Neben Ugur Sahin begleitet auch Merck-Chefin Belén Garijo Bundeskanzler Olaf Scholz auf seinem Kurztrip nach China. Es geht um sehr wichtige Projekte.
Mainz / Darmstadt / Peking. Viel Zeit bleibt nicht. An diesem Donnerstag ist Bundeskanzler Olaf Scholz nach China geflogenund trifft, im Tross eine zwölfköpfige Wirtschaftsdelegation, Freitagmorgen Pekinger Ortszeit in der chinesischen Hauptstadt ein, um Staatspräsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang zu treffen. Wegen der äußerst strengen Null-Covid-Politik im Reich der Mitte ist keine Übernachtung geplant. Es geht also schon am Abend wieder zurück nach Deutschland. Einen solchen Kurztrip eines deutschen Regierungschefs gab es noch nie. Die Themen, die anstehen, sind aber umso wichtiger. Nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich. Denn die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten waren schon einmal besser. Viel besser. Die Kritik ist nicht neu, bleibt aber aktuell: Während chinesische Firmen sich in Deutschland munter einkaufen, Unternehmen und Marken übernehmen, bekommen deutsche Unternehmen Vergleichbares in China schwer gemacht.
Welche Firmenchefs hat der Kanzler dabei?
Im Tross hat Scholz die Chefs deutscher Firmenschwergewichte. Darunter BASF-Vorstandsvorsitzender Martin Brudermüller, VW-Boss Oliver Blume, die Oberhäupter von Siemens und der Deutschen Bank, Roland Busch und Christian Sewing – und Merck-Chefin Belén Garijo sowie Biontech-Vorstandschef Ugur Sahin. Der Biontech-Gründer machte sich fast von Beginn des Kampfes gegen Corona an für einen Impfstoff-Deal mit China stark – doch bislang ohne Erfolg. Und er intervenierte immer wieder persönlich, als das Projekt ins Stocken geriet.
Was hat Biontech in China vor?
Biontech gehört offensichtlich zu jenen deutschen Unternehmen, denen der Zugang China mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern schwer gemacht wird. Bereits im März 2020 gab das Mainzer Unternehmen eine Kooperation mit dem chinesischen Mischkonzern Fosun bei klinischen Tests und Vermarktung des Corona-Impfstoffes bekannt. Vereinbart wurde, dass Biontech zunächst 120 Millionen Euro an Vorauszahlungen erhält, davon 44 Millionen im Tausch gegen Biontech-Anteile. Was seinerzeit 1,58 Millionen Aktien umfasste, die wiederum einen Anteil von 0,7 Prozent bedeuteten. Fosun ist also ein Anteilseigner von Biontech, wenn auch ein kleiner.
Im Oktober 2020 warb Sahin in einem Videogespräch bei Parteisekretär Li Qiang für den mRNA-Impfstoff aus Mainz. Ende 2020 dann folgte die Vereinbarung mit Fosun, im Falle einer Zulassung 100 Millionen Impfdosen nach China zu liefern. Doch daraus wurde bislang nichts. Auch nicht, nachdem Sahin im März 2021 für ein erneutes Gespräch mit Li Qiang nach China geflogen war. Warum der Impfstoff immer noch nicht zugelassen ist, darüber kann nur spekuliert werden. Offiziell werden vonseiten Chinas immer wieder technische Probleme als Grund für die Verzögerung genannt.
Warum ist der Impfstoff in China noch nicht zugelassen?
Insider vermuten aber, dass der wahre Grund bei Präsident Xi liegt. Ihm sei es enorm wichtig, heißt es, dass China ausnahmslos selbst entwickelte Corona-Impfstoffe einsetze und ohne ein ausländisches Präparat zurechtkomme. Auch wenn die eigenen Vakzine wie etwa Coronavac der chinesischen Sinovac nicht so gut wirken wie Comirnaty von Biontech.
Mit der aktuellen China-Reise soll nun wieder Bewegung in die Sache kommen. Denn mit dem Fosun-Deal bekäme Biontech einen Fuß in die Tür eines gigantischen Marktes – und einen Umsatzschub in Milliardenhöhe.
Scholz will sich bei Präsident XI offenbar persönlich für den Impfstoff aus Mainz einsetzen. Jedenfalls deutete Patricia Flor, die deutsche Botschafterin in Peking, laut Wirtschaftswoche zuletzt an, dass der Kanzler Xi auch von der deutschen Impfstrategie überzeugen will.
Wie sehen die Pläne von Merck für China aus?
Auch Merck hat in China viel vor. Im April kündigte der Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern die „umfangreiche Erweiterung der Kapazitäten“ seines Werks in der chinesischen Stadt Wuxi nahe Shanghai. Über einen Zeitraum von sechs Jahren will man dort satte 100 Millionen Euro investieren und 1000 neue Arbeitsplätze schaffen. „Im Zuge der Erweiterung wird Merck seine geografische Präsenz vergrößern und seine Lieferkette in China und der Region Asien-Pazifik stärken“, teilte das Unternehmen seinerzeit mit. Man erwarte durchschnittliche jährliche Wachstumsraten „im mittleren Zehnerbereich in Asien und über 20 Prozent in China“. Belén Garijo, die Vorsitzende der Merck-Geschäftsleitung, unterstreicht mit der Reise nach China, wie wichtig ihr diese Ziele sind.