Hessische Polizei bekommt 400 weitere Bodycams

Eine Bodycam auf der Schulter eines Polizisten. Foto: dpa

Hessen erhöht die Zahl der Bodycams bei der Polizei. Ziel ist es, Polizisten besser zu schützen. Innenminister Beuth bezeichnete die Ereignisse in Dietzenbach und Stuttgart...

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WIESBADEN. In der Stuttgarter Innenstadt hatten hunderte junge Leute Geschäfte geplündert, Polizisten attackiert und verletzt. In Dietzenbach waren Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei von rund 50 jungen Männern in einen Hinterhalt gelockt und mit Steinen beworfen worden – nachdem in Frankfurt ein unbekannter Täter einen 20 Kilogramm schweren Blumenkübel vom Eisernen Steg auf eine Polizistin geworfen hatte. Im Landtag hat die Gewalt gegen Einsatzkräfte nicht nur zu einer Debatte über deren Ursachen geführt. Die Abgeordneten suchten auch nach Lösungen für das – in den Augen der meisten – wachsende Problem.

400 neue Schulterkameras für die Polizei

Die alarmierende Bilanz des vergangenen Jahres hat Innenminister Peter Beuth (CDU) präsentiert: Allein in Hessen waren 4000 Polizisten Opfer von Übergriffen geworden. Es gab 112 Angriffe auf Rettungskräfte und 15 Attacken auf Feuerwehrleute. Jetzt kündigte er an: „Wir werden diese Verrohung nicht hinnehmen“. Dazu will er weitere Body-Cams anschaffen. Sie verfügt bereits über 400 solcher Schulterkameras, die bei Einsätzen Aufnahmen machen können. Zusätzlich 400 will der Minister nun beschaffen. Denn die Erfahrung habe gezeigt, dass die Kameras bei Kontrollen zur Deeskalation beitrügen und potenzielle Aggressoren abschreckten. Mit der Lieferung sollen rund 100 Body-Cams der ersten Generation durch neue ersetzt werden. Damit können künftig 700 Polizisten mit Schulterkameras ausgerüstet werden.

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Ferner plädierte Beuth im Landtag erneut für ein schärferes Vorgehen gegen die „hemmungslose Gewalt“, die gegen Einsatzkräfte verübt wird. Er wiederholte seine Forderung, die Mindeststrafe für solche Delikte auf sechs Monate anzuheben, damit solche Gewalttäter nicht mit einer Geldstrafe davonkämen.

Die AfD geht mit ihren Forderungen noch weiter, will, dass Polizisten bei Einsätzen wie in Dietzenbach auch auf Taser – Elektroschockpistolen – und „gummigeschosstaugliche Waffen“ zurückgreifen können. Klaus Herrmann, innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion: „Die Mindeststrafe für Angriffe auf Einsatzkräfte muss ein Jahr Freiheitsstrafe betragen.“

Demgegenüber glaubt die SPD-Abgeordnete Karin Hartmann, härtere Strafen und mehr Polizeipräsenz würden „nicht zwangsläufig zu einer Beruhigung der Situation beitragen“. Vielmehr müsse es darum gehen, Gewalttäter zu isolieren und zu ächten. „Alkohol ist ein Teil des Problems“

Auch Justiz müssen angemessen reagieren

Günter Rudolph, Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, erwartet, dass auch die Justiz angemessen reagiert, wenn es um Gewalt gegen Polizisten geht. Es könne nicht sein, dass das eine Amtsgericht durchgreift und das andere mit Milde urteilt. Er glaubt zudem, dass besonders 15- bis 25-Jährige anfällig für Gewalt sind. Bei diesen jungen Menschen senke Alkohol die Hemmschwelle. „Alkohol ist ein Teil des Problems“, so der SPD-Politiker. Bei alledem gibt es unterschiedliche Auffassungen im Landtag, wie der Anstieg der Gewalt gegen Einsatzkräfte zu bewerten ist. Herrmann Schaus von den Linken hält das Phänomen für überzogen dargestellt, meint vielmehr, der Anstieg könne mit einer veränderten statistischen Erfassung erklärt werden.

Anders die FDP: Sie nimmt, wie auch die Mehrheit im Landtag, schon seit Längerem erhöhte Gewaltbereitschaft gegenüber Polizisten und Rettungskräften wahr. Stefan Müller, innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, ist überzeugt: Die Angriffe erfolgen nicht nur wegen eines anderen Rechtsverständnisses oder mangelnder Werte-Orientierung, sondern auch, weil die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung häufig gering ist. Die FDP fordere daher einen „handlungsfähigen Rechtsstaat, bei dem die Strafe auf dem Fuße folgt“. Zeitnahe Strafen seien wichtig, damit die Täter die rechtlichen Konsequenzen ihres Handelns vor Augen geführt bekommen, so Müller.

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Holger Bellino, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU im Landtag, kritisierte anlässlich der Debatte die „sogenannte Satire” in der Tageszeitung „taz“. Der Bericht sei „eine Sauerei”. Polizisten seien als „Abfall” betitelt worden, der auf der Müllhalde zu entsorgen sei. Mit solche Artikeln werde die Stimmung weiter angeheizt, so Bellino.

Von Christoph Cuntz