Lockdown wird verlängert - Keine Lockerung an Ostern?

aus Coronavirus-Pandemie

Thema folgen
Viele Berufstätige bangen im Lockdown um ihre wirtschaftliche Existenz. Foto: dpa

Die dritte Welle der Corona-Pandemie rollt durch Deutschland. Das macht alle Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Lockdowns zunichte, wie die Bund-Länder-Runde zeigt.

Anzeige

Berlin . Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen soll der Lockdown in Deutschland bis zum 18. April verlängert werden. Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder am Montag bei ihren neuen Corona-Beratungen beschlossen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus mehreren Quellen erfuhr. Ein endgültiger Beschluss über die künftigen Maßnahmen stand aber noch aus.

Nach dem Entwurf eines Beschlusspapiers für die am Nachmittag begonnene Videokonferenz sollte auch über eine konsequente Umsetzung der bereits Anfang März beschlossenen Notbremse bei hohen Inzidenzwerten beraten werden. Ein weiteres Thema waren mögliche Lockerungen der Kontaktbeschränkungen während des bevorstehenden Osterfests.

Das Papier mit Stand 22. März, 14.55 Uhr, lag der Deutschen Presse-Agentur aus mehreren Quellen vor. Viele Punkte darin standen noch in eckigen Klammern, waren also noch kein Konsens.

Anzeige

Keine Lockerung für Familienbesuche an Ostern

Bund und Länder wollen die strengen Kontaktregeln für Verwandtenbesuche über Ostern nicht lockern. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus mehreren Quellen aus den Beratungen von Bund und Ländern. Ein endgültiger Beschluss über die künftigen Maßnahmen stand aber noch aus.

Vor den Beratungen war im Gespräch, über Ostern die Kontaktregeln leicht zu lockern und Verwandtenbesuche in einem größeren Rahmen als bislang zu erlauben. Konkret lag ein Vorschlag vor, Treffen mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen zuzüglich Kindern im Alter bis 14 Jahre aus dem engsten Familienkreis zu erlauben. Dies sah ein Punkt in einem Beschlussentwurf hervor, der am Montagvormittag vom Kanzleramt verschickt worden war. Dort hieß es als Vorschlag: "Anders als im Lockdown über Ostern im letzten Jahr sollen Verwandtenbesuche in diesem Jahr möglich sein."

Anfang März hatten Bund und Länder beschlossen, dass private Zusammenkünfte des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt möglich sind, jedoch auf maximal fünf Personen beschränkt. Kinder bis 14 Jahre werden dabei nicht mitgezählt. Paare gelten als ein Haushalt.

Viele Regionen über 100er-Marke

Die am 3. März beschlossene Notbremse sieht vor, dass bei einer stabilen Inzidenz von über 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen die ersten Lockerungen der vergangenen Wochen wieder zurückgenommen werden. Zahlreiche Regionen in Deutschland sind schon über dieser Marke - gehandelt wird aber vielfach trotzdem nicht. Auf dem Tisch lag zusätzlich der Vorschlag schärferer Kontaktbeschränkungen oder nächtlicher Ausgangsbeschränkungen in Regionen mit einer Inzidenz von über 100.

Anzeige

Ebenfalls in eckigen Klammern stand der Vorschlag, Schulen und Kitas zu schließen oder gar nicht zu öffnen, sofern Erzieher, Lehrer und Schüler oder betreute Kinder nicht zweimal pro Woche getestet werden könnten. Ab einer Inzidenz von 200 könnte es demnach auch eine Schließung von Schulen und Kitas geben, wobei dies "mit einigen Tagen Vorlauf" geschehen würde, "damit sich Familien darauf einstellen können".

Angesichts der bevorstehenden Ostertage hieß es in dem Entwurf auch: "Bund und Länder appellieren weiterhin eindringlich an alle Bürgerinnen und Bürger, auf nicht zwingend notwendige Reisen im Inland und auch ins Ausland zu verzichten". Und weiter: "Das Auftreten von verschiedenen Covid-19-Varianten und deren weltweite Verbreitung haben gezeigt, dass der grenzüberschreitende Reiseverkehr auch weiterhin auf das absolut erforderliche Mindestmaß begrenzt werden muss."

In der Diskussion waren zudem "kontaktarme Urlaube" - also Urlaub in Ferienwohnungen oder -häusern, Appartements oder Wohnmobilen, sofern diese über eigene sanitäre Anlagen verfügen und Urlauber sich dort auch mit Essen versorgen können. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen wollten die Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz in zusätzlichen Protokollerklärungen deutlich machen, dass sie dieses Konzept umsetzen würden. Einen Beschluss dazu gab es zunächst nicht.

Zur Lage in Alten- und Pflegeeinrichtungen wurde in dem Papier festgehalten, dass es nun "die Erwartung einer Normalisierung der seit langem angespannten Situation" gebe, nachdem Bewohnerinnen und Bewohner sowie Beschäftigte vorrangig geimpft worden seien. Da weiterhin unsicher sei, inwieweit die Impfung ausschließe, dass Geimpfte andere anstecken könnten, müssten Hygiene- und Testkonzepte weiter konsequent umgesetzt werden. Zugleich könnten aber zwei Wochen nach der Zweitimpfung die Besuchsmöglichkeiten in Einrichtungen ohne Corona-Ausbruch wieder erweitert und auch übergreifende Gruppenangebote wieder gemacht werden. Ungeimpfte wie etwa neue Bewohner sollten zügig ein Impfangebot bekommen.

Große Lockerungen sieht der Entwurf nicht vor. Erwähnt wird einzig, dass die Länder im Rahmen von zeitlich befristeten Modellprojekten in wenigen ausgewählten Regionen mit niedriger Inzidenz testen könnten, wie unter strengen Auflagen und mit einem Testkonzept einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens wieder geöffnet werden könnten.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer machte vor den Beratungen keine Hoffnungen auf weitere Lockerungen. "Innerhalb von zwei Wochen hat sich die Zahl der infizierten Sachsen verdoppelt. So bitter es auch ist, wir müssen diese Entwicklung ausbremsen", erklärte der CDU-Politiker am Montag auf Facebook. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sträubte sich gegen pauschale nächtliche Ausgangsbeschränkungen. "Eine generelle Ausgangssperre wird es mit dem Ministerpräsidenten nicht geben", sagte ein Regierungssprecher. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte, dass die Kanzlerin am Donnerstag zwar eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben wolle - aber nicht zur Pandemie-Bekämpfung, sondern zum Europäischen Rat. Er rate Merkel, das zu überdenken, sagte Lindner. Man müsse natürlich auch sprechen über die Grundrechtseingriffe, über die Masken-Affäre und über die Managementprobleme in der Pandemie. "Das sollte Frau Merkel auch offensiv anmelden."

Diese Punkte enthält der vom Kanzleramt verschickte Beschlussentwurf:

ZUSÄTZLICHE MASSNAHMEN: Die Passage, die wegen des exponentiellen Wachstums weitere Verschärfungen für Landkreise mit einer Inzidenz von mehr als 100 vorsieht, steht in eckigen Klammern. Das bedeutet, dass sie besonders strittig ist. Unter anderem ist die Rede von einer nächtlichen Ausgangsbeschränkung bis 05.00 Uhr, "sofern dem nicht gewichtige Gründe entgegenstehen". Die Anfangsuhrzeit ist hier offen gelassen - auch sie müsste verhandelt werden. Zudem wird ins Gespräch gebracht, Schulen und Kitas zu schließen oder gar nicht zu öffnen, sofern Erzieher, Lehrer und Schüler oder betreute Kinder nicht zweimal pro Woche getestet werden könnten. Ab einer Inzidenz von 200 könnte es demnach eine Schließung von Schulen und Kitas geben.

REISEN: Angesichts der bevorstehenden Ostertage heißt es im Entwurf: "Bund und Länder appellieren weiterhin eindringlich an alle Bürgerinnen und Bürger, auf nicht zwingend notwendige Reisen im Inland und auch ins Ausland zu verzichten". Und weiter: "Das Auftreten von verschiedenen Covid-19-Varianten und deren weltweite Verbreitung haben gezeigt, dass der grenzüberschreitende Reiseverkehr auch weiterhin auf das absolut erforderliche Mindestmaß begrenzt werden muss." Dieser Passus könnte sich auf die derzeit besonders umstrittenen Reisen von Deutschen nach Mallorca beziehen.

Noch völlig offen ist demnach, ob es künftig für alle Reisenden aus dem Ausland unabhängig von dortigen Inzidenzen eine Quarantäne- und eine Testpflicht geben soll. Dieser Punkt steht ebenfalls in eckigen Klammern und zudem unter einem "Prüfvorbehalt".

Auch das von den SPD-Ländern ins Gespräch gebrachte Konzept eines "kontaktarmen Urlaubs" im eigenen Bundesland steht noch in eckigen Klammern und bedarf weiterer Gespräche. Es zielt auf die Möglichkeit, Urlaub in Ferienwohnungen oder -häusern, Appartements oder Wohnmobilen zu machen, sofern diese über eigene sanitäre Anlagen verfügen und Urlauber sich dort auch mit Essen versorgen können. Aus der Union hieß es hierzu bereits skeptisch, dass das dafür notwendige Beherbergungsverbot schon einmal juristisch für Ärger gesorgt habe.

BEFRISTETE MODELLPROJEKTE: Im Rahmen von zeitlich befristeten Modellprojekten sollen die Länder nach dem Entwurf in je einer Region mit einer niedrigen Inzidenz testen können, wie unter strengen Auflagen und mit einem Testkonzept einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens wieder geöffnet werden könnten. "Zentrale Bedingungen dabei sind lückenlose negative Testergebnisse als Zugangskriterium, IT-gestützte Prozesse zur Kontaktverfolgung und ggf. auch zum Testnachweis, räumliche Abgrenzbarkeit auf der kommunalen Ebene, eine enge Rückkopplung an den Öffentlichen Gesundheitsdienst und klare Abbruchkriterien im Misserfolgsfalle", heißt es weiter.

IMPFUNGEN UND GESUNDHEITSWESEN: Ohne "deutlich einschränkende Maßnahmen" werde die Zahl der Neuinfektionen so schnell steigen, dass bereits im April eine Überlastung des Gesundheitswesens "wahrscheinlich ist", betonte der Entwurf. Da der Fortschritt bei den Impfungen noch nicht so groß ist, setzt das Papier auf "eine strenge Eindämmung des Infektionsgeschehens in den nächsten Wochen". Dies führe zu einer "früheren Rückkehr zur Normalität und zu insgesamt kürzeren Beschränkungen. Sie ist damit aus gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Gründen geboten."

TESTANGEBOTE: Gerade in der aktuellen Phase der Pandemie sei es wichtig, dass Unternehmen das Arbeiten von zu Hause ermöglichten, heißt es im Entwurf weiter. Wo dies nicht möglich sei, sollten den Mitarbeitern mindestens einmal und bei entsprechender Verfügbarkeit zwei Mal pro Woche Testangebote gemacht werden. Tests von Beschäftigten im Bildungsbereich und von Schülerinnen und Schülern sollten weiter ausgebaut werden. Ziel seien "mindestens zwei Testungen pro Woche". Auch in den Kitas sollten die Beschäftigten mindestens zwei Mal in der Woche getestet werden.

CORONA-WARN-APP: Die App soll im April um weitere Funktionen erweitert werden, unter anderem um eine anonyme "Eventregistrierung". Damit sollen sich Nutzer bei einer Veranstaltung wie einer privaten Geburtstagsfeier oder im Restaurant digital einchecken können. Bei einem positiven Corona-Fall sollen im Anschluss an die Veranstaltung alle Teilnehmer gewarnt werden.

Von dpa