Eintracht Frankfurt: „Mannschaft und Trainer haben versagt“

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Frankfurts Makoto Hasebe steht nach der Niederlage beim FC Schalke 04 enttäuscht auf dem Platz. Foto: dpa

Die Niederlage auf Schalke hat die Frankfurter Eintracht in ihren Grundfesten erschüttert. Zwei Spieler finden klare Worte, Fans fühlen sich an ein Trauma vor 29 Jahren erinnert.

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FRANKFURT. Die Blamage auf Schalke hat die Frankfurter Eintracht nicht nur der Champions-League-Hoffnungen beraubt, sie hat den Klub auch in seinen Grundfesten erschüttert. Nicht wenige Fans setzen in Internetbeiträgen das Scheitern in den letzten Wochen mit der verlorenen Meisterschaft 1992 in Rostock gleich, was bis heute ein Trauma für die Frankfurter geblieben ist.

Auch wenn das vielleicht übertrieben erscheint, hat die 3:4 (1:1)-Niederlage beim Absteiger noch einmal allen vor Augen geführt, wie fahrlässig Sportvorstand Fredi Bobic und Trainer Adi Hütter inklusive seiner beiden Co-Trainer den Erfolg des Vereins auf dem Altar ihrer persönlichen Interessen geopfert haben. „Wir haben eine historische Chance verspielt, wir haben sportlich versagt und uns blamiert“, wurde Vorstandssprecher Axel Hellmann am Sonntag deutlich. Die Versuche von Trainer und Sportvorstand nun den fünften Platz als Erfolg zu verkaufen, könne er wie sein Vorstandskollege Oliver Frankenbach nicht teilen.

„Ja, natürlich ist ein fünfter Platz für die Eintracht immer ein sehr gutes Ergebnis“, sagte er, „aber nicht, wenn man mit Spielen gegen Mainz, Schalke und Freiburg die Chance hat, die Champions-League aus eigener Kraft zu erreichen. Da gibt es nichts schön zu reden.“

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Klare Worte von Rode und Chandler

Seit Hütters bekanntgegebenen Abschied nach Mönchengladbach, der erst durch den Vertragsbruch von Bobic, der nach Berlin gehen wird, möglich geworden ist, haben die Frankfurter nur noch vier von möglichen fünfzehn Punkten geholt und Dortmund vorbeiziehen lassen müssen. „Die ganze Mannschaft samt Trainer hat versagt“, sprach mit Sebastian Rode auch ein erster Spieler Klartext, „dass es was mit dem Abschied vom Trainer zu tun hat, ist nicht von der Hand zu weisen, auch wenn wir uns immer eingeredet haben, es belastet uns nicht.“

Auch Kollege Timothy Chandler, wie Rode einer mit viel Herzblut für die Eintracht, sagte auf die Frage, ob dies eine Rolle gespielt habe: „Eine Rolle? Natürlich ist das ein Nebeneffekt…“ Klare Worte fanden auch neutrale Beobachter. Für Rekordnationalspieler Lothar Matthäus hat der Trainerabgang „etwas durcheinandergebracht, er hat Wirkung gezeigt.“ Sky-Experte Didi Hamann wurde noch deutlicher: „Hätte Hütter sich anders entschieden, wäre die Eintracht sicher in die Champions-League gekommen. Es ist gut für ihn, dass gerade keine Zuschauer in den Stadien sind.“

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Aus Selbstbewusstsein wurde Verunsicherung

Bei den Fans haben Sportvorstand und Trainer jeden Respekt verloren, die allermeisten hätten sich eine vorzeige Trennung gewünscht und wünschen sie sich auch jetzt noch vor dem letzten Spiel. Aber Bobic wird Hütter sicher nicht entlassen. Zumal er sich selbst frei von jeglicher Schuld sieht. „Ich habe nie einen Bruch zwischen Trainer und Mannschaft gesehen“, sagte er, „meine Person geht weiter, der Trainer geht woanders hin. Das wird in Zusammenhang gebracht. Das ist aus meiner Sicht sehr billig." Die Verteidigung von Trainer und Sportvorstand waren nach dem Debakel auf Schalke so löchrig wie die der Mannschaft auf dem Platz. Beide betonten, dass auch Platz fünf ein großer Erfolg sei. „Dafür müssen wir uns nicht schämen“, sagte Bobic. Kein Wort der Selbstkritik, wie leichtfertig der viel größere Erfolg verspielt wurde.

Dem Trainer immerhin dämmert, welchen Schaden er angerichtet hat. Für die Eintracht und auch für sich selbst. „Es war nicht mehr so, wie es vorher war“, räumte er ein, „natürlich ist etwas passiert. Dass die Enttäuschung nach der Verkündung da war, verstehe ich auch. Nichtsdestotrotz glaube ich nicht, dass ein großer Zusammenhang besteht." Diese Meinung haben er und Bobic exklusiv. Das Spiel gegen Schalke, die mit einer halben Reserve antreten mussten, hat wie durch ein Brennglas gezeigt, was in den letzten vier Wochen passiert ist.

Aus selbstbewussten Profis sind verunsicherte Fußballer geworden. Der Trainer hatte keine Leidenschaft mehr entfachen können und er hat während des Untergangs viel zu spät reagiert. So hätte beispielsweise Tuta durchaus viel früher durch Stefan Ilsanker ersetzt werden können und müssen. Irgendwann in den letzten Wochen hat er das Team verloren, auch wenn viele bei der Eintracht das nicht wahrhaben wollten.

Drei Gegentore innheralb von 13 Minuten

Anders ist eine Leistung wie auf Schalke nicht zu erklären. Hütter war sicher der Auslöser, aber auch die Spieler müssen sich an die eigene Nase fassen. Den großen Worten sind keine Taten gefolgt. Die Leidenschaft und der Teamspirit, die die Eintracht über Monate ausgezeichnet hatten, waren ebenso wie weggeblasen wie die spielerischen Fähigkeiten. Tuta und Ndicka, trotz seines Tores zum zwischenzeitlichen 2:1, waren von der Rolle. Martin Hinteregger hat Zweikampfhärte gefehlt. Wann hat es das schon mal gegeben? Daichi Kamada, der unter der Woche per Bild-Zeitung dem „Vorbild“ von Boss und Trainer gefolgt war und trotz Vertragsverlängerung bis 2023 das Interesse anderer Klubs öffentlich gemacht hatte, war wieder einmal als Spaziergänger unterwegs. Der immer fleißige Djibril Sow lief den Gegnern diesmal nur hinterher, Filip Kostic wirkte komplett lustlos.

Die Defensivleistung der gesamten Mannschaft war grotesk schlecht. Innerhalb von 13 Minuten ließen die Frankfurter drei Gegentore zu. „Dafür gibt es keine Entschuldigung“, sagte Sebastian Rode. „Wir haben in den vergangenen Wochen nicht mehr unsere Hausaufgaben gemacht, das geht so einfach nicht“, sagte Timothy Chandler. Wenigstens bei einigen Spielern hat es nicht an Selbstkritik gefehlt.

Von Peppi Schmitt