Mordanklage gegen 38-Jährigen: So lief die Tat bei Kusel

aus Der Polizistenmord bei Kusel

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Blumen und Kerzen stehen an dem Tatort bei Kusel, an dem zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden. Foto: dpa

Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern klagt Andreas S. wegen Mordes an zwei Polizisten an. Neue Details zur Tat zeugen von der Kaltblütigkeit des Schützen.

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KAISERSLAUTERN. Nach den tödlichen Schüssen auf zwei Polizisten nahe Kusel Ende Januar hat die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern Mordanklage gegen den 38-Jährigen Andreas S. erhoben. Wie die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung mitteilt, hätten die Ermittlungen ergeben, dass S. allein verantwortlich für die Tat auf der K22 ist, die bundesweit für Betroffenheit gesorgt hatte.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte zusammen mit einem 33-Jährigen in der Tatnacht zur Jagdwilderei in der Westpfalz unterwegs war. Die beiden Polizisten machte das größere Fahrzeug am Rand einer Kreisstraße stutzig und sie stiegen zur Kontrolle aus.

Notruf: "Die schießen."

Überraschend, so die Justiz, habe der Angeklagte dann einen Schuss aus der Schrotflinte "aus kurzer Entfernung auf den Kopf" der Polizistin abgegeben. Die Frau stürzte schwer verletzt und bewusstlos auf die Straße. Danach soll der 38-Jährige zunächst mit der Schrotflinte, dann mit einem Jagdgewehr auf den Polizisten geschossen haben. Der 29-Jährige schoss zurück, ohne den Angreifer zu treffen. Er konnte noch einen Notruf mit den Worten "Die schießen" absetzen.

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Schließlich habe der Angeklagte den Polizisten mit mehreren Schüssen schwer verletzt und am Ende tödlich am Kopf getroffen. Als der 38-jährige Deutsche gemerkt habe, dass die junge Polizistin noch lebt, habe er mit der Schrotflinte einen weiteren Schuss auf den Kopf der jungen Frau abgegeben, hieß es. Die beiden Männer flüchteten, konnten aber am nächsten Tag im nahen Saarland festgenommen werden.

Lebensunterhalt mit Wilderei verdient

Dem 38-Jährigen wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem zwei Morde vor, dem 33-Jährigen unter anderem versuchte Strafvereitelung - er habe beim Verwischen der Spuren geholfen.

In den Fokus der Ermittlungen geriet schon früh die Vergangenheit des 38-Jährigen. Er war der Polizei bereits unter anderem wegen Jagdwilderei aufgefallen. Auch die Staatsanwaltschaft stellte am Dienstag fest: Zum Zeitpunkt der Tat erzielte der 38-Jährige seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen durch Jagdwilderei und dem Verkauf der Beute. Doch seit April 2020 durfte er Waffen weder besitzen noch kaufen oder leihen, hatten die Behörden mitgeteilt. Auch einen Jagdschein habe der Tatverdächtige nur bis Ende März 2020 besessen.

Bei der Gedenkfeier für die beiden bei Kusel getöteten Polizisten sind während eines Films die Worte "Ihr fehlt" eingeblendet. Bund und Land nehmen Abschied von den beiden ermordeten Polizisten. Kollegen aus allen Bundesländern und auch aus dem Ausland sind gekommen. Foto: dpa
Bei der Gedenkfeier für die beiden bei Kusel getöteten Polizisten sind während eines Films die Worte "Ihr fehlt" eingeblendet. Bund und Land nehmen Abschied von den beiden ermordeten Polizisten. Kollegen aus allen Bundesländern und auch aus dem Ausland sind gekommen. (© dpa)
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Beide Beschuldigten voll schuldfähig

Die Staatsanwaltschaft hat darüber hinaus Gutachten zur Schuldfähigkeit beider Männer eingeholt: Keiner der Beschuldigten liefere Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Schuldfähigkeit.

Auch zu den Tatwaffen - eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr - lieferten die Behörden neue Erkenntnisse. Beide Waffen wurden von der Ehefrau des 38-Jährigen gekauft und befanden sich legal in ihrem Besitz. Die näheren Umstände, wie der 38-Jährige in den Besitz der Tatwaffen kam, seien Gegenstand eines laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern gegen die Ehefrau wegen fahrlässiger Tötung und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Diese Ermittlungen sind nach Angaben der Justiz noch nicht abgeschlossen.

Die Tat hatte eine Welle der Solidarität ausgelöst. Hunderte Beileidsschreiben gingen bei der Polizei in Rheinland-Pfalz ein und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besuchte Kollegen der beiden Opfer in Kaiserslautern. Der "schlimme Mord" bedrücke alle, sagte er danach. Doch es gab auch hämische Kommentare und sogar Zustimmung zu der Tat im Internet.

Mittlerweile ermittelt die Justiz. "Wir erleben im Netz gerade widerwärtige Dinge, dass diese Tat von manchen bejubelt wird", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). "Das ist einfach nur menschenverachtend und schlimm."

Von Max Schirp und dpa