Wie Eintracht-Trainer Adi Hütter seinen Kompass verlor

aus Eintracht Frankfurt

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Adi Hütter, der bis zum Saisonende Trainer von Eintracht Frankfurt ist. Archivfoto: dpa

Nach einer Erfolgsserie der Eintracht ist das Ansehen des Frankfurter Trainers im Laufe der Saison stark gesunken. Es gibt viele offene Fragen - und zu wenig Demut und...

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FRANKFURT. Die Fachzeitschrift „Kicker“ zählt Adi Hütter neben Marco Rose zu den „großen Verlierern der Saison.“ Ein solchen persönlichen Absturz hätte sich niemand vorstellen können. Nicht am 3. April, nachdem die Frankfurter Eintracht bei Borussia Dortmund gewonnen hatte. Schon gar nicht eine Woche später, als die Frankfurter auch noch den VfL Wolfsburg besiegt hatten. Die Eintracht war auf dem Weg in die Champions-League, Adi Hütter, der Cheftrainer, war auf dem Weg, am Main „Heldenstatus“ zu erreichen.

Vier Wochen später würden nicht wenige in Frankfurt den 51 Jahre alten österreichischen Fußball-Lehrer noch vor dem letzten Spiel vom Hof jagen. Hütter hat sich mit der Verkündung seines Abgangs nach Mönchengladbach mitten in der Erfolgsserie einen persönlichen Bärendienst erwiesen, hat mit seiner kompletten Fehleinschätzung der Lage den Erfolg der Mannschaft und sein eigenes Ansehen sabotiert.

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In den Aussagen nach den letzten Spielen, speziell nach dem Debakel von Schalke, hat Hütter keinerlei Selbstkritik geübt und nicht den Hauch von Demut gezeigt, Genauso wenig wie Sportvorstand Fredi Bobic. Da war eher Trotz, Selbstüberschätzung und der Hang zur Opferrolle. Hütter und Bobic, der eine über drei Jahre, der andere über fünf Jahre, haben den Verein Eintracht Frankfurt ganz offensichtlich nicht verstanden. Wären in diesen Tagen Zuschauer zugelassen, müssten sie sich beim bedeutungslosen Heimspiel gegen Freiburg am Samstag auf deutliche und eindeutige Missfallenskundgebungen gefasst machen. In den Kreisen der Fans, aber auch in den Gremien, besonders natürlich in den sozialen Medien, schlagen die emotionalen Wellen hoch. All die externen und internen Reaktionen müssten Hütter und seine ebenfalls scheidenden Co-Trainer Christian Peintinger und Armin Reutershahn, in dieser Woche in der Quarantäne-Blase in einem piekfeinen Fünf-Sterne-Hotel, zum Nachdenken zwingen.

Viele offene Fragen zur Strategie des Trainers

Abseits der Emotionen über verpasste Champions-League-Einnahmen, mindestens 20 Millionen Euro sind dem Klub durch die Lappen gegangen, und Verwerfungen innerhalb der Führung der Eintracht, bleiben fachliche Fragen. Der Trainer Hütter hat in den letzten Spielen zweifellos die Nerven verloren, „versagt“ wie die Mannschaft, wie Sebastian Rode öffentlich feststellte. Schalke war der Tiefpunkt, nachdem die Tiefpunkte davor, Mönchengladbach, Leverkusen, Augsburg und Mainz, noch schöngeredet worden waren. „Da gibt es aber nichts mehr schön zu reden“, schrieb auch Vorstandssprecher Axel Hellmann Hütter ins Stammbuch. Das haben sie sicher auch bei Hütters zukünftigen Arbeitgeber in Mönchengladbach vernommen.

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Aber warum hat Hütter so gehandelt wie er gehandelt hat? Warum hat er über Wochen einen seiner intelligentesten und besten Spieler, Amin Younes, weitgehend auf der Bank gelassen? Warum hat er den für jeden ersichtlich überforderten Tuta auf Schalke nicht ausgewechselt und Stefan Ilsanker zur Stabilisierung gebracht? Warum hat er wieder erst nach mehr als einer Stunde ein- und ausgewechselt? Warum hat er nicht erkannt, dass der über eine lange Zeit stark spielende Djibril Sow sich seit zwei, drei Spielen im Formtief befunden hat? Warum ist es ihm nicht gelungen, das noch am Donnerstag wortreich verkündete Feuer („Ich brenne wie am ersten Tag“) in der Mannschaft zu entzünden? Wieso hat er es nicht mehr geschafft, die spielerische Lockerheit zurückzubringen?

Neuer Eintracht-Trainer steht vor Herkulesaufgabe

Viele Fragen, keine Antworten, ein einziges Rätsel. Hütter ist ja nicht von einem auf den anderen Tag ein schlechterer Trainer geworden. Doch hat er mit der eigenen Entscheidung zur Unzeit - Wolfsburgs Oliver Glasner zeigt, wie es auch hätte gehen können – seinen ganz persönlichen Kompass verloren. Er hat den Weg der Konsequenz, der Empathie, der fachlichen Qualität verlassen. Die besondere Konstellation bei der Eintracht mit den Abgängen von Trainern, Manager und Sportvorstand hat zudem dazu geführt, dass es kein Korrektiv mehr gab.

Und dummerweise hat sich herausgestellt, dass die vermeintlichen Führungsspieler vieles können, nur nicht führen. Alles zusammen hat in eine Sackgasse geführt. Der neue Sportvorstand Markus Krösche und der noch zu findende neue Trainer stehen vor einer Herkulesaufgabe, die Eintracht da wieder herauszuführen.

Von Peppi Schmitt