Mindestens ein Drittel der Galeria-Warenhäuser sollen geschlossen werden. Welche Filialen in der Rhein-Main-Region die besten Überlebenschancen haben, zeigt eine Standortanalyse.
Wiesbaden/Mainz. Inflations- und Energiepreisschock, Konsumflaute und weniger Kunden in den Innenstädten – der Warenhauskonzern Galeria steht erneut am Abgrund. Im zweiten Insolvenz-Schutzschirmverfahren soll in einem vermutlich letzten Anlauf die Sanierung gelingen. Mindestens ein Drittel der 131 Filialen mit insgesamt 17.000 Beschäftigten müssen nach Ansicht von Galeria-Chef Miguel Müllenbach geschlossen werden. Standorte in Hessen und Rheinland-Pfalz werden davon betroffen sein. Doch welche Standorte stehen auf der Kippe? Eine Spurensuche.
Eine Liste der betroffenen Filialen gibt es nicht, Gespräche mit Vermietern, Gewerkschaften und Gläubigern hätten aber bereits begonnen, heißt es. Die Zeit drängt. Denn der Insolvenzplan soll im Februar 2023 eingereicht werden. Eine Gläubigerversammlung muss diesen dann absegnen. Wahrscheinlich wird die Entscheidung bis Mai 2023 fallen. Beim Schutzschirmverfahren bleibt die Geschäftsführung im Amt, die Sanierung wird aber von einem Generalbevollmächtigten begleitet. Die Interessen der Gläubiger vertritt ein Sachwalter. Die berufenen Anwälte Arndt Geiwitz und Frank Kebekus waren bereits beim Sanierungsverfahren im April 2020 dabei.
Bleiben bundesweit nur 50 bis 60 Filialen bestehen?
Handelsexperten halten wesentlich weniger Standorte für überlebensfähig als die Galeria-Geschäftsführung. Professor Jörg Funder von der Hochschule Worms beispielsweise geht bundesweit von etwa 50 bis 60 Filialen aus, die langfristig bestehen können. Ex-Kaufhof-Chef Lovro Mandac nennt die Zahl von 40 bis 50 Standorten. Und eine Untersuchung der Immobilienzeitung sieht sogar nur 30 Filialen als sicher ungefährdet an.
Nach Einschätzung von Galeria-Sanierer Geiwitz wird nur ein harter Kern der Filialen fortgeführt werden können. Dabei könne nicht einfach die Streich-Liste aus dem ersten Schutzschirmverfahren hervorgekramt werden, da die Bedingungen sich geändert hätten, sagt der Restrukturierungsexperte der FAZ. Entscheidende Faktoren sind demnach der Umsatz vor Ort, Kundenfrequenz und Demografie an den Standorten sowie Mietvertragsbedingungen, Eigentumsverhältnisse und mögliche Nutzungsänderungen der Immobilien.
Häuser, die erst kürzlich umgebaut wurden, gelten als weniger gefährdet. Der letzte verbliebene deutsche Warenhauskonzern hatte nach dem Konzept Galeria 2.0 im Herbst 2021 drei Vorzeige-Filialen in Frankfurt, Kassel und Kleve neu eröffnet, die beispielhaft für die auf Größe und Einzugsgebiet abgestimmten Filialtypen „Filialen in Metropolen, regionaler Magnet und lokales Forum“ stehen. Während das Haus auf der Zeil in Frankfurt mit Premiumangeboten aufgrund der ausbleibenden Touristen aus Asien weniger gut laufen soll, stehen Kassel und Kleve offenbar auf solideren Füßen.
Bewährt hat sich laut Galeria die enge Verzahnung der Filiale in Kassel mit städtischen Serviceangeboten und einer Paketstation. Gute Karten dürfte auch die ehemalige Karstadt-Filiale in Fulda haben, die im September 2022 neu eröffnet wurde. Zum Konzept des Umbaus, der einen mittleren Millionenbetrag kostete, gehören mehr Transparenz durch die Öffnung der Schaufenster nach innen, ein Regio-Point für Waren aus der Umgebung, Erweiterung des Damenmode- und Schuhangebots sowie ein neues Gastroangebot mit Außenbereich. Nach einem ähnlichen Konzept wurde Galeria Koblenz umgebaut.
Eine detaillierte Analyse der 131 Standorte durch die Immobilienzeitung gibt weiteren Aufschluss auf die Chancen der Standorte in der Region. Dabei wurden die Marktbedingungen in den jeweiligen Städten, Eigentumsverhältnisse und Mietbedingungen der Galeria-Häuser sowie die bisherigen Planungen für die jeweiligen Standorte berücksichtigt.
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Die Analysten der Immobilienzeitung gehen davon, dass die bundesweit 13 Doppelstandorte reduziert werden und sich dabei Filialen im Eigentum des Galeria-Mutterkonzerns Signa durchsetzen. In der Rhein-Main-Region zählen dazu Frankfurt, Darmstadt und Wiesbaden. In Wiesbaden werden dem ehemaligen Karstadt-Haus am Mauritiusplatz die besseren Karten eingeräumt, da die Immobilie vor einigen Jahren grundlegend saniert wurde.
Das in der Nähe gelegene Kaufhof-Gebäude soll Signa nach IZ-Informationen verkauft haben. In Frankfurt plant der Investor Sahle die Entwicklung des ehemaligen Karstadt-Grundstücks an der Zeil ohne Galeria, der Ex-Kaufhof an der Hauptwache dagegen gehört laut IZ Signa und hat eine Bestandsgarantie bis 2025. Unentschieden fällt das Urteil für die beiden Häuser in Darmstadt aus.
„Rote Ampel” für Bad Homburg, Bad Kreuznach, Gießen und Limburg
Rot stehen nach Einschätzung der IT-Analysten die Ampeln für die Standorte Bad Homburg, Bad Kreuznach, Gießen und Limburg, wo die Immobilien nicht Signa gehören und die Qualität als Warenhausstandort nicht als optimal eingestuft werden. Gefährdet sei ebenfalls Galeria-Offenbach, da Signa die Immobilie verkaufen wolle.
In Mainz ist die Signa-Gruppe dagegen nach Informationen der Immobilienzeitung Eigentümer der Immobilie und die Einschätzung als Warenhaus-Standort fällt positiv aus. Gute Chancen werden auch der Filiale im Main-Taunus-Zentrum eingeräumt, da es als gut besuchtes Einkaufszentrum gilt.
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