Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, zweifelt die Richtigkeit statistischer Interpretationen an. Foto: dpa
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WIESBADEN - „Ein Gemeinwesen voller Vielfalt erzeugt Spannungen und potenzielle Konflikte“: Der Satz findet sich im ersten Integrationsvertrag, den die Landesregierung jetzt abgeschlossen hat. Partner ist die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt. Und mit der Kooperation, die sich dem Komplex „Antisemitismus und Rassismus in der Migrationsgesellschaft“ widmet, verpflichten sich die Vertragspartner, „Tendenzen der sozialen Spaltung in der Gesellschaft entgegenzuwirken“.
Am Kopftuch scheiden sich die Geister
Ein hehres Ziel. Leicht zu erreichen ist es nicht: Das zeigt ein Beispiel, das Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, bei Unterzeichnung des Integrationsvertrages genannt hat. Es geht um die Geschwister-Scholl-Grundschule in Steinbach (Hochtaunuskreis). Die hatte kürzlich die Eltern gebeten, bei ihren Kindern auf angemessene Kleidung zu achten: „Das Tragen von Kappen, Tüchern und Kopftüchern ist im Unterricht nicht erlaubt.“ Der Brief hat für einiges Aufsehen gesorgt. Und Mendel meint, die Debatte sei „unglücklich gelaufen“. Es gehöre zu den religiösen Freiheiten, wenn ein Kind Kippa oder Kopftuch tragen wolle.
Das sehen allerdings auch die Anhänger von „Realität Islam“ so, die den Elternbrief auf Twitter als „islamophob“ bezeichneten. Die Organisation, deren Kopf Raimund Hoffmann in Mörfelden-Walldorf lebt, wird in Verbindung mit Hizb ut-Tahrir gebracht, einer 1953 in Jordanien gegründeten Bewegung, die wegen massiver judenfeindlicher Hetze mit einem Betätigungsverbot belegt ist.
Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, zweifelt die Richtigkeit statistischer Interpretationen an. Foto: dpa Foto: dpa
Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, zweifelt die Richtigkeit statistischer Interpretationen an. Foto: dpa Foto: dpa
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„Realität Islam“ zeichnet verantwortlich für eine Petition gegen ein Kopftuchverbot. Auf die hat der hessische CDU-Landtagsabgeordnete Ismail Tipi mit einer Petition für ein Kopftuchverbot reagiert, die Meron Mendel „hochproblematisch“ findet, weil sie in persönliche und religiöse Freiheiten eingreife.
Tipi hat jetzt als integrationspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion den Integrationsvertrag begrüßt, der mit Mendels Bildungsstätte vereinbart wurde. Antisemitismus sei leider nicht mehr nur ein Phänomen einer altbekannten rechtsextremen Szene. Er sei „in neuer Gestalt unter Ausländern und Zuwanderern zu beobachten“, sagt Tipi.
Auch im jetzt vereinbarten Integrationsvertrag heißt es, drei Viertel der Juden in Deutschland würden Judenfeindlichkeit als großes Problem wahrnehmen. Der Zuzug von Geflüchteten auch aus Bürgerkriegsgebieten des Nahen Ostens „könnte zu dem signifikanten Anstieg des Antisemitismus maßgeblich beigetragen haben“.
Tatsächlich war in Deutschland die Zahl antisemitischer Straftaten leicht gestiegen: Wie aus den am Dienstag vorgestellten Fallzahlen zur politisch motivierten Kriminalität 2017 hervorgeht, waren annähernd 95 Prozent dieser Straftaten rechtsmotiviert.
Meron Mendel hat Zweifel an dieser Statistik. Wenn Hakenkreuze gesprüht werden, werde dies reflexhaft als „rechtsextreme Straftat“ geführt, obwohl gar nicht klar ist, wer der Täter war. Und wenn Araber bei einer israelfeindlichen Demonstration den Hitlergruß zeigten, werde auch dies als „rechtsextrem“ eingeschätzt.