Helge Braun als CDU-Parteichef im Gespräch

Helge Braun, Chef des Bundeskanzleramts und Vorsitzender der Gießener Kreis-CDU. Foto: dpa

Noch hat niemand offiziell für den CDU-Vorsitz kandidiert. Friedrich Merz und Norbert Röttgen gelten als mögliche Anwärter, doch auch der Hesse Braun ist vorgeschlagen worden.

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BERLIN. Bewirbt sich mit Helge Braun ein Hesse um den Bundesvorsitz der CDU? Na klar könne man davon ausgehen, dass er es zumindest erwägt, heißt es aus dem Umfeld des Kanzleramtsministers und Vertrauten von Angela Merkel. Aber darüber hinaus werde man sich nicht äußern. Zumindest nicht im Vorfeld einer Sondersitzung, die der Landesvorstand der Hessen-CDU völlig überraschend für Freitag anberaumt hat, um über die anstehende Wahl eines neuen Bundesvorsitzenden zu beraten.

Helge Braun kommt aus Gießen, wo auch Hessens Ministerpräsident Volker (CDU) zu Hause ist, mit dem ihn vielleicht eine Parteifreundschaft verbindet, aber darüber hinaus wenig mehr.

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Stimmt der Landesvorstand der Hessen-CDU am Freitag für Braun, dann wird er wohl derjenige sein, der als erster seinen Hut in den Ring wirft in der Konkurrenz um die Nachfolge von Armin Laschet als Unions-Vorsitzender. Es heißt, Braun habe Nadine Schön aus dem Saarland in seinem Team, die mit einem Parteivorsitzenden Braun Generalsekretärin werden könnte.

Es ist eine Richtungsentscheidung für die Union. Braun könnte Angela Merkels Linie der moderaten Mitte fortsetzen. Aber ob diese Linie nach dem Debakel, das die Partei bei der Bundestagswahl erlebt hat, noch mehrheitsfähig ist, ist völlig offen. Es gibt Fans von Friedrich Merz. Und solche, die Norbert Röttgen bevorzugen. Auch in der Hessen-CDU.

Sondersitzung am Freitag

Klaus-Peter Willsch, Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Rheingau-Taunus/Limburg etwa macht keinen Hehl daraus, dass er Merz für den besten Kandidaten hält. Willsch, der als Rechtsausleger in der Union gilt, erinnert daran, dass Merz schon einmal Oppositionsführer gewesen war. Damals hieß der Kanzler noch Gerhard Schröder (SPD). Und Merz sei zu ihm und „seiner rot-grünen Truppe“ ein wichtiger Gegenpart gewesen.

Hessen aber ist schwarz-grün regiert. Und Ministerpräsident Bouffier ist weit weniger auf Krawall gebürstet als Willsch und Merz. Er versteht sich nicht nur als besonnener Pandemie-Manager. Bouffier hält auch ansonsten wenig vom Polarisieren. Wenn er eine Kandidatur Helge Brauns unterstützt, wird ihm wohl der Landesvorstand folgen. Dessen Sondersitzung am Freitag wird mit außergewöhnlichem Interesse verfolgt werden. Denn im Dezember soll erstmals eine Befragung unter den rund 400.000 CDU-Mitglieder stattfinden. Der Sieger soll dann formell auf einem Parteitag am 21. und 22. Januar in Hannover zum Parteivorsitzenden gewählt werden.

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Noch bis 17. November können Bewerber ihr Interesse bekunden. Dann folgt vom 18. November bis zum 2. Dezember eine Vorstellungsrunde an der Parteibasis. Dies soll digital geschehen – Regionalkonferenzen sind nicht vorgesehen. Ab dem 4. Dezember können die Mitglieder dann entweder per Briefwahl oder online abstimmen. Am 17. Dezember soll das Ergebnis schließlich verkündet werden. Sollte keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen, soll Ende des Jahres eine Stichwahl unter den beiden Erstplatzierten stattfinden.

Zwischenzeitliche Spekulationen um Ellen Demuth

Am Rande der Diskussion um den Bundesvorsitz der CDU werden Spekulationen laut. Etwa über die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsabgeordnete Ellen Demuth. Die 39-jährige Linzerin war Chefstrategin von Norbert Röttgen, als der sich zusammen mit Laschet und Merz um den Parteivorsitz beworben hatte. Nach der Bundestagswahl sorgte die Rheinland-Pfälzerin mit einem Tweet, in dem sie Laschet zum Rücktritt aufforderte, für Aufsehen.

In einem Interview mit dem Fernsehsender ntv äußerte sie nun, sie gehöre nicht mehr zu Röttgens Team. Es gebe zwischen ihm und ihr unterschiedliche Auffassungen über die personelle Neuaufstellung der Christdemokraten, sagte sie der Deutschen Presse Agentur. Persönliche Gründe gebe es nicht. Sie wünsche Norbert Röttgen alles Gute.

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Insider der christdemokratischen Parteiszene mutmaßen, dass sich das konservative Lager um Friedrich Merz nun um Demuth bemühen könnte, da sie eine Politikerin mit Symbolcharakter sei. Sollte sie das Lager wechseln, sei das ein Coup für Merz. Auf Nachfrage dieser Zeitung dementierte Ellen Demuth jedoch. An den Spekulationen sei nichts dran. Sie werde sich neutral verhalten den Wettbewerb abwarten und dann entscheiden, wen sie wähle.

Von Thomas Ehlke und Christoph Cuntz