Viele Kosmetikartikel sehen schön aus und sollen schön machen. Für die Umwelt stellen einige aber eine Gefahr dar. Foto: racamani - Fotolia
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Ob beim Duschen, Rasieren, Schminken oder Eincremen – jeden Morgen schmieren sich unzählige Menschen Plastik auf die Haut. Denn in fast allen Arten von Kosmetikprodukten stecken Kunststoffteilchen.
Folgen hat das erst, wenn die teils mikroskopisch kleinen Partikel den Abfluss herunter gespült werden, durch die Filter der Kläranlagen hindurch treiben und über kurz oder lang ins Meer gelangen. Dort bringen sie zusammen mit Plastikmüll anderer Herkunft das Ökosystem ins Wanken, vergiften Fische, Muscheln, Seevögel und landen irgendwann wieder bei uns – als Fischgericht auf dem Teller.
Schon lange warnen Wissenschaftler vor den Auswirkungen von Folien, Flaschen und anderen Kunststoffverpackungen in den Ozeanen. Relativ neu ist allerdings die Erkenntnis, dass auch Mikroplastik aus Kosmetika im Wasser treibt.
MEHR INFOS
Die Umweltschutzorganisation BUND listet online Kosmetika auf, die Mikroplastik enthalten: tinyurl.com/Mikroplastik-Liste
Die kostenlose Smartphone-App „Codecheck“ der gleichnamigen Verbraucher-Plattform hilft dabei, Produkte mit Mikroplastik zu erkennen.
Bis zu zehn Prozent Plastik
Die Kügelchen sollen Duschgel, Shampoo, Spülungen und Lotion Glanz und eine gelartige Konsistenz verleihen. Sie dienen zudem als Bindemittel, beispielsweise auch in Lippenstiften, Lidschatten und Make-up. In vielen Peeling-Produkten und Reinigungscremes sind die Partikel enthalten, um Hautreste abzuschleifen. Manche Kosmetika sollen gar bis zu zehn Prozent Plastik enthalten.
Die Hersteller sind zwar verpflichtet, sämtliche Bestandteile ihrer Produkte auf der Verpackung anzugeben. „Doch die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher können mit Begriffen und Abkürzungen wie ACS oder Nylon-12/PMMA nichts anfangen“, sagt Nadja Ziebarth von der Umweltschutzorganisation BUND, „Deshalb übersetzen wir für sie.“ Im Internet listet der BUND alle ihm bekannten Produkte auf, die Mikroplastik enthalten (siehe Infokasten). Die Liste werde ständig aktualisiert.
Die Appelle der Naturschützer haben auch einen ersten großen Erfolg im Kampf gegen die Gewässerverschmutzung gebracht: Die Hersteller von Zahnpasta haben die Kunststoffe nachweislich aus ihren Tuben verbannt. Seit einiger Zeit kündigen immer mehr Kosmetik-Konzerne an, ebenfalls auf Plastik-Partikel in ihren Produkten verzichten zu wollen.
Trotzdem tauchen viele davon noch auf der Warnliste des BUND auf. „Der Grund ist, dass die Hersteller nur bestimmte Kunststoffarten in einer bestimmten Größe als Mikroplastik definieren“, sagt Ziebarth. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie sei daher wirkungslos. „Es ist doch absurd, dass ausgerechnet die kleinsten Partikel, die sogar in die Zellen von Lebewesen eindringen können, immer noch verwendet werden dürfen“, kritisiert sie.
Je kleiner das Mikroplastik, desto wahrscheinlicher würden Muscheln, Würmer oder Fische die Partikel mit Nahrung verwechseln oder passiv durch Filtration aufnehmen. Die Folgen seien unter anderem die Bildung von Tumoren bei Meerestieren. Besonders gefährlich sei, betont Ziebarth, dass Mikroplastik wie ein Magnet auf Schadstoffe im Wasser wirke, die dann mit dem Mikroplastik auch von den Lebewesen im Meer aufgenommen würden.
Und da am Ende der Nahrungskette bekanntlich der Mensch steht, kommen Plastik und Gift irgendwann auch wieder zum Verursacher zurück. Experten zufolge reichern sich die verhängnisvollen Rückstände jedoch nicht nur in Fisch und Meeresfrüchten an. Auch in Honig, ja selbst in Regenwasser soll schon Plastik, wie es für Kosmetika verwendet wird, gefunden worden sein.
Zur ganzen Wahrheit gehört aber, dass Kosmetika selbstverständlich nicht die einzige Ursache für derartige Missstände sind. So wurden kürzlich auch in Trinkwasser und Bier Partikel gefunden, die vermutlich aus Fleece-Kleidung stammt – beim Waschen könnten die Fasern ins Abwasser und damit in die Umwelt gelangt sein. Und auch die großen Plastikabfälle zerfallen irgendwann einmal in kleine Teilchen, die dieselbe tödliche Wirkung auf die Tierwelt haben.
Ihren Beitrag zur Eindämmung der Plastikflut in Gewässern können Verbraucher leisten, indem sie auf Plastiktüten verzichten und beim Einkaufen auf Produkte achten, die mit möglichst wenig Material verpackt sind, empfehlen Umweltschützer. Um Kosmetik-Erzeugnisse mit Mikroplastik zu vermeiden, hilft auch das Siegel des BDIH, ein Hersteller-Verband von Gesundheitsprodukten. Das Prüfzeichen mit der Aufschrift „Kontrollierte Natur-Kosmetik“ erhalten Produkte, die keine Inhaltsstoffe auf Basis von Mineralöl enthalten. Da Erdöl als Ausgangsstoff für synthetische Kunststoffe dient, kann Mikroplastik in entsprechend zertifizierten Kosmetika ausgeschlossen werden. Auch das Siegel der Organisation „Natrue“ wird erdölfreien und damit auch plastikfreien Natur-Kosmetika verliehen.