Fallstricke beim Kindergeld

Kindergeld – und damit mehr Geld im Geldbeutel – gibt es unter bestimmten Voraussetzungen auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahrs. Foto: Bundesagentur für Arbeit

Die Familienkasse zahlt auch für Volljährige in Ausbildung. Es gibt aber einiges zu beachten.

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SÜDHESSEN. Eltern erhalten für Kinder, die über 18 Jahre alt sind, Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag bei der Steuer, wenn der Nachwuchs eine Ausbildung absolviert oder studiert. Dies gilt bis längstens zum 25. Geburtstag. 204 Euro zahlt der Staat für die ersten zwei Kinder, 210 Euro für das dritte und für jedes weitere 235 Euro. Aber Vorsicht: Beim Kindergeld für Volljährige gibt es Fallstricke.

Wer nicht aufpasst, der läuft nicht nur Gefahr, die Förderung einzubüßen, sondern sie eventuell auch zurückzahlen zu müssen. Wichtig ist, jede Änderung im Ausbildungsweg des Kindes direkt bei der Familienkasse anzugeben. Das kann unter Umständen sogar vor einem Ermittlungs- oder Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung bewahren. Hört sich hart an, ist aber wegen der großen Zahl der Missbrauchsfälle in Sachen Kindergeld durchaus üblich. Zwei aktuelle Urteile zum Thema kommen vom Bundesfinanzhof (BFH) aus München.

Bei der ersten Entscheidung geht es darum, ob zwei zeitlich und inhaltlich zusammenhängende Ausbildungsabschnitte auch dann zu einer „einheitlichen Erstausbildung“ zusammengefasst werden können (was den Bezug von Kindergeld sichert), wenn das Kind sich nach Abschluss des ersten Ausbildungsabschnitts umorientieren muss und die Ausbildung anders als zunächst geplant fortsetzt. Das Finanzamt sah das als nicht gegeben an – wurde von den Finanzrichtern aber eines Besseren belehrt.

Konkret ging es um einen jungen Mann, der nach dem Abitur eine Ausbildung bei einer Bank absolvierte und danach an einem Kolleg „seiner“ Bank ein Bankfachwirt-Studium aufnehmen wollte. Weil sich das auf unbestimmte Zeit unverschuldet vom Studierwilligen verzögerte, schrieb er sich neben seiner Beschäftigung bei der Bank in einem Online-Studiengang Betriebswirtschaftslehre ein. Das nahm die Kindergeldkasse zum Anlass, das Kindergeld für seinen Vater zu streichen. Der BFH kippte das jedoch. Es sei hier eindeutig zu erkennen gewesen, dass der Sohn von Anfang an mehr anstrebte als die Tätigkeit eines „einfachen Bankkaufmanns“. Er musste notgedrungen vom Plan des Studiums an dem Bankkolleg abweichen. Darin liege aber eine nicht so gravierende Abweichung, dass das Kindergeld gestrichen werden dürfte. (AZ: III R 14/18)

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Der Fall zeigt, wie spitzfindig die Begründungen in Sachen Erst- und Zweitausbildung sein können. Deswegen sollten die Kinder sämtliche Ausbildungsabschnitte sowie Bewerbungen um Ausbildungs- oder Studienplätze dokumentieren. Dazu sind sie auch verpflichtet, wie das zweite BFH-Urteil zeigt, in dem ein Kind vergeblich von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen wollte.

In dem Fall stritten geschiedene Eltern darüber, wer den Anspruch auf das Kindergeld für das volljährige Kind geltend machen kann. Der Nachwuchs machte sein Zeugnisverweigerungsrecht geltend und schwieg. Die Mutter hatte den Anspruch für sich reklamiert, da das Kind – angeblich – bei ihr lebte. Das sollte ein Schreiben des Kindes an die Kindergeldkasse beweisen, in dem es angab, jedes zweite Wochenende sowie in den Ferien bei der Mutter zu sein.

Der Vater bezweifelte das und hielt seinerseits dagegen, dass er den höheren Unterhaltsanspruch leiste und das Kind eben nicht mehr bei der Mama leben würde. Die Richter am Bundesfinanzhof machten schließlich deutlich, dass volljährige Kinder „im finanzgerichtlichen Verfahren verpflichtet sind, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken.“ (AZ: III R 59/18)

Von Maik Heitmann