Auch wenn der Fußball aufgrund der Corona-Zwangspause aktuell kaum eine Möglichkeit besitzt, positive Nachrichten zu produzieren, ist dies Chiara Hahn in den letzten Monaten bravourös gelungen.
Von Marc Steinert
Der Titelgewinn bei der Schul-Weltmeisterschaft ist der bislang größte Erfolg in der noch jungen Laufbahn von Chiara Hahn (Mitte.) Foto: Erler
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Lauterbach/Frankfurt. Auch wenn der Fußball aufgrund der Corona-Zwangspause aktuell kaum eine Möglichkeit besitzt, positive Nachrichten zu produzieren, ist dies Chiara Hahn in den letzten Monaten bravourös gelungen. Mittlerweile hat sich die gebürtige Lauterbacherin in der zweiten Mannschaft des hessischen Frauen-Bundesligisten 1. FFC Frankfurt etabliert, in 13 von 16 möglichen Zweitligapartien der Saison 2019/20 auf dem Feld gestanden und für den Sommer schon den nächsten großen Karriereschritt vor Augen. Dann wagt die 18-Jährige nämlich den Sprung über den "großen Teich" und geht im Land des amtierenden Frauenfußball-Weltmeisters USA auf die Jagd nach Punkten und Toren.
"Die letzten Tage waren natürlich sehr aufregend, auch wenn der erste Kontakt schon vor rund einem Jahr zustande kam. Aber jetzt galt es, eine Entscheidung zu treffen und Dinge abzuwägen. Es ist für mich eine tolle Chance, neue Erfahrungen zu sammeln, mich im fußballerischen Bereich, auch in der Athletik, weiter zu verbessern und natürlich auch in der englischen Sprache", benennt Hahn, die Anfang Januar ihre Volljährigkeit feiern konnte, die Gründe für den Wechsel nach Tampa, wo sie an der dort ansässigen University of South Florida (USF) ein Vollstipendium erwartet. Mindestens für ein Jahr ist der "Sunshine State" im Südosten der Vereinigten Staaten dann ihr neues Zuhause, bis zu vier Jahre könnten es werden. Zuvor macht die Offensivspielerin aber noch ihr Fachabitur und schließt ihr praktisches Jahr in einem Hotel nahe der Frankfurter Commerzbank-Arena natürlich noch ab.
Doch wartet nicht nur ein spannendes Jahr auf die 18-Jährige, die bei der JSG Lauter ihre fußballerischen Anfänge erlebte und später auch für den damaligen JFV Alsfeld-Bechtelsberg auflief, sondern es liegt auch schon eines hinter ihr. Mit der Carl-von-Weinberg-Schule im Frankfurter Stadtteil Goldstein, einer Kooperationsschule des 1. FFC, wurde Chiara Hahn im April 2019 sogar Schul-Weltmeisterin in Belgrad (Serbien), die WM und natürlich vor allem der 1:0-Finalsieg gegen Frankreich sind ihr noch allgegenwärtig. "Ich war sogar Kapitänin der Mannschaft, das war eine richtig schöne Zeit. Wenn ich daran zurückdenke, bekomme ich immer noch Gänsehaut", so die Lauterbacherin über ihren sportlich wohl größten Erfolg.
Nicht minder stolz ist sie aber darauf, dass sie in der vergangenen Spielzeit auch beim Zweitligateam des 1. FFC Frankfurt Fuß fassen konnte und satte 21 von 26 Spielen absolvieren konnte. Und darauf, dass sie mit ihrem Team praktisch in letzter Minute den Klassenerhalt sichern konnte. Hahn selbst traf dabei am letzten Spieltag zum 1:0-Sieg gegen Vizemeister VfL Wolfsburg II und hielt ihre Mannschaft mit diesem Tor in der zweithöchsten Liga Deutschlands. Zwar heißt es bislang auch in dieser Saison Abstiegskampf, doch der Jahresstart 2020 war mit einem 2:2 beim Sechsten FC Ingolstadt und einem 8:0-Schützenfest über den Vierten SV Meppen äußerst vielversprechend für das Team von Trainerin Kim Kulig-Soyah, früher selbst in der Bundesliga für den 1.FFC und auch für die Nationalmannschaft aktiv, ehe eine Sportinvalidität ihre Karriere früh beendete.
"Wir haben eine sehr junge Mannschaft und in der Hinrunde auch ganz viele enge Spiele dabei, in denen wir knapp verloren oder Punkte hergeben haben, oftmals auch durch späte Gegentreffer. Dass wir mit in der Tabelle deutlich besser platzierten Mannschaften mithalten und sie auch schlagen können, haben wir zuletzt bewiesen. Deshalb bin ich mir auch sicher, dass wir den Klassenerhalt schaffen werden", so Hahn, die in jeder Sekunde den Eindruck vermittelt, bis zur letzten Spielminute alles für ihren aktuellen Verein zu geben.
Nicht verborgen blieben die guten Leistungen Hahns auch Bundesliga-Coach Niko Arnautis, der die 18-Jährige und zwei weitere Spielerinnen der zweiten Mannschaft im Januar mit ins Trainingslager nach Albufeira (Portugal) nahm. "Das kam für mich natürlich total überraschend, und auch wenn ich die eine oder andere Spielerin schon ein wenig kannte, war das eine tolle Erfahrung für mich und fußballerisch nochmal eine ganz andere Hausnummer", war die Lauterbacherin mächtig stolz, den Winterpausen-Trip an die Algarve mitgemacht haben zu dürfen. Und weil es eben läuft, wenn es mal läuft, trug "Chiri" - so ihr Spitzname - nach einer längeren Pause Anfang März auch wieder das Nationaltrikot und bestritt mit der U19 Deutschlands ein "Vier-Nationen-Turnier" im spanischen La Manga mit Spielen gegen Frankreich, Norwegen und Island. Im April hätte die EM-Qualifikation angestanden, die zunächst einmal ausgesetzt wurde. Auch die Austragung die Europameisterschaft im Juli in Nordirland steht noch in den Sternen.
Aktuell hat Chiara Hahn, die seit dem Jahr 2016 im Frankfurter Fußball-Internat "Haus der Athleten" des Deutschen Olympischen Sportbundes lebt, mit dem Fußball aber nur wenig Berührungspunkte und befindet sich praktisch auf Heimaturlaub, da ob des Coronavirus nicht nur der Spielbetrieb und das Training der Frankfurterinnen ruhen, sondern auch ihre Arbeitstätigkeit im Hotel. Ihren Trainingsplan, der sowohl Kraftübungen als auch Sprints und Ausdauerläufe vorsieht, setzt die 18-Jährige dennoch gewissenhaft um, um bei einem möglichen Restart fit zu sein. Denn aktuell hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Spielbetrieb in den Frauenfußball-Bundesligen nur bis einschließlich 19. April ausgesetzt. Und dennoch wird die gebürtige Lauterbacherin sicherlich jetzt genug Zeit haben, um schon den einen oder anderen Gedanken an den Sommer zu verschwenden, wenn der nächste große Einschnitt- und Abschnitt ihres noch jungen (Fußballerinnen)-Lebens auf sie wartet.