WIESBADEN - Der Streit um die Finanzierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) schwelt seit neun Jahren. Zuletzt drohte Ende 2016 der Eklat, als der Betreiber Rhön-Klinikum AG dem Land Hessen eine Klage über 25 Millionen Euro ankündigte, sollte es nicht zu einer Einigung kommen. Der Grund: Aus Sicht des Klinikkonzerns würden zunehmend Mittel aus dem Bereich der Krankenversorgung für Forschung und Lehre abgezweigt. In der internen Leistungsverrechnung, der sogenannten Trennungsrechnung ist geregelt, dass die Rhön AG für die Ausgaben bei der Krankenversorgung aufkommt, das Land über die beiden Universitäten für die Kosten von Forschung und Lehre.
Zuletzt hatte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) die Bereitschaft signalisiert, zusätzliche Mittel in die Finanzierung des UKGM zu stecken, allerdings unter der Bedingung, dass die Rhön AG im Gegenzug auf betriebsbedingte Kündigungen unter den etwa 10 000 Mitarbeitern verzichtet und für die Auszubildenden eine Beschäftigungsgarantie ausspricht. Das wies der Betreiber noch im April mit dem Hinweis zurück, man werde keinen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dulden.
Davon ist seit Freitag keine Rede mehr. Das Land, beide Universitäten und der Klinikkonzern haben sich auf eine Vereinbarung verständigt, mit der die Finanzierung des Uniklinikums zunächst bis zum Jahr 2021 auf solidem Fundament stehen wird. Teil der Übereinkunft ist der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, die Zusage, Auszubildende mit guten Noten zu übernehmen und auf die Auslagerung von Betriebsteilen zu verzichten. Zudem hat sich die Rhön AG verpflichtet, in den kommenden fünf Jahren 100 Millionen Euro an beiden Standorten zu investieren. In Marburg wird die Klinik für Psychiatrie modernisiert, der Zentral-OP und die Intensivstationen werden saniert. Geplant ist ein Neubau der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Am Standort Gießen wird das Kinderherzzentrum ausgebaut, und das Klinikum erhält einen Erweiterungsbau.
Zuschüsse steigen auf 72 Millionen Euro im Jahr
Im Gegenzug sagte das Land eine deutliche Erhöhung der Zuschüsse für Forschung und Lehre zu: 14,7 Millionen Euro im Jahr. Die Zahlungen aus dem Haushalt steigen damit auf 72,9 Millionen Euro in diesem Jahr. Bis 2021 legt das Land pro Jahr noch einmal 2,5 Prozent Inflationsausgleich obendrauf.
Die Vereinbarung sei Grundlage für die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze in Marburg und Gießen, für massive Investitionen und eine Verbesserung der Krankenversorgung am Universitätsklinikum, sagte Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU) am Freitag in Wiesbaden. Von einer bahnbrechenden Einigung, die nur Gewinner habe, sprach Stephan Holzinger, Vorstandsvorsitzender der Rhön Klinikum AG. Das UKGM habe nun die große Chance, sich in der Spitze der Unikliniken zu etablieren.