Zitterpartie: DFB-Elf zieht in EM-Achtelfinale ein

aus Die EM 2020

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Deutschlands Leroy Sané und Ungarns Andras Schäfer (re.) in Aktion. Foto: dpa

Deutschland hat das Achtelfinale bei der Fußball-EM erreicht. Das Team von Bundestrainer Löw zog durch ein 2:2 gegen Ungarn am Mittwoch in München in die K.o.-Runde ein.

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MÜNCHEN. Was für ein Krimi in München: Nach einem unglaublichen Wechselbad der Gefühle hat sich Deutschland ins Achtelfinale der Europameisterschaft gezittert. Zwei Mal lag die DFB-Elf gegen Außenseiter Ungarn zurück, nach 90 packenden Minuten genügte der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw ein schmeichelhaftes 2:2, um das vorzeitige Aus zu vermeiden.

Adam Szalai brachte die Ungarn in der elften Minute in Front, Kai Havertz glich in der 66. Minute aus. Doch unmittelbar nach dem Anstoß besorgte Andreas Schäfer die erneute Führung der Magyaren. Der eingewechselte Leon Goretzka erzielte in der 84. Minute schließlich den goldenen Ausgleich für die DFB-Elf, die als Gruppenzweiter am nächsten Dienstag in London auf England trifft. Frankreich sicherte sich durch das 2:2 gegen Portugal den Gruppensieg, bekommt es mit der Schweiz zu tun. Portugal spielt als Dritter gegen Belgien. Die tapferen Ungarn müssen nach Hause fahren.

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Regenbogen-Fahnen verteilt

Die Partie wurde begleitet vom Regenbogen-Verbot der Uefa. Vor der Arena wurden vor dem Anpfiff 10.000 Regenbogen-Fahnen verteilt, gegenüber vom Stadion wurde ein Windrad bunt angestrahlt. Am Münchner Rathaus hatte die Stadt Regenbogen-Flaggen gehisst. Die Kritik an der Uefa, die die Beleuchtung der EM-Arena untersagt hatte, erhitzte den ganzen Tag über die Gemüter. Und erreichte auch die Politik. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte das Gesetz, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität in Ungarn einschränkt, „eine Schande“. Überall in Deutschland zeigten Zeitungen und TV-Sender die Regenbogen-Flagge, Unternehmen färbten ihre Portale und Einrichtungen bunt.

Bundesliga-Clubs wie Eintracht Frankfurt illuminierten ihre Stadien farblich. Die Uefa verteidigte ihre Entscheidung. Präsident Aleksander Ceferin erklärte: „Die Uefa kann kein Werkzeug für jeden Politiker sein, der uns anruft und sagt: Ihr macht jetzt bitte dies und jenes gegen diesen oder jenen Politiker.“ Apropos Politiker: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban sagte seine Reise nach München kurzfristig ab.

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Im Spiel tat sich die DFB-Elf, in der Leroy Sané für den angeschlagenen Thomas Müller (Knieprobleme) begann, von Anfang an schwer, fand kaum Lücken gegen die tief stehenden Ungarn. Nach elf Minuten dann der Schock für die deutsche Auswahl: Der Freiburger Roland Sallai flankte, der Mainzer Szalai beförderte das Spielgerät per Flugkopfball in die Maschen.

Mats Hummels hatte den 05-Stürmer, der am Mittwoch seinen eigentlich nächste Woche auslaufenden Vertrag bei den Rheinhessen verlängert hatte, sträflich allein gelassen. Eine besondere Geschichte für Szalai: Der damalige Cheftrainer Achim Beierlorzer hatte den 33-Jährigen im vergangenen September suspendiert, nach der Freistellung Beierlorzers durfte Szalai zurückkehren und war beim Klassenerhalt der 05er ein emotionaler Leader auf und neben dem Platz.

Immer den Blick aufs Parallelspiel

Ungarn verteidigte geschickt, das deutsche Team kam kaum zu Chancen. Hummels hatte in der 21. Minute die beste, köpfte an die Latte. Wenige Sekunden später scheiterte Matthias Ginter an Ungarns Torwart Péter Gulácsi. Der Regen wurde nun immer stärker, minutenlang war ein strukturiertes Passspiel nur schwer möglich. Es ging schließlich mit dem Rückstand in die Pause. Der Blick ging nun immer wieder zum Parallelspiel. Zu diesem Zeitpunkt lag Deutschland nämlich in der virtuellen Tabelle auf dem vierten und letzten Platz, war ausgeschieden. Zwischen Frankreich und Portugal stand es 1:1. Frankreich war in diesem Moment Erster, Portugal Zweiter, die Ungarn wären als Gruppendritter ins Achtelfinale eingezogen.

Nach der Pause das gleiche Bild: Deutschland fand kein Rezept. Bis zur 66. Minute: Freistoß-Kimmich, Gulácsi segelte vorbei, Kopfball Hummels und Havertz bugsierte den Ball irgendwie über die Linie. Die DFB-Elf wäre weiter gewesen. Doch nur 15 Sekunden nach dem Wiederanpfiff lag die deutsche Auswahl schon wieder zurück. Szalai bediente Schäfer und der 22-Jährige, der bei Dunajská Streda in der höchsten slowakischen Liga aktiv ist, zog an drei Deutschen vorbei, bezwang Manuel Neuer mit dem Kopf. Deutschland war wieder draußen.

Die Minuten liefen davon. Bis Joker Goretzka zuschlug: Der ebenfalls eingewechselte Jamal Musiala brachte den Ball nach starker Arbeit in die Mitte, wo sein Münchner Kollege das Spielgerät sechs Minuten vor Ende ins Netz hämmerte. Plötzlich war Deutschland wieder Zweiter. Das große Zittern ging los. Mit einem Happy End.