Neben dem Insignia wird die nächste Generation des Astra in Rüsselsheim vom Band laufen. Allerdings sollen im Stammwerk bis zu 600 Stellen abgebaut werden.
RÜSSELSHEIM. Aufatmen bei vielen Opel-Beschäftigten: Die neue Generation des Kompaktwagens Opel Astra, einst härtester Rivale des Bestsellers VW Golf, wird ab 2021 wieder in Rüsselsheim produziert. Das hatten die VRM-Zeitungen schon Anfang April berichtet. Aus Südhessen kam der Wagen schon von 2009 bis 2015. Damit bekommt das Stammwerk neben dem Insignia ein zweites Modell, was die dürftige Auslastung dort verbessern soll.
Zu geplanten Stückzahlen wollte ein Sprecher gestern auf Anfrage nichts sagen. Das bislang im englischen Ellesmere Port und im polnischen Gliwice hergestellte Modell brachte es 2018 zusammen fast genau hälftig auf 156.113 Einheiten. Der Astra nimmt in Rüsselsheim den Platz des Vans Zafira ein, der jetzt ausläuft. Durch den Siegeszug der SUVs waren hier die Verkäufe immer weiter zurückgegangen. Im vergangenen Jahr wurden in Rüsselsheim insgesamt 123.277 Autos produziert: Insignia, Zafira und Produkte für die ehemalige Mutter General Motors. Mit dem Astra sind den Angaben zufolge Investitionen der französischen Mutter PSA in nicht genannter Höhe in Rüsselsheim verbunden. „Dies ist ein wichtiger Schritt für unser Rüsselsheimer Werk. Diese Investition ermöglicht den Betrieb in zwei Schichten und sichert die Zukunft des Rüsselsheimer Werks nachhaltig“, sagte Opel-Chef Michael Lohscheller.
Alterteilzeitprogramm bis Jahrgang 1963
Weil zwischen Zafira-Auslauf und Astra-Anlauf aber eine zeitliche Lücke von eineinhalb Jahren klafft, werden Stellen abgebaut. Dazu wurden „adäquate Maßnahmen“ mit Betriebsrat und IG Metall vereinbart, wie es bei Opel heißt. Konkret können Mitarbeiter des Fahrzeugwerks bis einschließlich Jahrgang 1963 an einem Altersteilzeitprogramm teilzunehmen. Darüber hinaus wird das Freiwilligenprogramm wieder geöffnet, über das Mitarbeiter den Autobauer mit Abfindungen verlassen können. Es geht um bis zu 600 Beschäftigte, die künftig nicht mehr für Opel arbeiten sollen. Derzeit sind in der Fertigung rund 2600 Frauen und Männer tätig. Seit der Übernahme durch PSA im August 2017 haben mehr als 5000 Mitarbeiter in zwei Wellen Verträge zu Abfindungen, Vorruhestand oder Altersteilzeit unterschrieben. Sie kamen zu großen Teilen aus dem Rüsselsheimer Entwicklungszentrum. Weitere gut 500 Beschäftigte der Ideenschmiede sollen zum französischen Entwicklungsdienstleister Segula wechseln. Gemäß der aktuellen Vereinbarung zwischen Management und Arbeitnehmervertretern werden andederseits in den nächsten Jahren 120 Auszubildende pro Jahr in Rüsselsheim eingestellt.
Der neue Astra basiert auf einer PSA-Plattform
Zu Angaben aus Firmenkreisen, dass die technische Kapazität des Stammwerkes - also der maximal mögliche Ausstoß - um ein Drittel von 60 auf 40 Fahrzeuge pro Stunde reduziert wird, um die Investitionskosten zu drücken, wollte der Sprecher keine Aussagen machen. Die Reduzierung wäre ein tiefer und dauerhafter Eingriff. Opel hat zwar bereits die Produktion in Rüsselsheim deutlich zurückgefahren, dies aber flexibel mittels sogenannter Abtaktungen. Die IG-Metall-Vertrauensleute wollen rückläufige Volumina nicht akzeptieren. Die Arbeitnehmervertreter fordern, dass alle Investitionszusagen „bedingungslos“ sein müssen und werfen der Geschäftsführung einen Bruch des Tarifvertrags vor.
Die nächste Astra-Generation basiert auf der EMP2-Plattform der Mutter PSA, so dass der Kombi und der Fünftürer auch in einer elektrifizierten Variante in Rüsselsheim gefertigt werden können. Damit wird das Zukunftsthema E-Mobilität aufgeladen, zu dem der Corsa-e den Startschuß gegeben hat (Produktion in Saragossa), gefolgt vom Plug-in-Hybrid Grandland X, der in Eisenach vom Band läuft. „Die Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Qualität ist Teil der Produktions-DNA der Groupe PSA und das Werk Rüsselsheim hat in all diesen Bereichen große Fortschritte gemacht“, sagte PSA-Vize Yann Vincent.
Von Achim Preu