SPD schickt Nancy Faeser als Spitzenkandidatin ins Rennen

aus Landtagswahl 2023 in Hessen

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser kommt zum Hessengipfel der Sozialdemokraten.
© Boris Roessler/dpa

Die Parteivorstand der SPD hat die hessische Landesvorsitzende und Bundesinnenministerin einstimmig nominiert, bei der Landtagswahl am 8. Oktober als Spitzenkandidatin anzutreten.

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Friedewald. Nachdem Nancy Faeser ihre Spitzenkandidatur bereits am Donnerstagabend bekannt gemacht hat, hat ihr nun auch ihre Partei den Auftrag erteilt: Die Landesvorsitzende und Bundesinnenministerin wurde am Freitag von Präsidium, Vorstand und Parteirat der hessischen Sozialdemokraten ins Rennen für die Landtagswahl am 8. Oktober geschickt. Der Parteivorstand nominierte die 52-Jährige im osthessischen Friedewald zum Auftakt des „Hessengipfels” einstimmig, wie die SPD mitteilte. Sie wolle, dass Hessen „moderner, stärker und sozialer gestaltet” wird, sagte Faeser.

Viel Kritik für Faesers Verbleib im Ministerinnenamt

Die ehemalige Oppositionsführerin im hessischen Landtag, seit November 2021 Bundesinnenministerin in Olaf Scholz’ (SPD) Ampelkoalition, hatte bereits in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem „Spiegel” ihre Bereitschaft erklärt, für die Sozialdemokraten um das Amt der Ministerpräsidentin zu kandidieren. Zuvor hatten sowohl die Partei als auch Faeser selbst über Wochen mit Blick auf den bevorstehenden „Hessengipfel” eine Antwort auf Fragen nach ihrer Spitzenkandidatur verweigert. „Hessen ist meine Heimat. In Hessen anzutreten, ist für mich eine große Herzenssache”, sagte die 52-Jährige am Donnerstag bei einem digitalen Hintergrundgespräch gegenüber Journalisten. Am selben Tag wurden die Mitarbeiter im Bundesinnenministerium darüber informiert, dass Faeser die erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung werden wolle, genauso wie sie die erste Frau als Bundesinnenministeriums sei.

„Ich trete an, um zu gewinnen”, betonte Faeser. Nach 25 Jahren CDU brauche Hessen „frischen Wind”. Gute Arbeitsbedingungen, gerechte Löhne, die besten Startchancen für Kinder und ein bezahlbares Leben von den Mieten bis zum ÖPNV nannte Faeser als Punkte ihres Programms, außerdem „konsequenten Klimaschutz und Respekt und Sicherheit für alle Menschen, ganz gleich, woher sie herkommen oder wie viel sie verdienen”. Faeser verwiese auf ihre tiefe Verwurzelung in Hessen sowie ihre kommunal- und landespolitische Erfahrung. Sie habe Politik „nie vom Schreibtisch aus betrieben”, sondern sei dahingegangen, „wo die Menschen sind”. Sie mache ein „klares Angebot von der ersten Minute an: Ich bewerbe mich bei den Hessinnen und Hessen als Ministerpräsidentin.” Aus Verantwortung für das Land bleibe sie, mit Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), im Amt als Bundesinnenministerin. Ihre Kandidatur aus dem Amt heraus sei eine „demokratische Selbstverständlichkeit”.

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Für diese Ankündigung gab es bereits im Vorfeld Kritik aus der Berliner Ampelkoalition und Opposition. Auch bei den Parteien in Hessen wurde bezweifelt, dass dieser „Spagat” gelingen könne. Die Genossen dagegen sind begeistert von ihrer Spitzenkandidatin: „Ihre Persönlichkeit und ihre politische Erfahrung machen sie zu einer fantastischen Spitzenkandidatin”, schwärmte Generalsekretär Christoph Degen. Faeser habe auf kommunaler Ebene, in der Landespolitik und als Mitglied der Bundesregierung bewiesen, „dass sie einen klaren politischen Kurs verfolgt, mit dem sie unser Land als Ministerpräsidentin gut für die Zukunft aufstellen wird”. Faeser sei „die Richtige für einen Wahlerfolg der SPD in Hessen und für den längst überfälligen Politikwechsel in unserem Land”, sekundierte Fraktionschef Günter Rudolph. Faeser selbst sagte am Freitag in Friedewald, sie habe bisher „guten Zuspruch” erhalten. Seit 1999 die CDU die Regierung übernahm, sitzen die Sozialdemokraten in der Opposition.

Bis auf die Linke haben damit alle im Landtag vertretenen Parteien ihre Spitzenkandidaten gekürt, die meisten bereits vor längerer Zeit: Für die CDU, seit 1999 in Hessen an der Macht, tritt der Landesvorsitzende Rhein (50) an. Für die Grünen, die seit 2014 an der Seite der Christdemokraten in Wiesbaden mitregieren, kandidiert Wirtschaftsminister Al-Wazir (51). Die FDP schickt den Juristen und langjährigen Bürgermeister der Stadt Steinbach, Stefan Naas (49), ins Rennen, der seit 2019 für die Liberalen im Landtag sitzt. Spitzenkandidat der AfD ist deren Landesvorsitzender und Landtagsfraktionsvorsitzender Robert Lambrou (54). Der Diplom-Kaufmann macht seit 2018 im Landtag Politik. 

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Faeser ist seit November 2021 Bundesinnenministerin, die erste Frau in diesem Amt. Die 52-Jährige wurde in Bad Soden geboren und wuchs in Schwalbach auf, beide Städte liegen im Main-Taunus-Kreis. Nach dem Jura-Studium in Frankfurt arbeitete sie unter anderem bei einer internationalen Wirtschaftskanzlei. In die SPD trat Faeser vor mehr als 30 Jahren ein, in den hessischen Landtag wurde sie erstmals im Jahr 2003 gewählt. Von 2019 bis zur Niederlegung ihres Mandats war die Sozialdemokratin als Vorsitzende ihrer Fraktion Oppositionsführerin. Als Innenministerin wurde sie vor allem durch ihren Auftritt bei der umstrittenen Fußball-Weltmeisterschaft in Katar bekannt, wo sie mit der „One Love”-Armbinde für Toleranz und gegen Homophobie im WM-Ausrichterland protestierte. Der Weltfußballverband Fifa hatte den Spielern das Tragen der Binde zuvor untersagt. Schlagzeilen machte Faeser auch mit einer bundesweiten Razzia gegen „Reichsbürger”, die einen Putsch vorbereitet haben sollen. Angetreten war die Hessin mit dem klaren Bekenntnis zum „Kampf gegen Rechts”. Auch aus ihrem Heimatland kommt allerdings immer wieder Kritik, dass sie ständig neue Aktionspläne ankündige, aber nicht liefere. Faeser ist verheiratet und hat einen Sohn. 

So twittert die SPD Hessen zur Nominierung