US-Wahlnacht wird zum Krimi

Joe Biden zeigte sich optimistisch, dass er in der Spur sei und die Wahl noch gewinnen könne.  Foto: Biden
© Biden

220 Wahlmänner für Biden, 210 für Trump; 270 wären die Mehrheit - eine Momentaufnahme der US-Wahl am Mittwoch um halb acht. Und die Kandidaten sind schon wieder im Kampfmodus.

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WASHINGTON . Die Wahlnacht in den USA wird zum Krimi – in dem der amtierende Präsident Donald Trump seinem demokratischen Herausforderer vorwirft, die Wahl „stehlen“ zu wollen. Trump und Joe Biden liegen praktisch Kopf an Kopf. Grund ist das komplizierte Wahlverfahren in den USA, bei dem es nicht auf die Mehrzahl der Stimmen ankommt, sondern auf die Mehrzahl der Wahlmänner in den Bundesstaaten. Einige dieser Staaten sind hart umkämpft, der Ausgang ist offen. Zudem zieht sich die Auszählung auch aufgrund des hohen Anteils der Briefwahlstimmen hin.

Alle Infos live aus der Wahlnacht 2020 gibt es hier in unserem Liveblog.

Der US-Präsident hat sich bereits siegessicher gegeben und eine Erklärung zur Wahl angekündigt. Ohne seinen demokratischen Herausforderer zu erwähnen, schrieb Trump am Mittwochmorgen auf Twitter: „Sie versuchen, die Wahl zu stehlen.“ Dies werde er nicht zulassen. Nach Schließung der Wahllokale könnten keine Stimmen mehr abgegeben werden. Genau diese Reaktion war im Vorfeld von Beobachtern befürchtet worden.

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Biden sieht sich auf dem Weg zum Sieg

Der Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Joe Biden, zeigte sich hingegen trotz mehrerer Rückschläge, unter anderem in Florida, ebenfalls siegessicher. „Wir glauben, dass wir auf dem Weg sind, diese Wahl zu gewinnen“, sagte Biden am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware. „Bleibt zuversichtlich, wir werden das gewinnen.“ Der Demokrat rief seine Anhänger zur Geduld auf. Es könne womöglich noch dauern, bis ein Ergebnis im Rennen zwischen ihm und Trump feststehen werde. „Es ist nicht vorbei, bevor nicht jede Stimme gezählt wurde“, betonte Biden.

Nach einer langen Wahlnacht stand das Ergebnis in mehreren US-Staaten noch aus, darunter auch im besonders heftig umkämpften Mittleren Westen. Trumps Herausforderer Biden konnte zum Teil besser abschneiden als Hillary Clinton vor vier Jahren, verfehlte aber den in seiner Demokratischen Partei erhofften klaren Wahlsieg. So konnte Trump wie vor Jahren erneut in Florida, Texas, Ohio und Iowa gewinnen.

Wie schon vor vier Jahren dürfte sich die Präsidentschaftswahl in den Staaten des Mittleren Westens entscheiden. In Pennsylvania, Michigan und Wisconsin kam es jedoch nicht zuletzt wegen unterschiedlicher Regelungen im Umgang mit Briefwahlstimmen zu Verzögerungen bei der Auszählung.

Meiste US-Staaten stimmen wie 2016 ab

In den meisten der 50 US-Staaten sowie dem Hauptstadtbezirk Washington D.C. blieb es bei den Mehrheitsverhältnissen von 2016. So erzielte Trump erneut Mehrheiten in Oklahoma, Tennessee oder Kansas, während Biden in New York, Illinois und Kalifornien gewann. Hingegen zeichnete sich ab, dass Biden anders als 2016 Arizona für die Demokraten erringen könnte.

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Im bevölkerungsreichen Florida, wo 29 Wahlleute zu vergeben waren, schnitt Trump nach ersten Analysen von US-Medien vor allem in Bezirken mit hohem Latino-Anteil gut ab. Im Bezirk Miami-Dade erzielte Biden weniger Stimmen als erhofft - möglicherweise waren bei Bürgern mit kubanischer Herkunft Trumps wiederholte Warnungen vor vermeintlich sozialistischen Bestrebungen in der Demokratischen Partei wirksam.

Die Bürgerinnen und Bürger der USA waren am Dienstag aufgerufen, den Präsidenten, die 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses sowie rund ein Drittel der 100 Mandate im Senat neu zu bestimmen. Zudem gab es in vielen Bundesstaaten regionale Abstimmungen. Der US-Präsident wird nicht direkt gewählt, sondern von einer Versammlung von Wahlleuten, dem Electoral College. Wer die Mehrheit in einem Bundesstaat gewinnt, erhält alle Wahlleute dieses Staates, deren Zahl sich nach der Bevölkerungsgröße richtet. Diese wählen dann am 14. Dezember den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Von Chistian Matz und dpa