Klimaprotest: Über den Umgang mit der Letzten Generation

Mit ihren Aktionen nervt die Letzte Generation die Menschen mächtig. Haben wir uns über zivilen Ungehorsam schon immer so aufgeregt? Der Protestforscher Dieter Rucht ordnet ein.
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Herr Professor Rucht, die Letzte Generation hat Protestformen des zivilen Ungehorsams neu ins Zentrum der politischen Debatte gerückt. Hat Sie das überrascht?
Nein. Es war klar, dass die freundlich-fröhlichen Massendemonstrationen von Fridays for Future auf Dauer zu wenig Druck erzeugen. Deshalb lag es nahe, zu härteren Formen der Auseinandersetzung zu greifen.
Soziale Bewegungen funktionieren über mediale Aufmerksamkeit. In dieser Hinsicht ist die Strategie der Letzten Generation voll aufgegangen.
In der Tat. Sie beherrscht die Klaviatur der Öffentlichkeitsarbeit; sie schafft es seit geraumer Zeit, nahezu ständig in den Medien präsent zu sein. Das ist ungewöhnlich. Denn oft wird durch die Wiederholung von Aktionen das Interesse allmählich gemindert. Das ist bisher kaum der Fall.
Woran liegt das?
Es werden immer wieder neue Aktionsschwerpunkte gesucht und gefunden, aktuell ist es das Ziel, die „Reichen“ möglichst direkt zu treffen.
Ein Vorwurf an die Letzte Generation ist, dass sie die Gesellschaft polarisiere und damit ihrem politischen Ziel schade, den Klimaschutz voranzubringen. Sehen Sie das auch so?
Ich sehe das ambivalent. Einerseits rüttelt der anhaltende Druck der Straße die Politik wach. Andererseits wissen wir aus Meinungsumfragen, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung das Anliegen, mehr für den Klimaschutz zu tun, gutheißt, die Aktionen aber missbilligt. Auch hat eine Umfrage gezeigt, dass durch diese Art von Aktionen die Unterstützung für die Gruppierung abgenommen hat.
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Die konkreten Forderungen – 9-Euro-Ticket, Tempo 100 auf Autobahnen, ein Gesellschaftsrat für Klimafragen – sind überschaubar. Passen sie zur Radikalität des Protests und zur Endzeit-Rhetorik der Letzten Generation?
Hier herrscht eine große Kluft. Auch das eigentliche Ziel des Protests, der Komplettausstieg aus der fossilen Wirtschaft bis 2030, steht im Missverhältnis zu den sehr bescheidenen und kleinteiligen konkreten Forderungen. Selbst wenn das 9-Euro-Ticket morgen käme, auf deutschen Autobahnen nur noch 100 gefahren und der Gesellschaftsrat eingerichtet würde, wäre damit noch fast nichts gewonnen.
Warum agiert die Letzte Generation so ambivalent?
Vielleicht will man mit weitergehenden konkreten Forderungen keine schlafenden Hunde wecken. Wer an die heißen Themen in den einzelnen Sektoren herangeht, muss Forderungen stellen, die einen Teil der Betroffenen abschrecken dürften.
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Auffällig ist der fast religiöse Eifer der Aktivisten, die Warnung vor Millionen Klimatoten in schon wenigen Jahren. Sind das Zutaten für eine solche Radikalisierung?
Sie könnten es sein. Aber bislang gibt es innerhalb der Gruppierung eine sehr solide Brandmauer, die da heißt: Wir praktizieren zivilen Ungehorsam, aber nichts darüber hinaus. All das, was bei Minderheiten der Klimaschutzbewegung ventiliert wird, also etwa die „friedliche Sabotage“ von Unternehmen der fossilen Industrie, lehnt die Letzte Generation strikt ab.
Was ist mit den Aktionen, bei denen Ventile von Ölleitungen kurzzeitig zugedreht werden?
Das ist kein Akt der „friedlichen Sabotage“, da die Akteure mit Namen und Gesicht für ihre Tat einstehen und eine derartige Aktion nicht auf eine Sachbeschädigung abzielt.
Aktionen der Letzten Generation auf Sylt – Video anschauen
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Die Aktivisten der Letzten Generation sind nicht die ersten, die zivilen Ungehorsam üben. In den Achtzigern wurden Raketendepots blockiert und AKW-Bauplätze besetzt, und die Auseinandersetzung um den Hambacher Forst 2018-2020 ist noch gut in Erinnerung. Wo liegt der Unterschied?
Was die konkreten Aktionsformen angeht, gibt es keinen. Einzig vielleicht die Tatsache, dass manchmal ungewöhnliche Objekte für den Protest gesucht werden, die nicht im direkten Kontext zum Anliegen stehen, zum Beispiel Gemälde in einem Museum. Neu ist aber, dass eine Gruppierung bundesweit koordiniert vorgeht und über lange Zeit hinweg am Ball bleibt und diese Form des Protests absolut in den Mittelpunkt rückt.
Ist es nicht auch ein Unterschied, dass jeder Teilnehmer am Straßenverkehr betroffen sein kann, während sich frühere Aktionen auf bestimmte Orte konzentrierten?
Es werden viele Menschen getroffen, die mit der Problematik nicht unmittelbar etwas zu tun haben. Aber das gab es früher auch: Ich erinnere an Blockaden von Rheinbrücken durch kurdische Gruppen oder an Lastwagenfahrer, die die Brenner-Autobahn blockiert haben. Der große Aufschrei blieb damals aus.
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Warum sind die Reaktionen heute so heftig?
Weil die Aktionen sehr systematisch betrieben werden. Weil sie als ständig sich wiederholende Nadelstiche angelegt sind. Die Vielfalt der attackierten Objekte, die Kontinuität des Protests, die erklärte Absicht, immer weiterzumachen und dafür auch ins Gefängnis zu gehen – all das wirkt als frontale Kampfansage, die vielen Menschen zu weit geht.
Zumindest Teile der Politik und der Justiz fahren inzwischen eine Strategie der Kriminalisierung. Ist das angemessen? Sind die Blockierer der Letzten Generation Kriminelle oder Teil der „Kriminellen Vereinigung“?
Die Gerichte haben sich bisher moderat verhalten, auf der Ebene der Amtsgerichte gab es sogar zwei Freisprüche. Etwas anderes sind die jüngsten Razzien, die von den Staatsanwaltschaften Neuruppin und München ausgegangen sind. Sie wie auch die Blockade der Webseiten und die Sperrung der Konten halte ich für reichlich überzogen.
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Wie sollte die Politik auf den Protest der ständigen Nadelstiche und Gesetzesbrüche reagieren?
Sie sollte die Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakatastrophe schnell und entschieden vorantreiben. Das jetzige Tempo ist zu langsam. Das wäre die wirkungsvollste Art, den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ansonsten wünsche ich mir mehr Gelassenheit im Umgang mit den Protesten.
Es gibt zahlreiche Gesetzesübertretungen…
… die geahndet werden müssen. Nur weil ein Richter mit den Zielen der Protestierenden übereinstimmt, kann er diese nicht freisprechen. Sonst kommen andere Gruppen mit ganz anderen Zielen und fordern Straffreiheit. Doch die Aufgeregtheit ist übertrieben. Und das Gerede von einer „Klima-RAF“ ist absurd.
Sie meinen, eine demokratisch verfasste Gesellschaft muss zivilen Ungehorsam ertragen? Haben wir das ein Stück weit verlernt?
Das sehe ich so. In der Entwicklungsgeschichte der Demokratie wurden immer auch Regeln gebrochen, und diese Regelbrüche haben zu entscheidenden Verbesserungen und historischen Errungenschaften geführt. Das gilt für die Bürgerrechte, das Streikrecht, den Achtstundentag, die Pressefreiheit und vieles mehr. All das ist auch mit Formen des zivilen Ungehorsams erkämpft worden, zum Teil sogar mit gewaltsamen Aktionen. Ziviler Ungehorsam gehört zur Demokratie.