Die Innenpolitik spielt bislang im Wahlkampf kaum eine Rolle, dabei lohnt ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien.
BERLIN. Die innere Sicherheit bekommt im Wahlkampf bisher noch keine große Aufmerksamkeit. Dennoch ist und bleibt die Bedrohungslage durch den Extremismus hoch. Wo sehen die Parteien die größten Gefahren?
Die Union: CDU und CSU setzen auf einen „starken Staat“ und auf mehr Polizeipräsenz auf den Straßen und Plätzen. Videokameras sollen in Stadien, an Bahnhöfen, Verkehrsknotenpunkten und im öffentlichen Nahverkehr ausgebaut werden. Polizisten, Feuerwehrleute, Sanitäter und andere Einsatzkräfte sollen stärker vor Angriffen geschützt werden. Bei sexuellem Kindesmissbrauch und bei Gewalt gegen Frauen setzt man auf mehr Härte. Organisierte Bandenkriminalität soll durch engere Zusammenarbeit der Polizei- und Ermittlungsbehörden stärker bekämpft werden. Bei kriminellen Familienclans gibt die Union das Credo „Null Toleranz“ aus. Sie will Extremismus und Rassismus entschieden entgegentreten, wobei sie den Rechtsextremismus als „größte Bedrohung“ sieht.
Die SPD: Im Vergleich zur Union nimmt die innere Sicherheit im SPD-Programm deutlich weniger Platz ein. Denn: „Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt.“ Für ein sicheres Deutschland komme es auf gut ausgebildete und gut ausgestattete Polizisten an. Die Sozialdemokraten wollen organisierte Kriminalität bekämpfen, die Strukturen der Sicherheitsbehörden verbessern, den „Pakt für den Rechtsstaat“ fortführen. Im Kampf gegen Extremisten und Terroristen müsse der Verfassungsschutz „die Rolle eines demokratischen Frühwarnsystems“ erfüllen. Rassistischen Denkmustern im Polizeialltag will die SPD durch „mehr Supervision, Fort- und Weiterbildungen sowie guten Arbeitsbedingungen“ entgegenwirken.
Die Grünen: Es fällt auf, dass die Grünen ihr Kapitel zur inneren Sicherheit fast wortgleich beginnen wie bei der SPD: „Deutschland ist grundsätzlich ein sicheres Land“. Anders als die SPD schreiben die Grünen das hohe Sicherheitsmaß aber „der guten Arbeit der Polizei“ zu. Die Grünen wollen die Polizei explizit stärken und dafür etwa eine „Offensive“ bei der Stellenbesetzung bei Bundespolizei und Bundeskriminalamt starten. Gefahren wollen sie „anlassbezogen und zielgerichtet“ abwehren, eine „pauschale Massenüberwachung“ lehnen sie ab. Aus Grünen-Sicht hat der Verfassungsschutz viel Vertrauen verspielt. Sie fordern deshalb einen „strukturellen Neustart“ des Verfassungsschutzes.
Die FDP: Die Freien Demokraten fokussieren sich auf den Schutz der Privatsphäre und lehnen eine „Totalüberwachung“ ab. Konkret richten sie sich gegen Staatstrojaner, Online-Durchsuchungen, Vorratsdatenspeicherung und Gesichtserkennung. Videoüberwachung sei „kein Allheilmittel“. Sie will ein Moratorium für Sicherheitsgesetze einführen. Die Zahl der Landesämter für Verfassungsschutz soll reduziert und ein europäisches Kriminalamt eingerichtet werden.
Die Linke: Die Linke stellt den Kampf gegen „rechten Terror und Gewalt“ ins Zentrum. Rechte Gruppen und Parteien würden Ängste schüren und damit „von sozialen Kämpfen für bessere Löhne und Umverteilung“ ablenken. Die Links-Partei will die „Gegenkräfte in der Zivilgesellschaft“ stärken, etwa durch ein Demokratiefördergesetz. Den Verfassungsschutz will sie abschaffen. Stattdessen will die Linke eine unabhängige Beobachtungsstelle einführen. Zudem will sie „gegen Rassismus und Korpsgeist bei der Polizei“ eine unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstelle schaffen, eine Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten sowie eine Studie „extrem rechter Einrichtungen und rassistischer Praktiken“ bei Polizei und Bundeswehr.
Die AfD: Bei der AfD hat der Kampf gegen „linke Gewalt“ oberste Priorität. Die Gefahr durch den Rechtsextremismus dagegen taucht im AfD-Programm quasi nicht auf. Die AfD will eine zwingende Ausweisung schon bei „geringfügiger Kriminalität“ einführen. Sicherheit basiere auf sicheren Grenzen, heißt es im AfD-Programm. Aus diesem Grund will die Partei die Bundespolizei „rechtlich, personell und technisch“ besser ausstatten. Der Verfassungsschutz, mit dem die AfD selbst zu kämpfen hat, soll „reformiert“ werden.
Von Jana Wolf