Michael Frisch ist Spitzenkandidat der AfD Rheinland-Pfalz

Michael Frisch, rheinland-pfälzischer Landesvorsitzender der AfD, spricht beim Landesparteitag. Foto: dpa

Der Landesvorsitzende wurde in Idar-Oberstein mit 75,8 Prozent der Stimmen gewählt. Vor der Messehalle demonstrierten derweil linke Parteien und Gruppen.

Anzeige

IDAR-OBERSTEIN. Der Applaus war höflich, geschäftsmäßig, grundsolide, aber weit weg von Begeisterungsstürmen. So wie das Ergebnis von Michael Frisch. Mit 75,8 Prozent haben knapp über 300 Mitglieder der rheinland-pfälzischen AfD ihren Vorsitzenden nun auch zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt. Der 63-Jährige übertraf damit sein Ergebnis der Vorstandswahl Ende 2019 (74,6 Prozent) nur minimal.

„Zufrieden“ sei er dennoch, meinte der Berufsschullehrer hinterher – auch das klang nicht nach Wahlkampfeuphorie. „Das Ergebnis bringt zum Ausdruck, dass ein Großteil der Partei hinter meinem bürgerlich-konservativen Kurs steht.“

Dabei muss man sagen, dass es dem Trierer nicht wirklich schwer gemacht wurde. Mit Matthias Tönsmann präsentierte sich aus dem Parteivolk ein Mitbewerber, der allenfalls durch krude Vorwürfe auffiel, Frisch biedere sich bei den „Altparteien“ an. Die AfD „ist im Begriff, unterwandert, verkauft und verraten zu werden“, lästerte Tönsmann. Fragen des Auditoriums wollte er nicht beantworten, die seien eh alle „bestellt“: „Das ist Affen-Quatsch.“ Das war dem Parteivolk dann doch zu viel Rechts-Folklore. Nur 38 Stimmen bekam Herr Tönsmann. Frisch dagegen blieb seiner Linie treu, bemühte sich, seriös, bürgerlich, konservativ, gesetzestreu rüberzukommen. Auffällig an seiner unterkühlten Bewerbunsgrede war allenfalls, wie konsequent er die Partei in der Opfer-Ecke um sich scharte. „Ich weiß, was es bedeutet, sich im Jahr 2020 in Deutschland zur AfD zu bekennen“, deklamierte Frisch. Seine Selbsteinschätzung: „Ich bin einer der alten, weißen Männer, die viele gern auf den Müllhaufen der Geschichte werfen würden.“

Anzeige

Das Auditorium reagierte mit freundlicher Kenntnisnahme, laut wurde es bei anderen. Zum Beispiel bei Joachim Paul, der hinter Jan Bollinger auf Platz drei der Liste gewählt wurde. Der holzte kräftig gegen SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer („Sie redet wie eine SED-Funktionärin“), die grüne Familienministerin Anne Spiegel („Alles linker Klimbim“) und bezeichnete die AfD als „Bravehearts der rheinland-pfälzischen Politik“, die wie die Schotten „Freiheit und Vaterland“ auf der Stirn geschrieben trügen. Seine Selbsteinschätzung: „Wer mich wählt, wählt eine gesunde Mischung aus langem Hebel und dickem Knüppel – deutsche Eiche astrein!“

Das kam an, noch mehr aber heizte Matthias Joa (Listenplatz vier) ein. „Wir brauchen eine Politik, die hinter unserer Polizei steht“, redete sich der Pfälzer in_Rage, „und keinen Schuld-Kult um einen drogenabhängigen Afro-Amerikaner betreibt.“ Gemessen am tosenden Beifall traf Joa damit bei nicht wenigen Parteigenossen einen Nerv.

Gegendemo vor der Halle: „Die AfD tut immer so...“

Die rund 50 Gegendemonstranten vor der Messehalle dürften sich bestätigt gefühlt haben. „Die AfD in Rheinland-Pfalz tut immer so, als wäre sie bürgerlich“, sagte Demo-Organisator Holger Heim von der Kurfürstlichen Antifa, „wir wissen aber auch, dass sie beste Verbindungen ins rechtsextreme Lager hat.“

Anzeige

Ob Spitzenkandidat Frisch alles gut fand, was Paul, Joa und andere sagten – und vor allem: wie sie es sagten? Immerhin erfüllte das Parteivolk ihm den Wunsch, „ein starkes Team mit bereits aufgebauter Fachkompetenz“ auf die Spitzenplätze zu wählen. Hinter Joa folgten mit Damian Lohr, Iris Nieland, und Martin Louis Schmidt weitere Landtagsabgeordnete. Der erste Nicht-MdL rangiert mit Peter Stuhlfauth auf Listenplatz acht. Ein bisschen Establishment-Denken steckt also längst auch in der AfD. Oder wie Frisch sagte: „Wir sind ein Stück weit realistischer geworden.“ Nur mit der Frauenquote will es nicht recht klappen: Außer Nieland schaffte es keine in die „erste Elf“.

Von Ulrich Gerecke