Ganztagsbetreuung: Grundschuleltern haben hohe Erwartungen

Grundschülerinnen sind in einem Kinderhort mit Bastelarbeiten beschäftigt.
© picture alliance/dpa

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder gilt ab 2026. Doch wie groß ist der Bedarf? Elternbeiräte haben bei Müttern und Vätern nachgefragt.

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Wiesbaden/Frankfurt/Offenbach. Für viele Eltern ist der Wechsel ihres Nachwuchses von der Kita in die Schule eine organisatorische Herausforderung: Mit dem Übergang enden meist die Jahre der zuverlässigen Betreuungszeiten – Hortplätze und andere Angebote sind rar. Das muss sich jedoch in absehbarer Zeit ändern: Ab dem Schuljahr 2026/27 besteht für Erstklässler ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, in den Jahren danach folgt die Ausweitung auf Kinder der Klassen 2 bis 4.

Die Antworten von 8600 Eltern zeigen: Auf Schulen und Kommunen kommt einiges zu

Doch wie groß ist der Bedarf an einer Betreuung vor und nach dem Schulunterricht? Die Elternbeiräte in Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach wollten es genauer wissen und haben bei Müttern und Vätern nachgefragt. Nach der Auswertung von fast 8600 Antworten ist klar: Der Bedarf ist enorm, ebenso die Erwartungen und Ansprüche der Eltern. Die nicht repräsentative, aber gleichwohl aussagekräftige Erhebung zeigt: Auf Schulen, Landkreise, Kommunen und nicht zuletzt auf das Land Hessen kommt hier einiges zu.

Ein Ergebnis: Rund 90 Prozent der Eltern wünschen sich eine organisierte Betreuung für ihr Grundschulkind außerhalb der regulären Unterrichtszeit. Was wenig verwundert: Am höchsten ist der Bedarf bei Schulanfängern (95 Prozent), am niedrigsten bei Viertklässlern, liegt dort aber immer noch bei 82 Prozent. Die Elternbeiräte warnen angesichts dieser Zahlen vor drohenden Engpässen: „Die Versorgung mit Betreuungspersonal und Pädagogen ist für diesen Prozentsatz noch nicht ausgelegt“, und es sei fraglich, ob das bis 2026 der Fall sein werde.

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Auch für ein Betreuungsangebot vor Schulbeginn gibt es Bedarf

Schaut man auf die Tageszeiten, ist der Betreuungsbedarf nachmittags am größten: 23 Prozent der Befragten wünschen sich eine Betreuung ihrer Kinder bis 15 Uhr, 24 Prozent bis 16 Uhr und 23 Prozent bis 17 Uhr. Immerhin 17 Prozent der Eltern melden außerdem Bedarf für die Zeit zwischen 7 Uhr und Schulbeginn an. Knapp 70 Prozent der Eltern sagen, dass sie täglich von Montag bis Freitag die Betreuung nutzen wollen.

So groß der Wunsch nach einem umfassenden Angebot ist, sprechen sich die meisten Eltern jedoch für ein freiwilliges Angebot aus. Nur 22 Prozent wünschen sich eine verpflichtende Teilnahme an der Nachmittagsbetreuung. Dahinter dürfte der Wunsch stehen, Freizeitaktivitäten der Kinder wie Vereinssport oder den Besuch einer Musikschule mit der Betreuung unter einen Hut zu bringen. „Ein starres System, bei dem die Eltern ihre Kinder nicht flexibel abholen können, scheint nicht erstrebenswert für den Alltag der Familien zu sein“, stellen die Elternbeiräte fest.

Viele Eltern, die heute noch keine Betreuung nutzen, haben keinen Platz bekommen

80 Prozent der Eltern gaben in der Befragung an, dass sie bereits heute das eine oder andere Betreuungsangebot nutzen. Dennoch sei mit einem deutlich steigenden Bedarf zu rechnen, warnen die Elternvertreter. Denn 40 Prozent der Eltern, die ihre Kinder derzeit nicht in eine Betreuung schicken, würden dies gerne tun – sie haben aber keinen Platz bekommen.

„Es geht um mehr Bildungsgerechtigkeit durch qualitativ hochwertige Angebote insbesondere für Kinder aus benachteiligten Haushalten, und nicht etwa nur um Beaufsichtigung, damit Eltern arbeiten können“, mahnen die Elternbeiräte an. Dazu seien „umfangreiche Investitionen aus den kommunalen Haushalten nötig“. Aber auch der Bund sei aufgefordert, „nachzusteuern, wenn das Geld nicht ausreicht“.