der Katastrophe ein Staatstrauertag abgehalten.

Hochwasser-Helfer aus dem Odenwaldkreis kehren zurück

Der Betreuungszug des Roten Kreuz hat am Nürburgring die Helfer der Hochwasserkatastrophe verpflegt. Für die Odenwälder hieß das vor allem: viel kochen. Mehr dazu Hier.

Fortschritte beim Abtransport des Unrats

In den rheinland-pfälzischen Hochwassergebieten gibt es bei den Aufräumarbeiten weitere Fortschritte. Nachdem zwei Tage gezielt Müll und Unrat rausgefahren wurde, zeige sich ein "erstes Vorankommen", sagte ein Polizeisprecher in Koblenz am Dienstagmorgen. Dennoch würden immer wieder Bereiche entdeckt, wo noch viel zu tun sei. "Das wird noch eine ganze Zeit lang dauern", sagte der Sprecher. Immer wieder würden beispielsweise Autos gefunden werden.

Wie eine Sprecherin der Technischen Einsatzleitung im Kreis Ahrweiler am Dienstagmorgen berichtete, wurden bis Montagmittag insgesamt 47.000 Tonnen Müll abtransportiert. Die Aufräumarbeiten liefen weiter, das Technische Hilfswerk (THW) sowie die Bundeswehr seien noch im Einsatz.

Am Dienstagmorgen lag die Zahl der Toten unverändert bei 132, die Zahl der Vermissten konstant bei 74, wie der Polizeisprecher in Koblenz sagte. Die Toten- und Vermisstenzahlen werden demnach einmal täglich am Mittag aktualisiert.

Tierheim kümmert sich nach Flut um viele Tiere

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal werden viele Tiere ins Tierheim gebracht. Dabei handele es sich zum einen um Fundtiere, die von Helfern oder Nachbarn entdeckt würden, sagte die Leiterin des zuständigen Tierheims in Remagen im Kreis Ahrweiler, Madeleine von Falkenburg. Neben Katzen und Hunden seien auch Schildkröten, Reptilien und Koi darunter. Zum anderen wendeten sich derzeit viele Tierbesitzer an das Tierheim und den Tierschutzverein Kreis Ahrweiler, um ihre Tiere vorübergehend in Pflege zu geben.

"Viele Leute, die alles verloren haben, wollen ihre Tiere in Sicherheit geben", sagte von Falkenburg. Die Betroffenen würden derzeit von einer Wohngelegenheit zur anderen wechseln. Vor allem Katzen hielten das nicht gut aus. Das Tierheim gebe die Tiere dann an bekannte Pflegestellen, wo sie versorgt würden, bis die Besitzer sie wieder aufnehmen könnten. Die Heimleiterin rechnete damit, dass die Zahl dieser Anfragen weiter zunehmen wird.

Weiter Verkehrsbeschränkungen in Teilen des Katastrophengebiets

Der Krisenstab hat wegen der Aufräumarbeiten nach der Flutkatastrophe die Beschränkungen des Individualverkehrs in Teilen des Ahrtals verlängert. In den Bereichen Dernau/Rech sowie Bad Neuenahr-Ahrweiler bleibe er bis einschließlich Freitag verboten, teilte der Krisenstab am Montagabend mit. Von 10 bis 18 Uhr dürfen demnach nur Berechtigte in diese Orte mit einem Fahrzeug einfahren. Berechtigt seien Anwohner, Einsatzkräfte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Verwaltungsbehörden und der Müllabfuhr. Als Einsatzkräfte gelten den Angaben zufolge auch Mitarbeiter von Unternehmen, die Aufgaben zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der kritischen Infrastruktur und der unverzichtbaren Versorgung der Bevölkerung beispielsweise mit Wasser, Strom, Lebensmitteln und Medikamenten wahrnehmen. Als Maßnahme der Müllabfuhr gelte auch die Leerung und Wartung von chemischen Toiletten und Duschkabinen.

Über halbe Milliarde Euro Sachschäden für Wirtschaft im Ahrtal

Die Flutkatastrophe im Ahrtal hat bei den dortigen Unternehmen laut einer Schätzung Sachschäden von mehr als einer halben Milliarde Euro angerichtet. Ein großer Anteil der geschätzten Schadenssumme von etwa 560 Millionen Euro entfalle auf Gebäude, aber auch Maschinen, Werkzeug und zerstörte Ware seien bei der Schätzung berücksichtigt, teilten die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Handwerkskammer (HwK) Koblenz am Montag mit. Im Ahrtal sind den Angaben zufolge rund 800 IHK-zugehörige Mitgliedsunternehmen sowie 800 HwK-Mitgliedsunternehmen von dem Hochwasser betroffen. Beim Großteil (71 Prozent) dieser Unternehmen handele es sich um Kleingewerbetreibende.

Besonders schwer seien Gastgewerbe und die Hotellerie mit rund 11 000 Betten im Kreisgebiet getroffen worden. "Die Region lebt stark vom Tourismus", sagte Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK Koblenz. "Erst die Schließungen durch die Corona-Pandemie und nun diese Naturkatastrophe: Für die Wirtschaft, und insbesondere die Händler, Hoteliers und Gastronomen entlang der Ahr, ist dieses Unwetter verheerend."

Montag, 26. Juli

Nach Hochwasser: Munition und Waffen bei Aufräumarbeiten gefunden

Bei den Aufräumarbeiten im schwer vom Hochwasser betroffenen Erftstadt-Blessem in Nordrhein-Westfalen hat ein Helfer mehrere tausend Schuss Munition in einem vollgelaufenen Keller gefunden. Wie die Polizei am Montag mitteilte, fand der freiwillige Helfer beim Leerpumpen des Kellers am Freitag zudem Übungshandgranaten und meldete das der Bundespolizei.

Ein Entschärfer des Landeskriminalamtes habe sich anschließend um die Fundstücke gekümmert. Der Hausbesitzer habe den Beamten freiwillig weitere Waffen übergeben: unter anderem zwei Gewehre, eine Pistole, ein Säbel und ein Bajonett. Gegen ihn wurde Anzeige erstattet.

Zahl der Vermissten im Ahrtal hat sich halbiert

Weitaus weniger Schicksale als bislang vermutet sind nach der Flutkatastrophe im Norden von Rheinland-Pfalz noch ungeklärt. Doch die Zahl der Vermissten bleibt hoch. Fortschritte vermeldet der Krisenstab beim Wegräumen der Trümmer.

Die Zahl der Vermissten nach der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal hat sich von 149 auf 74 Fälle praktisch halbiert. Gelungen sei dies nach Untersuchungen der Polizei teils in Zusammenarbeit mit Kollegen in anderen Bundesländern und in Nachbarstaaten, teilte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Montag in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit.

Von den noch vermissten Menschen hätten 59 ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz, 15 seien in anderen Bundesländern gemeldet. 16 haben laut Lewentz eine ausländische Staatsangehörigkeit. Unmittelbar nach den verheerenden Unwettern von Mitte Juli habe sich die Zahl von Hinweisen und Anfragen nach gesuchten Personen auf 5824 belaufen.

Polizei warnt vor Betrügern im Hochwassergebiet

Am Wochenende sind in mehreren Orten in der Katastrophenregion angebliche „Antragshelfer“ aufgetaucht. Die Polizei warnt vor einer möglichen Betrugsmasche. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

Kräftige Unwetter in einigen Regionen - Katastrophengebiete verschont

Während die Menschen in den Katastrophengebieten im Westen Deutschlands verschont blieben, gab es in anderen Regionen des Landes kräftige Unwetter. In Berlin, Sachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Oberbayern wurden von Sonntagabend an bei Starkregen zahlreiche Keller überschwemmt und Straßen überflutet. Mindestens zwei Menschen kamen ums Leben.

Das vom Unwetter verwüstete Ahrtal in Rheinland-Pfalz blieb in der Nacht zu Montag dagegen von neuen starken Regenfällen verschont. "Die Nacht war ruhig", teilte eine Sprecherin der Polizei in Koblenz mit. Probleme durch weitere Unwetter habe es nicht gegeben. Die Aufräumarbeiten gingen am Montag weiter. "Wir sind weiter mit starken Kräften im Einsatz", sagte die Sprecherin.

Deshalb soll das Gebiet im Landkreis Ahrweiler erneut für den Individualverkehr gesperrt bleiben. Das bedeutet: Freiwillige Helfer mit Auto haben keinen Zugang, sie sollen laut der für den Einsatz zuständigen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Shuttlebusse nehmen, um anzureisen. Mehr als 3000 Haushalte im Katastrophengebiet in Rheinland-Pfalz haben nach Angaben des Statistischen Landesamts bislang einen Antrag auf Soforthilfe des Landes gestellt.

Rund eineinhalb Wochen nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe mit mindestens 179 Toten im Westen Deutschlands hatten die Menschen in den Regionen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen am Wochenende etwas aufatmen können. Neue Unwetter und Überschwemmungen, die befürchtet worden waren, blieben aus.

Hochwasser: Abwasser und Seuchengefahr sind größtes Problem

Welche Aufgaben in Ahrbrück und Hönningen am dringendsten gelöst werden müssen und warum für die Menschen dort jeder Cent der VRM-Spendenaktion benötigt wird. Mehr dazu hier.

Ruhige Nacht in den Hochwassergebieten in Rheinland-Pfalz

Erleichterung in den Hochwassergebieten Koblenz/Trier: Das vom Unwetter verwüstete Ahrtal in Rheinland-Pfalz ist in der Nacht zu Montag von neuen starken Regenfällen verschont geblieben. "Die Nacht war ruhig", teilte eine Sprecherin der Polizei in Koblenz mit. Probleme durch weitere Unwetter habe es nicht gegeben. Die Aufräumarbeiten gingen am Montag weiter.

"Wir sind weiter mit starken Kräften im Einsatz", sagte die Sprecherin. Die Zahl der Toten durch das Hochwasser lag wie am Vortag bei 132, die der Verletzten bei 766. Weiterhin wurden noch 149 Menschen vermisst. Neue Zahlen sollen am Nachmittag mitgeteilt werden.

Auch in Raum Trier gab es in der Nacht nach Angaben der Polizei keine Einsätze wegen Starkregens. In der Region waren unter anderem die Gemeinde Kordel (Landkreis Trier-Saarburg) und der Trierer Stadtteil Ehrang stark vom Hochwasser betroffen gewesen.

Am Montag kann es nach Angaben des Deutschem Wetterdienstes (DWD) erneut vereinzelte Schauer und Gewitter in Rheinland-Pfalz geben. "Punktueller Starkregen ist nicht ausgeschlossen", sagte ein Meteorologe. Eine genaue Lokalisierung der Schwerpunkte könne jedoch nicht vorhergesagt werden.

Kritik an Katastrophenschutz - Sondersitzung im Innenausschuss

Nach der Unwetterkatastrophe kommt am Montag der Innenausschuss im Bundestag zu einer Sondersitzung zusammen. Neben möglichen Versäumnissen der Behörden wollen die Abgeordneten darüber sprechen, ob der Bund künftig mehr für den Katastrophenschutz tun sollte. Die Bewältigung akuter Katastrophenlagen liegt bislang in der Verantwortung der Länder und Kommunen. Der Bund hat seinerseits die Aufgabe, für den Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall zu sorgen. Einige Experten halten diese Aufteilung für nicht mehr zeitgemäß.

Auskunft geben den Mitgliedern des Ausschusses Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Armin Schuster. Sie hatten im März ein Konzept für eine Neuausrichtung des BBK vorgelegt, das eine intensivere Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Krisenfall vorsieht. Schuster hatte bereits Fehler im System bei der verheerenden Flutkatastrophe eingeräumt. "Das ist nicht optimal gelaufen", sagte Schuster am Donnerstag.

Anhaltender Starkregen hatte am 14. Juli zu Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geführt. Mindestens 179 Menschen starben. Nach der Unwetterkatastrophe hatte es Vorwürfe gegeben, die Menschen in den betroffenen Gebieten seien nicht schnell genug gewarnt worden. Insbesondere Seehofer wurde massiv kritisiert. Die Grünen hätten bei der Sondersitzung zudem gerne NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und den rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz (SPD) befragt.

Spiegel will nach Flutkatastrophe "Flächenverbrauch" begrenzen

Hochwasserschutz wird schwieriger, je mehr Boden überbaut wird - auf asphaltierten Flächen kann Wasser nicht versickern und fließt schnell ab. Deswegen müsse mehr als bisher die zunehmende Versiegelung von Flächen begrenzt werden, sagte Klimaschutzministerin Anne Spiegel (Grüne) nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. Täglich werden nach Angaben des Ministeriums bundesweit 56 Hektar überbaut. "Ziel muss es sein, die Neuinanspruchnahme von Flächen in Rheinland-Pfalz auf einen Hektar am Tag zu reduzieren", forderte Spiegel.

"Überall dort, wo Fläche versiegelt ist, kann der Boden kein Niederschlagswasser speichern." Das führe zu einem stärkeren Abfluss des Wassers, sagte die auch für den Hochwasserschutz zuständige Ministerin der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Nach der Katastrophe vom 14. Juli müsse in besonders gefährdeten Regionen auch über die Entsiegelung von Flächen - also über ihre Renaturierung - nachgedacht werden. Die Folgen der Klimakrise zeigen sich in ganz unterschiedlichen Problemen. In den Jahren von 2017 bis 2019 sei die Dürre das große Thema gewesen, sagte Spiegel. In diesem Jahr sei es der verheerende Starkregen mit bislang unvorstellbaren Ausmaßen. Weitere klimabedingte Risiken seien Stürme und Vegetationsschäden, etwa in den Wäldern mit zunehmender Brandgefahr.

"Kein Ort in Rheinland-Pfalz kann für sich in Anspruch nehmen, von schädlichen Auswirkungen der Klimakrise unberührt zu bleiben", sagte die Ministerin. "Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass es jede und jeden treffen kann." Während es unerlässlich sei, dem Klimawandel schnell und mit entschiedenen Maßnahmen zu begegnen, müsse gleichzeitig Vorsorge gegen die unterschiedlichen Auswirkungen getroffen werden.

Sonntag, 25. Juli

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Samstag, 24. Juli

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Freitag, 23. Juli

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Donnerstag, 22. Juli

Lewentz: 62 der 128 Unwetter-Toten in Rheinland-Pfalz identifiziert Mainz

Eine Woche nach der Hochwasserkatastrophe werden in Rheinland-Pfalz weiterhin 155 Menschen vermisst. "Eine Woche nach einem solchen Ereignis nehmen die Chancen, dass Vermisste noch leben können, ab", sagte Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) am Donnerstag in einer Sondersitzung von drei Landtagsausschüssen in Mainz. "Ich kann Ihnen heute nicht sagen, dass wir alle 155 Vermissten-Schicksale aufklären können", sagte Lewentz.

Von den 128 Toten in Rheinland-Pfalz seien bisher 62 identifiziert. "Wir planen keine Massenbeerdigung. Wir wollen, dass die Menschen in Würde von ihren Lieben bestattet werden können", sagte Lewentz. Zu den Toten und Vermissten kämen noch 766 Verletzte in Rheinland-Pfalz, die in den Krankenhäusern behandelt worden seien. In Nordrhein-Westfalen waren bei der Hochwasserkatastrophe vor rund einer Woche weitere 47 Menschen ums Leben gekommen.

Schuster zum Katastrophenschutz: "Das ist nicht optimal gelaufen"

Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Armin Schuster, hat nach der verheerenden Flutkatastrophe im Westen Deutschlands Fehler im System eingeräumt. "Die Tragödie ist nicht mit Worten zu greifen", sagte Schuster am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Er könne nicht so tun, als wäre das optimal gelaufen: "Das ist nicht optimal gelaufen."

Aber beim Thema Warnung spielten "unglaublich viele" in einer Meldekette eine Rolle. "Mein Amt hat viel Knowhow und wenig Zuständigkeit. Wir drücken auf den Warnknopf erst im Kriegsfall", betonte Schuster mit Blick darauf, dass der Bund nur für den Bevölkerungsschutz im Verteidigungsfall zuständig ist. "Ansonsten stellen wir unser System den Ländern und Kommunen zur Verfügung und die benutzen es. Das klappt auch."

Die Frage sei jetzt, wie das Warnsystem verbessert werden könne, zum Beispiel mit mehr Sirenen und Warnungen per SMS. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe im Prinzip schon entschieden, dass die Warnung per Cell Broadcasting komme. "Das Thema Sirene, Cell Broadcast, wird in den nächsten zwei, drei Jahren garantiert Wirkung erzielen", unterstrich Schuster.

Beim Cell Broadcasting wird ähnlich wie bei einer SMS eine Nachricht an Handy-Nutzer verschickt - und zwar an alle Empfänger, die sich zu dem Zeitpunkt in der betreffenden Funkzelle aufhalten.

Länder signalisieren Bereitschaft zu Aufbauhilfe für Flutgebiete

Mehrere Bundesländer haben ihre Bereitschaft signalisiert, die geplante Aufbauhilfe für die Hochwassergebiete finanziell zu unterstützen. "Sachsen-Anhalt wird sich solidarisch an den finanziellen Herausforderungen durch einen Aufbaufonds beteiligen", sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der "Rheinischen Post" (Donnerstag). "Dieselbe Solidarität hat Sachsen-Anhalt ja auch im Jahr 2013 vom Bund und den Bundesländern erfahren." Ähnlich äußerte sich Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Sachsen hat im Zuge der vergangenen Hochwasserkatastrophen selbst eine große Solidarität erfahren. Es ist deshalb selbstverständlich, dass sich der Freistaat an der geplanten Wiederaufbauhilfe beteiligen wird."

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte dem RND, selbstverständlich zeige sich Bremen solidarisch und werde den Wiederaufbau in West- und Süddeutschland unterstützen. "Thüringen wird sich in gebotenem Maße an solidarischen Hilfsfonds beteiligen", sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) laut "Handelsblatt". Darüber hinaus brauche es aber endlich ein gesamtstaatliches Bekenntnis zu einem System eines verpflichtenden Ausgleichs von Elementarschäden. Das hessische Finanzministerium verwies der Zeitung zufolge darauf, dass die Finanzlage der Länder durch die Folgen der Corona-Pandemie bereits angespannt sei: "Die Länder erwarten vom Bund einen Vorschlag, der dieser Lage Rechnung trägt und eine Überforderung der Landesfinanzen vermeidet."

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) verwies nach dem Bericht des RND zunächst auf die Soforthilfe. "Über einen längerfristigen Wiederaufbaufonds wird man noch sprechen müssen, auch wie dieser ausgestaltet werden könnte", sagte er. Eine Woche nach dem Beginn der Hochwasserkatastrophe vor allem im Westen Deutschlands hatte die Bundesregierung am Mittwoch eine Soforthilfe von zunächst 200 Millionen Euro beschlossen. Mittel in derselben Höhe sollen die betroffenen Länder beisteuern, so dass insgesamt bis zu 400 Millionen Euro bereitstehen. Außerdem ist ein milliardenschwerer Aufbaufonds geplant. Nach der Hochwasserkatastrophe von 2013 hatten Bund und alle Länder den milliardenschweren Wiederaufbau gemeinsam finanziert.

Mittwoch, 21. Juli

Zahl der Flutopfer in Rheinland-Pfalz steigt

Die Zahl der Menschen, die vor einer Woche bei der Flutkatastrophe im Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz ums Leben gekommen sind, hat sich am Mittwoch weiter erhöht von 122 auf 125. Zudem seien 764 Verletzte bisher behandelt worden, und 155 Menschen würden noch immer vermisst, sagte Polizei-Einsatzleiter Heinz Wolschendorf in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Wie viele Urlauber darunter sind und wie viele Menschen sich auf den vom Hochwasser betroffenen Campingplätzen aufgehalten hätten, sei unklar. Fast 42.000 Menschen seien von der Katastrophe betroffen. Teile der Region seien noch immer ohne Wasser und Strom, teilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) mit. Für die Bevölkerung und die Einsatzkräfte bestehe eine erhöhte Infektionsgefahr, mit Blick auf Corona und andere Erkrankungen. Zudem gebe es in dem Gebiet Umweltprobleme infolge des ausgelaufenen Heizöls. Pro Tag seien rund 2000 professionelle Helfer im Einsatz und etwa 300 Seelsorger und Psychologen aus der ganzen Bundesrepublik, sagte der Leiter des Krisenstabs, ADD-Präsident Thomas Linnertz. Für die "Unmengen von Schutt", deren Abtransport eine Mammutaufgabe sei, sei eine Sondermülldeponie im Kreis Mayen-Koblenz mit Sondergenehmigung gefunden worden. Biologische Abfälle würden täglich entsorgt. Um die Bürger zu versorgen habe die Einsatzleitung 21 Servicepunkte eingerichtet - mindestens zehn mehr sollten es werden, sagte Linnertz. Dort gebe es Essen, Getränke, sanitäre Einrichtungen, Informationen von Feuerwehr und Polizei sowie zur medizinischen Versorgung und WLAN.

Die Vizepräsidentin des Technischen Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, sieht kaum noch Chancen, Überlebende zu finden. "Wir suchen aktuell noch nach Vermissten, etwa beim Räumen der Wege oder Auspumpen der Keller", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). "Zu diesem Zeitpunkt ist es aber leider sehr wahrscheinlich, dass man Opfer nur noch bergen kann, nicht mehr retten." Gleichzeitig warnen die Behörden vor Gefahren im Schlamm: Wegen einer möglichen Verbreitung von Darmbakterien und Viren in Überschwemmungsbieten riet das Gesundheitsamt des Kreises Trier-Saarburg und der Stadt Trier zu besonderen Hygienemaßnahmen. Vorsichtshalber sollten bei Arbeiten flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen werden. Nach der Überflutung - auch von Kläranlagen - und wegen der warmen Temperaturen gehe man davon, dass in vorhandenen Schlämmen Darmbakterien und Viren vorkommen, die Durchfallerkrankungen verursachen könnten.

Verband erwartet nach Flut milliardenschwere Versicherungsschäden

Die Versicherungsschäden durch die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands belaufen sich nach Branchenangaben auf vier bis fünf Milliarden Euro. "Die Schäden dürften sogar noch über denen des August-Hochwassers im Jahr 2002 von 4,65 Milliarden Euro liegen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen, am Mittwoch. Dabei seien die jüngsten Überschwemmungen in Bayern und Sachsen in der Rechnung noch nicht enthalten.

Bislang 47 Unwetter-Tote in NRW - Polizei korrigiert Zahl

Bei der Unwetterkatastrophe sind in Nordrhein-Westfalen nach bisherigen Erkenntnissen 47 Menschen ums Leben gekommen. Die Kölner Polizei korrigierte am Mittwoch ihre Angaben vom Vortag, wonach eine weitere Leiche in Bad Münstereifel gefunden und die Zahl der Toten im Kreis Euskirchen damit auf 27 gestiegen sei. Dies habe sich zwischenzeitlich nicht bestätigt, es gebe 26 Todesopfer im Kreis Euskirchen, teilte die Polizei am Mittwoch mit und entschuldigte sich für ihren Fehler.

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14 Schulen im Kreis Ahrweiler von Flut besonders hart betroffen

14 Schulen mit insgesamt rund 7000 Schülerinnen und Schüler sind im Kreis Ahrweiler besonders schwer von der Flutkatastrophe betroffen. Das hat eine erste Bestandsaufnahme in der Region ergeben, wie das rheinland-pfälzische Bildungsministerium am Mittwoch in Mainz mitteilte. Ministerin Stefanie Hubig (SPD) traf sich in Burgbrohl in dem Kreis mit Schulleitern, um einen ersten Eindruck von den Schäden zu bekommen. Nun müsse unter anderem mit Schulträgern, Schulaufsicht sowie dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung geschaut werden, wie es nach den Sommerferien weitergehen könne, sagte Hubig. "Die Solidarität benachbarter Gemeinden spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle."

Neben dem Wiederaufbau von Schulgebäuden müsse man sich auch um Schüler und Lehrer kümmern, die das Erlebte verarbeiten müssten, betonte Hubig. Der Schulstart nach den Ferien werde daher begleitet von schulpsychologischen Angeboten. Die Sommerferien enden dieses Jahr in Rheinland-Pfalz am 27. August.

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Kaum noch Hoffnung auf Überlebende

Knapp eine Woche nach Beginn der Hochwasser-Katastrophe im Westen Deutschlands schwinden die Hoffnungen, noch Überlebende in den betroffenen Orten zu finden. "Wir suchen aktuell noch nach Vermissten, etwa beim Räumen der Wege oder Auspumpen der Keller", sagte die Vizepräsidentin des Technischen Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Zu diesem Zeitpunkt ist es aber leider sehr wahrscheinlich, dass man Opfer nur noch bergen kann, nicht mehr retten."

Nach Einschätzung des Deutschen Roten Kreuzes in Rheinland-Pfalz rückt nun im Katastrophengebiet auch die psychologische Betreuung in den Vordergrund. Mehr als 160 Fachkräfte unter den rund 3000 DRK-Einsatzkräften aus 14 Landesverbänden kümmern sich in den betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz zurzeit um die psychosoziale Notfallversorgung, wie der Vorstand des DRK-Landesverbands, Manuel Gonzalez, am Mittwoch mitteilte. Unterstützt werden sie von kirchlichen Seelsorgern.

Rheinland-Pfalz verdoppelt Soforthilfen des Bundes

Nachdem das Bundeskabinett heute die finanzielle Hilfen für die vom Hochwasser betroffenen Regionen in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro beschlossen hat, will Rheinland-Pfalz seinen Anteil verdoppeln.

Betroffene, die einen Schaden an Wohnraum, Hausrat oder Kleidung erlitten haben, erhalten unbürokratisch und schnell Hilfe. Pro Haushalt werden über die Kreise und kreisfreien Städte 1.500 Euro pro Haushalt inklusive einer Person als Sockelbetrag und 500 Euro für jede weitere zusätzliche Person gezahlt. Maximal können 3.500 Euro pro Haushalt ausgezahlt werden. Eine Vermögensprüfung ist nicht notwendig, Spenden werden nicht angerechnet.

„Die Menschen vor Ort benötigen dringend Hilfe und diese werden wir selbstverständlich zur Verfügung stellen“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Finanzministerin Doris Ahnen.

Feuerwehrverband vermeldet tote Feuerwehrfrau

Der Deutsche Feuerwehrverband hat am Dienstagabend den Tod einer "jungen Feuerwehrfrau" vermeldet. Die Helferin sei bei den Rettungsarbeiten an der Ahr ums Leben gekommen, heißt es in einem Tweet. Für betroffene Feuerwehrangehörige habe der Landesfeuerwehrverband ein Spendenkonto eingerichtet.

Dienstag, 20. Juli

Beschädigte Ahrbrücke könnte teilweise abgerissen werden

Die Infrastruktur in Teilen von Rheinland-Pfalz hat durch die Überschwemmungen schweren Schaden genommen. Nun forschen Fachleute nach geeigneten Lösungen um den Verkehr am Laufen zu halten. So hatte am Dienstag etwa ein Prüfungstrupp des Landesbetriebs Mobilität (LBM) die Ahrbrücke bei Sinzig (Kreis Ahrweiler) in Augenschein genommen. Wie eine Sprecherin am Dienstag sagte, werde untersucht, ob die Brücke zum Teil abgerissen werden kann, ohne dass der noch intakte Teil beschädigt wird.

Die zweigeteilte Brücke als Teil der B9 gilt als wichtige Verbindung zwischen Köln und Bonn auf der einen und Koblenz auf der anderen Seite. Durch die heftige Strömung hatten die Fluten der angeschwollenen Ahr am Ende der vergangenen Woche einen der Brückenpfeiler schwer beschädigt. Der war daraufhin abgesackt. "Dadurch wurde die Fahrbahn auf der einen Seite beschädigt, so dass die Strecke in Fahrtrichtung Koblenz unterbrochen wurde", sagte die Sprecherin des Landesbetriebs.

Könnte man den Teil abreißen, der die zweispurige Fahrbahn in Richtung Koblenz vor der Zerstörung getragen hatte, bliebe auf der gegenüberliegenden Seite ein intakter Bereich der Brücke übrig. Dessen beide Spuren waren bisher für die Fahrt in Richtung Bonn und Köln reserviert. Sie könnte man für jeweils eine Fahrtrichtung nutzen, so das Kalkül des LBM. "Es dürfte noch einige Tage dauern, bis wir wissen, ob der eine Teil der Brücke ohne Weiteres abgerissen werden kann", sagte die LBM-Sprecherin.

Nach der Flutkatastrophe viele Bahnstrecken zerstört

Nach der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz werden die gravierenden Schäden bei der Bahn immer deutlicher: Allein sieben Regionalverkehrsstrecken seien von den Wassermassen so stark zerstört worden, dass sie neu gebaut oder umfangreich saniert werden müssten, teilte die Deutsche Bahn am Dienstag mit. Die Reparatur- und Wiederaufbaumaßnahmen würden Wochen und Monate dauern. Insgesamt seien Gleise auf einer Länge von rund 600 Kilometern von den Unwetterfolgen betroffen. Rund 2000 Mitarbeiter der Bahn seien dabei, Gleise, Bahnhöfe und Anlagen von Geröll und Schlamm frei zu räumen. Rund 80 Bahnhöfe wurden laut Mitteilung durch das Unwetter beschädigt. Wassereinbrüche hätten Aufzüge zerstört oder Bahnsteige unterspült. Viele kleinere Reparaturen habe die Bahn bereits erledigt. Aber: Noch seien nicht alle Erkundungsarbeiten abgeschlossen.

Nach wie vor gibt es laut Bahn große Einschränkungen im Nah- und Regionalverkehr. Aufgrund gesperrter Strecken verkehrten zahlreiche S-Bahn- und Regionallinien weiterhin nicht oder nur eingeschränkt. Ersatzweise fahren Busse, soweit die Straßen in den Krisenregionen noch intakt seien. Über Verbindungen informierten die Verkehrsverbünde und Eisenbahnverkehrsunternehmen der Regionen.

Fahrgäste im Fernverkehr könnten die Züge bis auf wenige Abweichungen wieder uneingeschränkt für ihre Reise nutzen. Auch im internationalen Verkehr zwischen Frankfurt–Köln und Brüssel/Amsterdam seien die Züge wieder ohne Unterbrechung unterwegs. Trotzdem könne es im Nah- und Fernverkehr weiter zu Verspätungen oder Zugausfällen kommen.

Satellitenschüsseln für Bevölkerung im Kreis Ahrweiler aufgebaut

Der Katastrophenstab des Landes Rheinland-Pfalz hat im Kreis Ahrweiler zwölf Satellitenschüsseln für die Bevölkerung aufgebaut. Grund ist, dass es in der besonders stark von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Region massive Ausfälle im Mobilfunknetz gibt. Die Zahl der Satellitenschüsseln solle auf 35 gesteigert werden, teilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD) am Dienstag mit. Betroffene könnten sich dort einwählen und so einen Zugang zum Internet bekommen.

Die Netzbetreiber diskutieren derweil, ob sie gemeinsam ihre Netze im Katastrophengebiet öffnen werden. Mehr zum Thema lesen Sie hier.

Hochwasserschutz funktionierte: Österreich entkommt Katastrophe knapp

Österreich ist nur haarscharf an einer größeren Katastrophe während des Hochwassers vom Wochenende vorbeigeschrammt. Die Rückhaltebecken im Bundesland Salzburg seien randvoll gewesen, jeder weitere Regen hätte sie überlaufen lassen, zog Landesminister Josef Schwaiger am Dienstag eine vorläufige Bilanz. Das seit dem letzten Hochwasser 2005 entlang der Salzach investierte Geld von 750 Millionen Euro in Schutzmaßnahmen habe sich voll ausgezahlt, hieß es.

Beim Hochwasser 2005 seien zum Beispiel im Raum Mittersill rund 1000 Liegenschaften in Mitleidenschaft gezogen worden, nun seien es nur ein paar Dutzend. Eine weitere Erhöhung der Dämme sei aber rein technisch nicht mehr möglich.

Ausmaß der Schäden noch nicht zu beziffern

Der Wiederaufbau nach den Hochwasserschäden in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wird nach Einschätzung der deutschen Bauwirtschaft mehrere Jahre dauern. "Nach der Elbflut 2002 hat es etwa drei Jahre gedauert, bis die größten Schäden behoben waren, und fünf Jahre, bis die betroffenen Gebiete wieder ordentlich aussahen", sagte Reinhardt Quast, Präsident des Zentralverbands des Deutsches Baugewerbes (ZDB) in Berlin. Das Ausmaß der Schäden in Westdeutschland sei immens, aber noch nicht zu beziffern.

Rufe nach neuen Sirenensignalen

In den Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz werden die Aufräumarbeiten vorangetrieben und zugleich läuft die Suche nach Vermissten weiter. Zunehmend stellt sich auch die Frage, ob die von Unwetter und Fluten betroffenen Menschen an der Ahr nicht früher hätten alarmiert werden können. Jetzt gebe es "die bittere Erkenntnis, dass die Warnungen des Europäischen Flutwarnungssystems und des Deutschen Wetterdiensts bei viel zu vielen Menschen nicht rechtzeitig angekommen sind", erläuterte die rheinland-pfälzische Europa-Abgeordnete Jutta Paulus (Grüne) zu einer Anfrage an die EU-Kommission in Brüssel. "Wir müssen aus diesen Versäumnissen lernen, denn Extremwetterereignisse werden zunehmen."

Der Landkreistag Rheinland-Pfalz forderte neue Sirenensignale, damit die Menschen in Risikogebieten rechtzeitig gewarnt werden können. "Die digitale Alarmierung funktioniert nicht, wenn kein Ton da ist", sagte der Geschäftsführende Direktor des Landkreistags, Burkhard Müller. Die etablierten Signale etwa zum Fliegeralarm oder zum ABC-Alarm bei einem Angriff mit atomaren, biologischen oder chemischen Waffen seien nicht mehr zeitgemäß.

Nach Plünderungen: Polizei verstärkt Kontrollen

Nach mehreren Diebstählen im Hochwassergebiet hat die Polizei im Märkischen Kreis in Nordrhein-Westfalen ihre Präsenz vor Ort verstärkt. Besonders im Raum Altena wurde das veranlasst, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Die Stadt war vergangene Woche von Hochwasser überschwemmt worden.

Bürger seien gebeten, verdächtige Menschen oder Fahrzeuge über Notruf 110 zu melden. Am Montag etwa stoppten Beamte in der Stadt Plettenberg einen Transporter mit zwölf verschlammten Fahrrädern, einem Tretroller und Stühlen. Die Insassen gaben an, die Gegenstände in Altena eingesammelt zu haben. Die Männer wurden wegen Diebstahls angezeigt.

Risiko der steigenden Corona-Zahlen

Die Landesregierung will nun dafür sorgen, dass die Katastrophe nicht zu steigenden Corona-Infektionszahlen führt, etwa durch Hilfsaktionen oder die Unterbringung in Notunterkünften. "Derzeit kommen viele Menschen auf engstem Raum zusammen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Wir müssen jetzt aufpassen, dass die Bewältigung der Katastrophe nicht zu einem Superspreader-Event wird", sagte David Freichel vom Corona-Kommunikationsstab der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag).

Straßenschäden noch nicht abzuschätzen

Nach der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz gibt es noch keinen Überblick über die zahlreichen Schäden an Straßen und Brücken. "Das Ausmaß ist noch nicht abschätzbar", sagte die Sprecherin des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) am Dienstag in Koblenz. Seit Montag seien Experten mit der Schadensaufnahme beschäftigt. "Wir sind dran, haben aber noch keine Auflistung, was alles kaputt ist." Besonders betroffen seien die Gebiete an der Ahr, aber auch an der Kyll und andere Teile der Eifel.

Einen ersten Überblick über zerstörte Straßen und Brücken könne es möglicherweise Ende dieser Woche geben, sagte die LBM-Sprecherin. Brückenprüfer seien vor Ort, um zu schauen, welche Brücken saniert werden könnten und welche abgerissen werden müssten. Es gebe auch noch Ortschaften, die nach den Zerstörungen der Unwetterkatastrophe straßenmäßig komplett abgeschnitten seien: Dazu zähle Mayschoß im Kreis Ahrweiler, sagte sie.

Erftstädter dürfen zum Teil in Wohnungen zurück

In dem von einem Erdrutsch betroffenen Ortsteil Blessem im nordrhein-westfälischen Erftstadt sollen viele Anwohner in den kommenden Tagen zeitweise in ihre Häuser zurückkehren dürfen. Es gebe aber eine Sicherheitszone von 100 Metern rund um die Kiesgrube und die entsprechende Abbruchkante nach der Hochwasser-Katastrophe, sagte ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises am Dienstag. Diese dürfe nicht betreten werden, vor allem an der Abbruchkante bestehe weiter "akute Lebensgefahr".

Die Zahl der gesuchten Menschen in Erftstadt habe sich derweil weiter auf etwa ein Dutzend Fälle reduziert, wie ein Sprecher der Polizei am Dienstag sagte. "Viele, viele Leute haben sich bei ihren Verwandten gemeldet und sind wohlauf". Das Telefonnetz stabilisiere sich allmählich.

Aufräumarbeiten in vollem Gange

Für die Überlebenden der Fluten gilt es weiter, Schlamm und Trümmer aus ihren Häusern und von den Straßen beiseitezuschaffen. Vielerorts ist die Infrastruktur mit Straßen, Bahngleisen, Brücken, Mobilfunkmasten, Strom- und Gasleitungen sowie Trinkwasserversorgung zerstört. Der Bund rechnet mit mindestens rund zwei Milliarden Euro Schäden alleine bei der Deutschen Bahn sowie bei Straßen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr.

Auch im Berchtesgadener Land in Bayern hatten heftige Unwetter mit Starkregen zu Wasserfluten und Erdrutschen geführt. Manche Orte in der beliebten Urlaubsregion rund um Watzmann und Königssee wurden verwüstet. Am Dienstag sollten die Schulen und Kitas nach Angaben des Landratsamtes jedoch wieder regulär öffnen - und der Katastrophenfall wurde aufgehoben.

Montag, 19. Juli

Behörden: Wasser der Ahr nicht trinken

Nach der Hochwasserkatastrophe an der Ahr wird die Bevölkerung davor gewarnt, das Wasser des Flusses zu trinken oder es zur Reinigung von Gegenständen zu nutzen. Das Ahr-Wasser sei durch Heizöl, Abwasser sowie Schlamm und Unrat stark verunreinigt, teilte das Pressezentrum Hochwasser-Ahrweiler am Montagabend mit. „Bitte sprechen Sie die Einsatzkräfte vor Ort auf verfügbares Trink- und Brauchwasser an.“

Hochwasserlage in Bayern entspannt sich etwas

Die Lage in den Hochwassergebieten im Süden und Osten Bayerns hat sich etwas entspannt. In Passau lag der Pegel der Donau am frühen Montagmorgen bei 8,18 Metern und damit unterhalb der höchsten Hochwasserwarnstufe von 8,50 Metern. Von katastrophalen Zuständen sei man zum Glück noch entfernt, sagte ein Sprecher der Polizei in Passau am Montag.

Auch im besonders stark von Unwettern getroffenen Berchtesgadener Land konnten die Menschen etwas aufatmen. "Die Nacht verlief ruhig", hieß es bei der Feuerwehr. Die Helfer seien jetzt mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Anlass zur Hoffnung geben auch die Wetteraussichten. Bis auf einzelne kurze Schauer soll es in den kommenden Tagen trocken bleiben. Unwetter seien derzeit nicht in Sicht, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD).

Völlige Entwarnung gibt es gerade in Städten wie Passau aber noch nicht. Uferpromenaden und Parkplätze waren bereits überflutet worden, Bewohner schützen ihre Häuser mit Sandsäcken und Barrieren. Der Scheitel der Hochwasserwelle wurde gegen 9 Uhr erwartet. Auch andernorts stiegen die Pegel, etwa in Neuburg an der Donau, wo die Hochwassermeldestufe drei erreicht wurde.

Besonders dramatisch war die Lage am Wochenende im Berchtesgadener Land gewesen. Hier hatte die Wucht des Wassers mit voller Kraft zugeschlagen, nachdem der Fluss Ache über die Ufer getreten war. Mehr als 160 Menschen mussten in der Urlaubsregion rund um den Königssee aus ihren Häusern in Sicherheit gebracht werden. Ein Geologe prüfte zudem die Hänge, ob es dort zu Abrutschen kommen könne.

Feuerwehr: Damm der Steinbachtalsperre hat standgehalten

Der Damm an der seit Tagen bedrohten Steinbachtalsperre in Nordrhein-Westfalen hat den Wassermassen bis zum Montagmorgen standgehalten. Die Feuerwehr Euskirchen trat Gerüchten entgegen, der Damm sei gebrochen. Tatsächlich seien bei einem Kontrollflug eines Hubschraubers der Bundespolizei keine Risse festgestellt worden.

"Es wird weiterhin Wasser abgepumpt und abgelassen", sagte ein Sprecher der Feuerwehr der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Ob der Wasserstand bereits jenseits der kritischen Marke sei, solle eine abschließende Expertenbewertung am Montagmorgen ergeben.

Aus der wegen des verheerenden Hochwassers bedrohten Talsperre wird Wasser abgelassen, um Druck von dem Damm zu nehmen. Erst wenn die Talsperre zu zwei Dritteln entleert sei, bestehe keine akute Dammbruchgefahr mehr, hatte die Bezirksregierung Köln mitgeteilt. Die Orte Swisttal und Rheinbach unterhalb der Steinbachtalsperre an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz waren evakuiert worden.

Weiter keine Regionalzüge in der Eifel - Fortschritte im Fernverkehr

Bahnpendler und Reisende müssen sich am Montag weiter auf Verzögerungen und Zugausfälle in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz einstellen. Auf sechs Regionallinien in der Eifel sei der Zugbetrieb aufgrund der Unwetterschäden ganz eingestellt, teilte die Deutsche Bahn am Montag in Düsseldorf mit. Betroffen seien die Linien RE 12, RE 22, RB 24, RB 30, RB 39 und S 23/RB 23. Vielerorts sei wegen der Schäden auch kein Schienenersatzverkehr möglich.

Ersatzverkehr mit Bussen sei zwischen Hürth-Kalscheuren und Euskirchen, zwischen Bonn Hauptbahnhof und Euskirchen sowie zwischen Gerolstein und Trier Hauptbahnhof eingerichtet worden. Auch in der Gegend um Hagen und Köln gab es am Montagmorgen Verspätungen und Teilausfälle der S-Bahnen und Regionalzüge.

Beim Fernverkehr meldete das Unternehmen weitere Fortschritte: Der Abschnitt Köln - Wuppertal - Hagen - Dortmund könne voraussichtlich ab 10 Uhr wieder befahren werden, es sei jedoch weiter mit Verspätungen zu rechnen.

Nach einem ersten Lagebild wurden in NRW und Rheinland-Pfalz mehr als 80 Stationen und Haltepunkte durch die Unwetterkatastrophe beschädigt, wie die Deutsche Bahn bereits am Sonntag mitteilte. Zudem seien auf mehr als 600 Kilometern Länge Gleise beschädigt worden.

FDP spricht von "Systemversagen"

Die FDP hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angesichts der Hochwasserfolgen schwere Versäumnisse beim Bevölkerungsschutz vorgeworfen. "Die rechtzeitigen Warnungen der Meteorologen sind weder von den Behörden noch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinreichend an die Bürgerinnen und Bürger kommuniziert worden", sagte Fraktionsvize Michael Theurer der Deutschen Presse-Agentur. "Es bietet sich das Bild eines erheblichen Systemversagens, für das der Bundesinnenminister Seehofer unmittelbar die persönliche Verantwortung trägt."

Seit Jahren lägen die Reformvorschläge der FDP auf dem Tisch, doch passiert sei nichts. Das gefährde Menschenleben. "Ich fordere, die Heimat-Abteilung im Innenministerium unverzüglich aufzulösen und die freiwerdenden Stellen neben der Digitalisierung für den Bevölkerungsschutz zu verwenden", sagte Theurer. Als erstes sollte die Broschüre "Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen" des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe an alle Haushalte versandt werden. "Das Innenministerium muss dafür die Mittel aufbringen."

Auch der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach forderte, Konsequenzen aus den Erfahrungen bei der Flutkatastrophe zu ziehen. "Beim Katastrophenschutz sind wir genauso schlecht vorbereitet wie beim Pandemie-Schutz", sagte Lauterbach der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). "Wir müssen uns jetzt darauf einstellen und vorbereiten, dass es in Zukunft mehr Naturkatastrophen geben wird und auch regelmäßig Pandemien. Die Infrastruktur dafür muss geschaffen und ausgebaut werden, der Katastrophenschutz hat hier eine zentrale Bedeutung."

Das Bangen in Hochwasser-Gebieten ist noch nicht vorbei

Viele helfende Hände beseitigen bereits Schlamm und Trümmer. Dennoch richten sich auf viele Orte weiterhin bange Blicke. So ist in Bayern die Hochwasser-Gefahr noch nicht gebannt. Zudem werden erste Frage nach den Konsequenzen laut, die es zu ziehen gilt.

Sonntag, 18. Juli

Bürgermeisterin von Altenahr: Bild der Gemeinde wird anders aussehen

Die Bürgermeisterin von Altenahr, Cornelia Weigand, rechnet mit einem langwierigen Wiederaufbau der Infrastruktur in der von der Hochwasserkatastrophe hart getroffenen Verbandsgemeinde. "Es sieht so aus, als ob die Infrastruktur so stark zerstört ist, dass es in einigen Orten vielleicht über Wochen oder sogar Monate kein Trinkwasser geben wird", sagte Weigand am Sonntagabend im "Bild live"-Politiktalk "Die richtigen Fragen". Eine Notwasserversorgung müsse gegebenenfalls über Monate gewährleistet werden. Gleiches gelte für eine Notstromversorgung dort, wo der Strom für länger ausfalle.

Wann es in Altenahr wieder Normalität gebe, sei für sie nicht absehbar, sagte Weigand weiter: "Es ist klar, dass unsere Gemeinden anschließend anders aussehen werden, weil viele der Gebäude, die prägend waren, die dort über 50, 100 oder 150 Jahre gestanden haben, abgerissen werden müssen." Sie hoffe, dass es eine Zukunft für ihre Gemeinde gebe, weil die Frage laute: "Wer zieht da wieder hin, wo ein Jahrhunderthochwasser um den Faktor 3 überstiegen wird. Das ist nicht berechenbar, das ist nicht planbar."

So trifft das Hochwasser den Kreis Groß-Gerau

Das Hochwasser an Rhein und Altrhein beschäftigt die Anwohner. Viele Schaulustige besuchten im Kreis Groß-Gerau die Ufer.Mehr dazu hier.

Pegelstand in Wiesbaden unter den Erwartungen

Während die Wiesbadener Helfer aus dem Hochwassergebiet Köln zurückkehren, bleibt die Lage am Rheinufer zunächst entspannt. Die Einsatzkräfte berichten von den Zuständen vor Ort.Mehr dazu hier.

Südhessische Helfer sind zurück aus dem Hochwassergebiet

Nach schockierenden Momenten bei Köln ist für die Darmstädter erst mal schlafen und Duschen angesagt. Nach ihrer Rückkehr kommentiert die Einsatzleiterin die Erlebnisse der letzten Tage. Mehr dazu hier.

Wormser Feuerwehren helfen im Hochwassergebiet an der Ahr

Am frühen Samstagmorgen haben sich die ersten Helfer aus Worms auf den Weg ins Hochwasser-Katastrophengebiet gemacht. Wie sie dort helfen und wie lange sie im Einsatz lesen Sie hier.

Regenmassen sorgen für Überflutungen in der Sächsischen Schweiz

Extreme Regenfälle von teils mehr als 100 Litern pro Quadratmeter haben am Samstag in der Sächsischen Schweiz zu Überflutungen geführt. Einzelne Ortslagen seien nicht mehr erreichbar, teilte das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge am Abend mit. Besonders betroffen seien Neustadt, Sebnitz, Bad Schandau, Reinhardtsdorf-Schöna und Gohrisch. Die Behörde mahnte dringend, Keller, Tiefgaragen und Unterführungen zu meiden. Zudem könnten überflutete Straßen und Wege große Gefahren darstellen.

Nach Angaben des Landeshochwasserzentrums wurde am Abend am Pegel Neustadt 1 an der Polenz die Alarmstufe 4 überschritten. In den Unterläufen der Kirnitzsch, der Sebnitz und des Lachsbaches habe es einen "extremen Wasserstandsanstieg" gegeben. "Es sind starke Überschwemmungen zu erwarten", warnte das Hochwasserzentrum. Die Situation sei angespannt, aber beherrschbar. Eine weitere Katastrophe wie jene im Kreis Ahrweiler wird nicht erwartet.

Reißende Flut wälzt sich durch Hallein in Österreich

Nach sintflutartigen Regenfällen sind in Österreich Teile der Innenstadt von Hallein bei Salzburg überflutet. Ein Bach hat sich zu einem reißenden Strom entwickelt, bestätigte die Polizei am Samstag entsprechende Videos, die im Internet zu sehen sind. "Die Situation ist sehr angespannt, teils dramatisch", sagte ein Polizeisprecher. Allerdings gebe es derzeit keine Hinweise auf Verletzte. Auf den Videos ist zu sehen, wie Autos von den Wassermassen mitgerissen werden.

Schon zuvor war die Bevölkerung aufgerufen worden, vorsichtig zu sein und die Keller nicht aufzusuchen. Auch in anderen Teilen der österreichischen Alpen ist die Situation angespannt. So musste rund um Kitzbühel die Feuerwehr zahlreiche Keller leer pumpen.

Samstag, 17. Juli

Rettungswagen mit Demenzkranken aus Hochwassergebiet brennt

"Geistesgegenwärtig und todesmutig" hat laut Polizei die Besatzung eines Rettungswagens zwei demenzkranke Senioren aus dem brennenden Fahrzeug gerettet. Sie sollten aus dem Hochwassergebiet in ein Krankenhaus transportiert werden. Mehr dazu lesen Sie hier.

Laschet: Eindruck während Steinmeier-Rede "tut mir leid"

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat sich für den Eindruck entschuldigt, er habe sich während der Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im nordrhein-westfälischen Hochwassergebiet unangemessen verhalten. Er bedauere den Eindruck, der durch eine Gesprächssituation entstanden sei. "Dies war unpassend und es tut mir leid", schrieb Laschet am Samstagabend im Kurznachrichtendienst Twitter. "Uns liegt das Schicksal der Betroffenen am Herzen, von dem wir in vielen Gesprächen gehört haben."

Auf Fernsehbildern und Aufnahmen von Fotografen ist der CDU-Politiker während einer Rede des Bundespräsidenten in Erftstadt im Hintergrund zu sehen. In einer Sequenz scherzen Laschet und seine Begleiter. Zu sehen ist, wie er sich lachend zu seinen Begleitern dreht.

Bei Twitter gab es daraufhin Kritik an dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil schrieb: "Ich bin wirklich sprachlos." SPD-Parteivize Kevin Kühnert twitterte: "Eine Frage des Charakters." Der Pianist Igor Levit kritisierte "würdeloses Verhalten". Der frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, sprach von "Pietätlosigkeit" gegenüber den Opfern.

98 Tote, 670 Verletzte im Landkreis Ahrweiler

Die die Polizei am Samstagnachmittag mitteilt, sind inzwischen allein im Kreis Ahrweiler 98 Menschen bei der Hochwasser-Katastrophe ums Leben gekommen, 670 wurden verletzt. Es kommt weiterhin zu Verkehrsbeeinträchtigungen im Landkreis Ahrweiler. Unter anderem ist die A61 zwischen Rastplatz Goldene Meile und Dreieck Sinzig nur einspurig befahrbar und die B9 ist um die Ahrbrücke Sinzig vollgesperrt.

Die Polizei bittet darum, das Katastrophengebiet weiterhin weiträumig zu umfahren, denn auch auf Ausweichrouten kann es zu Verkehrsbeeinträchtigungen kommen. Die Rettungswege müssen für die eingesetzten Kräfte freigehalten werden.

Großteil der von der Flut betroffenen Häuser in Trier leergepumpt

In dem vom Hochwasser massiv betroffenen Trierer Stadtteil Ehrang sind die Aufräumarbeiten ein gutes Stück vorangekommen. "Den Feuerwehren und dem THW gelang es, rund 650 von 700 betroffenen Häuser leer zu pumpen", teilte die Stadt am Samstagabend mit. Derzeit werde davon ausgegangen, dass keines der Häuser einsturzgefährdet sei, diese Einschätzung könne sich aber noch ändern.

In Trier-Ehrang war am Donnerstag die Kyll über die Ufer getreten und hatte große Teile des Stadtteils überschwemmt. Etwa 1000 Einwohner waren nach Angaben der Stadt Trier in Sicherheit gebracht worden. Zudem mussten ein Altenheim und ein Krankenhaus evakuiert werden. Am Samstag konnten die ersten Bewohner wieder in ihre Wohnungen zurückkehren.

Zahl der Toten bei Unwetterkatastrophe steigt in NRW auf 45

In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Toten im Zusammenhang mit der Unwetterkatastrophe auf 45 gestiegen. Das teilte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums am Samstagabend mit. Damit hat sich die Zahl der Todesopfer gegenüber Freitag um zwei erhöht.

Keine Toten wurden bislang bei der Bergung der Fahrzeuge auf der überfluteten Bundesstraße 265 bei Erftstadt gefunden, wie ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises berichtete. Bei der Überprüfung der insgesamt 28 Autos und Lastwagen, die von den Wassermassen überspült worden waren, kamen auch Taucher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) zum Einsatz.

Niederländer kämpfen weiter gegen Hochwasser entlang der Maas

Im Süden der Niederlande haben die Anwohner entlang der Maas am Samstag mit Sandsäcken und Schutzmaßnahmen den Kampf gegen das Hochwasser fortgesetzt. Mit einem Absinken des Wassers wurde in Roermond am Sonntagmorgen und in Venlo am Sonntagabend gerechnet, teilten die Behörden mit.

In Venlo an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen war am Freitag ein Krankenhaus mit 200 Patienten vorsorglich evakuiert worden. In der Stadt und umliegenden Orten wurden Tausende Menschen zum Verlassen ihrer Wohnungen aufgerufen. Zwar richteten die Fluten erhebliche materielle Schäden an, Berichte über Verletzte gab es aber nicht.

Unterdessen riefen die Behörden Schaulustige auf, zu Hause zu bleiben, und drohten mit Bußgeldern. Wie die Stadt Venlo mitteilte, überwachte die Polizei auch aus der Luft die evakuierten Gebiete und die Deiche.

Vier Feuerwehrleute bei Hochwassereinsätzen in NRW gestorben

Bei den Hochwassereinsätzen in Nordrhein-Westfalen haben mindestens vier Feuerwehrleute ihr Leben verloren. Das teilte der Verband der Feuerwehren (VdF) am Samstag mit. Neben den beiden in Altena und Werdohl gestorbenen Männern seien zwei weitere Todesfälle gemeldet worden. In Nettersheim (Kreis Euskirchen) sei ein Feuerwehrangehöriger bei einem Rettungseinsatz ums Leben gekommen. Ein weiterer Feuerwehrangehöriger der Feuerwehr Rheinbach (Rhein-Sieg-Kreis) sei im Einsatz leblos aufgefunden worden und später im Krankenhaus gestorben.

Anzahl der Toten in Rheinland-Pfalz steigt auf 98

Nach der Hochwasserkatastrophe ist die Zahl der bestätigten Todesopfer in Rheinland-Pfalz auf 98 gestiegen. "Es ist zu befürchten, dass noch weitere Todesopfer hinzukommen", sagte ein Sprecher der Polizei in Koblenz am späten Samstagnachmittag. Zudem waren der Polizei 670 verletzte Personen im Kreis Ahrweiler bekannt. Auch mehr als zwei Tage nach dem Unglück werden noch Menschen vermisst. Über die genaue Zahl konnte der Sprecher keine Angaben machen.

Die Lage in den überfluteten Gebieten sei noch immer sehr angespannt, teilte die Kreisverwaltung am Samstag mit. Rund 1300 Einsatzkräfte aus ganz Deutschland würden vor Ort helfen. Der Schwerpunkt der Katastrophe liegt in Rheinland-Pfalz im Kreis Ahrweiler. Am Sonntag wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die vom Hochwasser betroffenen Gebiete besuchen, um sich ein Bild zu machen.

Polizei warnt vor Reisen ins Katastrophengebiet

Die Einsatzkräfte sind in der Hochwasser-Krisenregion im Dauereinsatz. Doch die Polizei muss zusätzlich im Internet gegen Falsch-Informationen und schädliche Aufrufe kämpfen. Mehr dazu lesen Sie hier.

"Überwältigende Hilfsbereitschaft" - Nach Flut treffen Spenden ein

Nach der Flutkatastrophe in Teilen von Rheinland-Pfalz gehen Abertausende von Sachspenden zur Linderung der Not ein. "Die Hilfsbereitschaft aus Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern ist überwältigend", sagte ein Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Sowohl verschiedene Feuerwehren des Landes als auch Hilfsorganisationen, Unternehmen und private Initiativen hätten mittlerweile in vielen Kommunen des Landes Sammelstellen eingerichtet. "Im Moment kommt soviel an, dass es für die Helfer schwierig ist, den Überblick zu behalten", sagte der Sprecher. Die Spender würden nicht nur Kleidung, Hygieneartikel und Gebrauchsgegenstände spenden, sondern auch Geld geben.

Der Eifelkreis bat mit Blick auf die vielen bisher gespendeten Kleider und Lebensmittel vorerst um Zurückhaltung: "Die Kreisverwaltung dankt für die zahlreichen Angebote, weist jedoch noch einmal darauf hin, dass Sachspenden zum jetzigen Zeitpunkt in ausreichender Menge vorhanden sind", hieß es in einer Mitteilung.

Steinmeier: Schicksal der Hochwasseropfer "zerreißt uns das Herz"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zu anhaltender Hilfe für die Opfer der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands aufgerufen. "Die Unterstützungsbereitschaft, sie muss anhalten, im Großen wie im Kleinen", sagte er am Samstag bei einem Besuch im nordrhein-westfälischen Katastrophengebiet an der Erft. "Die Menschen hier vertrauen darauf, dass die Solidarität, die signalisiert wird, auch weiterhin besteht." Vielen Menschen in den Hochwassergebieten sei "nichts geblieben, außer ihrer Hoffnung. Und diese Hoffnung dürfen wir nicht enttäuschen", sagte Steinmeier in Erftstadt.

Der Bundespräsident hatte sich zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) über die Lage in Erftstadt informiert. Zur Stadt gehört die Ortschaft Blessem, wo es zu gewaltigen Erdrutschen gekommen war. Es bildeten sich Krater im Erdreich, drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg stürzten ein.

Viele Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hätten "alles verloren, was sie sich ein Leben lang aufgebaut haben", sagte Steinmeier. "Wir sehen Gemeinden, die von Verwüstung, von Zerstörung gezeichnet sind." Den größten Verlust hätten aber die zu tragen, die Familienangehörige, Freunde, Bekannte verloren haben. "Ihr Schicksal zerreißt uns das Herz", sagte Steinmeier.

Polizei verstärkt Präsenz an der Ahr

In der Region Ahrweiler erhöht die Polizei wegen möglicher Plünderung und wegen Hochwassertouristen die Präsenz. Dies teilte die Kreisverwaltung am Samstag mit. Die Lage in den überfluteten Gebieten sei noch immer sehr angespannt. Rund 1300 Einsatzkräfte aus dem ganzen Bundesgebiet würden vor Ort helfen. Die Wasserstände sänken den Prognosen zufolge, neue Regenfälle würden nicht erwartet.

Bislang keine Todesopfer in Erftstadt-Blessem entdeckt

In der besonders vom Hochwasser betroffenen nordrhein-westfälischen Ortschaft Erftstadt-Blessem gibt es bislang keine bestätigten Todesopfer. Das sagte ein Kreisprecher am Samstagmorgen der Deutschen Presse-Agentur. Die Lage in Blessem sei derweil weiter angespannt. In anderen Teilen des Kreises gingen die Pegelstände unterdessen zurück, im Norden habe man Evakuierungen aufheben können. Da die Arbeiten der Rettungskräfte im Bereich Blessem noch in vollem Gange sind, könne man nicht ausschließen, noch Todesopfer zu finden. Belastbare Zahlen zu Vermissten gebe es nicht.

Im Stadtteil Blessem waren mindestens drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg eingestürzt. "Wir gehen von mehreren Toten aus, wissen es aber nicht", hatte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Freitag in Düsseldorf gesagt. Am Samstagmittag will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Erftstadt besuchen.

Bislang mindestens 130 Tote durch das Hochwasser

Bei der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands steigt die Opferzahl weiter. Bis Samstagmorgen wurden mehr als 130 Tote als Folge der Überschwemmungen gezählt. In Rheinland-Pfalz kamen Angaben der Polizei allein im Kreis Ahrweiler mehr als 90 Menschen ums Leben , in Nordrhein-Westfalen waren es bis Freitagnachmittag 43.

Unwetter in Rheinland-Pfalz: Die Ahr fließt unter einer Brücke hindurch in dem Ort im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Mindestens sechs Häuser wurden durch die Fluten zerstört.  Foto: Thomas Frey/dpa
Unwetter in Rheinland-Pfalz: Die Ahr fließt unter einer Brücke hindurch in dem Ort im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Mindestens sechs Häuser wurden durch die Fluten zerstört. (© Thomas Frey/dpa)
Die zerstörte Brücke in dem Ort im Kreis Ahrweiler nach dem Unwetter und Hochwasser. Mindestens sechs Häuser wurden durch die Fluten zerstört.  Foto: Harald Tittel/dpa
Die zerstörte Brücke in dem Ort im Kreis Ahrweiler nach dem Unwetter und Hochwasser. Mindestens sechs Häuser wurden durch die Fluten zerstört. (© Harald Tittel/dpa)

Es stehe zu befürchten, dass sich die Opferzahlen weiter erhöhen, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitag nach einer Sondersitzung des Landeskabinetts. In beiden Bundesländern wurden noch zahlreiche Menschen vermisst. Die Lage blieb vielerorts angespannt. In Erftstadt-Blessem südwestlich von Köln führten Erdrutsche zu einer dramatischen Lage.

Katastrophenalarm ausgelöst

Das Verteidigungsministerium löste wegen der Notlage einen militärischen Katastrophenalarm aus. Damit könnten Entscheidungen von den Verantwortlichen an Ort und Stelle schneller getroffen werden, erläuterte ein Ministeriumssprecher. Es seien bereits mehr als 850 Soldaten im Einsatz.

In den Katastrophengebieten gingen die Bergungs- und Aufräumarbeiten weiter. Zugleich deutete sich bei sinkenden Pegelständen in einigen Orten etwas Entspannung an. Über Hilfen für die betroffenen Menschen und Unternehmen berieten unter anderem die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Die Bundesregierung will in der kommenden Woche über Aufbauhilfen für Bürger und Kommunen entscheiden, wie ein Sprecher des Finanzministeriums sagte.

Weitgehend zerstört und überflutet ist das Dorf Schuld im Kreis Ahrweiler nach dem Unwetter mit Hochwasser. Dabei hat die Flut Äste und Unrat ins Innere des Ortes gespült, wo sie sich auftürmen.   Foto: Boris Roessler/dpa
Weitgehend zerstört und überflutet ist das Dorf Schuld im Kreis Ahrweiler nach dem Unwetter mit Hochwasser. Dabei hat die Flut Äste und Unrat ins Innere des Ortes gespült, wo sie sich auftürmen. (© Boris Roessler/dpa)

In Erftstadt-Blessem südwestlich von Köln kam es am Freitag zu Erdrutschen von gewaltigem Ausmaß, es bildeten sich riesige Erdlöcher. Häuser wurden unterspült und stürzten ein. "Es gibt Todesopfer", sagte eine Sprecherin der Bezirksregierung Köln. Die Lage war am Mittag noch unübersichtlich.

Blick in eine Straße in Bad Münstereifel nach schweren Regenfällen und dem Hochwasser der Erft.  Foto:dpa
Blick in eine Straße in Bad Münstereifel nach schweren Regenfällen und dem Hochwasser der Erft. (© Foto:dpa)

Der zuständige Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Frank Rock, sagte im Fernsehsender ntv, er habe noch keine konkrete Zahl über Todesopfer oder Vermisste. 50 Menschen seien mit Booten gerettet worden. Die Flut sei sehr schnell gekommen. Senken hätten binnen zehn Minuten unter Wasser gestanden. Es habe kaum Zeit gegeben, die Menschen zu warnen. "Es ist eine katastrophale Lage, wie wir sie hier noch nie hatten", sagte Rock.

In NRW 23 Städte und Landkreise betroffen

Nach Polizeiangaben würden in Rheinland-Pfalz knapp unter 100 Menschen vermisst, sagte Innenminister Roger Lewentz am Morgen im Deutschlandfunk. Stundenlanger Starkregen hatte zu den verheerenden Überschwemmungen in mehreren Regionen geführt. Die Regierungen der beiden betroffenen Bundesländer kamen zu Sondersitzungen zusammen.

In Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerung und Katastrophenschutz (BBK) in Bonn 23 Städte und Landkreise von Überschwemmungen betroffen. Das dortige Innenministerium sprach am Freitag von 43 Toten. Die Feuerwehr rettete am Donnerstagabend im Kreis Heinsberg drei schwer verletzte Menschen aus dem Fluss Wurm, die zu ertrinken drohten.

Ein Foto, das die Bezirksregierung Köln am Freitag über Twitter verbreitete, zeigt Überschwemmungen in Erftstadt-Blessem. Laut der Behörde sind einige Häuser eingestürzt, mehrere Menschen würden vermisst.  Foto: Rhein-Erft-Kreis/dpa
Ein Foto, das die Bezirksregierung Köln am Freitag über Twitter verbreitete, zeigt Überschwemmungen in Erftstadt-Blessem. Laut der Behörde sind einige Häuser eingestürzt, mehrere Menschen würden vermisst. (© Rhein-Erft-Kreis/dpa)

In Rheinland-Pfalz ist der Kreis Ahrweiler Schwerpunkt der Katastrophe. Allein im Dorf Schuld an der Ahr mit 700 Einwohnern wurden mehrere Häuser von den Wassermassen mitgerissen, zahlreiche weitere Gebäude teils schwer beschädigt. Erhebliche Schäden gab es auch in weiteren Regionen der Eifel sowie im Landkreis Trier-Saarburg.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, für den Aufbau der betroffenen Landstriche sei auch die Hilfe des Bundes nötig. "Es ist ganz klar, dass diese Katastrophe nicht allein durch das Land zu stemmen ist, erst recht nicht durch die Kommunen", betonte sie im ZDF-"Morgenmagazin".

An den Flüssen und Seen in Baden-Württemberg erwarteten die Experten für Freitag steigende Wasserstände. In einigen Regionen wurden erneut Straßen gesperrt, im Allgäu stand ein Wohngebiet unter Wasser. Der Deutsche Wetterdienst warnte vor Starkregen und Gewittern etwa in Oberschwaben. Vor allem in kleineren Gewässern könne der Wasserstand schnell ansteigen.

Das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz meldete in seinem Frühwarnsystem bis Samstagmorgen zwar für fast das ganze Bundesland eine geringe Hochwassergefährdung. In der Region rund um Altenahr sowie in Teilen der Eifel seien aber noch immer vereinzelte Überflutungen möglich, hieß es.

In Nordrhein-Westfalen wird mit fallenden Wasserständen gerechnet, dies werde aber teils nur langsam geschehen. Die Pegelstände bewegten sich oft noch oberhalb der Warnschwellen, etwa an Erft, Ruhr, Rur, Sieg und Weser, teilte das Landesumweltamt mit.

In der Nähe der Ortschaft Speicher (Rheinland-Pfalz) ist eine Brücke über die Kyll vom Hochwasser weggerissen worden. Foto: dpa
In der Nähe der Ortschaft Speicher (Rheinland-Pfalz) ist eine Brücke über die Kyll vom Hochwasser weggerissen worden. (© dpa)

Am Oberrhein wird das das anhaltend starke Hochwasser die Schiffe nach Einschätzung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) in Freiburg noch mehrere Tage lang aus. "Nach derzeitiger Lage ist mit einer Freigabe für die Schifffahrt erst ab Anfang nächster Woche zu rechnen", teilte die Behörde am Freitag mit. Sie betreut die Wasserstraße zwischen Weil am Rhein an der Grenze zur Schweiz und dem Bereich zwischen Mainz und Ginsheim (Hessen).

Der Zugverkehr in NRW und Rheinland-Pfalz ist noch immer stark beeinträchtigt. Zahlreiche Strecken seien komplett gesperrt oder nur eingeschränkt befahrbar, teilte die Deutsche Bahn am Freitag mit. "Die Wassermassen haben Gleise, Weichen Signaltechnik, Bahnhöfe und Stellwerke in vielen Landesteilen von NRW und Rheinland-Pfalz stark beschädigt." Allein in Nordrhein-Westfalen seien Gleise auf einer Länge von rund 600 Kilometern betroffen. Im Fernverkehr ist unter anderem der Abschnitt Köln-Wuppertal-Hagen-Dortmund derzeit den Angaben zufolge nicht befahrbar.

Die Hilfskräfte aus Rheinhessen sind im Bereitstellungsraum des Haribo Werk in Grafschaft bei Bad Neuenahr Ahrweiler und warten auf Einsatzaufträge.  Foto: Marlon Schmitt, DRK Alzey-Worms
Die Hilfskräfte aus Rheinhessen sind im Bereitstellungsraum des Haribo Werk in Grafschaft bei Bad Neuenahr Ahrweiler und warten auf Einsatzaufträge. (© Marlon Schmitt, DRK Alzey-Worms)

Ministerpräsident Laschet sagte am Donnerstag in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner", es müssten Wege gefunden werden, sehr schnell wieder Straßen, Brücken und andere Infrastruktur in Gang zu setzen. Das Land werde helfen, nötig sei aber auch "eine große nationale Kraftanstrengung, damit schnell die schlimmsten Dinge beseitigt werden".

Schweiz und Belgien ebenfalls betroffen

Mit Hochwasser zu kämpfen haben auch Nachbarländer Deutschlands. In der Schweiz stiegen Flusspegel nach starken Regenfällen stark an. Im Kanton Schaffhausen überschwemmten laut der Nachrichtenagentur Keystone-sda angeschwollene Bäche die Dörfer Schleitheim und Beggingen. Wassermassen flossen durch Straßen, in Keller, rissen Fahrzeuge mit und zerstörten kleinere Brücken. In Belgien wurden entlang der Maas vorbeugend Menschen aus einigen Gemeinden in Sicherheit gebracht, wie die Nachrichtenagentur Belga meldete.

Von unseren Reportern und dpa